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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Die "östliche Neuorientierung"

Nicht mehr die Loslösung der Randvölker, sondern nur noch ihre staatliche Organi¬
sation und die Verfestigung ihres Verhältnisses zu Deutschland ist das entscheidungs¬
schwere Problem der' Stunde. Gelingt es Deutschland in den nächsten Jahr¬
zehnten, die Einwohner dieser Gebiete ans kulturellen, die sie bereits ihrer Ge¬
schichte nach sind, zugleich zu politisch zielbewußter und überzeugten Mittel¬
europäern zu machen, so ist auch das schattenhafte Problem einer russischen Revanche
erledigt. Nie wird sich dem reduzierten Nußland die Aussicht eröffnen, diese
Völkerschaften gegen ihren Willen zurückzuerobern. Die Frage der russischen
Revanche ist für uns also mit dem Frieden von Brest-Litowsk zu einer inner¬
politischen, zur Frage der richtigen Behandlung und politischen, nicht natio¬
nalen Assimilation der Randvölker geworden. Diese Behandlungssragen freilich
können nicht wichtig genug genommen werden, an ihnen hängt alles, sie ent¬
scheiden absolut.

Also kein Schwanken in der Nandvölkersrage! Sie ist entschieden und der
Russe ist nicht der Mann, der an vollzogenen Tatsachen ernsthaft rüttelt. Von
größter Wichtigkeit ist es dagegen, wieweit wir uns mit der Loslösung der Ukraine
von Rußland und mit dem gegenwärtigen bolschewistischen Regime politisch iden¬
tifizieren- Das Programm der östlichen Neuorientierung ist von denen nicht in
seiner wahren Bedeutung ergriffen worden, die in den Bolschewisten unsere wahren
Freunde sehen, weil sie Nußland politisch auf Jahrzehnte in Grund und Boden
ruinieren, und die den kraftlosen Zerfall Rußlands in lebensunfähige Teile be¬
jubeln, weil er uns von der russischen Bedrohung befreit. Die Gefahr einer
Balkanisierung Rußlands mit ihrer dauernden Gefährdung des europäischen
Friedens wird hier gewaltig unterschätzt. Ich habe an dieser Stelle bereits in
den ersten Monaten der russischen Revolution betont,*) daß wir an der politischen
Schwächung und Zersetzung Rußlands nur ein bedingtes Interesse haben, weil
insbesondere die Wiederaufnahme wirtschaftlicher Beziehungen zu Nußland uns
bei währendem Kampfe im Westen und nach dem allgemeinen Frieden bei fort¬
dauerndem Wirtschaftskrieg mit der Entente zur vitalen Notwendigkeit werden
kann. Je uferloser der Krieg im Westen erscheint, desto wichtiger wird dieser
Gesichtspunkt für unser Verhältnis zu Nußland. Er wird zu einem Kernpunkt
der östlichen Neuorientierung und hat vor jener ängstlichen Rücksichtnahme aus
etwaige spätere Revancheneigungen der Russen den Realismus einer Forderung
des Tages voraus. Unser bisheriges Rezept, große Teile des ehemaligen Ru߬
land der politischen und wirtschaftlichen Desorganisation durch den Bolschewismus
und dem politischen Terror überhaupt zu entziehen, ist unter diesem Gesichtswinkel
das einzig Mögliche- Und auch die von uns begünstigte Verbürgerlichung deS
Regimes in der Ukraine gibt meinen Argumentationen recht, wie sie andererseits
auch an den früher hier aufgezeigten Zirkel erinnert, daß wir mit dieser durch
wirtschaftliche Genesung begünstigten Erstarkung des russischen Nachbarn uns mög¬
licherweise selber für die Zukunft einen Feind groß ziehen.

Wir mußten in Großrußland die Sowjetregierung schon deshalb stützen,
weil sie für den Augenblick die beste Gewähr für einen entschlossen ententefeind-
lichen Kurs Großrußlands bot. Sollte aber die ententefeindliche Stimmung auch
auf andere Schichten Rußlands übergreifen und es einer bürgerlichen Partei ohne
unser direktes Zutun gelingen, die Macht an sich zu reißen, so wird für unsere
Diplomatie der Augenblick gekommen sein, wo sie durch die Tat die Fähigkeit zu
schnellen Entschlüssen und zu geschicktem kasuistischem Operieren beweisen muß,
auf die sie sich soviel zugute tut. Denn nichts kann uns auf die Dauer in der
öffentlichen Meinung Rußlands so sehr schaden, als wenn wir uns länger als
irgend nötig mit dem Odium mitbelasten, das die bolschewistische Mißregierung
auf ihr Haupt gesammelt hat.



*) Vgl. meinen Aufsatz: "Russische Möglichkeiten und deutsche Zukunft" "Grenz¬
boten" 1917. Heft 33. '
Die „östliche Neuorientierung"

Nicht mehr die Loslösung der Randvölker, sondern nur noch ihre staatliche Organi¬
sation und die Verfestigung ihres Verhältnisses zu Deutschland ist das entscheidungs¬
schwere Problem der' Stunde. Gelingt es Deutschland in den nächsten Jahr¬
zehnten, die Einwohner dieser Gebiete ans kulturellen, die sie bereits ihrer Ge¬
schichte nach sind, zugleich zu politisch zielbewußter und überzeugten Mittel¬
europäern zu machen, so ist auch das schattenhafte Problem einer russischen Revanche
erledigt. Nie wird sich dem reduzierten Nußland die Aussicht eröffnen, diese
Völkerschaften gegen ihren Willen zurückzuerobern. Die Frage der russischen
Revanche ist für uns also mit dem Frieden von Brest-Litowsk zu einer inner¬
politischen, zur Frage der richtigen Behandlung und politischen, nicht natio¬
nalen Assimilation der Randvölker geworden. Diese Behandlungssragen freilich
können nicht wichtig genug genommen werden, an ihnen hängt alles, sie ent¬
scheiden absolut.

Also kein Schwanken in der Nandvölkersrage! Sie ist entschieden und der
Russe ist nicht der Mann, der an vollzogenen Tatsachen ernsthaft rüttelt. Von
größter Wichtigkeit ist es dagegen, wieweit wir uns mit der Loslösung der Ukraine
von Rußland und mit dem gegenwärtigen bolschewistischen Regime politisch iden¬
tifizieren- Das Programm der östlichen Neuorientierung ist von denen nicht in
seiner wahren Bedeutung ergriffen worden, die in den Bolschewisten unsere wahren
Freunde sehen, weil sie Nußland politisch auf Jahrzehnte in Grund und Boden
ruinieren, und die den kraftlosen Zerfall Rußlands in lebensunfähige Teile be¬
jubeln, weil er uns von der russischen Bedrohung befreit. Die Gefahr einer
Balkanisierung Rußlands mit ihrer dauernden Gefährdung des europäischen
Friedens wird hier gewaltig unterschätzt. Ich habe an dieser Stelle bereits in
den ersten Monaten der russischen Revolution betont,*) daß wir an der politischen
Schwächung und Zersetzung Rußlands nur ein bedingtes Interesse haben, weil
insbesondere die Wiederaufnahme wirtschaftlicher Beziehungen zu Nußland uns
bei währendem Kampfe im Westen und nach dem allgemeinen Frieden bei fort¬
dauerndem Wirtschaftskrieg mit der Entente zur vitalen Notwendigkeit werden
kann. Je uferloser der Krieg im Westen erscheint, desto wichtiger wird dieser
Gesichtspunkt für unser Verhältnis zu Nußland. Er wird zu einem Kernpunkt
der östlichen Neuorientierung und hat vor jener ängstlichen Rücksichtnahme aus
etwaige spätere Revancheneigungen der Russen den Realismus einer Forderung
des Tages voraus. Unser bisheriges Rezept, große Teile des ehemaligen Ru߬
land der politischen und wirtschaftlichen Desorganisation durch den Bolschewismus
und dem politischen Terror überhaupt zu entziehen, ist unter diesem Gesichtswinkel
das einzig Mögliche- Und auch die von uns begünstigte Verbürgerlichung deS
Regimes in der Ukraine gibt meinen Argumentationen recht, wie sie andererseits
auch an den früher hier aufgezeigten Zirkel erinnert, daß wir mit dieser durch
wirtschaftliche Genesung begünstigten Erstarkung des russischen Nachbarn uns mög¬
licherweise selber für die Zukunft einen Feind groß ziehen.

Wir mußten in Großrußland die Sowjetregierung schon deshalb stützen,
weil sie für den Augenblick die beste Gewähr für einen entschlossen ententefeind-
lichen Kurs Großrußlands bot. Sollte aber die ententefeindliche Stimmung auch
auf andere Schichten Rußlands übergreifen und es einer bürgerlichen Partei ohne
unser direktes Zutun gelingen, die Macht an sich zu reißen, so wird für unsere
Diplomatie der Augenblick gekommen sein, wo sie durch die Tat die Fähigkeit zu
schnellen Entschlüssen und zu geschicktem kasuistischem Operieren beweisen muß,
auf die sie sich soviel zugute tut. Denn nichts kann uns auf die Dauer in der
öffentlichen Meinung Rußlands so sehr schaden, als wenn wir uns länger als
irgend nötig mit dem Odium mitbelasten, das die bolschewistische Mißregierung
auf ihr Haupt gesammelt hat.



*) Vgl. meinen Aufsatz: „Russische Möglichkeiten und deutsche Zukunft" „Grenz¬
boten" 1917. Heft 33. '
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[0226] Die „östliche Neuorientierung" Nicht mehr die Loslösung der Randvölker, sondern nur noch ihre staatliche Organi¬ sation und die Verfestigung ihres Verhältnisses zu Deutschland ist das entscheidungs¬ schwere Problem der' Stunde. Gelingt es Deutschland in den nächsten Jahr¬ zehnten, die Einwohner dieser Gebiete ans kulturellen, die sie bereits ihrer Ge¬ schichte nach sind, zugleich zu politisch zielbewußter und überzeugten Mittel¬ europäern zu machen, so ist auch das schattenhafte Problem einer russischen Revanche erledigt. Nie wird sich dem reduzierten Nußland die Aussicht eröffnen, diese Völkerschaften gegen ihren Willen zurückzuerobern. Die Frage der russischen Revanche ist für uns also mit dem Frieden von Brest-Litowsk zu einer inner¬ politischen, zur Frage der richtigen Behandlung und politischen, nicht natio¬ nalen Assimilation der Randvölker geworden. Diese Behandlungssragen freilich können nicht wichtig genug genommen werden, an ihnen hängt alles, sie ent¬ scheiden absolut. Also kein Schwanken in der Nandvölkersrage! Sie ist entschieden und der Russe ist nicht der Mann, der an vollzogenen Tatsachen ernsthaft rüttelt. Von größter Wichtigkeit ist es dagegen, wieweit wir uns mit der Loslösung der Ukraine von Rußland und mit dem gegenwärtigen bolschewistischen Regime politisch iden¬ tifizieren- Das Programm der östlichen Neuorientierung ist von denen nicht in seiner wahren Bedeutung ergriffen worden, die in den Bolschewisten unsere wahren Freunde sehen, weil sie Nußland politisch auf Jahrzehnte in Grund und Boden ruinieren, und die den kraftlosen Zerfall Rußlands in lebensunfähige Teile be¬ jubeln, weil er uns von der russischen Bedrohung befreit. Die Gefahr einer Balkanisierung Rußlands mit ihrer dauernden Gefährdung des europäischen Friedens wird hier gewaltig unterschätzt. Ich habe an dieser Stelle bereits in den ersten Monaten der russischen Revolution betont,*) daß wir an der politischen Schwächung und Zersetzung Rußlands nur ein bedingtes Interesse haben, weil insbesondere die Wiederaufnahme wirtschaftlicher Beziehungen zu Nußland uns bei währendem Kampfe im Westen und nach dem allgemeinen Frieden bei fort¬ dauerndem Wirtschaftskrieg mit der Entente zur vitalen Notwendigkeit werden kann. Je uferloser der Krieg im Westen erscheint, desto wichtiger wird dieser Gesichtspunkt für unser Verhältnis zu Nußland. Er wird zu einem Kernpunkt der östlichen Neuorientierung und hat vor jener ängstlichen Rücksichtnahme aus etwaige spätere Revancheneigungen der Russen den Realismus einer Forderung des Tages voraus. Unser bisheriges Rezept, große Teile des ehemaligen Ru߬ land der politischen und wirtschaftlichen Desorganisation durch den Bolschewismus und dem politischen Terror überhaupt zu entziehen, ist unter diesem Gesichtswinkel das einzig Mögliche- Und auch die von uns begünstigte Verbürgerlichung deS Regimes in der Ukraine gibt meinen Argumentationen recht, wie sie andererseits auch an den früher hier aufgezeigten Zirkel erinnert, daß wir mit dieser durch wirtschaftliche Genesung begünstigten Erstarkung des russischen Nachbarn uns mög¬ licherweise selber für die Zukunft einen Feind groß ziehen. Wir mußten in Großrußland die Sowjetregierung schon deshalb stützen, weil sie für den Augenblick die beste Gewähr für einen entschlossen ententefeind- lichen Kurs Großrußlands bot. Sollte aber die ententefeindliche Stimmung auch auf andere Schichten Rußlands übergreifen und es einer bürgerlichen Partei ohne unser direktes Zutun gelingen, die Macht an sich zu reißen, so wird für unsere Diplomatie der Augenblick gekommen sein, wo sie durch die Tat die Fähigkeit zu schnellen Entschlüssen und zu geschicktem kasuistischem Operieren beweisen muß, auf die sie sich soviel zugute tut. Denn nichts kann uns auf die Dauer in der öffentlichen Meinung Rußlands so sehr schaden, als wenn wir uns länger als irgend nötig mit dem Odium mitbelasten, das die bolschewistische Mißregierung auf ihr Haupt gesammelt hat. *) Vgl. meinen Aufsatz: „Russische Möglichkeiten und deutsche Zukunft" „Grenz¬ boten" 1917. Heft 33. '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/226>, abgerufen am 25.08.2024.