Englands Bild in den Augen der deutschen Klassiker
Handel ziehen werden; ich glaube, ohne den meinen anzustrengen, sie werden es wie alles als Kaufleute tun. War der geendete Krieg eine mißlungene Kauf¬ mannsspekulation, so findet sich das Hilfsmittel in derselben Quelle" Denn ein neuer Krieg, von Englands Geld genährt, erscheint Klinger naheliegend. "England hat uns gezeigt, daß es außer den Großen der Erde noch einen Stand gäbe, den Stand des Kaufmannes, der nach eigener Moral und Politik verfährt und sich um die gewöhnlichen, uns in der Gesellschaft Lebende verbindenden Pflichten nicht bekümmert. Das System der Aufopferung -- versteht sich, nicht derer, die diesen Stand ausmachen, -- ist auch hier an der Tagesordnung. England zeigt uns, daß es für diesen Stand, als Stand im Staate, weder Natur-, Völker-, ja nicht einmal menschliche und göttliche Gesetze gibt," Die herrschende Kausmanns- gruppe gönnt keinem sonst sein Recht', das beweist Klinger durch das Los der Iren, die nach dem damaligen Gesetz schon wegen ihres Glaubens -- als Katho¬ liken -- von dem Zutritt zu staatlichen Andern und Würden ausgeschlossen waren: "Wird z. B. jetzt von dem Aufruhr in Irland gesprochen, so sage man nur: der Grund aller dieser scheußlichen Mordszenen ist die gehässige Intoleranz der hohen Kirche, die engste Kaufmanns- und Nmterpolitik; der Jrländer will ja nur Burger in seinem Vaterlande sein, Gott nach seinem Gewissen dienen und die gewöhn¬ lichen Rechte und Vorteile des Bürgers für die Lasten genießen, die er als Bürger gleich den andern tragen muß." 1803 brach der englisch-französisch" Krieg wieder aus, der Osterreich und Rußland auf Englands Seite fand. Klinger schrieb damals: "Es ist ganz natürlich, daß der alles kaufende und verlaufende Engländer aus dem festen Lande den ihm nötigen und nur ihm heilsamen Krieg mit eben dem Golde kauft, das er auf demselben gewonnen hat." Die Rücksichts¬ losigkeit der englischen Kriegführung bringt Klinger auf die Frage, warum es England nicht schon mit der Einführung der ägyptischen Pest in Frankreich ver¬ sucht habe; er erklärt die Unterlassung nur mit der Furcht des Engländers vor Übertragung der Seuche ins eigene Land. "Gleichwohl macht" es schon, um eben dieses Frankreich zu demütigen., durch den Hunger, ohne alle Rücksicht auf sich, einen sehr kräftigen Versuch dazu. Dieses, die Taten in Indien, -- vor Kopenhagen . . . lassen uns von diesem Kaufmann noch manches Neue, bisher Unerhörte hoffen." Das war die Meinung eines führenden Mannes in einem mit England verbündeten Staate I Es ist jedenfalls in unseren Tagen interessant, unter Englands Kriegsmitteln vor hundert Jahren die Aushungerung zu finden; und auch "manches Neue, bisher Unerhörte", das schon Klinger erwartete, ist ja in unserer Zeit Wirklichkeit geworden. Aber Klinger erschöpfte sich als Staats¬ mann nicht mit dem Einsatz der moralischen Wertung: "Was ich mit den Eng¬ ländern habe? ruft er aus. -- Ich wollte, man kaufte ihnen nichts mehr in Europa ab, so würde wahrscheinlich die ganz eingeschlafene Humanität dort wiederum erwachen müssen." Und den trotz seiner allgemein anerkannten Vorzüge gering geachteten Deutschen weist er auf das Ausland hin. damit er sich durch¬ setzen lerne: "Politische Tugenden . . . geben den Ausschlag."
Englands Bild in den Augen der deutschen Klassiker
Handel ziehen werden; ich glaube, ohne den meinen anzustrengen, sie werden es wie alles als Kaufleute tun. War der geendete Krieg eine mißlungene Kauf¬ mannsspekulation, so findet sich das Hilfsmittel in derselben Quelle" Denn ein neuer Krieg, von Englands Geld genährt, erscheint Klinger naheliegend. „England hat uns gezeigt, daß es außer den Großen der Erde noch einen Stand gäbe, den Stand des Kaufmannes, der nach eigener Moral und Politik verfährt und sich um die gewöhnlichen, uns in der Gesellschaft Lebende verbindenden Pflichten nicht bekümmert. Das System der Aufopferung — versteht sich, nicht derer, die diesen Stand ausmachen, — ist auch hier an der Tagesordnung. England zeigt uns, daß es für diesen Stand, als Stand im Staate, weder Natur-, Völker-, ja nicht einmal menschliche und göttliche Gesetze gibt," Die herrschende Kausmanns- gruppe gönnt keinem sonst sein Recht', das beweist Klinger durch das Los der Iren, die nach dem damaligen Gesetz schon wegen ihres Glaubens — als Katho¬ liken — von dem Zutritt zu staatlichen Andern und Würden ausgeschlossen waren: „Wird z. B. jetzt von dem Aufruhr in Irland gesprochen, so sage man nur: der Grund aller dieser scheußlichen Mordszenen ist die gehässige Intoleranz der hohen Kirche, die engste Kaufmanns- und Nmterpolitik; der Jrländer will ja nur Burger in seinem Vaterlande sein, Gott nach seinem Gewissen dienen und die gewöhn¬ lichen Rechte und Vorteile des Bürgers für die Lasten genießen, die er als Bürger gleich den andern tragen muß." 1803 brach der englisch-französisch« Krieg wieder aus, der Osterreich und Rußland auf Englands Seite fand. Klinger schrieb damals: „Es ist ganz natürlich, daß der alles kaufende und verlaufende Engländer aus dem festen Lande den ihm nötigen und nur ihm heilsamen Krieg mit eben dem Golde kauft, das er auf demselben gewonnen hat." Die Rücksichts¬ losigkeit der englischen Kriegführung bringt Klinger auf die Frage, warum es England nicht schon mit der Einführung der ägyptischen Pest in Frankreich ver¬ sucht habe; er erklärt die Unterlassung nur mit der Furcht des Engländers vor Übertragung der Seuche ins eigene Land. „Gleichwohl macht« es schon, um eben dieses Frankreich zu demütigen., durch den Hunger, ohne alle Rücksicht auf sich, einen sehr kräftigen Versuch dazu. Dieses, die Taten in Indien, — vor Kopenhagen . . . lassen uns von diesem Kaufmann noch manches Neue, bisher Unerhörte hoffen." Das war die Meinung eines führenden Mannes in einem mit England verbündeten Staate I Es ist jedenfalls in unseren Tagen interessant, unter Englands Kriegsmitteln vor hundert Jahren die Aushungerung zu finden; und auch „manches Neue, bisher Unerhörte", das schon Klinger erwartete, ist ja in unserer Zeit Wirklichkeit geworden. Aber Klinger erschöpfte sich als Staats¬ mann nicht mit dem Einsatz der moralischen Wertung: „Was ich mit den Eng¬ ländern habe? ruft er aus. — Ich wollte, man kaufte ihnen nichts mehr in Europa ab, so würde wahrscheinlich die ganz eingeschlafene Humanität dort wiederum erwachen müssen." Und den trotz seiner allgemein anerkannten Vorzüge gering geachteten Deutschen weist er auf das Ausland hin. damit er sich durch¬ setzen lerne: „Politische Tugenden . . . geben den Ausschlag."
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wie alles als Kaufleute tun. War der geendete Krieg eine mißlungene Kauf¬
mannsspekulation, so findet sich das Hilfsmittel in derselben Quelle" Denn ein
neuer Krieg, von Englands Geld genährt, erscheint Klinger naheliegend. „England
hat uns gezeigt, daß es außer den Großen der Erde noch einen Stand gäbe,
den Stand des Kaufmannes, der nach eigener Moral und Politik verfährt und
sich um die gewöhnlichen, uns in der Gesellschaft Lebende verbindenden Pflichten
nicht bekümmert. Das System der Aufopferung — versteht sich, nicht derer, die
diesen Stand ausmachen, — ist auch hier an der Tagesordnung. England zeigt
uns, daß es für diesen Stand, als Stand im Staate, weder Natur-, Völker-, ja
nicht einmal menschliche und göttliche Gesetze gibt," Die herrschende Kausmanns-
gruppe gönnt keinem sonst sein Recht', das beweist Klinger durch das Los der
Iren, die nach dem damaligen Gesetz schon wegen ihres Glaubens — als Katho¬
liken — von dem Zutritt zu staatlichen Andern und Würden ausgeschlossen waren:
„Wird z. B. jetzt von dem Aufruhr in Irland gesprochen, so sage man nur: der
Grund aller dieser scheußlichen Mordszenen ist die gehässige Intoleranz der hohen
Kirche, die engste Kaufmanns- und Nmterpolitik; der Jrländer will ja nur Burger
in seinem Vaterlande sein, Gott nach seinem Gewissen dienen und die gewöhn¬
lichen Rechte und Vorteile des Bürgers für die Lasten genießen, die er als
Bürger gleich den andern tragen muß." 1803 brach der englisch-französisch« Krieg
wieder aus, der Osterreich und Rußland auf Englands Seite fand. Klinger
schrieb damals: „Es ist ganz natürlich, daß der alles kaufende und verlaufende
Engländer aus dem festen Lande den ihm nötigen und nur ihm heilsamen Krieg
mit eben dem Golde kauft, das er auf demselben gewonnen hat." Die Rücksichts¬
losigkeit der englischen Kriegführung bringt Klinger auf die Frage, warum es
England nicht schon mit der Einführung der ägyptischen Pest in Frankreich ver¬
sucht habe; er erklärt die Unterlassung nur mit der Furcht des Engländers vor
Übertragung der Seuche ins eigene Land. „Gleichwohl macht« es schon, um
eben dieses Frankreich zu demütigen., durch den Hunger, ohne alle Rücksicht auf
sich, einen sehr kräftigen Versuch dazu. Dieses, die Taten in Indien, — vor
Kopenhagen . . . lassen uns von diesem Kaufmann noch manches Neue, bisher
Unerhörte hoffen." Das war die Meinung eines führenden Mannes in einem
mit England verbündeten Staate I Es ist jedenfalls in unseren Tagen interessant,
unter Englands Kriegsmitteln vor hundert Jahren die Aushungerung zu finden;
und auch „manches Neue, bisher Unerhörte", das schon Klinger erwartete, ist ja
in unserer Zeit Wirklichkeit geworden. Aber Klinger erschöpfte sich als Staats¬
mann nicht mit dem Einsatz der moralischen Wertung: „Was ich mit den Eng¬
ländern habe? ruft er aus. — Ich wollte, man kaufte ihnen nichts mehr in
Europa ab, so würde wahrscheinlich die ganz eingeschlafene Humanität dort
wiederum erwachen müssen." Und den trotz seiner allgemein anerkannten Vorzüge
gering geachteten Deutschen weist er auf das Ausland hin. damit er sich durch¬
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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/214>, abgerufen am 24.01.2025.
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