Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.Aritik ... es ist nicht denkbar, aus den Teilurteilen des Militärs und deS Volkswirt¬ Es ist mir völlig unverständlich, wie dieser Artikel, der nur durch die Stelle, Aritik ... es ist nicht denkbar, aus den Teilurteilen des Militärs und deS Volkswirt¬ Es ist mir völlig unverständlich, wie dieser Artikel, der nur durch die Stelle, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0168" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/334013"/> <fw type="header" place="top"> Aritik</fw><lb/> <p xml:id="ID_652" prev="#ID_651"> ... es ist nicht denkbar, aus den Teilurteilen des Militärs und deS Volkswirt¬<lb/> schaftlers zu einer Politik zu kommen. Wirtschaft und Militär spielen bei uns<lb/> 'kantig die Rolle der Erfolgmentalitäten .. . Das Politische soll den schlecht-<lb/> hinnigen (I) Überwert über das Militärische und das Wirtschaftliche heben . . .<lb/> Die militärische Mentalität repräsentiert allerdings im Augenblick der Rettung<lb/> das Ganze; ist aber die Gefahr vorüber, so sinkt sie wieder zum Teilgeist<lb/> herab, und alle militärischen Handlungen und Ansichten, die über den Zeit¬<lb/> raum der Gefahr hinausreichen, haben nur Ressortwert und sind daher nicht mehr<lb/> repräsentativ. Die militärische Mentalität ist, wo sie politisch wird, immer aUf<lb/> Möglichkeiten und ihre Abwehr, nie auf Wirklichkeiten und ihren Aufbau<lb/> bedacht, ist daher nicht fähig Geschichte zu machen. Auch die Retter sind . . .<lb/> nur zeitweise Vollrepräsentanten des Ganzdeutschtum; ist ihr Moment vorbei, so<lb/> sind sie nicht mehr als Große ihres Faches." Nach Herrn Ehrenbergs Auffassung<lb/> werden im Streit unserer Kriegsziele, der zwischen militärischen und wirtschaft¬<lb/> lichen Zielen wechselt, politische Ziele überhaupt nicht aufgestellt. „Das politische<lb/> Überseeproblem, die politische Mitteleuropafrage und das politische Ost°<lb/> Problem, alle existieren nur für einige vereinsamte politische Denker; unsre Feinde<lb/> werden immer nur militärisch und wirtschaftlich, nie aber politisch eingeschätzt.<lb/> An die politischen Folgen des Krieges denkt fast niemand, denn für die große<lb/> Mehrzahl ist der Krieg auch nicht aus politischen Zusammenhängen erwachsen."</p><lb/> <p xml:id="ID_653" next="#ID_654"> Es ist mir völlig unverständlich, wie dieser Artikel, der nur durch die Stelle,<lb/> an der er erschienen ist, Beachtung verdient, in dieser Zeit veröffentlicht werden konnte.<lb/> Soll er der Propaganda gegen die Oberste Heeresleitung dienen? Will der Herr<lb/> Verfasser die Bedeutung des Generalstabs in den Augen der Bevölkerung gegenüber<lb/> den Politikern' herabsetzen? Was versteht der Herr Professor unter militärischer<lb/> Mentalität? Nach seinen Darlegungen kann er darunter nur das Wesen eines sub¬<lb/> alternen Kommissoldaten, eines hervorragenden Sachverständigen, der sich anmaßt<lb/> dieFührnng der Nation zu übernehmen, meinen. DieHeersührer erscheinen nach seinein<lb/> Bilde als Scheuklappen tragende Nessortbnreaukratcn, die außer Zusammenhang<lb/> mit der Welt ausschließlich der mechanischen Vorbereitung für die negativen Auf¬<lb/> gaben des .Krieges gelebt haben. „Militärische und wirtschaftliche Mentalität<lb/> versagen immer auf den Hohen der Weltgeschichte." Weiß der gelehrte Verfasser<lb/> wirklich nichts von der militärischen Mentalität eines Großen Kurfürsten und<lb/> Friedrichs des Großen? Kennt der Verfasser nicht die große, von Offizieren des<lb/> Generalstabs geschriebene Literatur von Clausewitz bis zu Freytag-Loringhoven,<lb/> nicht Jorcks Weltgeschichte , in Umrissen, und Freytngs „Psychologie unsrer<lb/> Gegner"? Die echte militärische Mentalität der Deutschen,- die Ehrenberg gar<lb/> nicht kennt, die Mentalimt des Generalstabs, die sich durchaus nicht auf die Ab¬<lb/> wehr von Möglichkeiten beschränkt, ist wohl die feinste und kultivierteste Verschmelzung<lb/> soldatischer und staatsbürgerlicher, politischer Tugenden, die es überhaupt auf der<lb/> Welt gibt. Es gibt keine glänzenderen „Vollrepräsentanten des Ganzdeutschtums"<lb/> als jene militärischen „Retter", deren Mentalität nicht fähig sein soll Geschichte<lb/> zu machen, als das deutsche Offizierkorps. Die militärische Mentalität kann mit<lb/> der wirtschaftlichen schon aus dem einen Grunde nicht auf eine Stufe gestellt<lb/> werden, weil die eine auf dem Grundsatz alles für das Gemeinwohl empor¬<lb/> gewachsen ist, ohne dabei die Entwicklung von Individualitäten, von Männern,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0168]
Aritik
... es ist nicht denkbar, aus den Teilurteilen des Militärs und deS Volkswirt¬
schaftlers zu einer Politik zu kommen. Wirtschaft und Militär spielen bei uns
'kantig die Rolle der Erfolgmentalitäten .. . Das Politische soll den schlecht-
hinnigen (I) Überwert über das Militärische und das Wirtschaftliche heben . . .
Die militärische Mentalität repräsentiert allerdings im Augenblick der Rettung
das Ganze; ist aber die Gefahr vorüber, so sinkt sie wieder zum Teilgeist
herab, und alle militärischen Handlungen und Ansichten, die über den Zeit¬
raum der Gefahr hinausreichen, haben nur Ressortwert und sind daher nicht mehr
repräsentativ. Die militärische Mentalität ist, wo sie politisch wird, immer aUf
Möglichkeiten und ihre Abwehr, nie auf Wirklichkeiten und ihren Aufbau
bedacht, ist daher nicht fähig Geschichte zu machen. Auch die Retter sind . . .
nur zeitweise Vollrepräsentanten des Ganzdeutschtum; ist ihr Moment vorbei, so
sind sie nicht mehr als Große ihres Faches." Nach Herrn Ehrenbergs Auffassung
werden im Streit unserer Kriegsziele, der zwischen militärischen und wirtschaft¬
lichen Zielen wechselt, politische Ziele überhaupt nicht aufgestellt. „Das politische
Überseeproblem, die politische Mitteleuropafrage und das politische Ost°
Problem, alle existieren nur für einige vereinsamte politische Denker; unsre Feinde
werden immer nur militärisch und wirtschaftlich, nie aber politisch eingeschätzt.
An die politischen Folgen des Krieges denkt fast niemand, denn für die große
Mehrzahl ist der Krieg auch nicht aus politischen Zusammenhängen erwachsen."
Es ist mir völlig unverständlich, wie dieser Artikel, der nur durch die Stelle,
an der er erschienen ist, Beachtung verdient, in dieser Zeit veröffentlicht werden konnte.
Soll er der Propaganda gegen die Oberste Heeresleitung dienen? Will der Herr
Verfasser die Bedeutung des Generalstabs in den Augen der Bevölkerung gegenüber
den Politikern' herabsetzen? Was versteht der Herr Professor unter militärischer
Mentalität? Nach seinen Darlegungen kann er darunter nur das Wesen eines sub¬
alternen Kommissoldaten, eines hervorragenden Sachverständigen, der sich anmaßt
dieFührnng der Nation zu übernehmen, meinen. DieHeersührer erscheinen nach seinein
Bilde als Scheuklappen tragende Nessortbnreaukratcn, die außer Zusammenhang
mit der Welt ausschließlich der mechanischen Vorbereitung für die negativen Auf¬
gaben des .Krieges gelebt haben. „Militärische und wirtschaftliche Mentalität
versagen immer auf den Hohen der Weltgeschichte." Weiß der gelehrte Verfasser
wirklich nichts von der militärischen Mentalität eines Großen Kurfürsten und
Friedrichs des Großen? Kennt der Verfasser nicht die große, von Offizieren des
Generalstabs geschriebene Literatur von Clausewitz bis zu Freytag-Loringhoven,
nicht Jorcks Weltgeschichte , in Umrissen, und Freytngs „Psychologie unsrer
Gegner"? Die echte militärische Mentalität der Deutschen,- die Ehrenberg gar
nicht kennt, die Mentalimt des Generalstabs, die sich durchaus nicht auf die Ab¬
wehr von Möglichkeiten beschränkt, ist wohl die feinste und kultivierteste Verschmelzung
soldatischer und staatsbürgerlicher, politischer Tugenden, die es überhaupt auf der
Welt gibt. Es gibt keine glänzenderen „Vollrepräsentanten des Ganzdeutschtums"
als jene militärischen „Retter", deren Mentalität nicht fähig sein soll Geschichte
zu machen, als das deutsche Offizierkorps. Die militärische Mentalität kann mit
der wirtschaftlichen schon aus dem einen Grunde nicht auf eine Stufe gestellt
werden, weil die eine auf dem Grundsatz alles für das Gemeinwohl empor¬
gewachsen ist, ohne dabei die Entwicklung von Individualitäten, von Männern,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |