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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Die südslawische Frage in Gesterreich-Ungarn

nicht alles zur Kultur Notwendige aus sich hervorbringen kann und daher zum
Anschluß an ein anderes Volk gezwungen ist. War dies das deutsche, mit dem
die slowenischen Bauern noch heute leicht zu einträchtigen Zusammenleben zu
bringen sind, so suchte seither die Intelligenz und mit besonderem Eifer die
Geistlichkeit im Sinne des Jllyrismus. der die 1848er Forderung eines König¬
reichs Slowenien verdrängt hat, zunächst den engsten Anschluß an die Kroaten
(trotz der verschiedenen Schriftsprache), bald aber an die großserbische oder wie
man sie jetzt lieber nennt, die "jugoslawische" Idee. Mit dem künstlich genährten
Deutschenhaß ging die Abkehr von der Monarchie Hand in Hand. Hemmungen,
wie sie bei den Kroaten durch ihr historisch begründetes Sonderbewußtsein, bei
den böhmischen Mohammedanern durch ihren Glauben und ihre bevorzugte gesell¬
schaftliche Stellung wirksam sind, fehlten hier. Nur die dynastische Treue der
Bauern fiel ins Gewicht. Das zeigte sich in der Kriegszeit. Im Ganzen haben
sich aber die Südslawen, nicht bloß gegen Italien, gut geschlagen und deshalb
warme Anwälte in der Armee, wie z. B. den Feldherrn Boroevic, der zur serbischen
Nation gehört. Die Bekenner des Jugoslawismus sind durch die Annexion
Bosniens (1908) und vollends durch den Kriegsverlauf gezwungen worden, die
Macht Serbiens aus ihren Hoffnungen und Berechnungen immer mehr auszu¬
schalten und sich entweder zur Entente und der internationalen Regelung der süd¬
slawischen Frage auf dem "Friedenskongreß" (den sie gleich unseren Feinden der
endgültigen Lösung durch Sonderfrieden entgegenstellen) oder aber zur Monarchie
zu bekennen. Durch den Anschluß ihrer Mehrheit gewann der Trialismus neue
Kraft, aber auch radikalere Haltung und anspruchsvolleres Auftreten. Die For¬
derung des Friedenskongresses fand in seine Gedankengänge Zutritt. Zugleich
eröffnete sich die Hoffnung auf freiwillige oder gezwungene Angliederung des er¬
oberten Serbien und Montenegro an den südslawischen Gliedstaat der "Trias".
Wir können also einen engeren, auf die serbokroatischen Teile der Monarchie
beschränkten, einen weiteren, auf die Slowenen ausgedehnten und einen weitesten
oder jugoslawischen Trialismus unterscheiden. Den weiteren verlangt, an den
weitesten gedacht haben die südslawischen Abgeordneten des österreichischen Reichs¬
rath bei der Forderung ihrer Deklaration vom 30. Mai 1917 nach "Vereinigung
aller von Slowenen, Kroaten und Serben bewohnten Gebiete der Monarchie zu
einen: selbständigen, von jeder nationalen Fremdherrschaft freien, auf demokratischer
Grundlage aufgebauten Staatskörper" unter der Habsburger Dynastie. In dieser
Forderung und der Art, wie sie vertreten sind, zeigen sich sowie in dem analogen
Vorgehen der Tschechen die Rückwirkungen der russischen Revolution und der
Phrase von dem Selbstbestimmungsrecht, aber auch des Verhaltens, das Graf
Czernin ihnen gegenüber bekundet hat. Als Vorstufe zu dem bezeichneten
"Nationalstaat" verlangt man die administrative Sonderstellung der "slowenischen
Gebiete" in Steiermark und Körnten. Für sie wurde eine maßlose Agitation in
Untersteiermark und Südkärnten entfesselt, mit recht bedenklichen Mitteln die viel¬
fach analphabetische Landbevölkerung zu Massenbegehrschriften veranlaßt und
damit die Deutschen, die in diesen Gebieten wichtige und anwachsende Sprachinseln
haben, zur entschiedensten Abwehr gedrängt. Durch die Erklärung der Negierung,
sie wolle die südslawische Frage regeln, und durch das Bekenntnis des Ministeriums
und der Sozialdemokratie zur sogenannten "nationalen Autonomie" sind die
Deutschen Jnnerösterreichs in um so heftigere Erregung gekommen, als die Slawen
volle Gleichberechtigung besitzen und ihre Führer hier, sowie in Kroatien und dem
ihrer Willkür schon länger ausgelieferten Krain, lediglich die Unterdrückung der
Deutschen anstreben. Insbesondere der Volkstag in Graz (19. März 1918) hat
dieser Erregung einen bei den geduldigen Deutschen doppelt schwer ins Gewicht
fallenden stürmischen Ausdruck gegeben.

Da die Kundgebungen der Slciwensührer zwischen den verschiedenen
skizzierten Programmen vielfach schwanken und aus taktischen Gründen bald das
eine, bald das andere, bald verschwommene Verschmelzungen verschiedener Formen
hervorkehren, ist es nicht leicht, über die Anhängerschaft der oft nur als Maximal-


Die südslawische Frage in Gesterreich-Ungarn

nicht alles zur Kultur Notwendige aus sich hervorbringen kann und daher zum
Anschluß an ein anderes Volk gezwungen ist. War dies das deutsche, mit dem
die slowenischen Bauern noch heute leicht zu einträchtigen Zusammenleben zu
bringen sind, so suchte seither die Intelligenz und mit besonderem Eifer die
Geistlichkeit im Sinne des Jllyrismus. der die 1848er Forderung eines König¬
reichs Slowenien verdrängt hat, zunächst den engsten Anschluß an die Kroaten
(trotz der verschiedenen Schriftsprache), bald aber an die großserbische oder wie
man sie jetzt lieber nennt, die „jugoslawische" Idee. Mit dem künstlich genährten
Deutschenhaß ging die Abkehr von der Monarchie Hand in Hand. Hemmungen,
wie sie bei den Kroaten durch ihr historisch begründetes Sonderbewußtsein, bei
den böhmischen Mohammedanern durch ihren Glauben und ihre bevorzugte gesell¬
schaftliche Stellung wirksam sind, fehlten hier. Nur die dynastische Treue der
Bauern fiel ins Gewicht. Das zeigte sich in der Kriegszeit. Im Ganzen haben
sich aber die Südslawen, nicht bloß gegen Italien, gut geschlagen und deshalb
warme Anwälte in der Armee, wie z. B. den Feldherrn Boroevic, der zur serbischen
Nation gehört. Die Bekenner des Jugoslawismus sind durch die Annexion
Bosniens (1908) und vollends durch den Kriegsverlauf gezwungen worden, die
Macht Serbiens aus ihren Hoffnungen und Berechnungen immer mehr auszu¬
schalten und sich entweder zur Entente und der internationalen Regelung der süd¬
slawischen Frage auf dem „Friedenskongreß" (den sie gleich unseren Feinden der
endgültigen Lösung durch Sonderfrieden entgegenstellen) oder aber zur Monarchie
zu bekennen. Durch den Anschluß ihrer Mehrheit gewann der Trialismus neue
Kraft, aber auch radikalere Haltung und anspruchsvolleres Auftreten. Die For¬
derung des Friedenskongresses fand in seine Gedankengänge Zutritt. Zugleich
eröffnete sich die Hoffnung auf freiwillige oder gezwungene Angliederung des er¬
oberten Serbien und Montenegro an den südslawischen Gliedstaat der „Trias".
Wir können also einen engeren, auf die serbokroatischen Teile der Monarchie
beschränkten, einen weiteren, auf die Slowenen ausgedehnten und einen weitesten
oder jugoslawischen Trialismus unterscheiden. Den weiteren verlangt, an den
weitesten gedacht haben die südslawischen Abgeordneten des österreichischen Reichs¬
rath bei der Forderung ihrer Deklaration vom 30. Mai 1917 nach „Vereinigung
aller von Slowenen, Kroaten und Serben bewohnten Gebiete der Monarchie zu
einen: selbständigen, von jeder nationalen Fremdherrschaft freien, auf demokratischer
Grundlage aufgebauten Staatskörper" unter der Habsburger Dynastie. In dieser
Forderung und der Art, wie sie vertreten sind, zeigen sich sowie in dem analogen
Vorgehen der Tschechen die Rückwirkungen der russischen Revolution und der
Phrase von dem Selbstbestimmungsrecht, aber auch des Verhaltens, das Graf
Czernin ihnen gegenüber bekundet hat. Als Vorstufe zu dem bezeichneten
„Nationalstaat" verlangt man die administrative Sonderstellung der „slowenischen
Gebiete" in Steiermark und Körnten. Für sie wurde eine maßlose Agitation in
Untersteiermark und Südkärnten entfesselt, mit recht bedenklichen Mitteln die viel¬
fach analphabetische Landbevölkerung zu Massenbegehrschriften veranlaßt und
damit die Deutschen, die in diesen Gebieten wichtige und anwachsende Sprachinseln
haben, zur entschiedensten Abwehr gedrängt. Durch die Erklärung der Negierung,
sie wolle die südslawische Frage regeln, und durch das Bekenntnis des Ministeriums
und der Sozialdemokratie zur sogenannten „nationalen Autonomie" sind die
Deutschen Jnnerösterreichs in um so heftigere Erregung gekommen, als die Slawen
volle Gleichberechtigung besitzen und ihre Führer hier, sowie in Kroatien und dem
ihrer Willkür schon länger ausgelieferten Krain, lediglich die Unterdrückung der
Deutschen anstreben. Insbesondere der Volkstag in Graz (19. März 1918) hat
dieser Erregung einen bei den geduldigen Deutschen doppelt schwer ins Gewicht
fallenden stürmischen Ausdruck gegeben.

Da die Kundgebungen der Slciwensührer zwischen den verschiedenen
skizzierten Programmen vielfach schwanken und aus taktischen Gründen bald das
eine, bald das andere, bald verschwommene Verschmelzungen verschiedener Formen
hervorkehren, ist es nicht leicht, über die Anhängerschaft der oft nur als Maximal-


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[0077] Die südslawische Frage in Gesterreich-Ungarn nicht alles zur Kultur Notwendige aus sich hervorbringen kann und daher zum Anschluß an ein anderes Volk gezwungen ist. War dies das deutsche, mit dem die slowenischen Bauern noch heute leicht zu einträchtigen Zusammenleben zu bringen sind, so suchte seither die Intelligenz und mit besonderem Eifer die Geistlichkeit im Sinne des Jllyrismus. der die 1848er Forderung eines König¬ reichs Slowenien verdrängt hat, zunächst den engsten Anschluß an die Kroaten (trotz der verschiedenen Schriftsprache), bald aber an die großserbische oder wie man sie jetzt lieber nennt, die „jugoslawische" Idee. Mit dem künstlich genährten Deutschenhaß ging die Abkehr von der Monarchie Hand in Hand. Hemmungen, wie sie bei den Kroaten durch ihr historisch begründetes Sonderbewußtsein, bei den böhmischen Mohammedanern durch ihren Glauben und ihre bevorzugte gesell¬ schaftliche Stellung wirksam sind, fehlten hier. Nur die dynastische Treue der Bauern fiel ins Gewicht. Das zeigte sich in der Kriegszeit. Im Ganzen haben sich aber die Südslawen, nicht bloß gegen Italien, gut geschlagen und deshalb warme Anwälte in der Armee, wie z. B. den Feldherrn Boroevic, der zur serbischen Nation gehört. Die Bekenner des Jugoslawismus sind durch die Annexion Bosniens (1908) und vollends durch den Kriegsverlauf gezwungen worden, die Macht Serbiens aus ihren Hoffnungen und Berechnungen immer mehr auszu¬ schalten und sich entweder zur Entente und der internationalen Regelung der süd¬ slawischen Frage auf dem „Friedenskongreß" (den sie gleich unseren Feinden der endgültigen Lösung durch Sonderfrieden entgegenstellen) oder aber zur Monarchie zu bekennen. Durch den Anschluß ihrer Mehrheit gewann der Trialismus neue Kraft, aber auch radikalere Haltung und anspruchsvolleres Auftreten. Die For¬ derung des Friedenskongresses fand in seine Gedankengänge Zutritt. Zugleich eröffnete sich die Hoffnung auf freiwillige oder gezwungene Angliederung des er¬ oberten Serbien und Montenegro an den südslawischen Gliedstaat der „Trias". Wir können also einen engeren, auf die serbokroatischen Teile der Monarchie beschränkten, einen weiteren, auf die Slowenen ausgedehnten und einen weitesten oder jugoslawischen Trialismus unterscheiden. Den weiteren verlangt, an den weitesten gedacht haben die südslawischen Abgeordneten des österreichischen Reichs¬ rath bei der Forderung ihrer Deklaration vom 30. Mai 1917 nach „Vereinigung aller von Slowenen, Kroaten und Serben bewohnten Gebiete der Monarchie zu einen: selbständigen, von jeder nationalen Fremdherrschaft freien, auf demokratischer Grundlage aufgebauten Staatskörper" unter der Habsburger Dynastie. In dieser Forderung und der Art, wie sie vertreten sind, zeigen sich sowie in dem analogen Vorgehen der Tschechen die Rückwirkungen der russischen Revolution und der Phrase von dem Selbstbestimmungsrecht, aber auch des Verhaltens, das Graf Czernin ihnen gegenüber bekundet hat. Als Vorstufe zu dem bezeichneten „Nationalstaat" verlangt man die administrative Sonderstellung der „slowenischen Gebiete" in Steiermark und Körnten. Für sie wurde eine maßlose Agitation in Untersteiermark und Südkärnten entfesselt, mit recht bedenklichen Mitteln die viel¬ fach analphabetische Landbevölkerung zu Massenbegehrschriften veranlaßt und damit die Deutschen, die in diesen Gebieten wichtige und anwachsende Sprachinseln haben, zur entschiedensten Abwehr gedrängt. Durch die Erklärung der Negierung, sie wolle die südslawische Frage regeln, und durch das Bekenntnis des Ministeriums und der Sozialdemokratie zur sogenannten „nationalen Autonomie" sind die Deutschen Jnnerösterreichs in um so heftigere Erregung gekommen, als die Slawen volle Gleichberechtigung besitzen und ihre Führer hier, sowie in Kroatien und dem ihrer Willkür schon länger ausgelieferten Krain, lediglich die Unterdrückung der Deutschen anstreben. Insbesondere der Volkstag in Graz (19. März 1918) hat dieser Erregung einen bei den geduldigen Deutschen doppelt schwer ins Gewicht fallenden stürmischen Ausdruck gegeben. Da die Kundgebungen der Slciwensührer zwischen den verschiedenen skizzierten Programmen vielfach schwanken und aus taktischen Gründen bald das eine, bald das andere, bald verschwommene Verschmelzungen verschiedener Formen hervorkehren, ist es nicht leicht, über die Anhängerschaft der oft nur als Maximal-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/77>, abgerufen am 23.07.2024.