Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die südslawische Frag" in Vesterreich-Ungarn

mit Rücksicht auf die Kriegsverluste die Zählung von 1910 den späteren höheren
Schätzungen vorziehen; aber auch die Zahl von etwa 12 bis 13 Millionen, welche
sich aus den höchsten Schätzungen ergäbe und die durch Hinzurechnung der Nicht-
slawen im Gebiet noch etwas erhöht wird, übertrifft nur wenig die der Deutsch¬
österreicher und der Magyaren (1910 je 10 Millionen), steht dagegen weit hinter
jener, die für Osterreich wie für Ungarn nach Ausscheidung der Südslawenländer
übrig blieben (26 und I8V2 Millionen); selbst ein noch weiter um Galizien und
die Bukowina verkleinertes Osterreich, das an Areal unter das Südslawengebiet
herabsänke, hätte noch etwa 17 Millionen Einwohner. Das "Zehnmillionenvolk",
das die Südslawen darstellen, lebt aber unter sehr verschiedenen politisch-natio¬
nalen Bedingungen. Es verteilt sich auf zwei "nationale Staaten", deren Zukunft
noch ungewisz ist, auf Ungarn, das autonome Kroatien, das gemeinsame Ver-
waltungsgebiet und selbst, wenn wir das .Küstenland als Einheit rechnen (was
nur für die staatliche, nicht für die "autonome" Verwaltung und noch weniger
für die Landesvertretungen zutrifft), auf 5 österreichische Kronländer, von denen
Krain unter slowenischer, Dalmatien unter serbokroatischer Herrschaft steht, während
im Küstenland erst beide Völker zusammen eine schwache Mehrheit und die Slo¬
wenen inSteiermark und Kärnten die Minderheit bilden. Der Wunsch nach einer
einheitlicheren Gestaltung ihrer Verhältnisse ist also namentlich bei den Serbo-
kroaten vorhanden und begreiflich.

Wie solche Mannigfaltigkeit der Niederschlag geschichtlicher Entwicklung ist,
so haben auch die Einigungsbestrebungen je nach der Zeitlage ein verschiedenes
Gesicht gezeigt. Solange Österreich die christkatholische Vormacht gegen die
Türkei war, konnte sich nur ein großkroatischer Gedanke, den orthodoxen Serben
gegenüber als Angliedernngs- und KathoUsierungstendenz, äuszern. Neben ihn
trat mit/der Entwicklung und Befreiung der Serben deren historische Tradition,
und der großserbische Gedanke wurde von außen her in die Monarchie getragen;
da das Großserbentum seinen Mittelpunkt in Belgrad und seiner nationalen
Dynastie suchte, das Großtroatentum sich aber an die Habsburger anlehnte, be¬
deutete im Innern jenes einen Jrredentismns, dieses aber gipfelte in dem Be¬
streben, die Kroatenländer (oder die unter kroatischer Führung stehenden jugo¬
slawischen Länder) im Rahmen der Monarchie als selbständiges Ganze zusammen¬
zufassen. Ursprünglich wird es als politischer Jllyrismus bezeichnet, dessen Name
an das napoleonische Königreich Jllyrien und spätere amtliche österreichische Be¬
zeichnungen (wie etwa österreichisch.illyrisches Küstenland) anknüpft; in dem
dualistischen Reich, das 1867 gestaltet wurde, muß es als Trialismus auftreten.
Als solcher wurde es gerade von österreichischen Zentralisten mehrfach gefördert,
während die ablehnende Haltung der Ungarn einer etwas gemäßigteren Richtung
die Wege chüele; diese hofft, die Vereinigung der Länder nicht als drittes Glied
im Reiche, sondern unter der ungarischen Oberherrschaft, als Erweiterung des
"Suvoualismus" von Kroatien auf die übrigen Gebiete, eher zu erreichen. Manche
Großkrvciten besorgen eine Schädigung ihrer nationalen und kirchlichen Sonder¬
art von dem Zusammenschluß mit den an Zahl überlegenen und politisch aktiveren
Serben und nicht alle Großserben fassen die Angliederung der .Kroaten ins Auge.
Aber von der Mehrzahl der Gebildeten hat der kulturelle Jllyrismus Besitz er¬
griffen, der in den drei Völkern eine Nation sieht und die vom Volke unmittelbar
empfundene Verschiedenheit in Sitten und Glauben, Geschichte und Überlieferung,
Schrift und Kalender überwinden will. Je schwächer die Monarchie im Orient
auftrat, desto mehr Boden fand der Jllyrismus unter Kroaten und Slowenen,
und desto entschiedener nahm er großserbische Färbung an. Die älteren kroatisch-
trialistischen Programme, wie z. B. im Gegensatz zu der ungarnfreundlichen Rich¬
tung ti? alte Rechts- oder Starcevic-Partei 1893 eines aufstellte, .machten dagegen
an den Grenzen der Monarchie Halt, erhoben aber Anspruch auf die slowenischen
und über sie hinaus auf italienische und deutschalpenländische Wohngebiete. Die
Slowenen bezeichnete noch 1882 der berühmte slowenische Gelehrte Miklosich als
ein Volk, das infolge seiner geringen Zahl, geographischen Lage und Geschichte


Die südslawische Frag« in Vesterreich-Ungarn

mit Rücksicht auf die Kriegsverluste die Zählung von 1910 den späteren höheren
Schätzungen vorziehen; aber auch die Zahl von etwa 12 bis 13 Millionen, welche
sich aus den höchsten Schätzungen ergäbe und die durch Hinzurechnung der Nicht-
slawen im Gebiet noch etwas erhöht wird, übertrifft nur wenig die der Deutsch¬
österreicher und der Magyaren (1910 je 10 Millionen), steht dagegen weit hinter
jener, die für Osterreich wie für Ungarn nach Ausscheidung der Südslawenländer
übrig blieben (26 und I8V2 Millionen); selbst ein noch weiter um Galizien und
die Bukowina verkleinertes Osterreich, das an Areal unter das Südslawengebiet
herabsänke, hätte noch etwa 17 Millionen Einwohner. Das „Zehnmillionenvolk",
das die Südslawen darstellen, lebt aber unter sehr verschiedenen politisch-natio¬
nalen Bedingungen. Es verteilt sich auf zwei „nationale Staaten", deren Zukunft
noch ungewisz ist, auf Ungarn, das autonome Kroatien, das gemeinsame Ver-
waltungsgebiet und selbst, wenn wir das .Küstenland als Einheit rechnen (was
nur für die staatliche, nicht für die „autonome" Verwaltung und noch weniger
für die Landesvertretungen zutrifft), auf 5 österreichische Kronländer, von denen
Krain unter slowenischer, Dalmatien unter serbokroatischer Herrschaft steht, während
im Küstenland erst beide Völker zusammen eine schwache Mehrheit und die Slo¬
wenen inSteiermark und Kärnten die Minderheit bilden. Der Wunsch nach einer
einheitlicheren Gestaltung ihrer Verhältnisse ist also namentlich bei den Serbo-
kroaten vorhanden und begreiflich.

Wie solche Mannigfaltigkeit der Niederschlag geschichtlicher Entwicklung ist,
so haben auch die Einigungsbestrebungen je nach der Zeitlage ein verschiedenes
Gesicht gezeigt. Solange Österreich die christkatholische Vormacht gegen die
Türkei war, konnte sich nur ein großkroatischer Gedanke, den orthodoxen Serben
gegenüber als Angliedernngs- und KathoUsierungstendenz, äuszern. Neben ihn
trat mit/der Entwicklung und Befreiung der Serben deren historische Tradition,
und der großserbische Gedanke wurde von außen her in die Monarchie getragen;
da das Großserbentum seinen Mittelpunkt in Belgrad und seiner nationalen
Dynastie suchte, das Großtroatentum sich aber an die Habsburger anlehnte, be¬
deutete im Innern jenes einen Jrredentismns, dieses aber gipfelte in dem Be¬
streben, die Kroatenländer (oder die unter kroatischer Führung stehenden jugo¬
slawischen Länder) im Rahmen der Monarchie als selbständiges Ganze zusammen¬
zufassen. Ursprünglich wird es als politischer Jllyrismus bezeichnet, dessen Name
an das napoleonische Königreich Jllyrien und spätere amtliche österreichische Be¬
zeichnungen (wie etwa österreichisch.illyrisches Küstenland) anknüpft; in dem
dualistischen Reich, das 1867 gestaltet wurde, muß es als Trialismus auftreten.
Als solcher wurde es gerade von österreichischen Zentralisten mehrfach gefördert,
während die ablehnende Haltung der Ungarn einer etwas gemäßigteren Richtung
die Wege chüele; diese hofft, die Vereinigung der Länder nicht als drittes Glied
im Reiche, sondern unter der ungarischen Oberherrschaft, als Erweiterung des
„Suvoualismus" von Kroatien auf die übrigen Gebiete, eher zu erreichen. Manche
Großkrvciten besorgen eine Schädigung ihrer nationalen und kirchlichen Sonder¬
art von dem Zusammenschluß mit den an Zahl überlegenen und politisch aktiveren
Serben und nicht alle Großserben fassen die Angliederung der .Kroaten ins Auge.
Aber von der Mehrzahl der Gebildeten hat der kulturelle Jllyrismus Besitz er¬
griffen, der in den drei Völkern eine Nation sieht und die vom Volke unmittelbar
empfundene Verschiedenheit in Sitten und Glauben, Geschichte und Überlieferung,
Schrift und Kalender überwinden will. Je schwächer die Monarchie im Orient
auftrat, desto mehr Boden fand der Jllyrismus unter Kroaten und Slowenen,
und desto entschiedener nahm er großserbische Färbung an. Die älteren kroatisch-
trialistischen Programme, wie z. B. im Gegensatz zu der ungarnfreundlichen Rich¬
tung ti? alte Rechts- oder Starcevic-Partei 1893 eines aufstellte, .machten dagegen
an den Grenzen der Monarchie Halt, erhoben aber Anspruch auf die slowenischen
und über sie hinaus auf italienische und deutschalpenländische Wohngebiete. Die
Slowenen bezeichnete noch 1882 der berühmte slowenische Gelehrte Miklosich als
ein Volk, das infolge seiner geringen Zahl, geographischen Lage und Geschichte


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333559"/>
          <fw type="header" place="top"> Die südslawische Frag« in Vesterreich-Ungarn</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_220" prev="#ID_219"> mit Rücksicht auf die Kriegsverluste die Zählung von 1910 den späteren höheren<lb/>
Schätzungen vorziehen; aber auch die Zahl von etwa 12 bis 13 Millionen, welche<lb/>
sich aus den höchsten Schätzungen ergäbe und die durch Hinzurechnung der Nicht-<lb/>
slawen im Gebiet noch etwas erhöht wird, übertrifft nur wenig die der Deutsch¬<lb/>
österreicher und der Magyaren (1910 je 10 Millionen), steht dagegen weit hinter<lb/>
jener, die für Osterreich wie für Ungarn nach Ausscheidung der Südslawenländer<lb/>
übrig blieben (26 und I8V2 Millionen); selbst ein noch weiter um Galizien und<lb/>
die Bukowina verkleinertes Osterreich, das an Areal unter das Südslawengebiet<lb/>
herabsänke, hätte noch etwa 17 Millionen Einwohner. Das &#x201E;Zehnmillionenvolk",<lb/>
das die Südslawen darstellen, lebt aber unter sehr verschiedenen politisch-natio¬<lb/>
nalen Bedingungen. Es verteilt sich auf zwei &#x201E;nationale Staaten", deren Zukunft<lb/>
noch ungewisz ist, auf Ungarn, das autonome Kroatien, das gemeinsame Ver-<lb/>
waltungsgebiet und selbst, wenn wir das .Küstenland als Einheit rechnen (was<lb/>
nur für die staatliche, nicht für die &#x201E;autonome" Verwaltung und noch weniger<lb/>
für die Landesvertretungen zutrifft), auf 5 österreichische Kronländer, von denen<lb/>
Krain unter slowenischer, Dalmatien unter serbokroatischer Herrschaft steht, während<lb/>
im Küstenland erst beide Völker zusammen eine schwache Mehrheit und die Slo¬<lb/>
wenen inSteiermark und Kärnten die Minderheit bilden. Der Wunsch nach einer<lb/>
einheitlicheren Gestaltung ihrer Verhältnisse ist also namentlich bei den Serbo-<lb/>
kroaten vorhanden und begreiflich.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_221" next="#ID_222"> Wie solche Mannigfaltigkeit der Niederschlag geschichtlicher Entwicklung ist,<lb/>
so haben auch die Einigungsbestrebungen je nach der Zeitlage ein verschiedenes<lb/>
Gesicht gezeigt. Solange Österreich die christkatholische Vormacht gegen die<lb/>
Türkei war, konnte sich nur ein großkroatischer Gedanke, den orthodoxen Serben<lb/>
gegenüber als Angliedernngs- und KathoUsierungstendenz, äuszern. Neben ihn<lb/>
trat mit/der Entwicklung und Befreiung der Serben deren historische Tradition,<lb/>
und der großserbische Gedanke wurde von außen her in die Monarchie getragen;<lb/>
da das Großserbentum seinen Mittelpunkt in Belgrad und seiner nationalen<lb/>
Dynastie suchte, das Großtroatentum sich aber an die Habsburger anlehnte, be¬<lb/>
deutete im Innern jenes einen Jrredentismns, dieses aber gipfelte in dem Be¬<lb/>
streben, die Kroatenländer (oder die unter kroatischer Führung stehenden jugo¬<lb/>
slawischen Länder) im Rahmen der Monarchie als selbständiges Ganze zusammen¬<lb/>
zufassen. Ursprünglich wird es als politischer Jllyrismus bezeichnet, dessen Name<lb/>
an das napoleonische Königreich Jllyrien und spätere amtliche österreichische Be¬<lb/>
zeichnungen (wie etwa österreichisch.illyrisches Küstenland) anknüpft; in dem<lb/>
dualistischen Reich, das 1867 gestaltet wurde, muß es als Trialismus auftreten.<lb/>
Als solcher wurde es gerade von österreichischen Zentralisten mehrfach gefördert,<lb/>
während die ablehnende Haltung der Ungarn einer etwas gemäßigteren Richtung<lb/>
die Wege chüele; diese hofft, die Vereinigung der Länder nicht als drittes Glied<lb/>
im Reiche, sondern unter der ungarischen Oberherrschaft, als Erweiterung des<lb/>
&#x201E;Suvoualismus" von Kroatien auf die übrigen Gebiete, eher zu erreichen. Manche<lb/>
Großkrvciten besorgen eine Schädigung ihrer nationalen und kirchlichen Sonder¬<lb/>
art von dem Zusammenschluß mit den an Zahl überlegenen und politisch aktiveren<lb/>
Serben und nicht alle Großserben fassen die Angliederung der .Kroaten ins Auge.<lb/>
Aber von der Mehrzahl der Gebildeten hat der kulturelle Jllyrismus Besitz er¬<lb/>
griffen, der in den drei Völkern eine Nation sieht und die vom Volke unmittelbar<lb/>
empfundene Verschiedenheit in Sitten und Glauben, Geschichte und Überlieferung,<lb/>
Schrift und Kalender überwinden will. Je schwächer die Monarchie im Orient<lb/>
auftrat, desto mehr Boden fand der Jllyrismus unter Kroaten und Slowenen,<lb/>
und desto entschiedener nahm er großserbische Färbung an. Die älteren kroatisch-<lb/>
trialistischen Programme, wie z. B. im Gegensatz zu der ungarnfreundlichen Rich¬<lb/>
tung ti? alte Rechts- oder Starcevic-Partei 1893 eines aufstellte, .machten dagegen<lb/>
an den Grenzen der Monarchie Halt, erhoben aber Anspruch auf die slowenischen<lb/>
und über sie hinaus auf italienische und deutschalpenländische Wohngebiete. Die<lb/>
Slowenen bezeichnete noch 1882 der berühmte slowenische Gelehrte Miklosich als<lb/>
ein Volk, das infolge seiner geringen Zahl, geographischen Lage und Geschichte</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0076] Die südslawische Frag« in Vesterreich-Ungarn mit Rücksicht auf die Kriegsverluste die Zählung von 1910 den späteren höheren Schätzungen vorziehen; aber auch die Zahl von etwa 12 bis 13 Millionen, welche sich aus den höchsten Schätzungen ergäbe und die durch Hinzurechnung der Nicht- slawen im Gebiet noch etwas erhöht wird, übertrifft nur wenig die der Deutsch¬ österreicher und der Magyaren (1910 je 10 Millionen), steht dagegen weit hinter jener, die für Osterreich wie für Ungarn nach Ausscheidung der Südslawenländer übrig blieben (26 und I8V2 Millionen); selbst ein noch weiter um Galizien und die Bukowina verkleinertes Osterreich, das an Areal unter das Südslawengebiet herabsänke, hätte noch etwa 17 Millionen Einwohner. Das „Zehnmillionenvolk", das die Südslawen darstellen, lebt aber unter sehr verschiedenen politisch-natio¬ nalen Bedingungen. Es verteilt sich auf zwei „nationale Staaten", deren Zukunft noch ungewisz ist, auf Ungarn, das autonome Kroatien, das gemeinsame Ver- waltungsgebiet und selbst, wenn wir das .Küstenland als Einheit rechnen (was nur für die staatliche, nicht für die „autonome" Verwaltung und noch weniger für die Landesvertretungen zutrifft), auf 5 österreichische Kronländer, von denen Krain unter slowenischer, Dalmatien unter serbokroatischer Herrschaft steht, während im Küstenland erst beide Völker zusammen eine schwache Mehrheit und die Slo¬ wenen inSteiermark und Kärnten die Minderheit bilden. Der Wunsch nach einer einheitlicheren Gestaltung ihrer Verhältnisse ist also namentlich bei den Serbo- kroaten vorhanden und begreiflich. Wie solche Mannigfaltigkeit der Niederschlag geschichtlicher Entwicklung ist, so haben auch die Einigungsbestrebungen je nach der Zeitlage ein verschiedenes Gesicht gezeigt. Solange Österreich die christkatholische Vormacht gegen die Türkei war, konnte sich nur ein großkroatischer Gedanke, den orthodoxen Serben gegenüber als Angliedernngs- und KathoUsierungstendenz, äuszern. Neben ihn trat mit/der Entwicklung und Befreiung der Serben deren historische Tradition, und der großserbische Gedanke wurde von außen her in die Monarchie getragen; da das Großserbentum seinen Mittelpunkt in Belgrad und seiner nationalen Dynastie suchte, das Großtroatentum sich aber an die Habsburger anlehnte, be¬ deutete im Innern jenes einen Jrredentismns, dieses aber gipfelte in dem Be¬ streben, die Kroatenländer (oder die unter kroatischer Führung stehenden jugo¬ slawischen Länder) im Rahmen der Monarchie als selbständiges Ganze zusammen¬ zufassen. Ursprünglich wird es als politischer Jllyrismus bezeichnet, dessen Name an das napoleonische Königreich Jllyrien und spätere amtliche österreichische Be¬ zeichnungen (wie etwa österreichisch.illyrisches Küstenland) anknüpft; in dem dualistischen Reich, das 1867 gestaltet wurde, muß es als Trialismus auftreten. Als solcher wurde es gerade von österreichischen Zentralisten mehrfach gefördert, während die ablehnende Haltung der Ungarn einer etwas gemäßigteren Richtung die Wege chüele; diese hofft, die Vereinigung der Länder nicht als drittes Glied im Reiche, sondern unter der ungarischen Oberherrschaft, als Erweiterung des „Suvoualismus" von Kroatien auf die übrigen Gebiete, eher zu erreichen. Manche Großkrvciten besorgen eine Schädigung ihrer nationalen und kirchlichen Sonder¬ art von dem Zusammenschluß mit den an Zahl überlegenen und politisch aktiveren Serben und nicht alle Großserben fassen die Angliederung der .Kroaten ins Auge. Aber von der Mehrzahl der Gebildeten hat der kulturelle Jllyrismus Besitz er¬ griffen, der in den drei Völkern eine Nation sieht und die vom Volke unmittelbar empfundene Verschiedenheit in Sitten und Glauben, Geschichte und Überlieferung, Schrift und Kalender überwinden will. Je schwächer die Monarchie im Orient auftrat, desto mehr Boden fand der Jllyrismus unter Kroaten und Slowenen, und desto entschiedener nahm er großserbische Färbung an. Die älteren kroatisch- trialistischen Programme, wie z. B. im Gegensatz zu der ungarnfreundlichen Rich¬ tung ti? alte Rechts- oder Starcevic-Partei 1893 eines aufstellte, .machten dagegen an den Grenzen der Monarchie Halt, erhoben aber Anspruch auf die slowenischen und über sie hinaus auf italienische und deutschalpenländische Wohngebiete. Die Slowenen bezeichnete noch 1882 der berühmte slowenische Gelehrte Miklosich als ein Volk, das infolge seiner geringen Zahl, geographischen Lage und Geschichte

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/76
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/76>, abgerufen am 23.07.2024.