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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Der Friede mit Rumänien

entgegen. Anfänglich wurde von diesen Seiten etwa ein Fünftel des rumänischen
Staatsgebietes gefordert. Ungarn verlangte eine Vorschiebung seiner Grenzen
nach Süden, Osten und Nordosten, sowie die Abtrennung eines Gebietes östlich
Orsowa. Bulgarien forderte die ganze Dobrudscha, die ihm 1878 durch den
Berliner Frieden und 1913 als Abschluß des "weiten Balkankrieges entrissen
worden war. Erschwerend wirkt auch die Erbschaft der türkisch-bulgarischen Aus¬
gleichsbestrebungen aus der Folgezeit der beiden letzten Balkankriege.

Die ungarische Forderung ist vor allen Dingen militärisch begründet.
Die bisherige auf dem Karpathenkamm entlang laufende Grenze zwischen Ru¬
mänien und Ungarn sicherte den Rumänen durch die Eigenart der Gestaltung des
Gebirges alle Vorteile bei Angriff und Verteidigung. Der Karpathenrücken fällt,
ähnlich wie die Vogesen im Elsaß gegen die Rheinebene, nach Ungarn zu steil ab,
während er nach Rumänien allmählich in die Ebene übergeht. Nach den Er¬
fahrungen dieses Krieges mußte die Korrektur dieser Grenze eine Mindestforderung
Ungarns bleiben. Wie erinnerlich, konnten die Rumänen ini Schutze der Berge
ihren Überfall auf ungarisches Gebiet weitgehend vorbereiten! sie sind dann einem
von der Schneeschmelze angeschwellten Sturzbach gleich ohne.Kriegserklärung über
Siebenbürgen hineingebrochen und haben in den fruchtbaren, durch den Fleiß
seiner deutschen Bewohner reich gewordenen Städten und Dörfern entsetzlich gehaust.
Wird die Grenze auf der rumänischen Seite den Hang hinabgeschoben, so wird
die Gefahr der Wiederholung solcher Ereignisse ein für allemal beseitigt. Bei
dem Gebiet östlich von Orsowa handelt es sich um die Sicherung der Donau-
schiffahrt und der gewaltigen Stromregulierungen, die Österreich-Ungarn dort
bereits seit Jahren in Angriff genommen hat und die dem gesamten mittel¬
europäischen Handel dienen. Es liegt auf der Hand, daß gerade dort bei seinem
Durchbruch durch das Gebirge der Donaustrom einer besonders sorgfältigen
Sicherung gegen feindliche Angriffe bedarf und, daß somit auch ein Riegel
zwischen Rumänien und Serbien, die an jener Stelle aneinander grenzten, ge¬
schoben werden mußte. Die ungarisch-rumänische Grenzberichtigung ist sonach
weit über die Interessen der zunächst Beteiligten von größtem Wert für die fried¬
liche Entwicklung Mitteleuropas. Jedenfalls ist Rumänien ein für allemal die
Aussicht genommen, nach Westen hin erfolgreich als Angreifer aufzutreten, was
etwaige Gelüste später uns feindlich gesinnter Regierungen zum mindesten im Zaume
halten würde. Die ungarischen Grenzwachen sollen fortab von ihren Hang¬
stellungen aus die rumänische Ebene und die Hauptbahnlinie von Norden
nach Süden beherrschen. Ungarn wird dabei in ethnographischer Beziehung durch
den Gebietszuwachs nicht sonderlich belastet, da es sich um ein wildes Gebirgs-
land mit ganz dünner Bevölkerung handelt, die leicht durch sichere Kriegsteil¬
nehmer und sonstige Kolonisation ersetzt und durchsetzt werden könnte. Um im
übrigen auch einer rumänisch-österreichisch-ungarischen Versöhnung den Weg zu
ebnen, ist Rumänien nach den Worten des Grafen Czernin in Aussicht gestellt,
sich für seinen Gebietsverlust im Westen durch sehr reiche Gebiete Bessarabiens,
soweit sie von rumänischer Bevölkerung bewohnt sind, schadlos zu halten. Da-
mit soll eine Grundlage geschaffen sein, auf der bei einigem guten Willen sich
dauernde friedliche und wirtschaftlich sichere Beziehungen zwischen Rumänien und
den beiden mitteleuropäischen Großmächten anbahnen können.

In derselben Richtung soll die Neuordnung der Dobrudschafrage wirken,
die seit Jahrzehnten ein Hemmnis zur Anbahnung friedlicher Beziehungen zwischen
Rumänien und Bulgarien war. Sie ist durchaus nicht gelöst, kaum daß von
einem Versuch sie zu lösen gesprochen werden darf. Mit derselben Energie,
wie die Bulgaren die Dobrudscha für sich fordern, mit derselben wird sie
von den Rumänen verteidigt und, was die Lösung noch mehr erschwerte, die Türkei, die
an der Niederwerfung Rumäniens keinen geringen Anteil hat, fordert ihren Lohn an der
Maritza und bei Adrianopel von den Bulgaren. Die Wünsche Bulgariens wegen
der Dobrudscha hat der bulgarische Gesandte in Berlin, Exzellenz Rizoff in einer
Denkschrift mit reichem Kartenmaterial also zum Ausdruck gebraucht: Rumänien


Der Friede mit Rumänien

entgegen. Anfänglich wurde von diesen Seiten etwa ein Fünftel des rumänischen
Staatsgebietes gefordert. Ungarn verlangte eine Vorschiebung seiner Grenzen
nach Süden, Osten und Nordosten, sowie die Abtrennung eines Gebietes östlich
Orsowa. Bulgarien forderte die ganze Dobrudscha, die ihm 1878 durch den
Berliner Frieden und 1913 als Abschluß des »weiten Balkankrieges entrissen
worden war. Erschwerend wirkt auch die Erbschaft der türkisch-bulgarischen Aus¬
gleichsbestrebungen aus der Folgezeit der beiden letzten Balkankriege.

Die ungarische Forderung ist vor allen Dingen militärisch begründet.
Die bisherige auf dem Karpathenkamm entlang laufende Grenze zwischen Ru¬
mänien und Ungarn sicherte den Rumänen durch die Eigenart der Gestaltung des
Gebirges alle Vorteile bei Angriff und Verteidigung. Der Karpathenrücken fällt,
ähnlich wie die Vogesen im Elsaß gegen die Rheinebene, nach Ungarn zu steil ab,
während er nach Rumänien allmählich in die Ebene übergeht. Nach den Er¬
fahrungen dieses Krieges mußte die Korrektur dieser Grenze eine Mindestforderung
Ungarns bleiben. Wie erinnerlich, konnten die Rumänen ini Schutze der Berge
ihren Überfall auf ungarisches Gebiet weitgehend vorbereiten! sie sind dann einem
von der Schneeschmelze angeschwellten Sturzbach gleich ohne.Kriegserklärung über
Siebenbürgen hineingebrochen und haben in den fruchtbaren, durch den Fleiß
seiner deutschen Bewohner reich gewordenen Städten und Dörfern entsetzlich gehaust.
Wird die Grenze auf der rumänischen Seite den Hang hinabgeschoben, so wird
die Gefahr der Wiederholung solcher Ereignisse ein für allemal beseitigt. Bei
dem Gebiet östlich von Orsowa handelt es sich um die Sicherung der Donau-
schiffahrt und der gewaltigen Stromregulierungen, die Österreich-Ungarn dort
bereits seit Jahren in Angriff genommen hat und die dem gesamten mittel¬
europäischen Handel dienen. Es liegt auf der Hand, daß gerade dort bei seinem
Durchbruch durch das Gebirge der Donaustrom einer besonders sorgfältigen
Sicherung gegen feindliche Angriffe bedarf und, daß somit auch ein Riegel
zwischen Rumänien und Serbien, die an jener Stelle aneinander grenzten, ge¬
schoben werden mußte. Die ungarisch-rumänische Grenzberichtigung ist sonach
weit über die Interessen der zunächst Beteiligten von größtem Wert für die fried¬
liche Entwicklung Mitteleuropas. Jedenfalls ist Rumänien ein für allemal die
Aussicht genommen, nach Westen hin erfolgreich als Angreifer aufzutreten, was
etwaige Gelüste später uns feindlich gesinnter Regierungen zum mindesten im Zaume
halten würde. Die ungarischen Grenzwachen sollen fortab von ihren Hang¬
stellungen aus die rumänische Ebene und die Hauptbahnlinie von Norden
nach Süden beherrschen. Ungarn wird dabei in ethnographischer Beziehung durch
den Gebietszuwachs nicht sonderlich belastet, da es sich um ein wildes Gebirgs-
land mit ganz dünner Bevölkerung handelt, die leicht durch sichere Kriegsteil¬
nehmer und sonstige Kolonisation ersetzt und durchsetzt werden könnte. Um im
übrigen auch einer rumänisch-österreichisch-ungarischen Versöhnung den Weg zu
ebnen, ist Rumänien nach den Worten des Grafen Czernin in Aussicht gestellt,
sich für seinen Gebietsverlust im Westen durch sehr reiche Gebiete Bessarabiens,
soweit sie von rumänischer Bevölkerung bewohnt sind, schadlos zu halten. Da-
mit soll eine Grundlage geschaffen sein, auf der bei einigem guten Willen sich
dauernde friedliche und wirtschaftlich sichere Beziehungen zwischen Rumänien und
den beiden mitteleuropäischen Großmächten anbahnen können.

In derselben Richtung soll die Neuordnung der Dobrudschafrage wirken,
die seit Jahrzehnten ein Hemmnis zur Anbahnung friedlicher Beziehungen zwischen
Rumänien und Bulgarien war. Sie ist durchaus nicht gelöst, kaum daß von
einem Versuch sie zu lösen gesprochen werden darf. Mit derselben Energie,
wie die Bulgaren die Dobrudscha für sich fordern, mit derselben wird sie
von den Rumänen verteidigt und, was die Lösung noch mehr erschwerte, die Türkei, die
an der Niederwerfung Rumäniens keinen geringen Anteil hat, fordert ihren Lohn an der
Maritza und bei Adrianopel von den Bulgaren. Die Wünsche Bulgariens wegen
der Dobrudscha hat der bulgarische Gesandte in Berlin, Exzellenz Rizoff in einer
Denkschrift mit reichem Kartenmaterial also zum Ausdruck gebraucht: Rumänien


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[0062] Der Friede mit Rumänien entgegen. Anfänglich wurde von diesen Seiten etwa ein Fünftel des rumänischen Staatsgebietes gefordert. Ungarn verlangte eine Vorschiebung seiner Grenzen nach Süden, Osten und Nordosten, sowie die Abtrennung eines Gebietes östlich Orsowa. Bulgarien forderte die ganze Dobrudscha, die ihm 1878 durch den Berliner Frieden und 1913 als Abschluß des »weiten Balkankrieges entrissen worden war. Erschwerend wirkt auch die Erbschaft der türkisch-bulgarischen Aus¬ gleichsbestrebungen aus der Folgezeit der beiden letzten Balkankriege. Die ungarische Forderung ist vor allen Dingen militärisch begründet. Die bisherige auf dem Karpathenkamm entlang laufende Grenze zwischen Ru¬ mänien und Ungarn sicherte den Rumänen durch die Eigenart der Gestaltung des Gebirges alle Vorteile bei Angriff und Verteidigung. Der Karpathenrücken fällt, ähnlich wie die Vogesen im Elsaß gegen die Rheinebene, nach Ungarn zu steil ab, während er nach Rumänien allmählich in die Ebene übergeht. Nach den Er¬ fahrungen dieses Krieges mußte die Korrektur dieser Grenze eine Mindestforderung Ungarns bleiben. Wie erinnerlich, konnten die Rumänen ini Schutze der Berge ihren Überfall auf ungarisches Gebiet weitgehend vorbereiten! sie sind dann einem von der Schneeschmelze angeschwellten Sturzbach gleich ohne.Kriegserklärung über Siebenbürgen hineingebrochen und haben in den fruchtbaren, durch den Fleiß seiner deutschen Bewohner reich gewordenen Städten und Dörfern entsetzlich gehaust. Wird die Grenze auf der rumänischen Seite den Hang hinabgeschoben, so wird die Gefahr der Wiederholung solcher Ereignisse ein für allemal beseitigt. Bei dem Gebiet östlich von Orsowa handelt es sich um die Sicherung der Donau- schiffahrt und der gewaltigen Stromregulierungen, die Österreich-Ungarn dort bereits seit Jahren in Angriff genommen hat und die dem gesamten mittel¬ europäischen Handel dienen. Es liegt auf der Hand, daß gerade dort bei seinem Durchbruch durch das Gebirge der Donaustrom einer besonders sorgfältigen Sicherung gegen feindliche Angriffe bedarf und, daß somit auch ein Riegel zwischen Rumänien und Serbien, die an jener Stelle aneinander grenzten, ge¬ schoben werden mußte. Die ungarisch-rumänische Grenzberichtigung ist sonach weit über die Interessen der zunächst Beteiligten von größtem Wert für die fried¬ liche Entwicklung Mitteleuropas. Jedenfalls ist Rumänien ein für allemal die Aussicht genommen, nach Westen hin erfolgreich als Angreifer aufzutreten, was etwaige Gelüste später uns feindlich gesinnter Regierungen zum mindesten im Zaume halten würde. Die ungarischen Grenzwachen sollen fortab von ihren Hang¬ stellungen aus die rumänische Ebene und die Hauptbahnlinie von Norden nach Süden beherrschen. Ungarn wird dabei in ethnographischer Beziehung durch den Gebietszuwachs nicht sonderlich belastet, da es sich um ein wildes Gebirgs- land mit ganz dünner Bevölkerung handelt, die leicht durch sichere Kriegsteil¬ nehmer und sonstige Kolonisation ersetzt und durchsetzt werden könnte. Um im übrigen auch einer rumänisch-österreichisch-ungarischen Versöhnung den Weg zu ebnen, ist Rumänien nach den Worten des Grafen Czernin in Aussicht gestellt, sich für seinen Gebietsverlust im Westen durch sehr reiche Gebiete Bessarabiens, soweit sie von rumänischer Bevölkerung bewohnt sind, schadlos zu halten. Da- mit soll eine Grundlage geschaffen sein, auf der bei einigem guten Willen sich dauernde friedliche und wirtschaftlich sichere Beziehungen zwischen Rumänien und den beiden mitteleuropäischen Großmächten anbahnen können. In derselben Richtung soll die Neuordnung der Dobrudschafrage wirken, die seit Jahrzehnten ein Hemmnis zur Anbahnung friedlicher Beziehungen zwischen Rumänien und Bulgarien war. Sie ist durchaus nicht gelöst, kaum daß von einem Versuch sie zu lösen gesprochen werden darf. Mit derselben Energie, wie die Bulgaren die Dobrudscha für sich fordern, mit derselben wird sie von den Rumänen verteidigt und, was die Lösung noch mehr erschwerte, die Türkei, die an der Niederwerfung Rumäniens keinen geringen Anteil hat, fordert ihren Lohn an der Maritza und bei Adrianopel von den Bulgaren. Die Wünsche Bulgariens wegen der Dobrudscha hat der bulgarische Gesandte in Berlin, Exzellenz Rizoff in einer Denkschrift mit reichem Kartenmaterial also zum Ausdruck gebraucht: Rumänien

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/62>, abgerufen am 27.08.2024.