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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Der deutsch-russische Rnckoersichernngsvertrag

gaukelt Gortschakow, die Entlassung des ränkevollen Ministers des Innern Jgnatiew
wurden bei uns als friedliche Anzeichen gedeutet. Aber gegen dieses System der
Zurückhaltung erhoben sich immer rühriger die unruhigen Elemente des großen
Reichs. Der mit Bombe und Messer arbeitende Nihilismus schien zwar zeit¬
weilig überwunden, an seine Stelle aber trat der nicht weniger kampflustige und
wegen seiner übergreifenden Ziele gefährlichere Panslawismus. Mit äußerster
Gehässigkeit wurden alle Vorgänge ausgebeutet, die auf ein zunehmendes Interesse
Deutschlands am Orient schließen ließen. Die Sendung deutscher Instrukteure
nach Konstantinopel, der Besuch des Königs Milan M Homburg, die Annäherung
von Serbien und Rumänien an die Mittemächte, der freundschaftliche Verkehr
zwischen dem deutschen Kaiser und dem Sultan, all dies erzeugte in Rußland
eine wachsende Feindseligkeit. Der Zar wurde von Miljutin über die großen
Verstärkungen der Grenztruppen im Dunklen gelassen, so daß er in der Lage war,
auf Vorhaltungen unbefangen den Sachverhalt abzuleugnen. Die russischen Ver¬
treter in den Balkanstaaten handelten gegen die Anordnungen der Zentralleitung
nach den Weisungen, die ihnen die Leiter der panslawistischen Bewegung zugehen
ließen. In Bulgarien wurde ziemlich unvermittelt die ganze russische Politik, die
bisher ein Großbulgarien gefördert hatte, umgestellt und damit eine österreichisch-
englische Gegenarbeit scharfer Tonart geschaffen. Die chauvinistischen Treiber be¬
kamen immer mehr Oberwasser in Rußland. Sie verabredeten sich jetzt ganz offen
mit der französischen Kriegspartei. Das Jahr 1887 -- das Jahr der Schnäbele
und Brignon -- ist voll von Verbrüderungen, bei denen Boulanger und Deroulede
auf der einen, die Generale Bogdanowitsch und Baranow auf der anderen Seite
gefeierte Größen waren. Die Presse ergoß sich in Schmähungen über den deut¬
schen Vertreter in Sofia, weil die bulgarische Regierung mit Hinrichtungen von
Aufständischen vorgegangen war. Es nutzte nichts, daß die amtliche russische
Zeitung das Verhalten des deutschen Generalkonsuls als durchaus korrekt, die
Beziehungen zu Deutschland als jedes Grundes zu Befürchtungen entbehrend er¬
klärte, es nutzte auch nichts, daß Fürst Bismarck in seiner bekannten Reichtags¬
rede Bulgarien für Hekuba erklärte, über das Deutschland mit Rußland sich
nie veruneinigen würde, in Nußland schienen, nach der großen Presse zu
urteilen, alle Geister des Hasses entfesselt. Aber auch das/ Verhalten der
Regierung wurde feindseliger. Im Mai 1887 -- also während der Vorberei¬
tungen der Erneuerung des Vertrages -- erregte der Ukas über die
Grundbesitz-Verhältnisse an der Grenze in Deutschland peinliches Aufsehen. Es
folgten die zahlreichen russischen Maßregeln gegen die Ausländer, besonders gegen
das Deutschtum und die evangelische Kirche. Die russische, deutsche und öster¬
reichische Presse lagen in bitterem Kampfe. M...D^Mchland.....hatte? .nachdem man
erkannt, daß die russischen Anleihen wesentlich^'äzü dienten, das Land militärisch
zu kräftigen, ein Teil der Presse einen heftigen Feldzug gegen die russischen
Werte eröffnet, der von dem Erfolge begleitet war, daß Hunderte von Millionen
den deutschen Markt verließen. Sie suchten in Frankreich Unterkunft und auch
mit dieser Bewegung wurde dort und in Rußland Stimmung gemacht. Fürst
Bismarck unterstützte diesen Prozeß durch das gegen die Neichsbank erlassene Verbot
der Lombardierung der russischen Papiere. Man vergegenwärtige sich, daß dieses
Verbot kurz vor dem Besuch des Zaren in Berlin, im November 1887, als eine
eigene Art von Begrüßung erfolgte, und daß der Fürst in der "Norddeutschen
Allgemeinen Zeitung" verbreiten ließ, er komme zu der Begegnung ,,auf Befehl des
Kaisers" von seinem Landaufenthalt nach Berlin.Bald darauf veröffentlichte er
den Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn, um der Welt zu beweisen, daß es sich
lediglich um einen Verteidigungsbund handle. Es erfolgte aber auch die beträcht¬
liche Vermehrung des deutschen Kriegsheeres. Sie wurde in einer Art von feier¬
lich ernster Stimmung im Reichstage genehmigt. Kann ein Unbefangener, der sich
diese Vorgänge ins Gedächtnis zurückruft, wirklich die Meinung hegen, daß der Rück¬
Versicherungsvertrag einen günstigen Einfluß auf die gegenseitigen Beziehungen der
beiden Großmächte geübt habe? Es läßt sich nur erwidern, daß ohne ihn die


Der deutsch-russische Rnckoersichernngsvertrag

gaukelt Gortschakow, die Entlassung des ränkevollen Ministers des Innern Jgnatiew
wurden bei uns als friedliche Anzeichen gedeutet. Aber gegen dieses System der
Zurückhaltung erhoben sich immer rühriger die unruhigen Elemente des großen
Reichs. Der mit Bombe und Messer arbeitende Nihilismus schien zwar zeit¬
weilig überwunden, an seine Stelle aber trat der nicht weniger kampflustige und
wegen seiner übergreifenden Ziele gefährlichere Panslawismus. Mit äußerster
Gehässigkeit wurden alle Vorgänge ausgebeutet, die auf ein zunehmendes Interesse
Deutschlands am Orient schließen ließen. Die Sendung deutscher Instrukteure
nach Konstantinopel, der Besuch des Königs Milan M Homburg, die Annäherung
von Serbien und Rumänien an die Mittemächte, der freundschaftliche Verkehr
zwischen dem deutschen Kaiser und dem Sultan, all dies erzeugte in Rußland
eine wachsende Feindseligkeit. Der Zar wurde von Miljutin über die großen
Verstärkungen der Grenztruppen im Dunklen gelassen, so daß er in der Lage war,
auf Vorhaltungen unbefangen den Sachverhalt abzuleugnen. Die russischen Ver¬
treter in den Balkanstaaten handelten gegen die Anordnungen der Zentralleitung
nach den Weisungen, die ihnen die Leiter der panslawistischen Bewegung zugehen
ließen. In Bulgarien wurde ziemlich unvermittelt die ganze russische Politik, die
bisher ein Großbulgarien gefördert hatte, umgestellt und damit eine österreichisch-
englische Gegenarbeit scharfer Tonart geschaffen. Die chauvinistischen Treiber be¬
kamen immer mehr Oberwasser in Rußland. Sie verabredeten sich jetzt ganz offen
mit der französischen Kriegspartei. Das Jahr 1887 — das Jahr der Schnäbele
und Brignon — ist voll von Verbrüderungen, bei denen Boulanger und Deroulede
auf der einen, die Generale Bogdanowitsch und Baranow auf der anderen Seite
gefeierte Größen waren. Die Presse ergoß sich in Schmähungen über den deut¬
schen Vertreter in Sofia, weil die bulgarische Regierung mit Hinrichtungen von
Aufständischen vorgegangen war. Es nutzte nichts, daß die amtliche russische
Zeitung das Verhalten des deutschen Generalkonsuls als durchaus korrekt, die
Beziehungen zu Deutschland als jedes Grundes zu Befürchtungen entbehrend er¬
klärte, es nutzte auch nichts, daß Fürst Bismarck in seiner bekannten Reichtags¬
rede Bulgarien für Hekuba erklärte, über das Deutschland mit Rußland sich
nie veruneinigen würde, in Nußland schienen, nach der großen Presse zu
urteilen, alle Geister des Hasses entfesselt. Aber auch das/ Verhalten der
Regierung wurde feindseliger. Im Mai 1887 — also während der Vorberei¬
tungen der Erneuerung des Vertrages — erregte der Ukas über die
Grundbesitz-Verhältnisse an der Grenze in Deutschland peinliches Aufsehen. Es
folgten die zahlreichen russischen Maßregeln gegen die Ausländer, besonders gegen
das Deutschtum und die evangelische Kirche. Die russische, deutsche und öster¬
reichische Presse lagen in bitterem Kampfe. M...D^Mchland.....hatte? .nachdem man
erkannt, daß die russischen Anleihen wesentlich^'äzü dienten, das Land militärisch
zu kräftigen, ein Teil der Presse einen heftigen Feldzug gegen die russischen
Werte eröffnet, der von dem Erfolge begleitet war, daß Hunderte von Millionen
den deutschen Markt verließen. Sie suchten in Frankreich Unterkunft und auch
mit dieser Bewegung wurde dort und in Rußland Stimmung gemacht. Fürst
Bismarck unterstützte diesen Prozeß durch das gegen die Neichsbank erlassene Verbot
der Lombardierung der russischen Papiere. Man vergegenwärtige sich, daß dieses
Verbot kurz vor dem Besuch des Zaren in Berlin, im November 1887, als eine
eigene Art von Begrüßung erfolgte, und daß der Fürst in der „Norddeutschen
Allgemeinen Zeitung" verbreiten ließ, er komme zu der Begegnung ,,auf Befehl des
Kaisers" von seinem Landaufenthalt nach Berlin.Bald darauf veröffentlichte er
den Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn, um der Welt zu beweisen, daß es sich
lediglich um einen Verteidigungsbund handle. Es erfolgte aber auch die beträcht¬
liche Vermehrung des deutschen Kriegsheeres. Sie wurde in einer Art von feier¬
lich ernster Stimmung im Reichstage genehmigt. Kann ein Unbefangener, der sich
diese Vorgänge ins Gedächtnis zurückruft, wirklich die Meinung hegen, daß der Rück¬
Versicherungsvertrag einen günstigen Einfluß auf die gegenseitigen Beziehungen der
beiden Großmächte geübt habe? Es läßt sich nur erwidern, daß ohne ihn die


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[0043] Der deutsch-russische Rnckoersichernngsvertrag gaukelt Gortschakow, die Entlassung des ränkevollen Ministers des Innern Jgnatiew wurden bei uns als friedliche Anzeichen gedeutet. Aber gegen dieses System der Zurückhaltung erhoben sich immer rühriger die unruhigen Elemente des großen Reichs. Der mit Bombe und Messer arbeitende Nihilismus schien zwar zeit¬ weilig überwunden, an seine Stelle aber trat der nicht weniger kampflustige und wegen seiner übergreifenden Ziele gefährlichere Panslawismus. Mit äußerster Gehässigkeit wurden alle Vorgänge ausgebeutet, die auf ein zunehmendes Interesse Deutschlands am Orient schließen ließen. Die Sendung deutscher Instrukteure nach Konstantinopel, der Besuch des Königs Milan M Homburg, die Annäherung von Serbien und Rumänien an die Mittemächte, der freundschaftliche Verkehr zwischen dem deutschen Kaiser und dem Sultan, all dies erzeugte in Rußland eine wachsende Feindseligkeit. Der Zar wurde von Miljutin über die großen Verstärkungen der Grenztruppen im Dunklen gelassen, so daß er in der Lage war, auf Vorhaltungen unbefangen den Sachverhalt abzuleugnen. Die russischen Ver¬ treter in den Balkanstaaten handelten gegen die Anordnungen der Zentralleitung nach den Weisungen, die ihnen die Leiter der panslawistischen Bewegung zugehen ließen. In Bulgarien wurde ziemlich unvermittelt die ganze russische Politik, die bisher ein Großbulgarien gefördert hatte, umgestellt und damit eine österreichisch- englische Gegenarbeit scharfer Tonart geschaffen. Die chauvinistischen Treiber be¬ kamen immer mehr Oberwasser in Rußland. Sie verabredeten sich jetzt ganz offen mit der französischen Kriegspartei. Das Jahr 1887 — das Jahr der Schnäbele und Brignon — ist voll von Verbrüderungen, bei denen Boulanger und Deroulede auf der einen, die Generale Bogdanowitsch und Baranow auf der anderen Seite gefeierte Größen waren. Die Presse ergoß sich in Schmähungen über den deut¬ schen Vertreter in Sofia, weil die bulgarische Regierung mit Hinrichtungen von Aufständischen vorgegangen war. Es nutzte nichts, daß die amtliche russische Zeitung das Verhalten des deutschen Generalkonsuls als durchaus korrekt, die Beziehungen zu Deutschland als jedes Grundes zu Befürchtungen entbehrend er¬ klärte, es nutzte auch nichts, daß Fürst Bismarck in seiner bekannten Reichtags¬ rede Bulgarien für Hekuba erklärte, über das Deutschland mit Rußland sich nie veruneinigen würde, in Nußland schienen, nach der großen Presse zu urteilen, alle Geister des Hasses entfesselt. Aber auch das/ Verhalten der Regierung wurde feindseliger. Im Mai 1887 — also während der Vorberei¬ tungen der Erneuerung des Vertrages — erregte der Ukas über die Grundbesitz-Verhältnisse an der Grenze in Deutschland peinliches Aufsehen. Es folgten die zahlreichen russischen Maßregeln gegen die Ausländer, besonders gegen das Deutschtum und die evangelische Kirche. Die russische, deutsche und öster¬ reichische Presse lagen in bitterem Kampfe. M...D^Mchland.....hatte? .nachdem man erkannt, daß die russischen Anleihen wesentlich^'äzü dienten, das Land militärisch zu kräftigen, ein Teil der Presse einen heftigen Feldzug gegen die russischen Werte eröffnet, der von dem Erfolge begleitet war, daß Hunderte von Millionen den deutschen Markt verließen. Sie suchten in Frankreich Unterkunft und auch mit dieser Bewegung wurde dort und in Rußland Stimmung gemacht. Fürst Bismarck unterstützte diesen Prozeß durch das gegen die Neichsbank erlassene Verbot der Lombardierung der russischen Papiere. Man vergegenwärtige sich, daß dieses Verbot kurz vor dem Besuch des Zaren in Berlin, im November 1887, als eine eigene Art von Begrüßung erfolgte, und daß der Fürst in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" verbreiten ließ, er komme zu der Begegnung ,,auf Befehl des Kaisers" von seinem Landaufenthalt nach Berlin.Bald darauf veröffentlichte er den Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn, um der Welt zu beweisen, daß es sich lediglich um einen Verteidigungsbund handle. Es erfolgte aber auch die beträcht¬ liche Vermehrung des deutschen Kriegsheeres. Sie wurde in einer Art von feier¬ lich ernster Stimmung im Reichstage genehmigt. Kann ein Unbefangener, der sich diese Vorgänge ins Gedächtnis zurückruft, wirklich die Meinung hegen, daß der Rück¬ Versicherungsvertrag einen günstigen Einfluß auf die gegenseitigen Beziehungen der beiden Großmächte geübt habe? Es läßt sich nur erwidern, daß ohne ihn die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/43>, abgerufen am 23.07.2024.