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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Nicht wenig wunderten sich die Eingeborenen, daß die Blicke der Gäste
rechts und links gleich Katzen über die Dächer wandelten. Des Oberpräsidenten
Exzellenz klopften ainbulancto spielerisch an einige Häuser und trafen schließlich,
es war erreicht, mit dem Spazierstock die Dachrinne eines einstöckigen Hauses.
Es klang wie Holz auf Blech. Excellenz nickten zufriedengestellt und blickten den
Bürgermeister wohlwollend an. Mit der angenehmen Empfindung, die der Aus¬
übung staatsförderlicher Tätigkeit entspringt, betrommelte jetzt auch das Gefolge
die erreichbaren Dachrinnen. Nachdem sie sich vom ersten Erstaunen erholt hatten,
folgten die Eingeborenen dem Beispiele, indem sie die vermeinte Ovation, eine
Art von Festgeläute, aus allen Kräften erwiderten. In den Nebengassen verfielen
die Sachverständigen ebenfalls auf Auskultation und Perkussion der Dachrinnen,
mit demselben völkischen Erfolg. Der Oberbaurat Schubert, um seines Namens
willen mit beängstigenden Musikverständnis begabt, rief plötzlich: "Die kleine
Quinte", und jetzt begann ein verstärktes Geklapper in eifrigem Suchen nach
Intervallen.

Die allgemeine Festlichkeit wurde durch den mit zwei feurigen Junkern
ansprengenden Herrn von Adelunxen unterbrochen, der dem Oberpräsidenten die
willkommene Nachricht brachte, daß es höchste Zeit zum Frühstück sei, der Reb¬
hühner Brüstchen brieten am Rost schon braun und bekrustet.

Eiliger Abbruch der Übung. Zum Leidwesen der zur Beteiligung innig
bereiten herbeieilenden Schuljugend. Abschied von den Eingeborenen. Dank für
loyale Haltung. Abfahrt im höchsten Tempo. Der Oberpräsidialreferent hierogly-
Phicrte in sein Tagebuch: "Schmettingen. Verfassung der Dachrinnen durchweg
ausgezeichnet". Einen gleichlautenden Vermerk trug der Oberbaurat Schubert
ein. Wo es sich um Großes handelt, reichen sich Verwaltung und Technik stief¬
brüderlich die Hand. Etwas zweifelhaft aber waren die im Unterstübel des
"Ochsen" zu einem Frühschoppen versammelten Schmettinger Honoratioren über
die Verfassung des Oberstübels der ragenden Stadiherren.

Das Frühstück und die anschließende wohlverdiente Siesta im Gutspark
nahmen zwar einen erheblichen Teil des Nachmittags in Anspruch, immerhin
aber blieb Zeit genug, um bei sinkender Sonne in Wallendingen und Gilsrode
ausgewählte Dachrinnen der Bastonnade zu unterwerfen, ehe man auf der König¬
lichen Domäne Unita bei erlesenen Gaben der Küche und des Kellers den ersten
Tag beschloß und den zweiten einweihte.

So vergingen in anstrengender, aufopferungsvoller Arbeit neun Tage,
alle -- selbst der Sonntag -- mit demselben Programm, alle mit denselben
hervorragenden dienstlichen und außerdienstlichen, geistigen und leiblichen Erträgen
und Erlebnissen, überall erhielten die Dachrinnen uneingeschränkt gute Zensuren.
Exzellenz spendeten^ den beteiligten RegicrungeprKsidenlen, Landräten, Bürger¬
meistern hohes Lob, und auch 'die Ministerialherren kargten mit Beifall nicht.
Ein junger Assessor, dem die "Schose" langweilig zu werden schien, erlaubte sich,
dem Oberpräsidenten anzudeuten, man könne bei dieser Gelegenheit vielleicht da
und dort Maul- und Klauenseuche, Rotlauf und andere Annehmlichkeiten
anschreiben, Doch Exzellenz wiesen diese unüberlegte Äußerung zuchtlosen Mangels
an Konzentrationsfähigkeit mit aller Entschiedenheit zurück.

Am Morgen des zehnten Tages erreichte man Rlehagen. einen sehr freund¬
lichen und gut gepflegten Ort. Eben holten Exzellenz zur Prüfung einer ihm
sympathisch'erscheinenden Rinne aus, als der Regierungspräsident ihm zuraunte:
"Wir befinden uns im Kreis Bornhövel. Hier bestehen keine diesbezüglichen
Verordnungen". "Det weeß ick alleene"! sagten Exzellenz unwirsch und HKben
die Rinne so wuchtig über die Schnauze, daß der durch Verwendung als Prüfungs-
wstrument schon sehr schepperig gewordene Stock abbrach und sein freigewordencs
Endstück mit Schleuderkraft an den rötlich strahlenden Gipfel des Regierungsrath
von Groenendaal entsandte. .....

Jetzt hörte die Gemütlichkeit auf. Die Ministerialherren und tue technischen
Sachverständigen wurden herbeigebeten. Nach einer Reihe von sorgfältigen Stich-
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Nicht wenig wunderten sich die Eingeborenen, daß die Blicke der Gäste
rechts und links gleich Katzen über die Dächer wandelten. Des Oberpräsidenten
Exzellenz klopften ainbulancto spielerisch an einige Häuser und trafen schließlich,
es war erreicht, mit dem Spazierstock die Dachrinne eines einstöckigen Hauses.
Es klang wie Holz auf Blech. Excellenz nickten zufriedengestellt und blickten den
Bürgermeister wohlwollend an. Mit der angenehmen Empfindung, die der Aus¬
übung staatsförderlicher Tätigkeit entspringt, betrommelte jetzt auch das Gefolge
die erreichbaren Dachrinnen. Nachdem sie sich vom ersten Erstaunen erholt hatten,
folgten die Eingeborenen dem Beispiele, indem sie die vermeinte Ovation, eine
Art von Festgeläute, aus allen Kräften erwiderten. In den Nebengassen verfielen
die Sachverständigen ebenfalls auf Auskultation und Perkussion der Dachrinnen,
mit demselben völkischen Erfolg. Der Oberbaurat Schubert, um seines Namens
willen mit beängstigenden Musikverständnis begabt, rief plötzlich: „Die kleine
Quinte", und jetzt begann ein verstärktes Geklapper in eifrigem Suchen nach
Intervallen.

Die allgemeine Festlichkeit wurde durch den mit zwei feurigen Junkern
ansprengenden Herrn von Adelunxen unterbrochen, der dem Oberpräsidenten die
willkommene Nachricht brachte, daß es höchste Zeit zum Frühstück sei, der Reb¬
hühner Brüstchen brieten am Rost schon braun und bekrustet.

Eiliger Abbruch der Übung. Zum Leidwesen der zur Beteiligung innig
bereiten herbeieilenden Schuljugend. Abschied von den Eingeborenen. Dank für
loyale Haltung. Abfahrt im höchsten Tempo. Der Oberpräsidialreferent hierogly-
Phicrte in sein Tagebuch: „Schmettingen. Verfassung der Dachrinnen durchweg
ausgezeichnet". Einen gleichlautenden Vermerk trug der Oberbaurat Schubert
ein. Wo es sich um Großes handelt, reichen sich Verwaltung und Technik stief¬
brüderlich die Hand. Etwas zweifelhaft aber waren die im Unterstübel des
„Ochsen" zu einem Frühschoppen versammelten Schmettinger Honoratioren über
die Verfassung des Oberstübels der ragenden Stadiherren.

Das Frühstück und die anschließende wohlverdiente Siesta im Gutspark
nahmen zwar einen erheblichen Teil des Nachmittags in Anspruch, immerhin
aber blieb Zeit genug, um bei sinkender Sonne in Wallendingen und Gilsrode
ausgewählte Dachrinnen der Bastonnade zu unterwerfen, ehe man auf der König¬
lichen Domäne Unita bei erlesenen Gaben der Küche und des Kellers den ersten
Tag beschloß und den zweiten einweihte.

So vergingen in anstrengender, aufopferungsvoller Arbeit neun Tage,
alle — selbst der Sonntag — mit demselben Programm, alle mit denselben
hervorragenden dienstlichen und außerdienstlichen, geistigen und leiblichen Erträgen
und Erlebnissen, überall erhielten die Dachrinnen uneingeschränkt gute Zensuren.
Exzellenz spendeten^ den beteiligten RegicrungeprKsidenlen, Landräten, Bürger¬
meistern hohes Lob, und auch 'die Ministerialherren kargten mit Beifall nicht.
Ein junger Assessor, dem die „Schose" langweilig zu werden schien, erlaubte sich,
dem Oberpräsidenten anzudeuten, man könne bei dieser Gelegenheit vielleicht da
und dort Maul- und Klauenseuche, Rotlauf und andere Annehmlichkeiten
anschreiben, Doch Exzellenz wiesen diese unüberlegte Äußerung zuchtlosen Mangels
an Konzentrationsfähigkeit mit aller Entschiedenheit zurück.

Am Morgen des zehnten Tages erreichte man Rlehagen. einen sehr freund¬
lichen und gut gepflegten Ort. Eben holten Exzellenz zur Prüfung einer ihm
sympathisch'erscheinenden Rinne aus, als der Regierungspräsident ihm zuraunte:
»Wir befinden uns im Kreis Bornhövel. Hier bestehen keine diesbezüglichen
Verordnungen". „Det weeß ick alleene"! sagten Exzellenz unwirsch und HKben
die Rinne so wuchtig über die Schnauze, daß der durch Verwendung als Prüfungs-
wstrument schon sehr schepperig gewordene Stock abbrach und sein freigewordencs
Endstück mit Schleuderkraft an den rötlich strahlenden Gipfel des Regierungsrath
von Groenendaal entsandte. .....

Jetzt hörte die Gemütlichkeit auf. Die Ministerialherren und tue technischen
Sachverständigen wurden herbeigebeten. Nach einer Reihe von sorgfältigen Stich-
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[0247] Pin?-Park Nicht wenig wunderten sich die Eingeborenen, daß die Blicke der Gäste rechts und links gleich Katzen über die Dächer wandelten. Des Oberpräsidenten Exzellenz klopften ainbulancto spielerisch an einige Häuser und trafen schließlich, es war erreicht, mit dem Spazierstock die Dachrinne eines einstöckigen Hauses. Es klang wie Holz auf Blech. Excellenz nickten zufriedengestellt und blickten den Bürgermeister wohlwollend an. Mit der angenehmen Empfindung, die der Aus¬ übung staatsförderlicher Tätigkeit entspringt, betrommelte jetzt auch das Gefolge die erreichbaren Dachrinnen. Nachdem sie sich vom ersten Erstaunen erholt hatten, folgten die Eingeborenen dem Beispiele, indem sie die vermeinte Ovation, eine Art von Festgeläute, aus allen Kräften erwiderten. In den Nebengassen verfielen die Sachverständigen ebenfalls auf Auskultation und Perkussion der Dachrinnen, mit demselben völkischen Erfolg. Der Oberbaurat Schubert, um seines Namens willen mit beängstigenden Musikverständnis begabt, rief plötzlich: „Die kleine Quinte", und jetzt begann ein verstärktes Geklapper in eifrigem Suchen nach Intervallen. Die allgemeine Festlichkeit wurde durch den mit zwei feurigen Junkern ansprengenden Herrn von Adelunxen unterbrochen, der dem Oberpräsidenten die willkommene Nachricht brachte, daß es höchste Zeit zum Frühstück sei, der Reb¬ hühner Brüstchen brieten am Rost schon braun und bekrustet. Eiliger Abbruch der Übung. Zum Leidwesen der zur Beteiligung innig bereiten herbeieilenden Schuljugend. Abschied von den Eingeborenen. Dank für loyale Haltung. Abfahrt im höchsten Tempo. Der Oberpräsidialreferent hierogly- Phicrte in sein Tagebuch: „Schmettingen. Verfassung der Dachrinnen durchweg ausgezeichnet". Einen gleichlautenden Vermerk trug der Oberbaurat Schubert ein. Wo es sich um Großes handelt, reichen sich Verwaltung und Technik stief¬ brüderlich die Hand. Etwas zweifelhaft aber waren die im Unterstübel des „Ochsen" zu einem Frühschoppen versammelten Schmettinger Honoratioren über die Verfassung des Oberstübels der ragenden Stadiherren. Das Frühstück und die anschließende wohlverdiente Siesta im Gutspark nahmen zwar einen erheblichen Teil des Nachmittags in Anspruch, immerhin aber blieb Zeit genug, um bei sinkender Sonne in Wallendingen und Gilsrode ausgewählte Dachrinnen der Bastonnade zu unterwerfen, ehe man auf der König¬ lichen Domäne Unita bei erlesenen Gaben der Küche und des Kellers den ersten Tag beschloß und den zweiten einweihte. So vergingen in anstrengender, aufopferungsvoller Arbeit neun Tage, alle — selbst der Sonntag — mit demselben Programm, alle mit denselben hervorragenden dienstlichen und außerdienstlichen, geistigen und leiblichen Erträgen und Erlebnissen, überall erhielten die Dachrinnen uneingeschränkt gute Zensuren. Exzellenz spendeten^ den beteiligten RegicrungeprKsidenlen, Landräten, Bürger¬ meistern hohes Lob, und auch 'die Ministerialherren kargten mit Beifall nicht. Ein junger Assessor, dem die „Schose" langweilig zu werden schien, erlaubte sich, dem Oberpräsidenten anzudeuten, man könne bei dieser Gelegenheit vielleicht da und dort Maul- und Klauenseuche, Rotlauf und andere Annehmlichkeiten anschreiben, Doch Exzellenz wiesen diese unüberlegte Äußerung zuchtlosen Mangels an Konzentrationsfähigkeit mit aller Entschiedenheit zurück. Am Morgen des zehnten Tages erreichte man Rlehagen. einen sehr freund¬ lichen und gut gepflegten Ort. Eben holten Exzellenz zur Prüfung einer ihm sympathisch'erscheinenden Rinne aus, als der Regierungspräsident ihm zuraunte: »Wir befinden uns im Kreis Bornhövel. Hier bestehen keine diesbezüglichen Verordnungen". „Det weeß ick alleene"! sagten Exzellenz unwirsch und HKben die Rinne so wuchtig über die Schnauze, daß der durch Verwendung als Prüfungs- wstrument schon sehr schepperig gewordene Stock abbrach und sein freigewordencs Endstück mit Schleuderkraft an den rötlich strahlenden Gipfel des Regierungsrath von Groenendaal entsandte. ..... Jetzt hörte die Gemütlichkeit auf. Die Ministerialherren und tue technischen Sachverständigen wurden herbeigebeten. Nach einer Reihe von sorgfältigen Stich- * 18

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/247>, abgerufen am 23.07.2024.