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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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steigerten sich auf unendliche Summen und lebenslängliches Zuchthaus, sofern
nicht, wie einige Gesetzgeber vorsichtig einschalteten, p, p. eine härtere Strafe ver¬
wirkt wird.

So war denn die ganze Monarchie mit beglückenden Verordnungen dicht
überzogen. Nur im Kreise Bornhövel hatte das Netz ein Loch. Der Landrat,
Rittergutsbesitzer und Abgeordnete Herr von und zu Bornhövel, berichtete trotz
aller Anmahnungen des Regierungspräsidenten über die "vorwürfige" Frage nicht
und gab auch auf die stärkste Beschwörung, das Ersuchen um Angabe von Hin¬
derungsgründen, keine Antwort. Aus einem Privatbrief des dem Landrat als
Hilfsarbeiter beigegebenen Regierungsassessors sickerte durch, das? Bornhövel eine
Rinnenverordnung nicht erlassen habe, aus unerforschten Gründen eine solche in
absehbarer Zeit nicht zu erlassen gedenke und daher alle "diesbezüglichen" Ein¬
gänge mit dem bei ihm besonders beliebten Vermerk "Z. d. A." auf das gründ¬
lichste erledige.

Knapp vor Ablauf der auf das letzte fruchtlose Exzitatorium folgenden sechs-
monatigen Frist, die dem Regierungspräsidenten die Möglichkeit gegeben hätte,
ein weiteres Jahr zu warten, oder sich zur Erwägung einer, in den Annalen der
preußischen Verwaltung allerdings kaum dagewesenen scharfen Maßregel, nämlich
einer erneuten Mahnung, zu entschließen, bewahrte das Eintreten eines neuen Er¬
eignisses den Staat vor einer in ihren Folgen vielleicht unabsehbaren Erschütterung.

Die verbündeten drei Minister wollten sich von den Wirkungen der Polizei¬
verordnungen durch eigene Anschauung Kenntnis verschaffen und entsandten je
einen in Ortsbereisung erfabreren Vortragenden Rat nebst je einem in Klempner¬
arbeiten sachverständigen höheren Beamten (Wirklichen Geheimen Oberbaurat
bis hinauf zum Regierungsbaumeister), Der Reiseplan wies auf eine durch ihre
naturreinen und dennoch trinkbaren Moselweine berühmte, aus Diskretion hier
nicht näher bezeichnete Provinz. In vierzehntägiger ununterbrochener Wagenfahrt
konnte man, so war die Absicht, im Bereich von drei Regierungsbezirken und
vierzehn Kreisen genau hundert Ortschaften besuchen.

Die Einzelheiten wurden sorgfältig festgestellt. Der Oberpräsident meldete
sich mit seinen Referenten für die ganze Umfahrt an; die Regierungspräsidenten
wollten mit Begleitung an deu "einschlägigen" Teilstrecken mitwirken; die Land¬
räte im eigenen Kriis, vielleicht anschließend beim Herrn Nachbar. Das für
volles Gelingen unbedingt notwendige gute Wetter wurde durch Vermittlung des
Ministers für geistliche, Unterrichts- und Mcdizinalangelegenheiten bei der bewährten
Göttinger Steinwarte angefordHt, Diese verhängte ein barometrisches Maximum
über die Provinz. Zur Lösung der Wagen-, Magen- und schrägen-Frage taten
sich die kreiseingesessenen Gutsbesitzer zusammen. Daß an Pferden, Kreszenzen,
Küchenprimeurs und Betten einer den anderen übertreffen werde, das war
Ehrensache.

Sechs schmucke Viersitzer hielten in des Herrgotts strahlender Frühe vor
dem Oberpräsidium. Die Herren, die sich da zusammenfanden und verstaut
wurden, waren nicht ganz frisch. Ausgeprägtes Pflichtgelühl hatte sie bis drei
Uhr morgens vorbeiprechenderweise zusammengehalten im Bürgerkasino bei besten
Berg- und Jabresläuften. Daher verliefen die zwei ersten Stunden der Fahrt
in Drusseln, Schlafen oder -- bei den höchsten Chargen, die stets wachen -- in
tiefem Nachdenken.

Doch vor dem Eingang des großen Dorfes Schmettingen harrten im Feier¬
tagshabit Bürgermeister, Gemeindevmstand, Nachtwächter und alles, was sich zur
Notabilität des Ortes rechnete. Denn überall war der hohe Besuch angekündigt
worden, wenn auch unter wohlrreislicher Verschweigung des Zweckes. Mit einem
letzten Aufschnarcher wurde der Oberpräsident munter, stieg vom Pfühl herab
und begrüßte die ländlichen Würdenträger. Die anderen Herren folgten seinem
Beispiel, und man bewegte sich zu Fuß in Gruppen dem Marktplatz zu. Die
Sachverständigen sonderten sich ab, damit den Verwaltungsjuristen nicht allzutiefer
Einblick in die Gründlichkeit der Technik vergönnt werde.


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steigerten sich auf unendliche Summen und lebenslängliches Zuchthaus, sofern
nicht, wie einige Gesetzgeber vorsichtig einschalteten, p, p. eine härtere Strafe ver¬
wirkt wird.

So war denn die ganze Monarchie mit beglückenden Verordnungen dicht
überzogen. Nur im Kreise Bornhövel hatte das Netz ein Loch. Der Landrat,
Rittergutsbesitzer und Abgeordnete Herr von und zu Bornhövel, berichtete trotz
aller Anmahnungen des Regierungspräsidenten über die „vorwürfige" Frage nicht
und gab auch auf die stärkste Beschwörung, das Ersuchen um Angabe von Hin¬
derungsgründen, keine Antwort. Aus einem Privatbrief des dem Landrat als
Hilfsarbeiter beigegebenen Regierungsassessors sickerte durch, das? Bornhövel eine
Rinnenverordnung nicht erlassen habe, aus unerforschten Gründen eine solche in
absehbarer Zeit nicht zu erlassen gedenke und daher alle „diesbezüglichen" Ein¬
gänge mit dem bei ihm besonders beliebten Vermerk „Z. d. A." auf das gründ¬
lichste erledige.

Knapp vor Ablauf der auf das letzte fruchtlose Exzitatorium folgenden sechs-
monatigen Frist, die dem Regierungspräsidenten die Möglichkeit gegeben hätte,
ein weiteres Jahr zu warten, oder sich zur Erwägung einer, in den Annalen der
preußischen Verwaltung allerdings kaum dagewesenen scharfen Maßregel, nämlich
einer erneuten Mahnung, zu entschließen, bewahrte das Eintreten eines neuen Er¬
eignisses den Staat vor einer in ihren Folgen vielleicht unabsehbaren Erschütterung.

Die verbündeten drei Minister wollten sich von den Wirkungen der Polizei¬
verordnungen durch eigene Anschauung Kenntnis verschaffen und entsandten je
einen in Ortsbereisung erfabreren Vortragenden Rat nebst je einem in Klempner¬
arbeiten sachverständigen höheren Beamten (Wirklichen Geheimen Oberbaurat
bis hinauf zum Regierungsbaumeister), Der Reiseplan wies auf eine durch ihre
naturreinen und dennoch trinkbaren Moselweine berühmte, aus Diskretion hier
nicht näher bezeichnete Provinz. In vierzehntägiger ununterbrochener Wagenfahrt
konnte man, so war die Absicht, im Bereich von drei Regierungsbezirken und
vierzehn Kreisen genau hundert Ortschaften besuchen.

Die Einzelheiten wurden sorgfältig festgestellt. Der Oberpräsident meldete
sich mit seinen Referenten für die ganze Umfahrt an; die Regierungspräsidenten
wollten mit Begleitung an deu „einschlägigen" Teilstrecken mitwirken; die Land¬
räte im eigenen Kriis, vielleicht anschließend beim Herrn Nachbar. Das für
volles Gelingen unbedingt notwendige gute Wetter wurde durch Vermittlung des
Ministers für geistliche, Unterrichts- und Mcdizinalangelegenheiten bei der bewährten
Göttinger Steinwarte angefordHt, Diese verhängte ein barometrisches Maximum
über die Provinz. Zur Lösung der Wagen-, Magen- und schrägen-Frage taten
sich die kreiseingesessenen Gutsbesitzer zusammen. Daß an Pferden, Kreszenzen,
Küchenprimeurs und Betten einer den anderen übertreffen werde, das war
Ehrensache.

Sechs schmucke Viersitzer hielten in des Herrgotts strahlender Frühe vor
dem Oberpräsidium. Die Herren, die sich da zusammenfanden und verstaut
wurden, waren nicht ganz frisch. Ausgeprägtes Pflichtgelühl hatte sie bis drei
Uhr morgens vorbeiprechenderweise zusammengehalten im Bürgerkasino bei besten
Berg- und Jabresläuften. Daher verliefen die zwei ersten Stunden der Fahrt
in Drusseln, Schlafen oder — bei den höchsten Chargen, die stets wachen — in
tiefem Nachdenken.

Doch vor dem Eingang des großen Dorfes Schmettingen harrten im Feier¬
tagshabit Bürgermeister, Gemeindevmstand, Nachtwächter und alles, was sich zur
Notabilität des Ortes rechnete. Denn überall war der hohe Besuch angekündigt
worden, wenn auch unter wohlrreislicher Verschweigung des Zweckes. Mit einem
letzten Aufschnarcher wurde der Oberpräsident munter, stieg vom Pfühl herab
und begrüßte die ländlichen Würdenträger. Die anderen Herren folgten seinem
Beispiel, und man bewegte sich zu Fuß in Gruppen dem Marktplatz zu. Die
Sachverständigen sonderten sich ab, damit den Verwaltungsjuristen nicht allzutiefer
Einblick in die Gründlichkeit der Technik vergönnt werde.


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[0246] Pink-Pc-ut steigerten sich auf unendliche Summen und lebenslängliches Zuchthaus, sofern nicht, wie einige Gesetzgeber vorsichtig einschalteten, p, p. eine härtere Strafe ver¬ wirkt wird. So war denn die ganze Monarchie mit beglückenden Verordnungen dicht überzogen. Nur im Kreise Bornhövel hatte das Netz ein Loch. Der Landrat, Rittergutsbesitzer und Abgeordnete Herr von und zu Bornhövel, berichtete trotz aller Anmahnungen des Regierungspräsidenten über die „vorwürfige" Frage nicht und gab auch auf die stärkste Beschwörung, das Ersuchen um Angabe von Hin¬ derungsgründen, keine Antwort. Aus einem Privatbrief des dem Landrat als Hilfsarbeiter beigegebenen Regierungsassessors sickerte durch, das? Bornhövel eine Rinnenverordnung nicht erlassen habe, aus unerforschten Gründen eine solche in absehbarer Zeit nicht zu erlassen gedenke und daher alle „diesbezüglichen" Ein¬ gänge mit dem bei ihm besonders beliebten Vermerk „Z. d. A." auf das gründ¬ lichste erledige. Knapp vor Ablauf der auf das letzte fruchtlose Exzitatorium folgenden sechs- monatigen Frist, die dem Regierungspräsidenten die Möglichkeit gegeben hätte, ein weiteres Jahr zu warten, oder sich zur Erwägung einer, in den Annalen der preußischen Verwaltung allerdings kaum dagewesenen scharfen Maßregel, nämlich einer erneuten Mahnung, zu entschließen, bewahrte das Eintreten eines neuen Er¬ eignisses den Staat vor einer in ihren Folgen vielleicht unabsehbaren Erschütterung. Die verbündeten drei Minister wollten sich von den Wirkungen der Polizei¬ verordnungen durch eigene Anschauung Kenntnis verschaffen und entsandten je einen in Ortsbereisung erfabreren Vortragenden Rat nebst je einem in Klempner¬ arbeiten sachverständigen höheren Beamten (Wirklichen Geheimen Oberbaurat bis hinauf zum Regierungsbaumeister), Der Reiseplan wies auf eine durch ihre naturreinen und dennoch trinkbaren Moselweine berühmte, aus Diskretion hier nicht näher bezeichnete Provinz. In vierzehntägiger ununterbrochener Wagenfahrt konnte man, so war die Absicht, im Bereich von drei Regierungsbezirken und vierzehn Kreisen genau hundert Ortschaften besuchen. Die Einzelheiten wurden sorgfältig festgestellt. Der Oberpräsident meldete sich mit seinen Referenten für die ganze Umfahrt an; die Regierungspräsidenten wollten mit Begleitung an deu „einschlägigen" Teilstrecken mitwirken; die Land¬ räte im eigenen Kriis, vielleicht anschließend beim Herrn Nachbar. Das für volles Gelingen unbedingt notwendige gute Wetter wurde durch Vermittlung des Ministers für geistliche, Unterrichts- und Mcdizinalangelegenheiten bei der bewährten Göttinger Steinwarte angefordHt, Diese verhängte ein barometrisches Maximum über die Provinz. Zur Lösung der Wagen-, Magen- und schrägen-Frage taten sich die kreiseingesessenen Gutsbesitzer zusammen. Daß an Pferden, Kreszenzen, Küchenprimeurs und Betten einer den anderen übertreffen werde, das war Ehrensache. Sechs schmucke Viersitzer hielten in des Herrgotts strahlender Frühe vor dem Oberpräsidium. Die Herren, die sich da zusammenfanden und verstaut wurden, waren nicht ganz frisch. Ausgeprägtes Pflichtgelühl hatte sie bis drei Uhr morgens vorbeiprechenderweise zusammengehalten im Bürgerkasino bei besten Berg- und Jabresläuften. Daher verliefen die zwei ersten Stunden der Fahrt in Drusseln, Schlafen oder — bei den höchsten Chargen, die stets wachen — in tiefem Nachdenken. Doch vor dem Eingang des großen Dorfes Schmettingen harrten im Feier¬ tagshabit Bürgermeister, Gemeindevmstand, Nachtwächter und alles, was sich zur Notabilität des Ortes rechnete. Denn überall war der hohe Besuch angekündigt worden, wenn auch unter wohlrreislicher Verschweigung des Zweckes. Mit einem letzten Aufschnarcher wurde der Oberpräsident munter, stieg vom Pfühl herab und begrüßte die ländlichen Würdenträger. Die anderen Herren folgten seinem Beispiel, und man bewegte sich zu Fuß in Gruppen dem Marktplatz zu. Die Sachverständigen sonderten sich ab, damit den Verwaltungsjuristen nicht allzutiefer Einblick in die Gründlichkeit der Technik vergönnt werde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/246>, abgerufen am 23.07.2024.