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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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sich heute wenigstens äußerlich links. Äußerste Ausnützung der wirtschaftlichen
Güter ist das Motto der Zeit. Die menschliche Arbeitsmaschine wird mit
einem Bruchteil der früher verwendeten Stoffe in Betrieb gehalten, ein Meter
Tuch deckt heute die menschlichen Mängel noch einmal solange und ein
Angler fängt heutzutage eher ein Krokodil, als einen alten Stiefel. Es wird
nichts mehr weggeworfen, außer dem Geld, das die Kriegsgewinnler hinaus-
werfen; was früher in die Wurst hineingearbeitet wurde, war nicht immer erkennbar,
heute ist es gewiß, daß auch der Strick dabei ist, an dem das Schwein geführt
wurde, und wenn man das Quieken in Büchsen einmachen könnte, würde die
Z. E. G. dafür sorgen, daß wir selbst das aus Neutmlirn zu genießen bekämen.
Der berühmte Mann, der so sparsam war, daß er eine Warze im Genick als
Kragenknopf benutzte, wird bald Nachfolger haben. Wirtschaft, Horatio! Dieser
Ruf ertönt in allen Sprachen Europas. Die Internationale der Arbeit starb an
der ersten Kriegserklärung, die Internationale der Verbrauchssparsamkeit entstand
und gedieh durch den Krieg. Man sieht: in einem müssen die Völker einig sein,
ob sie wollen oder nicht. Ihre heiligsten Güter wollten sie nicht gemeinsam
wahren, ihre täglichen Güter müssen sie gemeinsam sparen. Mit dem kleinen, aber
angenehmen Unterschied, daß unsere Sparsamkeit produktiv ist, und infolgedessen
mit jedem Eisenbahnzug, der aus den neubefreundeten Gebieten eintrifft, unsere
Güterdecke wieder länger wird, von den erfolgreichen Anreizen der Entbehrungszeit
für unsere technischen und chemischen Erfinder nicht zu reden, während die Spar-
samkeit der anderen nicht nur unangenehm, sondern auch zwecklos ist. Wir haben
einen greif- und errechenbaren Vorteil davon, wenn wir alte Hosen tragen, unsere
Hemde nur den Nachteil der Unelegcmz. So ist ein Unterschied zwischen der
Ökonomie des erfolglosen und derjenigen des erfolgreichen Krieges. In dieser
Periode hoffnungsfreudigen Verzichtes auf alle möglichen Dinge, ohne die wir
früher nicht leben konnten, ziehen die Gewaltigen des Reichswirtschaftsamtes die
Grenzlinien zwischen Zwangswirtschaft und freier Wirtschaft, und diese Grcnz-
festsetzung vollzieht sich so wenig schmerzlos, wie die zwischen Rumänien und
Ungarn, uns und Polen. Die große Firma des deutschen Wirtschaftslebens steht in
Unterhandlungen über den Eintritt eines Partners, dem allerlei unangenehme Eigen-
schaften nachgesagt werden, dem Vater Staat. Die deutsche Einfuhrwirtschaft soll die
unangenehme Gewohnheit der Eltern annehmen, die den Kindern statt dessen, was
auf dem Wunschzettel steht, die praktischen Sachen schenken, mit denen man nicht
spielen kann. Vom NuKen soll die Welt unserer Zukunft regiert werden, und das
Angenehme soll spärliche Zugabe sein. Wenn wir uns wieder an schönen, fremden
Dingen erfreuen wollen, droht die Hexe Valuta mit der Rute und die böse Tante
Ökonomie protestiert zeternd, daß die Schiffe draußen mit lockenden Tand be-
laden werden. Die Besitzer der großen Firma sträuben sich noch, aber sie werden
den unangenehmen Partner aufnehmen müssen. Vor die Tugend haben die Götter
den Schweiß gesetzt, vor die künftige Gütererzeugung und Einfuhr setzen sie den
Geheimrat. Übergangswirtschaft, Horatio I Diejenigen, die jahrelang Orgien des
Verdienens feiern durften, wird es hart ankommen, wenn sie sich auf einmal zu¬
gleich dem Druck der verschärften staatlichen Wirtschaftskontrolle, dem neuen Wett-
bewerb des Friedens und dessen veränderter Konjunktur und dem mikroskopisch
scharfen Blick der Steuerbehörde ausgesetzt sehen. Von Götterdämmerungsgefuhlen
müssen die großen Verdiener sich jetzt schon ergriffen fühlen. Aber ist auch das
Privateigentum nie schärfer angefaßt worden, so ist es auch nie sicherer gewesen
als heute, seitdem der erste gigantische Versuch, es zu beseitigen, in Rußland Mit
einem gigantischen Fehlschlag zu enden beginnt. Einer neuen Kategorie des Elgen-
tumsbegriffes zeigt sich die Menschheit selbst dort abgeneigt, wo ihr dessen Seg¬
nungen mit der Befreiung vom Zarismus zusammen beschert wurden. Aus der
Weltumwälzuna bleibt überall ein Stück Staatssozialismus zurück, auch im Lands
Cobdens und Bastiats, aber vor dem Bolschewiki-Evangelium ist nach den Er-
fahrungen des vierten Kriegsjahres Europa sicher. Zukunftswirtschaft, Horatio I


Nemo Ihr
Are",böte" II 1S18 ^
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sich heute wenigstens äußerlich links. Äußerste Ausnützung der wirtschaftlichen
Güter ist das Motto der Zeit. Die menschliche Arbeitsmaschine wird mit
einem Bruchteil der früher verwendeten Stoffe in Betrieb gehalten, ein Meter
Tuch deckt heute die menschlichen Mängel noch einmal solange und ein
Angler fängt heutzutage eher ein Krokodil, als einen alten Stiefel. Es wird
nichts mehr weggeworfen, außer dem Geld, das die Kriegsgewinnler hinaus-
werfen; was früher in die Wurst hineingearbeitet wurde, war nicht immer erkennbar,
heute ist es gewiß, daß auch der Strick dabei ist, an dem das Schwein geführt
wurde, und wenn man das Quieken in Büchsen einmachen könnte, würde die
Z. E. G. dafür sorgen, daß wir selbst das aus Neutmlirn zu genießen bekämen.
Der berühmte Mann, der so sparsam war, daß er eine Warze im Genick als
Kragenknopf benutzte, wird bald Nachfolger haben. Wirtschaft, Horatio! Dieser
Ruf ertönt in allen Sprachen Europas. Die Internationale der Arbeit starb an
der ersten Kriegserklärung, die Internationale der Verbrauchssparsamkeit entstand
und gedieh durch den Krieg. Man sieht: in einem müssen die Völker einig sein,
ob sie wollen oder nicht. Ihre heiligsten Güter wollten sie nicht gemeinsam
wahren, ihre täglichen Güter müssen sie gemeinsam sparen. Mit dem kleinen, aber
angenehmen Unterschied, daß unsere Sparsamkeit produktiv ist, und infolgedessen
mit jedem Eisenbahnzug, der aus den neubefreundeten Gebieten eintrifft, unsere
Güterdecke wieder länger wird, von den erfolgreichen Anreizen der Entbehrungszeit
für unsere technischen und chemischen Erfinder nicht zu reden, während die Spar-
samkeit der anderen nicht nur unangenehm, sondern auch zwecklos ist. Wir haben
einen greif- und errechenbaren Vorteil davon, wenn wir alte Hosen tragen, unsere
Hemde nur den Nachteil der Unelegcmz. So ist ein Unterschied zwischen der
Ökonomie des erfolglosen und derjenigen des erfolgreichen Krieges. In dieser
Periode hoffnungsfreudigen Verzichtes auf alle möglichen Dinge, ohne die wir
früher nicht leben konnten, ziehen die Gewaltigen des Reichswirtschaftsamtes die
Grenzlinien zwischen Zwangswirtschaft und freier Wirtschaft, und diese Grcnz-
festsetzung vollzieht sich so wenig schmerzlos, wie die zwischen Rumänien und
Ungarn, uns und Polen. Die große Firma des deutschen Wirtschaftslebens steht in
Unterhandlungen über den Eintritt eines Partners, dem allerlei unangenehme Eigen-
schaften nachgesagt werden, dem Vater Staat. Die deutsche Einfuhrwirtschaft soll die
unangenehme Gewohnheit der Eltern annehmen, die den Kindern statt dessen, was
auf dem Wunschzettel steht, die praktischen Sachen schenken, mit denen man nicht
spielen kann. Vom NuKen soll die Welt unserer Zukunft regiert werden, und das
Angenehme soll spärliche Zugabe sein. Wenn wir uns wieder an schönen, fremden
Dingen erfreuen wollen, droht die Hexe Valuta mit der Rute und die böse Tante
Ökonomie protestiert zeternd, daß die Schiffe draußen mit lockenden Tand be-
laden werden. Die Besitzer der großen Firma sträuben sich noch, aber sie werden
den unangenehmen Partner aufnehmen müssen. Vor die Tugend haben die Götter
den Schweiß gesetzt, vor die künftige Gütererzeugung und Einfuhr setzen sie den
Geheimrat. Übergangswirtschaft, Horatio I Diejenigen, die jahrelang Orgien des
Verdienens feiern durften, wird es hart ankommen, wenn sie sich auf einmal zu¬
gleich dem Druck der verschärften staatlichen Wirtschaftskontrolle, dem neuen Wett-
bewerb des Friedens und dessen veränderter Konjunktur und dem mikroskopisch
scharfen Blick der Steuerbehörde ausgesetzt sehen. Von Götterdämmerungsgefuhlen
müssen die großen Verdiener sich jetzt schon ergriffen fühlen. Aber ist auch das
Privateigentum nie schärfer angefaßt worden, so ist es auch nie sicherer gewesen
als heute, seitdem der erste gigantische Versuch, es zu beseitigen, in Rußland Mit
einem gigantischen Fehlschlag zu enden beginnt. Einer neuen Kategorie des Elgen-
tumsbegriffes zeigt sich die Menschheit selbst dort abgeneigt, wo ihr dessen Seg¬
nungen mit der Befreiung vom Zarismus zusammen beschert wurden. Aus der
Weltumwälzuna bleibt überall ein Stück Staatssozialismus zurück, auch im Lands
Cobdens und Bastiats, aber vor dem Bolschewiki-Evangelium ist nach den Er-
fahrungen des vierten Kriegsjahres Europa sicher. Zukunftswirtschaft, Horatio I


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[0221] Randglossen zum Tage sich heute wenigstens äußerlich links. Äußerste Ausnützung der wirtschaftlichen Güter ist das Motto der Zeit. Die menschliche Arbeitsmaschine wird mit einem Bruchteil der früher verwendeten Stoffe in Betrieb gehalten, ein Meter Tuch deckt heute die menschlichen Mängel noch einmal solange und ein Angler fängt heutzutage eher ein Krokodil, als einen alten Stiefel. Es wird nichts mehr weggeworfen, außer dem Geld, das die Kriegsgewinnler hinaus- werfen; was früher in die Wurst hineingearbeitet wurde, war nicht immer erkennbar, heute ist es gewiß, daß auch der Strick dabei ist, an dem das Schwein geführt wurde, und wenn man das Quieken in Büchsen einmachen könnte, würde die Z. E. G. dafür sorgen, daß wir selbst das aus Neutmlirn zu genießen bekämen. Der berühmte Mann, der so sparsam war, daß er eine Warze im Genick als Kragenknopf benutzte, wird bald Nachfolger haben. Wirtschaft, Horatio! Dieser Ruf ertönt in allen Sprachen Europas. Die Internationale der Arbeit starb an der ersten Kriegserklärung, die Internationale der Verbrauchssparsamkeit entstand und gedieh durch den Krieg. Man sieht: in einem müssen die Völker einig sein, ob sie wollen oder nicht. Ihre heiligsten Güter wollten sie nicht gemeinsam wahren, ihre täglichen Güter müssen sie gemeinsam sparen. Mit dem kleinen, aber angenehmen Unterschied, daß unsere Sparsamkeit produktiv ist, und infolgedessen mit jedem Eisenbahnzug, der aus den neubefreundeten Gebieten eintrifft, unsere Güterdecke wieder länger wird, von den erfolgreichen Anreizen der Entbehrungszeit für unsere technischen und chemischen Erfinder nicht zu reden, während die Spar- samkeit der anderen nicht nur unangenehm, sondern auch zwecklos ist. Wir haben einen greif- und errechenbaren Vorteil davon, wenn wir alte Hosen tragen, unsere Hemde nur den Nachteil der Unelegcmz. So ist ein Unterschied zwischen der Ökonomie des erfolglosen und derjenigen des erfolgreichen Krieges. In dieser Periode hoffnungsfreudigen Verzichtes auf alle möglichen Dinge, ohne die wir früher nicht leben konnten, ziehen die Gewaltigen des Reichswirtschaftsamtes die Grenzlinien zwischen Zwangswirtschaft und freier Wirtschaft, und diese Grcnz- festsetzung vollzieht sich so wenig schmerzlos, wie die zwischen Rumänien und Ungarn, uns und Polen. Die große Firma des deutschen Wirtschaftslebens steht in Unterhandlungen über den Eintritt eines Partners, dem allerlei unangenehme Eigen- schaften nachgesagt werden, dem Vater Staat. Die deutsche Einfuhrwirtschaft soll die unangenehme Gewohnheit der Eltern annehmen, die den Kindern statt dessen, was auf dem Wunschzettel steht, die praktischen Sachen schenken, mit denen man nicht spielen kann. Vom NuKen soll die Welt unserer Zukunft regiert werden, und das Angenehme soll spärliche Zugabe sein. Wenn wir uns wieder an schönen, fremden Dingen erfreuen wollen, droht die Hexe Valuta mit der Rute und die böse Tante Ökonomie protestiert zeternd, daß die Schiffe draußen mit lockenden Tand be- laden werden. Die Besitzer der großen Firma sträuben sich noch, aber sie werden den unangenehmen Partner aufnehmen müssen. Vor die Tugend haben die Götter den Schweiß gesetzt, vor die künftige Gütererzeugung und Einfuhr setzen sie den Geheimrat. Übergangswirtschaft, Horatio I Diejenigen, die jahrelang Orgien des Verdienens feiern durften, wird es hart ankommen, wenn sie sich auf einmal zu¬ gleich dem Druck der verschärften staatlichen Wirtschaftskontrolle, dem neuen Wett- bewerb des Friedens und dessen veränderter Konjunktur und dem mikroskopisch scharfen Blick der Steuerbehörde ausgesetzt sehen. Von Götterdämmerungsgefuhlen müssen die großen Verdiener sich jetzt schon ergriffen fühlen. Aber ist auch das Privateigentum nie schärfer angefaßt worden, so ist es auch nie sicherer gewesen als heute, seitdem der erste gigantische Versuch, es zu beseitigen, in Rußland Mit einem gigantischen Fehlschlag zu enden beginnt. Einer neuen Kategorie des Elgen- tumsbegriffes zeigt sich die Menschheit selbst dort abgeneigt, wo ihr dessen Seg¬ nungen mit der Befreiung vom Zarismus zusammen beschert wurden. Aus der Weltumwälzuna bleibt überall ein Stück Staatssozialismus zurück, auch im Lands Cobdens und Bastiats, aber vor dem Bolschewiki-Evangelium ist nach den Er- fahrungen des vierten Kriegsjahres Europa sicher. Zukunftswirtschaft, Horatio I Nemo Ihr Are»,böte« II 1S18 ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/221>, abgerufen am 01.10.2024.