Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.Ivaffenbund Mitteleuropa wieder. Danach soll der bisherige Dreibundvertrag, der bekanntlich gegen Ende "Außenpolitisch soll das Bündnis seinen rein defensiven Charakter be¬ Die Wiemr Meldung und nicht die Berliner amtliche Veröffentlichung Ivaffenbund Mitteleuropa wieder. Danach soll der bisherige Dreibundvertrag, der bekanntlich gegen Ende „Außenpolitisch soll das Bündnis seinen rein defensiven Charakter be¬ Die Wiemr Meldung und nicht die Berliner amtliche Veröffentlichung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0206" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333689"/> <fw type="header" place="top"> Ivaffenbund Mitteleuropa</fw><lb/> <p xml:id="ID_790" prev="#ID_789"> wieder. Danach soll der bisherige Dreibundvertrag, der bekanntlich gegen Ende<lb/> dieses Jahres abläuft und nur drei Artikel enthielt, in denen sich die Vertragsparteien<lb/> im Kriegsfalle wohlwollende Neutralität, im Falle eines unprovozierten Angriffes<lb/> gegenseitige Hilfe mit der ganzen Waffenmacht zusicherten, pragmatisiert werden.<lb/> War es bisher nur ein diplomatischer Vertrag, dessen politischer Sinn gegenseitiger<lb/> Schutz gegen die russische Expansion war, so soll das neue Bündnis darüber<lb/> formell und inhaltlich weit hinausgehen. Es soll die ganzen politischen, militärischen<lb/> und wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Reiche durch Geschäftsvcrträge festlegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_791"> „Außenpolitisch soll das Bündnis seinen rein defensiven Charakter be¬<lb/> halten, aber zum Schutzvertrag nach allen Richtungen ausgestaltet werden. Die<lb/> anhero-polnische Frage soll bei dieser außenpolitischen Regelung eine Rolle<lb/> spielen. Militärisch sollen die gegenseitigen Vereinbarungen so verdichtet und<lb/> vereinheitlicht werden, daß von einer Art Militärkonvention gesprochen werden<lb/> kann. Wirtschaftlich wird eine möglichst weitgehende Gemeinsamkeit angestrebt,<lb/> die namentlich für die Übergangswirtschaft unerläßlich ist. Wenn dabei auch alles<lb/> vermieden werden soll, -was eine wirtschaftskriegerische Spitze gegen die übrigen<lb/> Handelsstaaten zu haben scheinen könnte, so liegt doch die vielerörterte Zollunion<lb/> im Bereich der bereits skizzierten Pläne. Ein grundlegender Unterschied wird nach<lb/> bestimmten Versicherungen hier in der Form des neuen Bündnisses gegen¬<lb/> über dem alten zu verzeichnen sein. Es wird nicht bloß einen diplomatischen<lb/> Geheimvertrag darstellen, sondern soll artikelmäßig in den Staatsgesetzen beider<lb/> Reiche verankert werden. Es wird daher alle zuständigen Volksvertretungen in<lb/> Deutschland und Österreich-Ungarn beschäftigen und ihrer Zustimmung bedürfen."</p><lb/> <p xml:id="ID_792"> Die Wiemr Meldung und nicht die Berliner amtliche Veröffentlichung<lb/> wird hier in den Vordergrund geschoben und zum Ausgangspunkt der Besprechung<lb/> gemacht, weil sie, ohne aus dem Rahmen des Möglichen herauszufallen, das<lb/> Kampffeld ziemlich richtig absteckt, auf dein sich die weiteren Erörterungen über<lb/> den Bündnisvertrag bewegen werden, und weil an ihnen die unausbleiblichen<lb/> erläuternden Erklärungen der deutschen Regierung erst durchsichtig werden. Eine<lb/> solcher Erklärungen liegt bereits vor. Die „Kölnische Zeitung" (Ur. 446) läßt sich<lb/> aus Berlin melden: „Die Behauptung, es sei grundsätzlich beschlossen worden,<lb/> daß das neue Bündnis in die Verfassungen der verbündeten Reiche ausgenommen<lb/> werde, ist unzutreffend. Davon ist nicht die Rede gewesen. Es besteht<lb/> vielmehr die Absicht, Vertrüge politischer, militärischer und wirtschaftlicher Natur<lb/> zu schließen. Diese Verträge sollen ein zusammengehöriges und zusammenhängendes<lb/> Ganzes bilden und nach Möglichkeit zusammen unterzeichnet werden. Es' wird<lb/> also nicht etwa eine Militärkonvention oder ein Wirtschaftsbiindnis gesondert<lb/> abgeschlossen, sondern ein Vertrag, der einen militärischen, einen poli¬<lb/> tischen, einen wirtschaftlichen Teil hat und, wie gesagt, ein Ganzes bildet.<lb/> Unzutreffend ist auch die Nachricht, daß man sich bei der Besprechung im Großen<lb/> Hauptquartier auf die sogenannte österreichisch-polnische Lösung geeinigt habe,<lb/> oder daß die Vereinbarungen diese Lösung zur Folge haben würden". Nach<lb/> dieser Richtigstellung, deren ersten Teil wir kritiklos hinnehmen dürfen, da die<lb/> Frage der Verankerung des vertieften Bündnisses in den Verfassungen der<lb/> beteiligten Länder kaum schon akut sein dürfte, enthält die Meldung aber auch<lb/> einen positiven Teil von nicht zu unterschätzender Bedeutung.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0206]
Ivaffenbund Mitteleuropa
wieder. Danach soll der bisherige Dreibundvertrag, der bekanntlich gegen Ende
dieses Jahres abläuft und nur drei Artikel enthielt, in denen sich die Vertragsparteien
im Kriegsfalle wohlwollende Neutralität, im Falle eines unprovozierten Angriffes
gegenseitige Hilfe mit der ganzen Waffenmacht zusicherten, pragmatisiert werden.
War es bisher nur ein diplomatischer Vertrag, dessen politischer Sinn gegenseitiger
Schutz gegen die russische Expansion war, so soll das neue Bündnis darüber
formell und inhaltlich weit hinausgehen. Es soll die ganzen politischen, militärischen
und wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Reiche durch Geschäftsvcrträge festlegen.
„Außenpolitisch soll das Bündnis seinen rein defensiven Charakter be¬
halten, aber zum Schutzvertrag nach allen Richtungen ausgestaltet werden. Die
anhero-polnische Frage soll bei dieser außenpolitischen Regelung eine Rolle
spielen. Militärisch sollen die gegenseitigen Vereinbarungen so verdichtet und
vereinheitlicht werden, daß von einer Art Militärkonvention gesprochen werden
kann. Wirtschaftlich wird eine möglichst weitgehende Gemeinsamkeit angestrebt,
die namentlich für die Übergangswirtschaft unerläßlich ist. Wenn dabei auch alles
vermieden werden soll, -was eine wirtschaftskriegerische Spitze gegen die übrigen
Handelsstaaten zu haben scheinen könnte, so liegt doch die vielerörterte Zollunion
im Bereich der bereits skizzierten Pläne. Ein grundlegender Unterschied wird nach
bestimmten Versicherungen hier in der Form des neuen Bündnisses gegen¬
über dem alten zu verzeichnen sein. Es wird nicht bloß einen diplomatischen
Geheimvertrag darstellen, sondern soll artikelmäßig in den Staatsgesetzen beider
Reiche verankert werden. Es wird daher alle zuständigen Volksvertretungen in
Deutschland und Österreich-Ungarn beschäftigen und ihrer Zustimmung bedürfen."
Die Wiemr Meldung und nicht die Berliner amtliche Veröffentlichung
wird hier in den Vordergrund geschoben und zum Ausgangspunkt der Besprechung
gemacht, weil sie, ohne aus dem Rahmen des Möglichen herauszufallen, das
Kampffeld ziemlich richtig absteckt, auf dein sich die weiteren Erörterungen über
den Bündnisvertrag bewegen werden, und weil an ihnen die unausbleiblichen
erläuternden Erklärungen der deutschen Regierung erst durchsichtig werden. Eine
solcher Erklärungen liegt bereits vor. Die „Kölnische Zeitung" (Ur. 446) läßt sich
aus Berlin melden: „Die Behauptung, es sei grundsätzlich beschlossen worden,
daß das neue Bündnis in die Verfassungen der verbündeten Reiche ausgenommen
werde, ist unzutreffend. Davon ist nicht die Rede gewesen. Es besteht
vielmehr die Absicht, Vertrüge politischer, militärischer und wirtschaftlicher Natur
zu schließen. Diese Verträge sollen ein zusammengehöriges und zusammenhängendes
Ganzes bilden und nach Möglichkeit zusammen unterzeichnet werden. Es' wird
also nicht etwa eine Militärkonvention oder ein Wirtschaftsbiindnis gesondert
abgeschlossen, sondern ein Vertrag, der einen militärischen, einen poli¬
tischen, einen wirtschaftlichen Teil hat und, wie gesagt, ein Ganzes bildet.
Unzutreffend ist auch die Nachricht, daß man sich bei der Besprechung im Großen
Hauptquartier auf die sogenannte österreichisch-polnische Lösung geeinigt habe,
oder daß die Vereinbarungen diese Lösung zur Folge haben würden". Nach
dieser Richtigstellung, deren ersten Teil wir kritiklos hinnehmen dürfen, da die
Frage der Verankerung des vertieften Bündnisses in den Verfassungen der
beteiligten Länder kaum schon akut sein dürfte, enthält die Meldung aber auch
einen positiven Teil von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
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