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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Die Polenfrage vor der Entscheidung

sind, als wir glauben möchten. Die bevorstehende Einführung des gleichen Wahl¬
rechtes in Preußen, ohne genügende Sicherheiten für das Deutschtum der Ostmark,
ist ein gewaltiger Schritt in dieser Richtung. Ebenso drängen uns alle jene Be¬
strebungen unbewußt oder bewußt dahin, die auf die Schaffung eines Groß-Litauen
ausgehen, -- um so mehr, wenn dies Litauen in Personalunion mit einem deutschen
Bundesstaate vereinigt werden sollte; möge dieser Bundesstaat im übrigen Preußen
oder Sachsen heißen. Die Freunde der allmählichen Umwandlung Preußens
oder Deutschlands in einen Nationalitätenstaat aus weltwirtschaftlichen oder
anderen Gesichtspunkten, die den Polen soweit entgegenzukommen wünschen, daß sie
um des Wirtschaftsfriedens willen alle alten polnischen Gebiete unter irgendeiner
Firma zusammenfügen wollen, übersehen ganz, daß sie damit dem deutschen Volke
eine Reihe von Rückzugskämpfen auferlegen müßten, damit die Position der
Deutschen nicht auch gerade wirtschaftlich überrannt wird. Wir würden, wenn die
Polen in eine günstigere Position uns gegenüber gelangten, gerade deshalb die
furchtbarsten Kämpfe führen müssen, Kämpfe, wie sie bisher in unserer Ostmark noch
nicht bekannt sind. Die Polen, die durch den wirtschaftlichen Kampf ganz vor-
nehmlich glauben, zum internationalen Siege gelangen zu können, müssen wirt¬
schaftlich so mit Mitteleuropa verbunden werden, daß sie keine Neigung mehr
bekommen, als Großpolen gegen das Deutschtum aufzubegehren. Die gro߬
polnische Idee muß fallen, die Polen dürfen eine machtvolle Selb¬
ständigkeit nicht ausüben, -- mögen sie im übrigen wirtschaftlich den höchsten
Grad des Wohlstandes erreichen, -- ich wäre der letzte, der ihnen dies mißgönnen
wollteI Dann könnten wir auch auf wirtschaftsfriedliche Verhältnisse in der Ost¬
mark rechnen.




Das wirksamste Mittel, einen Gegner in Schach zu halten, ist zu allen
Zeiten die Bindung seiner Kräfte in Aufgaben gewesen, die ihn verhindern, da
vorzubrechen, wo er uns gefährlich werden kann. Die Voraussetzung für eine all¬
mähliche Lösung der Polenfrage ist somit, daß das Deutsche Reich unbeschränkten
und mit niemand anderem geteilten Einfluß auf die polnischen Dinge
erhält, und daß es diese Macht ausnutzt, um den Polen den russisch-demokratischen
Wind aus den Segeln zu nehmen.

Dies ist möglich, indem das friedliche Landvolk der Bauern in eine wirt¬
schaftliche Lage versetzt wird, die ihm Wohlstand und ruhigen Gewinn sichert.

Gelingt uns dies, so werden sich auch die Aussichten heben, daß die gegen
uns vorhandene Feindschaft bei den Polen abstand. Stellen wir nur die Polen
vor die Unabänderlichkeit unseres Willens, unseren militärischen
Sieg voll ausnützen und selbst die Führung der Polen fest in die Hand
nehmen zu wollen! In einem halben Jahrhundert könnte es dann auf
neuen Grundlagen zu einem Frieden zwischen Polen und uns kommen, --
wie die Polen noch in den letzten Jahren bereit waren, ihren Frieden mit dem
Moskowiter zu schließen, der wahrhaftig kein milder Herr war; dem Polen
imponiert nur die überlegene Kraft, kein schlaues LavierenI Dies hat er ge¬
nügend bei den Juden mißachten gelernt!!




Die Polenfrage vor der Entscheidung

sind, als wir glauben möchten. Die bevorstehende Einführung des gleichen Wahl¬
rechtes in Preußen, ohne genügende Sicherheiten für das Deutschtum der Ostmark,
ist ein gewaltiger Schritt in dieser Richtung. Ebenso drängen uns alle jene Be¬
strebungen unbewußt oder bewußt dahin, die auf die Schaffung eines Groß-Litauen
ausgehen, — um so mehr, wenn dies Litauen in Personalunion mit einem deutschen
Bundesstaate vereinigt werden sollte; möge dieser Bundesstaat im übrigen Preußen
oder Sachsen heißen. Die Freunde der allmählichen Umwandlung Preußens
oder Deutschlands in einen Nationalitätenstaat aus weltwirtschaftlichen oder
anderen Gesichtspunkten, die den Polen soweit entgegenzukommen wünschen, daß sie
um des Wirtschaftsfriedens willen alle alten polnischen Gebiete unter irgendeiner
Firma zusammenfügen wollen, übersehen ganz, daß sie damit dem deutschen Volke
eine Reihe von Rückzugskämpfen auferlegen müßten, damit die Position der
Deutschen nicht auch gerade wirtschaftlich überrannt wird. Wir würden, wenn die
Polen in eine günstigere Position uns gegenüber gelangten, gerade deshalb die
furchtbarsten Kämpfe führen müssen, Kämpfe, wie sie bisher in unserer Ostmark noch
nicht bekannt sind. Die Polen, die durch den wirtschaftlichen Kampf ganz vor-
nehmlich glauben, zum internationalen Siege gelangen zu können, müssen wirt¬
schaftlich so mit Mitteleuropa verbunden werden, daß sie keine Neigung mehr
bekommen, als Großpolen gegen das Deutschtum aufzubegehren. Die gro߬
polnische Idee muß fallen, die Polen dürfen eine machtvolle Selb¬
ständigkeit nicht ausüben, — mögen sie im übrigen wirtschaftlich den höchsten
Grad des Wohlstandes erreichen, — ich wäre der letzte, der ihnen dies mißgönnen
wollteI Dann könnten wir auch auf wirtschaftsfriedliche Verhältnisse in der Ost¬
mark rechnen.




Das wirksamste Mittel, einen Gegner in Schach zu halten, ist zu allen
Zeiten die Bindung seiner Kräfte in Aufgaben gewesen, die ihn verhindern, da
vorzubrechen, wo er uns gefährlich werden kann. Die Voraussetzung für eine all¬
mähliche Lösung der Polenfrage ist somit, daß das Deutsche Reich unbeschränkten
und mit niemand anderem geteilten Einfluß auf die polnischen Dinge
erhält, und daß es diese Macht ausnutzt, um den Polen den russisch-demokratischen
Wind aus den Segeln zu nehmen.

Dies ist möglich, indem das friedliche Landvolk der Bauern in eine wirt¬
schaftliche Lage versetzt wird, die ihm Wohlstand und ruhigen Gewinn sichert.

Gelingt uns dies, so werden sich auch die Aussichten heben, daß die gegen
uns vorhandene Feindschaft bei den Polen abstand. Stellen wir nur die Polen
vor die Unabänderlichkeit unseres Willens, unseren militärischen
Sieg voll ausnützen und selbst die Führung der Polen fest in die Hand
nehmen zu wollen! In einem halben Jahrhundert könnte es dann auf
neuen Grundlagen zu einem Frieden zwischen Polen und uns kommen, —
wie die Polen noch in den letzten Jahren bereit waren, ihren Frieden mit dem
Moskowiter zu schließen, der wahrhaftig kein milder Herr war; dem Polen
imponiert nur die überlegene Kraft, kein schlaues LavierenI Dies hat er ge¬
nügend bei den Juden mißachten gelernt!!




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[0161] Die Polenfrage vor der Entscheidung sind, als wir glauben möchten. Die bevorstehende Einführung des gleichen Wahl¬ rechtes in Preußen, ohne genügende Sicherheiten für das Deutschtum der Ostmark, ist ein gewaltiger Schritt in dieser Richtung. Ebenso drängen uns alle jene Be¬ strebungen unbewußt oder bewußt dahin, die auf die Schaffung eines Groß-Litauen ausgehen, — um so mehr, wenn dies Litauen in Personalunion mit einem deutschen Bundesstaate vereinigt werden sollte; möge dieser Bundesstaat im übrigen Preußen oder Sachsen heißen. Die Freunde der allmählichen Umwandlung Preußens oder Deutschlands in einen Nationalitätenstaat aus weltwirtschaftlichen oder anderen Gesichtspunkten, die den Polen soweit entgegenzukommen wünschen, daß sie um des Wirtschaftsfriedens willen alle alten polnischen Gebiete unter irgendeiner Firma zusammenfügen wollen, übersehen ganz, daß sie damit dem deutschen Volke eine Reihe von Rückzugskämpfen auferlegen müßten, damit die Position der Deutschen nicht auch gerade wirtschaftlich überrannt wird. Wir würden, wenn die Polen in eine günstigere Position uns gegenüber gelangten, gerade deshalb die furchtbarsten Kämpfe führen müssen, Kämpfe, wie sie bisher in unserer Ostmark noch nicht bekannt sind. Die Polen, die durch den wirtschaftlichen Kampf ganz vor- nehmlich glauben, zum internationalen Siege gelangen zu können, müssen wirt¬ schaftlich so mit Mitteleuropa verbunden werden, daß sie keine Neigung mehr bekommen, als Großpolen gegen das Deutschtum aufzubegehren. Die gro߬ polnische Idee muß fallen, die Polen dürfen eine machtvolle Selb¬ ständigkeit nicht ausüben, — mögen sie im übrigen wirtschaftlich den höchsten Grad des Wohlstandes erreichen, — ich wäre der letzte, der ihnen dies mißgönnen wollteI Dann könnten wir auch auf wirtschaftsfriedliche Verhältnisse in der Ost¬ mark rechnen. Das wirksamste Mittel, einen Gegner in Schach zu halten, ist zu allen Zeiten die Bindung seiner Kräfte in Aufgaben gewesen, die ihn verhindern, da vorzubrechen, wo er uns gefährlich werden kann. Die Voraussetzung für eine all¬ mähliche Lösung der Polenfrage ist somit, daß das Deutsche Reich unbeschränkten und mit niemand anderem geteilten Einfluß auf die polnischen Dinge erhält, und daß es diese Macht ausnutzt, um den Polen den russisch-demokratischen Wind aus den Segeln zu nehmen. Dies ist möglich, indem das friedliche Landvolk der Bauern in eine wirt¬ schaftliche Lage versetzt wird, die ihm Wohlstand und ruhigen Gewinn sichert. Gelingt uns dies, so werden sich auch die Aussichten heben, daß die gegen uns vorhandene Feindschaft bei den Polen abstand. Stellen wir nur die Polen vor die Unabänderlichkeit unseres Willens, unseren militärischen Sieg voll ausnützen und selbst die Führung der Polen fest in die Hand nehmen zu wollen! In einem halben Jahrhundert könnte es dann auf neuen Grundlagen zu einem Frieden zwischen Polen und uns kommen, — wie die Polen noch in den letzten Jahren bereit waren, ihren Frieden mit dem Moskowiter zu schließen, der wahrhaftig kein milder Herr war; dem Polen imponiert nur die überlegene Kraft, kein schlaues LavierenI Dies hat er ge¬ nügend bei den Juden mißachten gelernt!!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/161>, abgerufen am 26.08.2024.