Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Brest-kitowsk, Zweiter Akt

nicht erkennen würdenl Das Ergebnis des Kühlmannschen Schachzuges ist denn
auch nur sehr niedrig einzuschätzen. Die Figuren, die er geopfert hat, werden
durch den erzielten Gewinn nicht aufgewogen.

Der Gewinn besteht in der amtlichen klaren Darlegung der Kriegsziele und
Friedensbedingungen Englands, die noch ein besonderes Gewicht erhalten durch
die feierliche Form, mit der der Präsident Wilson diejenigen der Vereinigten
Staaten von Nordamerika dargelegt hat. In beiden Dokumenten steht
nichts, was wir nicht schon längst gewußt hätten; sie unterscheiden sich von früheren
Kundgebungen nur durch die äußere höflichere Form. Daß die Herbeischaffung der
Papiere so notwendig gewesen wäre, um die Stimmung beim deutschen Volk zu
heben, bestreite ich. Denn weder Berlin, noch die Neichstogsmehrheit vom
19. Juli 1917 stellen das deutsche Volk dar. Ich halte die Herausforderung
des Dokuments auf dem betretenen Wege für schädlich, unserer militärischen Lage
abträglich durch die Wirkung, die es er England und Frankreich haben konnte
und auch tatsächlich hat: Herrn von Kühlmanns durchaus irrige Auffassungen vom
Wesen des englischen Menschen, die uns schon irregeführt haben, als er noch
nächster Mitarbeiter des Fürsten Lichnowsky in London war. haben das
englische Volk zusammengeführt, den beginnenden Riß zwischen den englischen
Imperialisten und Arbeitern sich wieder schließen lassen. Darauf deuteten wir
hin. als wir vor vierzehn Tagen das erneute Friedensangebot als in "jedem
Falle schädlich" bezeichneten.

Ebenso unpraktisch scheint mir der Weg gewählt zu sein, den unsere Unter¬
händler in Brest für die Erledigung der Wirtschaftsfrage gehen. Aus dem Bericht
des Direktors im Auswärtigen Amt Geheimrat Johannes im Hauptausschuß des
Reichstages wissen wir, daß von unserer Seite darauf ausgegangen wird, mit
Rußland den Handelsvertrag von 1904 langfristig zu erneuern und die Meist¬
begünstigung durch Rußland für mindestens zwanzig Jahre festzulegen. Die
russischen Herren sträuben sich dagegen. Sie sträuben sich, nicht gestützt auf
praktische Kenntnis der Wirkung jenes Handelsvertrages, sondern lediglich gefühls¬
mäßig. Sie geben selbst zu, die wirtschaftlichen Fragen nicht genügend zu be¬
herrschen, um sich binden zu können. Tatsächlich sind bei dem Vertrage Deutsch¬
land und Rußland gut gefahren, -- wir haben das vor dem Kriege im einzelnen
nachgewiesen;*) zu kurz gekommen sind nur unsere englischen und französischen
Wettbewerber, bzw. ihre russischen Agenten in Petersburg und Moskau. Sie
waren denn auch die Träger der deutschfeindlichen Wirtschaftspropaganda in Ru߬
land vor dem Kriege. Durch sie war schon fast das gesamte arbeitende Rußland
zu der Überzeugung gebracht, daß die Rückständigkeit des Landes, auch die poliiische,
in erster Linie auf die wirtschaftliche Ausbeutung durch Deutschland zurückzuführen
sei. Der Handelsvertrag soll nur unter dem Druck des russisch-japanischen Krieges
zustande gekommen sein. Das durch den Brief unseres Kaisers an Zar Nikolaus
längst widerlegte Märchen von der deutschen Gegnerschaft gegen liberale Reformen
geht immer noch um. Nicht nur das liberale, auch das konservative Nußland hatte
die Propaganda gegen den deutschen Zolltarif auf seine Fahnen geschrieben. Und
nun soll vor allen Dingen gerade die Bedingung der Annahme dieses Zolltarifs
an erster Stelle im Friedensverträge stehen. Eine solche Taktik hätte vielleicht
Sinn, wenn dadurch an anderer Stelle Vorteile für uns Heraussprüngen, -- z. B.
als Kompensationsobjekt oder um der gegenwärtigen Regierung in Rußland
möglichst viele und große Steine in den Weg zu werfen. Wir glauben
nicht, daß diese Absicht besteht. Hier geschähe es überdies mit untauglichen Mitteln
und -- auf den Schützen springt der Pfeil zurückl Wir würden uns selbst viel
mehr schaden, wie der maximalistischen Regierung, wenn wir sie unter die Be¬
dingung der Annahme des Handelsvertrages zwängen, denn wir spielten unseren
Feinden in und außerhalb Rußlands das vorzüglichste Propagandamittel gegen
uns in die Hände und erschwerten uns die Neuanknüpfung der Handelsbeziehungen



*) Siehe Grenzboten 1914, Heft 26.
Brest-kitowsk, Zweiter Akt

nicht erkennen würdenl Das Ergebnis des Kühlmannschen Schachzuges ist denn
auch nur sehr niedrig einzuschätzen. Die Figuren, die er geopfert hat, werden
durch den erzielten Gewinn nicht aufgewogen.

Der Gewinn besteht in der amtlichen klaren Darlegung der Kriegsziele und
Friedensbedingungen Englands, die noch ein besonderes Gewicht erhalten durch
die feierliche Form, mit der der Präsident Wilson diejenigen der Vereinigten
Staaten von Nordamerika dargelegt hat. In beiden Dokumenten steht
nichts, was wir nicht schon längst gewußt hätten; sie unterscheiden sich von früheren
Kundgebungen nur durch die äußere höflichere Form. Daß die Herbeischaffung der
Papiere so notwendig gewesen wäre, um die Stimmung beim deutschen Volk zu
heben, bestreite ich. Denn weder Berlin, noch die Neichstogsmehrheit vom
19. Juli 1917 stellen das deutsche Volk dar. Ich halte die Herausforderung
des Dokuments auf dem betretenen Wege für schädlich, unserer militärischen Lage
abträglich durch die Wirkung, die es er England und Frankreich haben konnte
und auch tatsächlich hat: Herrn von Kühlmanns durchaus irrige Auffassungen vom
Wesen des englischen Menschen, die uns schon irregeführt haben, als er noch
nächster Mitarbeiter des Fürsten Lichnowsky in London war. haben das
englische Volk zusammengeführt, den beginnenden Riß zwischen den englischen
Imperialisten und Arbeitern sich wieder schließen lassen. Darauf deuteten wir
hin. als wir vor vierzehn Tagen das erneute Friedensangebot als in „jedem
Falle schädlich" bezeichneten.

Ebenso unpraktisch scheint mir der Weg gewählt zu sein, den unsere Unter¬
händler in Brest für die Erledigung der Wirtschaftsfrage gehen. Aus dem Bericht
des Direktors im Auswärtigen Amt Geheimrat Johannes im Hauptausschuß des
Reichstages wissen wir, daß von unserer Seite darauf ausgegangen wird, mit
Rußland den Handelsvertrag von 1904 langfristig zu erneuern und die Meist¬
begünstigung durch Rußland für mindestens zwanzig Jahre festzulegen. Die
russischen Herren sträuben sich dagegen. Sie sträuben sich, nicht gestützt auf
praktische Kenntnis der Wirkung jenes Handelsvertrages, sondern lediglich gefühls¬
mäßig. Sie geben selbst zu, die wirtschaftlichen Fragen nicht genügend zu be¬
herrschen, um sich binden zu können. Tatsächlich sind bei dem Vertrage Deutsch¬
land und Rußland gut gefahren, — wir haben das vor dem Kriege im einzelnen
nachgewiesen;*) zu kurz gekommen sind nur unsere englischen und französischen
Wettbewerber, bzw. ihre russischen Agenten in Petersburg und Moskau. Sie
waren denn auch die Träger der deutschfeindlichen Wirtschaftspropaganda in Ru߬
land vor dem Kriege. Durch sie war schon fast das gesamte arbeitende Rußland
zu der Überzeugung gebracht, daß die Rückständigkeit des Landes, auch die poliiische,
in erster Linie auf die wirtschaftliche Ausbeutung durch Deutschland zurückzuführen
sei. Der Handelsvertrag soll nur unter dem Druck des russisch-japanischen Krieges
zustande gekommen sein. Das durch den Brief unseres Kaisers an Zar Nikolaus
längst widerlegte Märchen von der deutschen Gegnerschaft gegen liberale Reformen
geht immer noch um. Nicht nur das liberale, auch das konservative Nußland hatte
die Propaganda gegen den deutschen Zolltarif auf seine Fahnen geschrieben. Und
nun soll vor allen Dingen gerade die Bedingung der Annahme dieses Zolltarifs
an erster Stelle im Friedensverträge stehen. Eine solche Taktik hätte vielleicht
Sinn, wenn dadurch an anderer Stelle Vorteile für uns Heraussprüngen, — z. B.
als Kompensationsobjekt oder um der gegenwärtigen Regierung in Rußland
möglichst viele und große Steine in den Weg zu werfen. Wir glauben
nicht, daß diese Absicht besteht. Hier geschähe es überdies mit untauglichen Mitteln
und — auf den Schützen springt der Pfeil zurückl Wir würden uns selbst viel
mehr schaden, wie der maximalistischen Regierung, wenn wir sie unter die Be¬
dingung der Annahme des Handelsvertrages zwängen, denn wir spielten unseren
Feinden in und außerhalb Rußlands das vorzüglichste Propagandamittel gegen
uns in die Hände und erschwerten uns die Neuanknüpfung der Handelsbeziehungen



*) Siehe Grenzboten 1914, Heft 26.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333185"/>
          <fw type="header" place="top"> Brest-kitowsk, Zweiter Akt</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_283" prev="#ID_282"> nicht erkennen würdenl Das Ergebnis des Kühlmannschen Schachzuges ist denn<lb/>
auch nur sehr niedrig einzuschätzen. Die Figuren, die er geopfert hat, werden<lb/>
durch den erzielten Gewinn nicht aufgewogen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_284"> Der Gewinn besteht in der amtlichen klaren Darlegung der Kriegsziele und<lb/>
Friedensbedingungen Englands, die noch ein besonderes Gewicht erhalten durch<lb/>
die feierliche Form, mit der der Präsident Wilson diejenigen der Vereinigten<lb/>
Staaten von Nordamerika dargelegt hat. In beiden Dokumenten steht<lb/>
nichts, was wir nicht schon längst gewußt hätten; sie unterscheiden sich von früheren<lb/>
Kundgebungen nur durch die äußere höflichere Form. Daß die Herbeischaffung der<lb/>
Papiere so notwendig gewesen wäre, um die Stimmung beim deutschen Volk zu<lb/>
heben, bestreite ich. Denn weder Berlin, noch die Neichstogsmehrheit vom<lb/>
19. Juli 1917 stellen das deutsche Volk dar. Ich halte die Herausforderung<lb/>
des Dokuments auf dem betretenen Wege für schädlich, unserer militärischen Lage<lb/>
abträglich durch die Wirkung, die es er England und Frankreich haben konnte<lb/>
und auch tatsächlich hat: Herrn von Kühlmanns durchaus irrige Auffassungen vom<lb/>
Wesen des englischen Menschen, die uns schon irregeführt haben, als er noch<lb/>
nächster Mitarbeiter des Fürsten Lichnowsky in London war. haben das<lb/>
englische Volk zusammengeführt, den beginnenden Riß zwischen den englischen<lb/>
Imperialisten und Arbeitern sich wieder schließen lassen. Darauf deuteten wir<lb/>
hin. als wir vor vierzehn Tagen das erneute Friedensangebot als in &#x201E;jedem<lb/>
Falle schädlich" bezeichneten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_285" next="#ID_286"> Ebenso unpraktisch scheint mir der Weg gewählt zu sein, den unsere Unter¬<lb/>
händler in Brest für die Erledigung der Wirtschaftsfrage gehen. Aus dem Bericht<lb/>
des Direktors im Auswärtigen Amt Geheimrat Johannes im Hauptausschuß des<lb/>
Reichstages wissen wir, daß von unserer Seite darauf ausgegangen wird, mit<lb/>
Rußland den Handelsvertrag von 1904 langfristig zu erneuern und die Meist¬<lb/>
begünstigung durch Rußland für mindestens zwanzig Jahre festzulegen. Die<lb/>
russischen Herren sträuben sich dagegen. Sie sträuben sich, nicht gestützt auf<lb/>
praktische Kenntnis der Wirkung jenes Handelsvertrages, sondern lediglich gefühls¬<lb/>
mäßig. Sie geben selbst zu, die wirtschaftlichen Fragen nicht genügend zu be¬<lb/>
herrschen, um sich binden zu können. Tatsächlich sind bei dem Vertrage Deutsch¬<lb/>
land und Rußland gut gefahren, &#x2014; wir haben das vor dem Kriege im einzelnen<lb/>
nachgewiesen;*) zu kurz gekommen sind nur unsere englischen und französischen<lb/>
Wettbewerber, bzw. ihre russischen Agenten in Petersburg und Moskau. Sie<lb/>
waren denn auch die Träger der deutschfeindlichen Wirtschaftspropaganda in Ru߬<lb/>
land vor dem Kriege. Durch sie war schon fast das gesamte arbeitende Rußland<lb/>
zu der Überzeugung gebracht, daß die Rückständigkeit des Landes, auch die poliiische,<lb/>
in erster Linie auf die wirtschaftliche Ausbeutung durch Deutschland zurückzuführen<lb/>
sei. Der Handelsvertrag soll nur unter dem Druck des russisch-japanischen Krieges<lb/>
zustande gekommen sein. Das durch den Brief unseres Kaisers an Zar Nikolaus<lb/>
längst widerlegte Märchen von der deutschen Gegnerschaft gegen liberale Reformen<lb/>
geht immer noch um. Nicht nur das liberale, auch das konservative Nußland hatte<lb/>
die Propaganda gegen den deutschen Zolltarif auf seine Fahnen geschrieben. Und<lb/>
nun soll vor allen Dingen gerade die Bedingung der Annahme dieses Zolltarifs<lb/>
an erster Stelle im Friedensverträge stehen. Eine solche Taktik hätte vielleicht<lb/>
Sinn, wenn dadurch an anderer Stelle Vorteile für uns Heraussprüngen, &#x2014; z. B.<lb/>
als Kompensationsobjekt oder um der gegenwärtigen Regierung in Rußland<lb/>
möglichst viele und große Steine in den Weg zu werfen. Wir glauben<lb/>
nicht, daß diese Absicht besteht. Hier geschähe es überdies mit untauglichen Mitteln<lb/>
und &#x2014; auf den Schützen springt der Pfeil zurückl Wir würden uns selbst viel<lb/>
mehr schaden, wie der maximalistischen Regierung, wenn wir sie unter die Be¬<lb/>
dingung der Annahme des Handelsvertrages zwängen, denn wir spielten unseren<lb/>
Feinden in und außerhalb Rußlands das vorzüglichste Propagandamittel gegen<lb/>
uns in die Hände und erschwerten uns die Neuanknüpfung der Handelsbeziehungen</p><lb/>
          <note xml:id="FID_30" place="foot"> *) Siehe Grenzboten 1914, Heft 26.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0088] Brest-kitowsk, Zweiter Akt nicht erkennen würdenl Das Ergebnis des Kühlmannschen Schachzuges ist denn auch nur sehr niedrig einzuschätzen. Die Figuren, die er geopfert hat, werden durch den erzielten Gewinn nicht aufgewogen. Der Gewinn besteht in der amtlichen klaren Darlegung der Kriegsziele und Friedensbedingungen Englands, die noch ein besonderes Gewicht erhalten durch die feierliche Form, mit der der Präsident Wilson diejenigen der Vereinigten Staaten von Nordamerika dargelegt hat. In beiden Dokumenten steht nichts, was wir nicht schon längst gewußt hätten; sie unterscheiden sich von früheren Kundgebungen nur durch die äußere höflichere Form. Daß die Herbeischaffung der Papiere so notwendig gewesen wäre, um die Stimmung beim deutschen Volk zu heben, bestreite ich. Denn weder Berlin, noch die Neichstogsmehrheit vom 19. Juli 1917 stellen das deutsche Volk dar. Ich halte die Herausforderung des Dokuments auf dem betretenen Wege für schädlich, unserer militärischen Lage abträglich durch die Wirkung, die es er England und Frankreich haben konnte und auch tatsächlich hat: Herrn von Kühlmanns durchaus irrige Auffassungen vom Wesen des englischen Menschen, die uns schon irregeführt haben, als er noch nächster Mitarbeiter des Fürsten Lichnowsky in London war. haben das englische Volk zusammengeführt, den beginnenden Riß zwischen den englischen Imperialisten und Arbeitern sich wieder schließen lassen. Darauf deuteten wir hin. als wir vor vierzehn Tagen das erneute Friedensangebot als in „jedem Falle schädlich" bezeichneten. Ebenso unpraktisch scheint mir der Weg gewählt zu sein, den unsere Unter¬ händler in Brest für die Erledigung der Wirtschaftsfrage gehen. Aus dem Bericht des Direktors im Auswärtigen Amt Geheimrat Johannes im Hauptausschuß des Reichstages wissen wir, daß von unserer Seite darauf ausgegangen wird, mit Rußland den Handelsvertrag von 1904 langfristig zu erneuern und die Meist¬ begünstigung durch Rußland für mindestens zwanzig Jahre festzulegen. Die russischen Herren sträuben sich dagegen. Sie sträuben sich, nicht gestützt auf praktische Kenntnis der Wirkung jenes Handelsvertrages, sondern lediglich gefühls¬ mäßig. Sie geben selbst zu, die wirtschaftlichen Fragen nicht genügend zu be¬ herrschen, um sich binden zu können. Tatsächlich sind bei dem Vertrage Deutsch¬ land und Rußland gut gefahren, — wir haben das vor dem Kriege im einzelnen nachgewiesen;*) zu kurz gekommen sind nur unsere englischen und französischen Wettbewerber, bzw. ihre russischen Agenten in Petersburg und Moskau. Sie waren denn auch die Träger der deutschfeindlichen Wirtschaftspropaganda in Ru߬ land vor dem Kriege. Durch sie war schon fast das gesamte arbeitende Rußland zu der Überzeugung gebracht, daß die Rückständigkeit des Landes, auch die poliiische, in erster Linie auf die wirtschaftliche Ausbeutung durch Deutschland zurückzuführen sei. Der Handelsvertrag soll nur unter dem Druck des russisch-japanischen Krieges zustande gekommen sein. Das durch den Brief unseres Kaisers an Zar Nikolaus längst widerlegte Märchen von der deutschen Gegnerschaft gegen liberale Reformen geht immer noch um. Nicht nur das liberale, auch das konservative Nußland hatte die Propaganda gegen den deutschen Zolltarif auf seine Fahnen geschrieben. Und nun soll vor allen Dingen gerade die Bedingung der Annahme dieses Zolltarifs an erster Stelle im Friedensverträge stehen. Eine solche Taktik hätte vielleicht Sinn, wenn dadurch an anderer Stelle Vorteile für uns Heraussprüngen, — z. B. als Kompensationsobjekt oder um der gegenwärtigen Regierung in Rußland möglichst viele und große Steine in den Weg zu werfen. Wir glauben nicht, daß diese Absicht besteht. Hier geschähe es überdies mit untauglichen Mitteln und — auf den Schützen springt der Pfeil zurückl Wir würden uns selbst viel mehr schaden, wie der maximalistischen Regierung, wenn wir sie unter die Be¬ dingung der Annahme des Handelsvertrages zwängen, denn wir spielten unseren Feinden in und außerhalb Rußlands das vorzüglichste Propagandamittel gegen uns in die Hände und erschwerten uns die Neuanknüpfung der Handelsbeziehungen *) Siehe Grenzboten 1914, Heft 26.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/88
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/88>, abgerufen am 22.07.2024.