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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Deutsche Selbstbesinnung

ausgestaltet; sie ist ihm nicht Wesensäußerung des Volkes, sondern vor allem
^Exportware. Die deutsche "Kunst" soll den Weltmarkt beherrschen, und als guter
Kaufmann hat man sich den Wünschen der Abnehmer anzubequemen. Das möge
der Händler mit allen anderen Waren, nur nicht bei Kunstwerken tun, denn hier
trifft es die nationale Würde. Deutsche Kunst kann sich nicht dem amerikanischen
oder englischen Markt anpassen, auch nicht, wenn unser Volk sich als "geschmacklich
führendes" die "Liebe der Welt" leichter erwerben könnte. Es gilt nicht, führend
zu sein, sondern sich rein auszudrücken. Ist man etwas, so wird man auf die
dünne Schicht kultivierter Menschen in allen Völkern, gewöhnlich Menschheit
genannt, seine Wirkung nicht verfehlen. Was aber Muthesius den Sieg des
deutschen Geschmackes, der deutschen Form, der deutschen Kunst nennt, ist der
Erfolg, den der Imperialismus des kunstgewerblichen Großhändlers davonträgt.
Vor der hierin liegenden Verwechslung von Industrie- und Handelswerten mit
Kunstwerken bewahre uns der heilige Sombartl

Nicht nach außen also, wie Muthesius will, sondern vor allem nach innen
das Licht des deutschen Gedankens wieder leuchten zu lassen, tut in diesen Zeiten
not, da Hunderttausende hinter geschickt ausgemachten Schlagworten herlaufen.
Wie soll das nun aber geschehen?

Bischoff läßt seine vorhin erwähnten Ausführungen ausklingen in einen
Aufruf an die geistig führenden Kreise, mit dem von ihm erstrebten "Persönlichkeits-
und Gesellschaftsidealismus" das ganze Volk zu durchdringen, damit es sich kräftig
erhalte, die "hohe, friedvolle und segensreiche Menschheitszukunft" zu fördern.
Aber wie er individualistische und soziale Strebungen versöhnen will, so strebt er
auch nationalen und menschheitlicher Zielen zugleich nach. Und hier stoßen sich
die Sachen, Doch das Eine ist an Bischoffs Gedanken zweifellos beherzigenswert:
die Gebildeten sollen sich ihrer Pflichten wieder bewußt werden, sie sollen als
lebendige Glieder des Volksganjen wirken, auf daß ihr Pfund wundere. Ob dazu
die Vereinigung in einen Bund notwendig ist, will ich nicht erörtern; praktisch wird sie
sich erweisen. Und da von den verschiedensten Seiten gleichzeitig der Gedanke sich durch¬
gesetzt hat, durch Zusammenschluß Gleichgesinnter die Herrlichkeit des Herbstes 1914
fruchtbar zu erhalten, so muß aus diese Erscheinung doch hingewiesen werden. Von
der ersten und größten Vereinigung, die in ihrer Bedeutung von Anfang an über¬
schätzt, heute stark zurückgetreten ist, braucht hier nicht geredet zu werden. Wichtiger,
weil klarer und den Problemen nicht aus dem Wege gehend, ist Pastor Küsters
Programm der Flensburger "Vaterländischen Gesellschaft für volkstümliche Vor¬
lesungen", das klar die drei Antinomien aufzeigt, an deren Lösung durch geistige
Anregung gearbeitet werden soll: Volksgefühl und Staatsbewußtsein, Individua¬
lismus und Eingliederung. Nationalgefühl und Weltbürgertum (vgl. "Die Tat"
vom August 1916). Zugleich trat Eugen Diederichs, der bekannte Verleger, an
die Spitze einer "Gemeinnützigen Gesellschaft 1914 zu Jena", die aus ähnlichen
Wegen, durch volkstümliche Vortragsreihen und durch das Theater erzieherisch
auf die "Bürgerschaft" zu wirken suchte. Im größten Stile aber ist die in Ham¬
burg von Adalbert Luntowski und Wilhelm Kiefer gegründete, auf das ganze
Reich ausgedehnte "Fichte-Gesellschaft von 1914" angelegt. Sie strebt durch
Vortrags- und Besprechungskurse (städtische Volkshochschulen, z. Z. in Hamburg
im Gange), durch Einwirkung auf Theater und Schrifttum, durch Gründung von
ländlichen Volkshochschulen, durch ihre Zeitschrift "Deutsches Volkstum" (früher
"Bühne und Welt") nach Gesundung unseres geistigen Lebens. Dem Gesamt¬
eindruck des Programmes nach steht bei Diederichs der soziale, bei der Fichte.
Gesellschaft der nationale Gedanke im Vordergrund; auch hier wieder die beiden
Leitmotive unserer Zukunft, in deren Versöhnung das Heil des deutschen Wesens liegt.

An ihren Früchten wird man schließlich den Wert dieser Vereinigungen er¬
kennen; an ihren Früchten auch die neue Schule der bewußten Deutschheit, auf
deren Entstehen und Ziele ich in diesen Blättern schon früher hingewiesen habe.
Hier wird sich freilich erst nach hartem Kampfe das Neue an die Stelle des Alten
setzen. Wer sich über den Stand des Kampfes unterrichten will, der lese die


Deutsche Selbstbesinnung

ausgestaltet; sie ist ihm nicht Wesensäußerung des Volkes, sondern vor allem
^Exportware. Die deutsche „Kunst" soll den Weltmarkt beherrschen, und als guter
Kaufmann hat man sich den Wünschen der Abnehmer anzubequemen. Das möge
der Händler mit allen anderen Waren, nur nicht bei Kunstwerken tun, denn hier
trifft es die nationale Würde. Deutsche Kunst kann sich nicht dem amerikanischen
oder englischen Markt anpassen, auch nicht, wenn unser Volk sich als „geschmacklich
führendes" die „Liebe der Welt" leichter erwerben könnte. Es gilt nicht, führend
zu sein, sondern sich rein auszudrücken. Ist man etwas, so wird man auf die
dünne Schicht kultivierter Menschen in allen Völkern, gewöhnlich Menschheit
genannt, seine Wirkung nicht verfehlen. Was aber Muthesius den Sieg des
deutschen Geschmackes, der deutschen Form, der deutschen Kunst nennt, ist der
Erfolg, den der Imperialismus des kunstgewerblichen Großhändlers davonträgt.
Vor der hierin liegenden Verwechslung von Industrie- und Handelswerten mit
Kunstwerken bewahre uns der heilige Sombartl

Nicht nach außen also, wie Muthesius will, sondern vor allem nach innen
das Licht des deutschen Gedankens wieder leuchten zu lassen, tut in diesen Zeiten
not, da Hunderttausende hinter geschickt ausgemachten Schlagworten herlaufen.
Wie soll das nun aber geschehen?

Bischoff läßt seine vorhin erwähnten Ausführungen ausklingen in einen
Aufruf an die geistig führenden Kreise, mit dem von ihm erstrebten „Persönlichkeits-
und Gesellschaftsidealismus" das ganze Volk zu durchdringen, damit es sich kräftig
erhalte, die „hohe, friedvolle und segensreiche Menschheitszukunft" zu fördern.
Aber wie er individualistische und soziale Strebungen versöhnen will, so strebt er
auch nationalen und menschheitlicher Zielen zugleich nach. Und hier stoßen sich
die Sachen, Doch das Eine ist an Bischoffs Gedanken zweifellos beherzigenswert:
die Gebildeten sollen sich ihrer Pflichten wieder bewußt werden, sie sollen als
lebendige Glieder des Volksganjen wirken, auf daß ihr Pfund wundere. Ob dazu
die Vereinigung in einen Bund notwendig ist, will ich nicht erörtern; praktisch wird sie
sich erweisen. Und da von den verschiedensten Seiten gleichzeitig der Gedanke sich durch¬
gesetzt hat, durch Zusammenschluß Gleichgesinnter die Herrlichkeit des Herbstes 1914
fruchtbar zu erhalten, so muß aus diese Erscheinung doch hingewiesen werden. Von
der ersten und größten Vereinigung, die in ihrer Bedeutung von Anfang an über¬
schätzt, heute stark zurückgetreten ist, braucht hier nicht geredet zu werden. Wichtiger,
weil klarer und den Problemen nicht aus dem Wege gehend, ist Pastor Küsters
Programm der Flensburger „Vaterländischen Gesellschaft für volkstümliche Vor¬
lesungen", das klar die drei Antinomien aufzeigt, an deren Lösung durch geistige
Anregung gearbeitet werden soll: Volksgefühl und Staatsbewußtsein, Individua¬
lismus und Eingliederung. Nationalgefühl und Weltbürgertum (vgl. „Die Tat"
vom August 1916). Zugleich trat Eugen Diederichs, der bekannte Verleger, an
die Spitze einer „Gemeinnützigen Gesellschaft 1914 zu Jena", die aus ähnlichen
Wegen, durch volkstümliche Vortragsreihen und durch das Theater erzieherisch
auf die „Bürgerschaft" zu wirken suchte. Im größten Stile aber ist die in Ham¬
burg von Adalbert Luntowski und Wilhelm Kiefer gegründete, auf das ganze
Reich ausgedehnte „Fichte-Gesellschaft von 1914" angelegt. Sie strebt durch
Vortrags- und Besprechungskurse (städtische Volkshochschulen, z. Z. in Hamburg
im Gange), durch Einwirkung auf Theater und Schrifttum, durch Gründung von
ländlichen Volkshochschulen, durch ihre Zeitschrift „Deutsches Volkstum" (früher
„Bühne und Welt") nach Gesundung unseres geistigen Lebens. Dem Gesamt¬
eindruck des Programmes nach steht bei Diederichs der soziale, bei der Fichte.
Gesellschaft der nationale Gedanke im Vordergrund; auch hier wieder die beiden
Leitmotive unserer Zukunft, in deren Versöhnung das Heil des deutschen Wesens liegt.

An ihren Früchten wird man schließlich den Wert dieser Vereinigungen er¬
kennen; an ihren Früchten auch die neue Schule der bewußten Deutschheit, auf
deren Entstehen und Ziele ich in diesen Blättern schon früher hingewiesen habe.
Hier wird sich freilich erst nach hartem Kampfe das Neue an die Stelle des Alten
setzen. Wer sich über den Stand des Kampfes unterrichten will, der lese die


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[0362] Deutsche Selbstbesinnung ausgestaltet; sie ist ihm nicht Wesensäußerung des Volkes, sondern vor allem ^Exportware. Die deutsche „Kunst" soll den Weltmarkt beherrschen, und als guter Kaufmann hat man sich den Wünschen der Abnehmer anzubequemen. Das möge der Händler mit allen anderen Waren, nur nicht bei Kunstwerken tun, denn hier trifft es die nationale Würde. Deutsche Kunst kann sich nicht dem amerikanischen oder englischen Markt anpassen, auch nicht, wenn unser Volk sich als „geschmacklich führendes" die „Liebe der Welt" leichter erwerben könnte. Es gilt nicht, führend zu sein, sondern sich rein auszudrücken. Ist man etwas, so wird man auf die dünne Schicht kultivierter Menschen in allen Völkern, gewöhnlich Menschheit genannt, seine Wirkung nicht verfehlen. Was aber Muthesius den Sieg des deutschen Geschmackes, der deutschen Form, der deutschen Kunst nennt, ist der Erfolg, den der Imperialismus des kunstgewerblichen Großhändlers davonträgt. Vor der hierin liegenden Verwechslung von Industrie- und Handelswerten mit Kunstwerken bewahre uns der heilige Sombartl Nicht nach außen also, wie Muthesius will, sondern vor allem nach innen das Licht des deutschen Gedankens wieder leuchten zu lassen, tut in diesen Zeiten not, da Hunderttausende hinter geschickt ausgemachten Schlagworten herlaufen. Wie soll das nun aber geschehen? Bischoff läßt seine vorhin erwähnten Ausführungen ausklingen in einen Aufruf an die geistig führenden Kreise, mit dem von ihm erstrebten „Persönlichkeits- und Gesellschaftsidealismus" das ganze Volk zu durchdringen, damit es sich kräftig erhalte, die „hohe, friedvolle und segensreiche Menschheitszukunft" zu fördern. Aber wie er individualistische und soziale Strebungen versöhnen will, so strebt er auch nationalen und menschheitlicher Zielen zugleich nach. Und hier stoßen sich die Sachen, Doch das Eine ist an Bischoffs Gedanken zweifellos beherzigenswert: die Gebildeten sollen sich ihrer Pflichten wieder bewußt werden, sie sollen als lebendige Glieder des Volksganjen wirken, auf daß ihr Pfund wundere. Ob dazu die Vereinigung in einen Bund notwendig ist, will ich nicht erörtern; praktisch wird sie sich erweisen. Und da von den verschiedensten Seiten gleichzeitig der Gedanke sich durch¬ gesetzt hat, durch Zusammenschluß Gleichgesinnter die Herrlichkeit des Herbstes 1914 fruchtbar zu erhalten, so muß aus diese Erscheinung doch hingewiesen werden. Von der ersten und größten Vereinigung, die in ihrer Bedeutung von Anfang an über¬ schätzt, heute stark zurückgetreten ist, braucht hier nicht geredet zu werden. Wichtiger, weil klarer und den Problemen nicht aus dem Wege gehend, ist Pastor Küsters Programm der Flensburger „Vaterländischen Gesellschaft für volkstümliche Vor¬ lesungen", das klar die drei Antinomien aufzeigt, an deren Lösung durch geistige Anregung gearbeitet werden soll: Volksgefühl und Staatsbewußtsein, Individua¬ lismus und Eingliederung. Nationalgefühl und Weltbürgertum (vgl. „Die Tat" vom August 1916). Zugleich trat Eugen Diederichs, der bekannte Verleger, an die Spitze einer „Gemeinnützigen Gesellschaft 1914 zu Jena", die aus ähnlichen Wegen, durch volkstümliche Vortragsreihen und durch das Theater erzieherisch auf die „Bürgerschaft" zu wirken suchte. Im größten Stile aber ist die in Ham¬ burg von Adalbert Luntowski und Wilhelm Kiefer gegründete, auf das ganze Reich ausgedehnte „Fichte-Gesellschaft von 1914" angelegt. Sie strebt durch Vortrags- und Besprechungskurse (städtische Volkshochschulen, z. Z. in Hamburg im Gange), durch Einwirkung auf Theater und Schrifttum, durch Gründung von ländlichen Volkshochschulen, durch ihre Zeitschrift „Deutsches Volkstum" (früher „Bühne und Welt") nach Gesundung unseres geistigen Lebens. Dem Gesamt¬ eindruck des Programmes nach steht bei Diederichs der soziale, bei der Fichte. Gesellschaft der nationale Gedanke im Vordergrund; auch hier wieder die beiden Leitmotive unserer Zukunft, in deren Versöhnung das Heil des deutschen Wesens liegt. An ihren Früchten wird man schließlich den Wert dieser Vereinigungen er¬ kennen; an ihren Früchten auch die neue Schule der bewußten Deutschheit, auf deren Entstehen und Ziele ich in diesen Blättern schon früher hingewiesen habe. Hier wird sich freilich erst nach hartem Kampfe das Neue an die Stelle des Alten setzen. Wer sich über den Stand des Kampfes unterrichten will, der lese die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/362>, abgerufen am 22.07.2024.