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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Deutsche Flurbereinigung

Mehrheiten liefern konnte, hielt den preußischen Ministerpräsidenten zeitweise viel¬
leicht auch von einem revolutionären Umstur/, in Preußen zurück. Sehr bald
schon gewannen in der Tat die Getreuen der konservativen Partei, die allein die
Regierung Wilhelms des Ersten bei dem großen Werk der Armeereorganisation
gestützt hatten. Zuzug auch im liberalen Lager. Den Führern und Gefolgsmännern
des Fortschritts, vor allem in den Südstaaten dagegen fehlte auch jetzt, in den
Jahren der Luxemburger Frage und der französischen Kriegsdrohungen, jedes
Verständnis für die Machtinteressen eines selbständigen Staates. Noch im Früh"
jähr 1870 boten die Abrüstungsvorschläge und Weltfried enspläue der bayerischen
Demokraten und Föderalisteu den Hauptstoff für die Verhandlungen der Landtage
in München und Stuttgart! Unter diesen Umständen mußte Preußens Selbst-
ständigkeit und Eigenart unter allen Umständen vor dem lauen, verweichlichenden
Winde geschützt werden, der aus Süden und Westen herüberwehte. Aber wie in
dem ersten Verfassuugsversuch von 1848 gewannen unter dein Einfluß der "deut¬
schen Frage" die Bestrebungen, die einzelnen Provinzen der norddeutschen Gro߬
wacht selbständiger zu gestalten, die Landesgesetzgebung zugunsten der deutschen
Reichsverfassung "trocken zu legen", neue Kraft. So fügt sich auch hier die
ständische Selbstverwaltung, die seit 1867 zunächst den neuen Provinzen Hannover,
Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau zufiel, lückenlos in den Vormarsch Preußens
nach Deutschland ein. Zum Abschluß ist diese große Bewegung nicht gelangt.
Die nächste Etappe, die 1870 durch die Gründung des Deutschen Reiches und
durch die Angliederung Elsaß und Lothringens als Reichsland erreicht wurde,
kann geschichtlicher Betrachtung nur als Ruhepunkt, nicht als Ziel und Vollendung
gelten. Rücksichten auf die übrigen Großmächte und die Notwendigkeit, zunächst
einmal im Inneren neue Kräfte zu sammeln und die bisher unfreien Volks¬
schichten in wirtschaftspolitischen Kämpfen zu selbständiger Staatsanschauung zu
erziehen, hinderten die logische Weiterentwicklung.

Erst der Weltkrieg hat hier wie überall reinigend und klärend gewirkt.
Fünf Jahrzehnte rastloser Friedensarbeit haben neue soziale und wirtschaft¬
liche Kräfte geweckt. Eine fast unübersehbare Fülle von Gesetzen. Steuern, Ver¬
ordnungen und Verwaltungsmaßnahmen und nicht zuletzt der Ausbau unserer
Volkswirtschaft zur Weltpolitik schlugen starke, unzerreißbare Klammern um Preußen
und um das Reich. Das neue gemeinsame Erlebnis innerer und äußerer Kriegs¬
not schmiedet alle Stämme und Parteien fester denn je zusammen. Und vor
allem erweckt es die Hoffnung, daß das Verständnis für die Machtpolitik des
deutschen Staates inmitten der Gegner im Osten und Westen feste Wurzeln auch
in den Kreisel, geschlagen hat, die ihm bislang noch fern standen. Nach wie vor
mich ja das geschichtliche Gesetz Geltung behalten, daß "das Maß von Freiheit
im Staate umgekehrt proportional dem militärisch-politischen Druck ist, der auf
seiue Grenzen vom Auslande her ausgeübt wird". Und nur wenn ein macht¬
voller Siegesmille wie bisher die Massen beseelt und zu gutem Frieden führt,
darf ein deutscher und preußischer Staatsmann ein neues, lockeres und weit¬
maschiges "Autoritätsband zwischen Staat und Massen" knüpfen. Dann aber ist
auch die Zeit rastlos zu nützen, das Verhältnis Preußens zum Reich auf neuen
Grundlagen aufzubauen. Die Lehren der deutschen Geschichte im neunzehnten
Jahrhundert, die insbesondere Friedrich Meinecke ("Weltbürgertum und National¬
staat". 4. Auslage, 1ö17) in praktische Politik übergeleitet hat. weisen die Wege,
auf denen die Entwicklung fortschreiten muß. Die territoriale Flurbereinigung
die allenthalben in der Gemengelage der deutschen Bundesstaaten neue wirtschaft¬
liche Kräfte entfesseln soll, muß unmittelbar mit einer verfassungsrechtlichen über¬
wölbt werden.

Handgreiflich verbinden sich beide Probleme, wie oben bereits angedeutet,
in der elsaß-lothringischen Frage. Zwingherr zur Deutschheit und Erretter aus
nationaler Not kann hier im Reichsland nur der preußische Staat werden, der
zugleich sein Verfassungsrecht dem Wesen des alten "konstitutionellen Deutschland"


Deutsche Flurbereinigung

Mehrheiten liefern konnte, hielt den preußischen Ministerpräsidenten zeitweise viel¬
leicht auch von einem revolutionären Umstur/, in Preußen zurück. Sehr bald
schon gewannen in der Tat die Getreuen der konservativen Partei, die allein die
Regierung Wilhelms des Ersten bei dem großen Werk der Armeereorganisation
gestützt hatten. Zuzug auch im liberalen Lager. Den Führern und Gefolgsmännern
des Fortschritts, vor allem in den Südstaaten dagegen fehlte auch jetzt, in den
Jahren der Luxemburger Frage und der französischen Kriegsdrohungen, jedes
Verständnis für die Machtinteressen eines selbständigen Staates. Noch im Früh"
jähr 1870 boten die Abrüstungsvorschläge und Weltfried enspläue der bayerischen
Demokraten und Föderalisteu den Hauptstoff für die Verhandlungen der Landtage
in München und Stuttgart! Unter diesen Umständen mußte Preußens Selbst-
ständigkeit und Eigenart unter allen Umständen vor dem lauen, verweichlichenden
Winde geschützt werden, der aus Süden und Westen herüberwehte. Aber wie in
dem ersten Verfassuugsversuch von 1848 gewannen unter dein Einfluß der „deut¬
schen Frage" die Bestrebungen, die einzelnen Provinzen der norddeutschen Gro߬
wacht selbständiger zu gestalten, die Landesgesetzgebung zugunsten der deutschen
Reichsverfassung „trocken zu legen", neue Kraft. So fügt sich auch hier die
ständische Selbstverwaltung, die seit 1867 zunächst den neuen Provinzen Hannover,
Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau zufiel, lückenlos in den Vormarsch Preußens
nach Deutschland ein. Zum Abschluß ist diese große Bewegung nicht gelangt.
Die nächste Etappe, die 1870 durch die Gründung des Deutschen Reiches und
durch die Angliederung Elsaß und Lothringens als Reichsland erreicht wurde,
kann geschichtlicher Betrachtung nur als Ruhepunkt, nicht als Ziel und Vollendung
gelten. Rücksichten auf die übrigen Großmächte und die Notwendigkeit, zunächst
einmal im Inneren neue Kräfte zu sammeln und die bisher unfreien Volks¬
schichten in wirtschaftspolitischen Kämpfen zu selbständiger Staatsanschauung zu
erziehen, hinderten die logische Weiterentwicklung.

Erst der Weltkrieg hat hier wie überall reinigend und klärend gewirkt.
Fünf Jahrzehnte rastloser Friedensarbeit haben neue soziale und wirtschaft¬
liche Kräfte geweckt. Eine fast unübersehbare Fülle von Gesetzen. Steuern, Ver¬
ordnungen und Verwaltungsmaßnahmen und nicht zuletzt der Ausbau unserer
Volkswirtschaft zur Weltpolitik schlugen starke, unzerreißbare Klammern um Preußen
und um das Reich. Das neue gemeinsame Erlebnis innerer und äußerer Kriegs¬
not schmiedet alle Stämme und Parteien fester denn je zusammen. Und vor
allem erweckt es die Hoffnung, daß das Verständnis für die Machtpolitik des
deutschen Staates inmitten der Gegner im Osten und Westen feste Wurzeln auch
in den Kreisel, geschlagen hat, die ihm bislang noch fern standen. Nach wie vor
mich ja das geschichtliche Gesetz Geltung behalten, daß „das Maß von Freiheit
im Staate umgekehrt proportional dem militärisch-politischen Druck ist, der auf
seiue Grenzen vom Auslande her ausgeübt wird". Und nur wenn ein macht¬
voller Siegesmille wie bisher die Massen beseelt und zu gutem Frieden führt,
darf ein deutscher und preußischer Staatsmann ein neues, lockeres und weit¬
maschiges „Autoritätsband zwischen Staat und Massen" knüpfen. Dann aber ist
auch die Zeit rastlos zu nützen, das Verhältnis Preußens zum Reich auf neuen
Grundlagen aufzubauen. Die Lehren der deutschen Geschichte im neunzehnten
Jahrhundert, die insbesondere Friedrich Meinecke („Weltbürgertum und National¬
staat". 4. Auslage, 1ö17) in praktische Politik übergeleitet hat. weisen die Wege,
auf denen die Entwicklung fortschreiten muß. Die territoriale Flurbereinigung
die allenthalben in der Gemengelage der deutschen Bundesstaaten neue wirtschaft¬
liche Kräfte entfesseln soll, muß unmittelbar mit einer verfassungsrechtlichen über¬
wölbt werden.

Handgreiflich verbinden sich beide Probleme, wie oben bereits angedeutet,
in der elsaß-lothringischen Frage. Zwingherr zur Deutschheit und Erretter aus
nationaler Not kann hier im Reichsland nur der preußische Staat werden, der
zugleich sein Verfassungsrecht dem Wesen des alten „konstitutionellen Deutschland"


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[0336] Deutsche Flurbereinigung Mehrheiten liefern konnte, hielt den preußischen Ministerpräsidenten zeitweise viel¬ leicht auch von einem revolutionären Umstur/, in Preußen zurück. Sehr bald schon gewannen in der Tat die Getreuen der konservativen Partei, die allein die Regierung Wilhelms des Ersten bei dem großen Werk der Armeereorganisation gestützt hatten. Zuzug auch im liberalen Lager. Den Führern und Gefolgsmännern des Fortschritts, vor allem in den Südstaaten dagegen fehlte auch jetzt, in den Jahren der Luxemburger Frage und der französischen Kriegsdrohungen, jedes Verständnis für die Machtinteressen eines selbständigen Staates. Noch im Früh" jähr 1870 boten die Abrüstungsvorschläge und Weltfried enspläue der bayerischen Demokraten und Föderalisteu den Hauptstoff für die Verhandlungen der Landtage in München und Stuttgart! Unter diesen Umständen mußte Preußens Selbst- ständigkeit und Eigenart unter allen Umständen vor dem lauen, verweichlichenden Winde geschützt werden, der aus Süden und Westen herüberwehte. Aber wie in dem ersten Verfassuugsversuch von 1848 gewannen unter dein Einfluß der „deut¬ schen Frage" die Bestrebungen, die einzelnen Provinzen der norddeutschen Gro߬ wacht selbständiger zu gestalten, die Landesgesetzgebung zugunsten der deutschen Reichsverfassung „trocken zu legen", neue Kraft. So fügt sich auch hier die ständische Selbstverwaltung, die seit 1867 zunächst den neuen Provinzen Hannover, Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau zufiel, lückenlos in den Vormarsch Preußens nach Deutschland ein. Zum Abschluß ist diese große Bewegung nicht gelangt. Die nächste Etappe, die 1870 durch die Gründung des Deutschen Reiches und durch die Angliederung Elsaß und Lothringens als Reichsland erreicht wurde, kann geschichtlicher Betrachtung nur als Ruhepunkt, nicht als Ziel und Vollendung gelten. Rücksichten auf die übrigen Großmächte und die Notwendigkeit, zunächst einmal im Inneren neue Kräfte zu sammeln und die bisher unfreien Volks¬ schichten in wirtschaftspolitischen Kämpfen zu selbständiger Staatsanschauung zu erziehen, hinderten die logische Weiterentwicklung. Erst der Weltkrieg hat hier wie überall reinigend und klärend gewirkt. Fünf Jahrzehnte rastloser Friedensarbeit haben neue soziale und wirtschaft¬ liche Kräfte geweckt. Eine fast unübersehbare Fülle von Gesetzen. Steuern, Ver¬ ordnungen und Verwaltungsmaßnahmen und nicht zuletzt der Ausbau unserer Volkswirtschaft zur Weltpolitik schlugen starke, unzerreißbare Klammern um Preußen und um das Reich. Das neue gemeinsame Erlebnis innerer und äußerer Kriegs¬ not schmiedet alle Stämme und Parteien fester denn je zusammen. Und vor allem erweckt es die Hoffnung, daß das Verständnis für die Machtpolitik des deutschen Staates inmitten der Gegner im Osten und Westen feste Wurzeln auch in den Kreisel, geschlagen hat, die ihm bislang noch fern standen. Nach wie vor mich ja das geschichtliche Gesetz Geltung behalten, daß „das Maß von Freiheit im Staate umgekehrt proportional dem militärisch-politischen Druck ist, der auf seiue Grenzen vom Auslande her ausgeübt wird". Und nur wenn ein macht¬ voller Siegesmille wie bisher die Massen beseelt und zu gutem Frieden führt, darf ein deutscher und preußischer Staatsmann ein neues, lockeres und weit¬ maschiges „Autoritätsband zwischen Staat und Massen" knüpfen. Dann aber ist auch die Zeit rastlos zu nützen, das Verhältnis Preußens zum Reich auf neuen Grundlagen aufzubauen. Die Lehren der deutschen Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, die insbesondere Friedrich Meinecke („Weltbürgertum und National¬ staat". 4. Auslage, 1ö17) in praktische Politik übergeleitet hat. weisen die Wege, auf denen die Entwicklung fortschreiten muß. Die territoriale Flurbereinigung die allenthalben in der Gemengelage der deutschen Bundesstaaten neue wirtschaft¬ liche Kräfte entfesseln soll, muß unmittelbar mit einer verfassungsrechtlichen über¬ wölbt werden. Handgreiflich verbinden sich beide Probleme, wie oben bereits angedeutet, in der elsaß-lothringischen Frage. Zwingherr zur Deutschheit und Erretter aus nationaler Not kann hier im Reichsland nur der preußische Staat werden, der zugleich sein Verfassungsrecht dem Wesen des alten „konstitutionellen Deutschland"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/336>, abgerufen am 22.07.2024.