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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Rückgang des höheren Bildungswesens?

eintreten, das ihnen eigentlich erst offen stehen dürfte, wenn sie zwei weitere Jahre
ernster Schularbeit hinter sich hätten. Es wird der Tag kommen, an dem mancher
von ihnen trotz emsigsten Bemühens nicht den Anforderungen der Universität
"enügen kann. Das aber wird zur Folge haben, daß er die Schuld denen zu-
schiebt. die ihn in diese falsche Stellung, hineingebracht haben.

Dabei muß darauf hingewiesen werden, datz die Universität Göttingen schon
vor dem Kriege eine Denkschrift herausgab, in der sie auf die mangelhafte Vor"
bereitung der jungen Studenten hinweisend. Vorbereitungskurse an der Universität
selber förderte. Wenn schon damals ein Abiturient nicht mehr imstande war. in
den Kollegien zu folgen, so kann man daraus einen Rückschluß auf die augen¬
blickliche Höhe der Kenntnisse bei ersten Semestern machen. Die Schule hat diese
immaturi mit einem ..Reifezeugnis" entlassen, ohne irgendeine Verantwortung
für ihr Fortkommen übernehmen zu können.

Aber nicht nur das Ziel, auch der Betrieb unserer höheren Schulen hat
erheblich gelitten. Zunächst wurde 'sofort bei Kriegsanfang die militärische Vor-
bereitung der Jugend in Angriff genommen. Ein Ministerialerlaß sagte billige
Rücksichtnahme bei der Bemessung der häuslichen Arbeiten zu; das Provinzial-
schulkollegium der Provinz Brandenburg ging weiter: es machte den Direktoren
Zur Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Nachmittage der Ubungstage frei von Ar-
beiten blieben. Dadurch wurde natürlich die Einheitlichkeit der betreffenden
Klassen gesprengt, da der eine Teil gearbeitet, der andere an den Uebungen teil-
genommen hatte. Allmählich mußten so die schwächeren Schüler unter dieser
Teilnahme leiden, und da sie nicht benachteiligt werden durften, so tett die ganze
Klasse, um so mehr, als sie nun völlig ungleichartig war.

Die Schwierigkeiten der Ernte veranlaßten neue Erlasse: der Jugend wurde
es als vaterländische Pflicht vorgestellt, einzugreifen. Von Jahr zu Jahr haben
sich mehr Schüler dabei betäiigt und in den Verfügungen wurde es den Schulen
eingeschärft, daß die freiwilligen Helfer keinen Schaden dadurch leiden sollten, in,
beim kommenden Ostertermin soll auch bei der Versetzung auf die Lücken
aus 1917 Rücksicht genommen werden. Da Nachhilfekurse, die der Minister zu-
gesagt hatte, durch Erlaß nicht eingeführt sind.*) so werden also letzt ern gut Teil
Schüler versetzt werden, die ein Viertel des Jahrespensums und darüber -- um
soviel Zeit handelte es sich bei den Erntearbeiten -- versäumt und zum größten
Teil nicht nachgeholt haben. ^ -- ^-^ ^, ^

Neben diesen Schwierigkeiten hat endlich der empfindliche Kohlenmangel
dahin gewirkt, daß- in manchen Provinzen die Ferien erheblich verlängert worden
Und, sa daß hier wieder Ungleichheiten zwischen den einzelnen Landesteilen -- in
Berlin bekanntlich auch zwischen den einzelnen Anstalten -- Platz griffen.

Wir haben staunend erlebt, mit welchem Erfolge sich die Mobilmachung
unserer Jugend zu den einzelnen Sammlungen vollzog: die Gold- und Gold-
chmucksammlung. die Metall- und Wollsammlung, die Altmaterial- und Knochen-
sammlung und nicht zuletzt die Sammlung und Werbung für die Kriegsanleihen
haben ganz erstaunliche Resultate gezeitigt. Mit einem wahren Feuereifer sind
unsere Jungen daran gegangen, ihre "Sammelwut" zum Besten des Vaterlandes
S" betätigen: sie haben sich Ehrenzeichen und Diplome verdient, und ihre Namen
N"d vor der ganzen Schule bei den Feiern genannt worden. Aber -- sie sind
°Ach durch diese Dinge von der Schule selber abgelenkt worden und hielten es
schließlich für bedeutend wichtiger, sich auf diese Weise zu betätigen, als geistig
SU arbeiten. Der feste Zusammenhalt in der Schule wurde auch durch diese Dinge
untergraben, und die Unterstützung der Sammlungen durch die behördlichen Er¬
lasse wirkte gewissermaßen aus Schüler und Eltern wie ein Freibrief, durch den
U'an sich von den Anforderungen der Schule loskaufte.

So ist denn das Bild, das unsere höheren Schulen augenblicklich bieten,
?!^^erade^sehr erfreulich. Gewiß beruht Bildung nicht nur auf Kenntnissen,
*



. , ) Auch der neueste Erlab vom 26. Februar d. I. redet nur ganz allgemein von
"besonderen Veranstaltungen", die zur Ausfüllung der Lücken zu treffen seien.
Rückgang des höheren Bildungswesens?

eintreten, das ihnen eigentlich erst offen stehen dürfte, wenn sie zwei weitere Jahre
ernster Schularbeit hinter sich hätten. Es wird der Tag kommen, an dem mancher
von ihnen trotz emsigsten Bemühens nicht den Anforderungen der Universität
»enügen kann. Das aber wird zur Folge haben, daß er die Schuld denen zu-
schiebt. die ihn in diese falsche Stellung, hineingebracht haben.

Dabei muß darauf hingewiesen werden, datz die Universität Göttingen schon
vor dem Kriege eine Denkschrift herausgab, in der sie auf die mangelhafte Vor»
bereitung der jungen Studenten hinweisend. Vorbereitungskurse an der Universität
selber förderte. Wenn schon damals ein Abiturient nicht mehr imstande war. in
den Kollegien zu folgen, so kann man daraus einen Rückschluß auf die augen¬
blickliche Höhe der Kenntnisse bei ersten Semestern machen. Die Schule hat diese
immaturi mit einem ..Reifezeugnis" entlassen, ohne irgendeine Verantwortung
für ihr Fortkommen übernehmen zu können.

Aber nicht nur das Ziel, auch der Betrieb unserer höheren Schulen hat
erheblich gelitten. Zunächst wurde 'sofort bei Kriegsanfang die militärische Vor-
bereitung der Jugend in Angriff genommen. Ein Ministerialerlaß sagte billige
Rücksichtnahme bei der Bemessung der häuslichen Arbeiten zu; das Provinzial-
schulkollegium der Provinz Brandenburg ging weiter: es machte den Direktoren
Zur Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Nachmittage der Ubungstage frei von Ar-
beiten blieben. Dadurch wurde natürlich die Einheitlichkeit der betreffenden
Klassen gesprengt, da der eine Teil gearbeitet, der andere an den Uebungen teil-
genommen hatte. Allmählich mußten so die schwächeren Schüler unter dieser
Teilnahme leiden, und da sie nicht benachteiligt werden durften, so tett die ganze
Klasse, um so mehr, als sie nun völlig ungleichartig war.

Die Schwierigkeiten der Ernte veranlaßten neue Erlasse: der Jugend wurde
es als vaterländische Pflicht vorgestellt, einzugreifen. Von Jahr zu Jahr haben
sich mehr Schüler dabei betäiigt und in den Verfügungen wurde es den Schulen
eingeschärft, daß die freiwilligen Helfer keinen Schaden dadurch leiden sollten, in,
beim kommenden Ostertermin soll auch bei der Versetzung auf die Lücken
aus 1917 Rücksicht genommen werden. Da Nachhilfekurse, die der Minister zu-
gesagt hatte, durch Erlaß nicht eingeführt sind.*) so werden also letzt ern gut Teil
Schüler versetzt werden, die ein Viertel des Jahrespensums und darüber — um
soviel Zeit handelte es sich bei den Erntearbeiten — versäumt und zum größten
Teil nicht nachgeholt haben. ^ -- ^-^ ^, ^

Neben diesen Schwierigkeiten hat endlich der empfindliche Kohlenmangel
dahin gewirkt, daß- in manchen Provinzen die Ferien erheblich verlängert worden
Und, sa daß hier wieder Ungleichheiten zwischen den einzelnen Landesteilen — in
Berlin bekanntlich auch zwischen den einzelnen Anstalten — Platz griffen.

Wir haben staunend erlebt, mit welchem Erfolge sich die Mobilmachung
unserer Jugend zu den einzelnen Sammlungen vollzog: die Gold- und Gold-
chmucksammlung. die Metall- und Wollsammlung, die Altmaterial- und Knochen-
sammlung und nicht zuletzt die Sammlung und Werbung für die Kriegsanleihen
haben ganz erstaunliche Resultate gezeitigt. Mit einem wahren Feuereifer sind
unsere Jungen daran gegangen, ihre „Sammelwut" zum Besten des Vaterlandes
S" betätigen: sie haben sich Ehrenzeichen und Diplome verdient, und ihre Namen
N"d vor der ganzen Schule bei den Feiern genannt worden. Aber — sie sind
°Ach durch diese Dinge von der Schule selber abgelenkt worden und hielten es
schließlich für bedeutend wichtiger, sich auf diese Weise zu betätigen, als geistig
SU arbeiten. Der feste Zusammenhalt in der Schule wurde auch durch diese Dinge
untergraben, und die Unterstützung der Sammlungen durch die behördlichen Er¬
lasse wirkte gewissermaßen aus Schüler und Eltern wie ein Freibrief, durch den
U'an sich von den Anforderungen der Schule loskaufte.

So ist denn das Bild, das unsere höheren Schulen augenblicklich bieten,
?!^^erade^sehr erfreulich. Gewiß beruht Bildung nicht nur auf Kenntnissen,
*



. , ) Auch der neueste Erlab vom 26. Februar d. I. redet nur ganz allgemein von
»besonderen Veranstaltungen", die zur Ausfüllung der Lücken zu treffen seien.
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[0315] Rückgang des höheren Bildungswesens? eintreten, das ihnen eigentlich erst offen stehen dürfte, wenn sie zwei weitere Jahre ernster Schularbeit hinter sich hätten. Es wird der Tag kommen, an dem mancher von ihnen trotz emsigsten Bemühens nicht den Anforderungen der Universität »enügen kann. Das aber wird zur Folge haben, daß er die Schuld denen zu- schiebt. die ihn in diese falsche Stellung, hineingebracht haben. Dabei muß darauf hingewiesen werden, datz die Universität Göttingen schon vor dem Kriege eine Denkschrift herausgab, in der sie auf die mangelhafte Vor» bereitung der jungen Studenten hinweisend. Vorbereitungskurse an der Universität selber förderte. Wenn schon damals ein Abiturient nicht mehr imstande war. in den Kollegien zu folgen, so kann man daraus einen Rückschluß auf die augen¬ blickliche Höhe der Kenntnisse bei ersten Semestern machen. Die Schule hat diese immaturi mit einem ..Reifezeugnis" entlassen, ohne irgendeine Verantwortung für ihr Fortkommen übernehmen zu können. Aber nicht nur das Ziel, auch der Betrieb unserer höheren Schulen hat erheblich gelitten. Zunächst wurde 'sofort bei Kriegsanfang die militärische Vor- bereitung der Jugend in Angriff genommen. Ein Ministerialerlaß sagte billige Rücksichtnahme bei der Bemessung der häuslichen Arbeiten zu; das Provinzial- schulkollegium der Provinz Brandenburg ging weiter: es machte den Direktoren Zur Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Nachmittage der Ubungstage frei von Ar- beiten blieben. Dadurch wurde natürlich die Einheitlichkeit der betreffenden Klassen gesprengt, da der eine Teil gearbeitet, der andere an den Uebungen teil- genommen hatte. Allmählich mußten so die schwächeren Schüler unter dieser Teilnahme leiden, und da sie nicht benachteiligt werden durften, so tett die ganze Klasse, um so mehr, als sie nun völlig ungleichartig war. Die Schwierigkeiten der Ernte veranlaßten neue Erlasse: der Jugend wurde es als vaterländische Pflicht vorgestellt, einzugreifen. Von Jahr zu Jahr haben sich mehr Schüler dabei betäiigt und in den Verfügungen wurde es den Schulen eingeschärft, daß die freiwilligen Helfer keinen Schaden dadurch leiden sollten, in, beim kommenden Ostertermin soll auch bei der Versetzung auf die Lücken aus 1917 Rücksicht genommen werden. Da Nachhilfekurse, die der Minister zu- gesagt hatte, durch Erlaß nicht eingeführt sind.*) so werden also letzt ern gut Teil Schüler versetzt werden, die ein Viertel des Jahrespensums und darüber — um soviel Zeit handelte es sich bei den Erntearbeiten — versäumt und zum größten Teil nicht nachgeholt haben. ^ -- ^-^ ^, ^ Neben diesen Schwierigkeiten hat endlich der empfindliche Kohlenmangel dahin gewirkt, daß- in manchen Provinzen die Ferien erheblich verlängert worden Und, sa daß hier wieder Ungleichheiten zwischen den einzelnen Landesteilen — in Berlin bekanntlich auch zwischen den einzelnen Anstalten — Platz griffen. Wir haben staunend erlebt, mit welchem Erfolge sich die Mobilmachung unserer Jugend zu den einzelnen Sammlungen vollzog: die Gold- und Gold- chmucksammlung. die Metall- und Wollsammlung, die Altmaterial- und Knochen- sammlung und nicht zuletzt die Sammlung und Werbung für die Kriegsanleihen haben ganz erstaunliche Resultate gezeitigt. Mit einem wahren Feuereifer sind unsere Jungen daran gegangen, ihre „Sammelwut" zum Besten des Vaterlandes S" betätigen: sie haben sich Ehrenzeichen und Diplome verdient, und ihre Namen N"d vor der ganzen Schule bei den Feiern genannt worden. Aber — sie sind °Ach durch diese Dinge von der Schule selber abgelenkt worden und hielten es schließlich für bedeutend wichtiger, sich auf diese Weise zu betätigen, als geistig SU arbeiten. Der feste Zusammenhalt in der Schule wurde auch durch diese Dinge untergraben, und die Unterstützung der Sammlungen durch die behördlichen Er¬ lasse wirkte gewissermaßen aus Schüler und Eltern wie ein Freibrief, durch den U'an sich von den Anforderungen der Schule loskaufte. So ist denn das Bild, das unsere höheren Schulen augenblicklich bieten, ?!^^erade^sehr erfreulich. Gewiß beruht Bildung nicht nur auf Kenntnissen, * . , ) Auch der neueste Erlab vom 26. Februar d. I. redet nur ganz allgemein von »besonderen Veranstaltungen", die zur Ausfüllung der Lücken zu treffen seien.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/315>, abgerufen am 22.07.2024.