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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Deutsche Flurbereinigung

Gestrüpp mancherlei Art haben in den letzten fünf Jahrzehnten den Weg über¬
wuchert, der Reich und Reichsland mit dem Ausbau unserer nationalen Selb¬
ständigkeit zusammenführen sollte. Wie die "thüringische Einigungsfrage" ist auch
unsere "elsaß-lothringische Frage" aufs engste verknüpft mit der Entwicklung der
deutschen Einheitsbewegung. Wie sie tritt das Problem des "Reichslandes" in
den großen Staats- und verfassungsrechtlichen Krisen, die das deutsche Volk im
neunzehnten Jahrhundert durchzumachen hatte, in schärfste Beleuchtung. Der Druck
von außen, von Frankreich, her, der 1815 und 1870 im Kern Mitteleuropas neue
Staatenbildungen schafft, treibt auch die elsaß-lothringische Frage stets aufs neue
w den Mittelpunkt der Erörterung.

In den Monaten zwischen der Leipziger Schlacht und dem Siegestage von
Belle-Alliance erhob sich das deutsche Einheitsstreben zum ersten Male zu selb-
ständiger politischer Bedeutung. Und gleichzeitig wandelte sich das unklare Sehnen
des deutschen Volkes nach Wiedererlangung der verlorenen Gebiete am Oberrhein
SU bestimmten, fest umrissenen Vorschlagen. In den drei Stichworten vom
Pufferstaat, von Angliederung an die benachbarten Einzelstaaten und endlich vom
Reichsland lassen sich unschwer alle die vielfältigen Entwürfe und Jdeenverbindungen
Zusammenfassen, die in der nationalen Bewegung der letzten hundert Jahre das
Schicksal Elsaß und Deutsch-Lothringens bestimmen wollen.

Der anfangs viel beachtete Gedanke, aus Elsaß-Lothringen einen neuen
Pufferstaat zu machen, verlor jede Berechtigung, als Preußen seine Grenzen
machtvoll in das Depressionsgebiet zwischen den Niederlanden (Belgien) und der
Schweiz vorschob. Einleuchtender und zweckmäßiger schien in den Verhandlungen,
dre dem zweiten Frieden von Paris (1815) vorausgingen, die Teilung zum
wenigsten des Elsaß unter die Dynastien von Bayern, Württemberg und Baden,
insbesondere die Wittelsbacher erhofften in einer durchgreifenden Flurbereinigung
am Oberrhein die Verbindung zwischen Franken und der Rheinpfalz zu erlangen.
Aur so konnte ja in der Tat das linksrheinische Bayern in Verwaltung und
-Wirtschaft fest und sicher dem Stammland angegliedert werden, so lange Zoll¬
grenzen und Durchfuhrverbote den deutschen Staatenverein durchzogen. Wichtiger
noch waren die Gründe, die König Friedrich von Württemberg damals im gesamt¬
deutschen Interesse für eine dauernde Grenzberichtigung anführte. Der Verlust
Wner rein deutschen Provinzen, so ließ er 1815 die Wortführer eines Verzicht-
MedenS mahnen, beraube die französische Nation weder ihrer "natürlichen Grenzen"
"och ihrer Verteidigungsbollwerke, sondern entziehe ihr lediglich die vielfach alß-
"wundem Angriffsbastionen. Bei der Verwertung der wiedererrungenen Länder
aber blieb der schwäbische Mittelstaat in den alten Anschauungen von rein dy¬
nastischer Teilung stecken. Baden aber, das unfertige, langgestreckte künstliche
Staatsgebildo der napoleonischen Zeit, versagte sich solchen Plänen. Jetzt wie
Weiter fühlte es sich allzu schwach, die Grenzwacht am Oberrhein zu übernehmen.

", In der Tat konnte nur der sichere Schutz der deutschen Großmächte jeder
Verschiebung der Macht auf dem tausendjährigen Kampffelde der germanisch-roma-
Mchen Völker dauernden Halt verbürgen. Und Osterreich, das alte deutsche
Kaiserhaus, versagte offen jede Unterstützung. Preußen dagegen, dessen Staats¬
männer, Heerführer und Publizisten damals zum ersten Male um die Teilnahme
von Regierung und Volk Süddeutschlands warben, nahm den Ruf Württembergs
Mangs freudig auf. Aber die Ungunst der übrigen Großmächte ließ die neuen
Gedankenverbindungen, die das Verlangen nach Einheit Kleindeutschlands und
"ach Erwerbung von Elsaß und Deutsch-Lothringen bereits aufs engste zu ver-
"upfen schien, nicht zur Reife gelangen. Siegreich brach sich jedoch die Erkenntnis
^ayn daß an moralische, wirtschaftliche und politische Eroberungen zwischen Rhein.
Mesen und Maas nur dann zu denken sei. wenn ein einheitliches deutsches
' reich in festen staatsrechtlichen Formen und Grenzen hinter den von der ratio-
"5^" Sehnsucht getragenen Forderungen stehe. Offen hatten es Josef Görres
all ^ Moritz Arndt ausgesprochen, daß auch den Elsässern selbst, die das Zeit-
"er Napoleons aufs engste in das Leben der großen französischen Nation ein-


Deutsche Flurbereinigung

Gestrüpp mancherlei Art haben in den letzten fünf Jahrzehnten den Weg über¬
wuchert, der Reich und Reichsland mit dem Ausbau unserer nationalen Selb¬
ständigkeit zusammenführen sollte. Wie die „thüringische Einigungsfrage" ist auch
unsere „elsaß-lothringische Frage" aufs engste verknüpft mit der Entwicklung der
deutschen Einheitsbewegung. Wie sie tritt das Problem des „Reichslandes" in
den großen Staats- und verfassungsrechtlichen Krisen, die das deutsche Volk im
neunzehnten Jahrhundert durchzumachen hatte, in schärfste Beleuchtung. Der Druck
von außen, von Frankreich, her, der 1815 und 1870 im Kern Mitteleuropas neue
Staatenbildungen schafft, treibt auch die elsaß-lothringische Frage stets aufs neue
w den Mittelpunkt der Erörterung.

In den Monaten zwischen der Leipziger Schlacht und dem Siegestage von
Belle-Alliance erhob sich das deutsche Einheitsstreben zum ersten Male zu selb-
ständiger politischer Bedeutung. Und gleichzeitig wandelte sich das unklare Sehnen
des deutschen Volkes nach Wiedererlangung der verlorenen Gebiete am Oberrhein
SU bestimmten, fest umrissenen Vorschlagen. In den drei Stichworten vom
Pufferstaat, von Angliederung an die benachbarten Einzelstaaten und endlich vom
Reichsland lassen sich unschwer alle die vielfältigen Entwürfe und Jdeenverbindungen
Zusammenfassen, die in der nationalen Bewegung der letzten hundert Jahre das
Schicksal Elsaß und Deutsch-Lothringens bestimmen wollen.

Der anfangs viel beachtete Gedanke, aus Elsaß-Lothringen einen neuen
Pufferstaat zu machen, verlor jede Berechtigung, als Preußen seine Grenzen
machtvoll in das Depressionsgebiet zwischen den Niederlanden (Belgien) und der
Schweiz vorschob. Einleuchtender und zweckmäßiger schien in den Verhandlungen,
dre dem zweiten Frieden von Paris (1815) vorausgingen, die Teilung zum
wenigsten des Elsaß unter die Dynastien von Bayern, Württemberg und Baden,
insbesondere die Wittelsbacher erhofften in einer durchgreifenden Flurbereinigung
am Oberrhein die Verbindung zwischen Franken und der Rheinpfalz zu erlangen.
Aur so konnte ja in der Tat das linksrheinische Bayern in Verwaltung und
-Wirtschaft fest und sicher dem Stammland angegliedert werden, so lange Zoll¬
grenzen und Durchfuhrverbote den deutschen Staatenverein durchzogen. Wichtiger
noch waren die Gründe, die König Friedrich von Württemberg damals im gesamt¬
deutschen Interesse für eine dauernde Grenzberichtigung anführte. Der Verlust
Wner rein deutschen Provinzen, so ließ er 1815 die Wortführer eines Verzicht-
MedenS mahnen, beraube die französische Nation weder ihrer „natürlichen Grenzen"
"och ihrer Verteidigungsbollwerke, sondern entziehe ihr lediglich die vielfach alß-
"wundem Angriffsbastionen. Bei der Verwertung der wiedererrungenen Länder
aber blieb der schwäbische Mittelstaat in den alten Anschauungen von rein dy¬
nastischer Teilung stecken. Baden aber, das unfertige, langgestreckte künstliche
Staatsgebildo der napoleonischen Zeit, versagte sich solchen Plänen. Jetzt wie
Weiter fühlte es sich allzu schwach, die Grenzwacht am Oberrhein zu übernehmen.

», In der Tat konnte nur der sichere Schutz der deutschen Großmächte jeder
Verschiebung der Macht auf dem tausendjährigen Kampffelde der germanisch-roma-
Mchen Völker dauernden Halt verbürgen. Und Osterreich, das alte deutsche
Kaiserhaus, versagte offen jede Unterstützung. Preußen dagegen, dessen Staats¬
männer, Heerführer und Publizisten damals zum ersten Male um die Teilnahme
von Regierung und Volk Süddeutschlands warben, nahm den Ruf Württembergs
Mangs freudig auf. Aber die Ungunst der übrigen Großmächte ließ die neuen
Gedankenverbindungen, die das Verlangen nach Einheit Kleindeutschlands und
"ach Erwerbung von Elsaß und Deutsch-Lothringen bereits aufs engste zu ver-
"upfen schien, nicht zur Reife gelangen. Siegreich brach sich jedoch die Erkenntnis
^ayn daß an moralische, wirtschaftliche und politische Eroberungen zwischen Rhein.
Mesen und Maas nur dann zu denken sei. wenn ein einheitliches deutsches
' reich in festen staatsrechtlichen Formen und Grenzen hinter den von der ratio-
„5^" Sehnsucht getragenen Forderungen stehe. Offen hatten es Josef Görres
all ^ Moritz Arndt ausgesprochen, daß auch den Elsässern selbst, die das Zeit-
"er Napoleons aufs engste in das Leben der großen französischen Nation ein-


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[0309] Deutsche Flurbereinigung Gestrüpp mancherlei Art haben in den letzten fünf Jahrzehnten den Weg über¬ wuchert, der Reich und Reichsland mit dem Ausbau unserer nationalen Selb¬ ständigkeit zusammenführen sollte. Wie die „thüringische Einigungsfrage" ist auch unsere „elsaß-lothringische Frage" aufs engste verknüpft mit der Entwicklung der deutschen Einheitsbewegung. Wie sie tritt das Problem des „Reichslandes" in den großen Staats- und verfassungsrechtlichen Krisen, die das deutsche Volk im neunzehnten Jahrhundert durchzumachen hatte, in schärfste Beleuchtung. Der Druck von außen, von Frankreich, her, der 1815 und 1870 im Kern Mitteleuropas neue Staatenbildungen schafft, treibt auch die elsaß-lothringische Frage stets aufs neue w den Mittelpunkt der Erörterung. In den Monaten zwischen der Leipziger Schlacht und dem Siegestage von Belle-Alliance erhob sich das deutsche Einheitsstreben zum ersten Male zu selb- ständiger politischer Bedeutung. Und gleichzeitig wandelte sich das unklare Sehnen des deutschen Volkes nach Wiedererlangung der verlorenen Gebiete am Oberrhein SU bestimmten, fest umrissenen Vorschlagen. In den drei Stichworten vom Pufferstaat, von Angliederung an die benachbarten Einzelstaaten und endlich vom Reichsland lassen sich unschwer alle die vielfältigen Entwürfe und Jdeenverbindungen Zusammenfassen, die in der nationalen Bewegung der letzten hundert Jahre das Schicksal Elsaß und Deutsch-Lothringens bestimmen wollen. Der anfangs viel beachtete Gedanke, aus Elsaß-Lothringen einen neuen Pufferstaat zu machen, verlor jede Berechtigung, als Preußen seine Grenzen machtvoll in das Depressionsgebiet zwischen den Niederlanden (Belgien) und der Schweiz vorschob. Einleuchtender und zweckmäßiger schien in den Verhandlungen, dre dem zweiten Frieden von Paris (1815) vorausgingen, die Teilung zum wenigsten des Elsaß unter die Dynastien von Bayern, Württemberg und Baden, insbesondere die Wittelsbacher erhofften in einer durchgreifenden Flurbereinigung am Oberrhein die Verbindung zwischen Franken und der Rheinpfalz zu erlangen. Aur so konnte ja in der Tat das linksrheinische Bayern in Verwaltung und -Wirtschaft fest und sicher dem Stammland angegliedert werden, so lange Zoll¬ grenzen und Durchfuhrverbote den deutschen Staatenverein durchzogen. Wichtiger noch waren die Gründe, die König Friedrich von Württemberg damals im gesamt¬ deutschen Interesse für eine dauernde Grenzberichtigung anführte. Der Verlust Wner rein deutschen Provinzen, so ließ er 1815 die Wortführer eines Verzicht- MedenS mahnen, beraube die französische Nation weder ihrer „natürlichen Grenzen" "och ihrer Verteidigungsbollwerke, sondern entziehe ihr lediglich die vielfach alß- "wundem Angriffsbastionen. Bei der Verwertung der wiedererrungenen Länder aber blieb der schwäbische Mittelstaat in den alten Anschauungen von rein dy¬ nastischer Teilung stecken. Baden aber, das unfertige, langgestreckte künstliche Staatsgebildo der napoleonischen Zeit, versagte sich solchen Plänen. Jetzt wie Weiter fühlte es sich allzu schwach, die Grenzwacht am Oberrhein zu übernehmen. », In der Tat konnte nur der sichere Schutz der deutschen Großmächte jeder Verschiebung der Macht auf dem tausendjährigen Kampffelde der germanisch-roma- Mchen Völker dauernden Halt verbürgen. Und Osterreich, das alte deutsche Kaiserhaus, versagte offen jede Unterstützung. Preußen dagegen, dessen Staats¬ männer, Heerführer und Publizisten damals zum ersten Male um die Teilnahme von Regierung und Volk Süddeutschlands warben, nahm den Ruf Württembergs Mangs freudig auf. Aber die Ungunst der übrigen Großmächte ließ die neuen Gedankenverbindungen, die das Verlangen nach Einheit Kleindeutschlands und "ach Erwerbung von Elsaß und Deutsch-Lothringen bereits aufs engste zu ver- "upfen schien, nicht zur Reife gelangen. Siegreich brach sich jedoch die Erkenntnis ^ayn daß an moralische, wirtschaftliche und politische Eroberungen zwischen Rhein. Mesen und Maas nur dann zu denken sei. wenn ein einheitliches deutsches ' reich in festen staatsrechtlichen Formen und Grenzen hinter den von der ratio- „5^" Sehnsucht getragenen Forderungen stehe. Offen hatten es Josef Görres all ^ Moritz Arndt ausgesprochen, daß auch den Elsässern selbst, die das Zeit- "er Napoleons aufs engste in das Leben der großen französischen Nation ein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/309>, abgerufen am 22.07.2024.