Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.Der Kampf um das kommunale Wahlrecht bietet". Allen seinen Bewohnern! Unter diesen Bewohnern werden nach der sich Der Aampf um das kommunale Wahlrecht Professor Dr. G. von Below von n Ur. 5 der "Grenzboten" veröffentlicht Dr. F. Reiche einen Aufsatz "Wo große Gleichheit ist, -- sagt Macchiavelli -- "errichte man eine Re¬ Im Anschluß an das Wort Macchiavellis müssen wir hervorheben, daß die Der Kampf um das kommunale Wahlrecht bietet". Allen seinen Bewohnern! Unter diesen Bewohnern werden nach der sich Der Aampf um das kommunale Wahlrecht Professor Dr. G. von Below von n Ur. 5 der „Grenzboten" veröffentlicht Dr. F. Reiche einen Aufsatz „Wo große Gleichheit ist, — sagt Macchiavelli — „errichte man eine Re¬ Im Anschluß an das Wort Macchiavellis müssen wir hervorheben, daß die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0292" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333389"/> <fw type="header" place="top"> Der Kampf um das kommunale Wahlrecht</fw><lb/> <p xml:id="ID_1065" prev="#ID_1064"> bietet". Allen seinen Bewohnern! Unter diesen Bewohnern werden nach der sich<lb/> jetzt anbahnenden Entwicklung die Deutschen, die Polen und auch die Juden nur<lb/> spärlich vertreten sein. Die Litauer werden unter sich, Litauen wird ein ge¬<lb/> schlossener Nationalstaat in Reinkultur sein.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Aampf um das kommunale Wahlrecht<lb/><note type="byline"> Professor Dr. G. von Below</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_1066"> n Ur. 5 der „Grenzboten" veröffentlicht Dr. F. Reiche einen Aufsatz<lb/> über „Das allgemeine, gleiche Wahlrecht und die Kommunen", der<lb/> sich für die Einführung jenes Wahlrechtes in ihnen ausspricht. In¬<lb/> dem ich die darin enthaltene lehrreiche Zergliederung des Problems<lb/> in einzelnen Fragen anerkenne, möchte ich doch wesentlichen Auf¬<lb/> stellungen, die er macht, widersprechen. Ich beginne mit einigen<lb/> allgemeinen Erwägungen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1067"> „Wo große Gleichheit ist, — sagt Macchiavelli — „errichte man eine Re¬<lb/> publik; wo große Ungleichheit ist, eine Monarchie, wenn man nicht ein schlecht<lb/> proportioniertes, undauerhastes Ding schaffen will." Diese alte Wahrheit sollte<lb/> man sich auch heute gegenwärtig halten. Der Gegensatz, um den es sich heute handelt,<lb/> ist ja nicht einfach der von Republik und Monarchie, sondern der einer schroff<lb/> demokratisch, parlamentarischen Verfassung und einer durch stärkere monarchische Ein¬<lb/> richtungen gestützten gemäßigt demokratischen Verfassung. Aber auf diesen Gegen¬<lb/> satz trifft das Wort des großen politischen Denkers auch vollkommen zu. Wenn ich<lb/> die bisher bei uns bestehende Verfassung als eine durch stärkere monarchische Ein¬<lb/> richtungen gestützte gemäßigt demokratische Verfassung meine, so werde ich bei<lb/> keinem Einsichtigen Widerspruch finden. Die demokratischen Einrichtungen sind<lb/> ja bei uns an so vielen Stellen — vom Reichstag bis zu den Krankenkassen<lb/> mit starkem Einfluß vorhanden, daß es keinem Urteilsfähigen beikommen kann,<lb/> unser Staatswesen „Autokratie", und wie die schönen Wilsonschen Titulierungen<lb/> sonst heißen, zu nennen. Insbesondere auch in den Gemeinden finden sich überall<lb/> starke demokratische Elemente, im einzelnen in verschiedener Abstufung. Der Kampf<lb/> der Gegenwart geht nicht auf erstmalige Einführung demokratischer Einrichtungen,<lb/> sondern auf Herstellung einer reinen Demokratie und zwar mit dem gleichzeitigen<lb/> Ziel einer parlamentarischen Regierung. Gegen das Königtum schlechthin geht<lb/> nicht die Bewegung. Man weiß, daß es nicht mehr viel bedeuten, nicht mehr<lb/> unbequem sein wird, wenn die anderen Ziele erreicht sein werden. Diese Ziele<lb/> lassen sich nur erreichen durch die völlige Demokratisierung des preußischen Ab¬<lb/> geordnetenhauses. Eben darum geht der heftigste Kampf um dieses. Ist die<lb/> Demokratisierung des Abgeordnetenhauses durchgeführt, so werden auch die letzten<lb/> Einrichtungen, die dann noch einer radikalen Demokratisierung unserer Verhältnisse<lb/> entgegenstehen, leicht beseitigt werden, insbesondere die noch nicht ganz demo¬<lb/> kratische Verfassung unserer Gemeinden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1068" next="#ID_1069"> Im Anschluß an das Wort Macchiavellis müssen wir hervorheben, daß die<lb/> völlige Demokratisierung Deutschlands ein „schlecht proportioniertes Ding" schaffen<lb/> würde. Wir würden in einen Zustand der Tyrannei und Ungerechtigkeit kommen-<lb/> Bei einem Gemeinwesen von wesentlicher Gleichheit der Verhältnisse, z. B. in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0292]
Der Kampf um das kommunale Wahlrecht
bietet". Allen seinen Bewohnern! Unter diesen Bewohnern werden nach der sich
jetzt anbahnenden Entwicklung die Deutschen, die Polen und auch die Juden nur
spärlich vertreten sein. Die Litauer werden unter sich, Litauen wird ein ge¬
schlossener Nationalstaat in Reinkultur sein.
Der Aampf um das kommunale Wahlrecht
Professor Dr. G. von Below von
n Ur. 5 der „Grenzboten" veröffentlicht Dr. F. Reiche einen Aufsatz
über „Das allgemeine, gleiche Wahlrecht und die Kommunen", der
sich für die Einführung jenes Wahlrechtes in ihnen ausspricht. In¬
dem ich die darin enthaltene lehrreiche Zergliederung des Problems
in einzelnen Fragen anerkenne, möchte ich doch wesentlichen Auf¬
stellungen, die er macht, widersprechen. Ich beginne mit einigen
allgemeinen Erwägungen."
„Wo große Gleichheit ist, — sagt Macchiavelli — „errichte man eine Re¬
publik; wo große Ungleichheit ist, eine Monarchie, wenn man nicht ein schlecht
proportioniertes, undauerhastes Ding schaffen will." Diese alte Wahrheit sollte
man sich auch heute gegenwärtig halten. Der Gegensatz, um den es sich heute handelt,
ist ja nicht einfach der von Republik und Monarchie, sondern der einer schroff
demokratisch, parlamentarischen Verfassung und einer durch stärkere monarchische Ein¬
richtungen gestützten gemäßigt demokratischen Verfassung. Aber auf diesen Gegen¬
satz trifft das Wort des großen politischen Denkers auch vollkommen zu. Wenn ich
die bisher bei uns bestehende Verfassung als eine durch stärkere monarchische Ein¬
richtungen gestützte gemäßigt demokratische Verfassung meine, so werde ich bei
keinem Einsichtigen Widerspruch finden. Die demokratischen Einrichtungen sind
ja bei uns an so vielen Stellen — vom Reichstag bis zu den Krankenkassen
mit starkem Einfluß vorhanden, daß es keinem Urteilsfähigen beikommen kann,
unser Staatswesen „Autokratie", und wie die schönen Wilsonschen Titulierungen
sonst heißen, zu nennen. Insbesondere auch in den Gemeinden finden sich überall
starke demokratische Elemente, im einzelnen in verschiedener Abstufung. Der Kampf
der Gegenwart geht nicht auf erstmalige Einführung demokratischer Einrichtungen,
sondern auf Herstellung einer reinen Demokratie und zwar mit dem gleichzeitigen
Ziel einer parlamentarischen Regierung. Gegen das Königtum schlechthin geht
nicht die Bewegung. Man weiß, daß es nicht mehr viel bedeuten, nicht mehr
unbequem sein wird, wenn die anderen Ziele erreicht sein werden. Diese Ziele
lassen sich nur erreichen durch die völlige Demokratisierung des preußischen Ab¬
geordnetenhauses. Eben darum geht der heftigste Kampf um dieses. Ist die
Demokratisierung des Abgeordnetenhauses durchgeführt, so werden auch die letzten
Einrichtungen, die dann noch einer radikalen Demokratisierung unserer Verhältnisse
entgegenstehen, leicht beseitigt werden, insbesondere die noch nicht ganz demo¬
kratische Verfassung unserer Gemeinden.
Im Anschluß an das Wort Macchiavellis müssen wir hervorheben, daß die
völlige Demokratisierung Deutschlands ein „schlecht proportioniertes Ding" schaffen
würde. Wir würden in einen Zustand der Tyrannei und Ungerechtigkeit kommen-
Bei einem Gemeinwesen von wesentlicher Gleichheit der Verhältnisse, z. B. in
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