Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches erhoben haben -- beinahe vom ersten Tage der Beratungen an "Petroleum ins Alle die mit und ohne Hintergedanken angestellten Erwägungen, was die Maßgebliches und Unmaßgebliche-- [Beginn Spaltensatz] Um die Aufregung Die Cholmer Frage. [Spaltenumbruch]
Wie liegen nun die Dinge tatsächlich? Erinnern wir uns zunächst, daß das Maßgebliches und Unmaßgebliches erhoben haben — beinahe vom ersten Tage der Beratungen an „Petroleum ins Alle die mit und ohne Hintergedanken angestellten Erwägungen, was die Maßgebliches und Unmaßgebliche-- [Beginn Spaltensatz] Um die Aufregung Die Cholmer Frage. [Spaltenumbruch]
Wie liegen nun die Dinge tatsächlich? Erinnern wir uns zunächst, daß das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0270" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333367"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_959" prev="#ID_958"> erhoben haben — beinahe vom ersten Tage der Beratungen an „Petroleum ins<lb/> Feuer" der aufgeregten Volksstimmung gössen, so brachen von dieser Seite<lb/> und auf der gesamten Linken die Versuche nicht ab, den ruhigen Gang der<lb/> Verhandlungen durch fortgesetzte Anrempeleien über Verschleppungsmanöver<lb/> usw. zu stören. Eigentlich sollte man von jenen Parteien etwas mehr Respekt<lb/> vor dem loyalen Gange parlamentarischer Verhandlungen erwarten; allerdings<lb/> belehrt ihr sonstiges Verhalten eines Besseren, wird doch von ihnen mit<lb/> einer naiven Selbstverständlichkeit der Negierung Verfassungsbruch in Form der<lb/> Oktroyierung nahegelegt. Der traditionelle Kultus der „Konstitution" scheint<lb/> Ausnahmen zu kennen, wenn es um die eigenen Interessen geht. Auch hier<lb/> darf der König absolut sein, „wenn er unsern Willen tut".</p><lb/> <p xml:id="ID_960"> Alle die mit und ohne Hintergedanken angestellten Erwägungen, was die<lb/> Regierung zu tun gedenke, kommen recht verfrüht, denn erst spricht noch einmal<lb/> die Kommission und dann gibt es noch zwei Machtproben im Plenum, bevor die<lb/> Regierung „handeln" muß. Was man bisher sagen kann, ist nur —- um mit<lb/> einer Ketzerei zu schließen — daß die einschneidende legislatorische Maßnahme<lb/> das Z 3 der Regierungsvorlage, die wichtigste seit es überhaupt konstitutionelle<lb/> Gesetze gibt, in verhältnismäßig rascher Zeit in erster Instanz erledigt wurde.<lb/> Aber unsere „Demokratie" will heutzutage nicht zugeben, daß alles mit rechten<lb/><note type="byline"> W</note> Dingen zugeht. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliche--</head><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_961"> Um die Aufregung<lb/> der Polen über die im ersten Frieden von<lb/> Litauisch - Brest gefundenen Grenzen gegen die<lb/> Mraina in den österreichischen Parlamenten<lb/> zu beschwichtigen, ist zwischen den beteiligten<lb/> Mächten und den Polen ein Zusatzabkommen<lb/> zum Frieden mit der Mraina abgeschlossen<lb/> worden, daß die Einsetzung einer auch von<lb/> den Polen zu beschickenden Kommission zur<lb/> endgültigen Festlegung der Grenze vorsieht.<lb/> Die Polen behaupten, ihnen sei durch die<lb/> Grenzfestsetzung vom 9. Februar furchtbares<lb/> Unrecht zugefügt z die Ukrainer vertreten dem¬<lb/> gegenüber den auch von den Mittemächten<lb/> anerkannten Standpunkt, daß sie nur das<lb/> bekommen hätten, was ihnen ethnographisch<lb/> zukäme.</p> <div n="2"> <head> Die Cholmer Frage.</head> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_962"> Wie liegen nun die Dinge tatsächlich?</p> <p xml:id="ID_963" next="#ID_964"> Erinnern wir uns zunächst, daß das<lb/> Cholmer Land zu jenem großen Zwischen--<lb/> gebiet gehört, das zwischen dem orthodoxen<lb/> Moskaner und dem katholischen Staate der<lb/> Polen gelegen, seit fast zweihundert Jahren<lb/> Tummelplatz des Kampfes um die Seelen<lb/> der Bevölkerung zwischen Rom und Moskau<lb/> gewesen ist. Dies Zwischengebiet umfaßte im<lb/> wesentlichen die Gouvernements des alten<lb/> russischen Nordwest- und Südwestgebietes<lb/> (Litauen, Weißrußland, Mraina, Südru߬<lb/> land). Der Kampf wird in den Geschichts¬<lb/> büchern beschrieben unter dem Titel „Unions¬<lb/> bestrebungen". Damit wird der staats-<lb/> Politische Kern des Kampfes verschleiert, aber<lb/> der Kampf selbst ungeheuer verschärft, weil</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0270]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
erhoben haben — beinahe vom ersten Tage der Beratungen an „Petroleum ins
Feuer" der aufgeregten Volksstimmung gössen, so brachen von dieser Seite
und auf der gesamten Linken die Versuche nicht ab, den ruhigen Gang der
Verhandlungen durch fortgesetzte Anrempeleien über Verschleppungsmanöver
usw. zu stören. Eigentlich sollte man von jenen Parteien etwas mehr Respekt
vor dem loyalen Gange parlamentarischer Verhandlungen erwarten; allerdings
belehrt ihr sonstiges Verhalten eines Besseren, wird doch von ihnen mit
einer naiven Selbstverständlichkeit der Negierung Verfassungsbruch in Form der
Oktroyierung nahegelegt. Der traditionelle Kultus der „Konstitution" scheint
Ausnahmen zu kennen, wenn es um die eigenen Interessen geht. Auch hier
darf der König absolut sein, „wenn er unsern Willen tut".
Alle die mit und ohne Hintergedanken angestellten Erwägungen, was die
Regierung zu tun gedenke, kommen recht verfrüht, denn erst spricht noch einmal
die Kommission und dann gibt es noch zwei Machtproben im Plenum, bevor die
Regierung „handeln" muß. Was man bisher sagen kann, ist nur —- um mit
einer Ketzerei zu schließen — daß die einschneidende legislatorische Maßnahme
das Z 3 der Regierungsvorlage, die wichtigste seit es überhaupt konstitutionelle
Gesetze gibt, in verhältnismäßig rascher Zeit in erster Instanz erledigt wurde.
Aber unsere „Demokratie" will heutzutage nicht zugeben, daß alles mit rechten
W Dingen zugeht.
Maßgebliches und Unmaßgebliche--
Um die Aufregung
der Polen über die im ersten Frieden von
Litauisch - Brest gefundenen Grenzen gegen die
Mraina in den österreichischen Parlamenten
zu beschwichtigen, ist zwischen den beteiligten
Mächten und den Polen ein Zusatzabkommen
zum Frieden mit der Mraina abgeschlossen
worden, daß die Einsetzung einer auch von
den Polen zu beschickenden Kommission zur
endgültigen Festlegung der Grenze vorsieht.
Die Polen behaupten, ihnen sei durch die
Grenzfestsetzung vom 9. Februar furchtbares
Unrecht zugefügt z die Ukrainer vertreten dem¬
gegenüber den auch von den Mittemächten
anerkannten Standpunkt, daß sie nur das
bekommen hätten, was ihnen ethnographisch
zukäme.
Die Cholmer Frage.
Wie liegen nun die Dinge tatsächlich?
Erinnern wir uns zunächst, daß das
Cholmer Land zu jenem großen Zwischen--
gebiet gehört, das zwischen dem orthodoxen
Moskaner und dem katholischen Staate der
Polen gelegen, seit fast zweihundert Jahren
Tummelplatz des Kampfes um die Seelen
der Bevölkerung zwischen Rom und Moskau
gewesen ist. Dies Zwischengebiet umfaßte im
wesentlichen die Gouvernements des alten
russischen Nordwest- und Südwestgebietes
(Litauen, Weißrußland, Mraina, Südru߬
land). Der Kampf wird in den Geschichts¬
büchern beschrieben unter dem Titel „Unions¬
bestrebungen". Damit wird der staats-
Politische Kern des Kampfes verschleiert, aber
der Kampf selbst ungeheuer verschärft, weil
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