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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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La!eiaisch oder Katholisch!

Kosten Frankreichs sich vollzieht. Unser Emporkommen nach dem Sieg von 1870
war nach französischer Auffassung ein fortgesetzter Raub an dem Prestigebesitz, den
der Franzose seinem Volke von Rechts wegen zuschreibt. Daher fühlte sich Frank¬
reich fortwährend von uns angegriffen, mochten wir uns auch noch so viel Mühe
geben, jeden Schein eines tatsächlichen Angriffs zu vermeiden. Sieht man die
Dinge so an, so wird auch klar, wie es möglich ist, daß jedermann in Frankreich
einen Verteidigungskrieg gegen die barbarischen Angriffe Deutschlands zu führen
glaubt. Wir sehen ja, daß die Gebildetsten und Gelehrtesten, Leute, die recht
wohl den wahren Sachverhalt wissen könnten, und von denen wir nicht annehmen
dürfen, daß sie bewußt die Unwahrheit reden, nicht weniger als die breite Masse
und die führenden Politiker sich einbilden, von uns herausgefordert und ange¬
griffen zu sein. Die ganze französische Volksseele war von quälender Ungewißheit
erfüllt, ob sich der als am wertvollsten angesehene Prestlgebesttz nach dem Verlust
von Elsaß-Lothringen gegenüber dem immer weiteren Aufsteigen Deutschlands
behaupten lassen werde. Bei solcher Seelenverfassung erschien Deutschland als
immer erneut anstürmender Angreifer, und jede eigne Offensive erschien als reine
Verteidigung. Unter diesen Umständen entgeht die hitzige Revanchestumuung der
französischen Katholiken in höherem Maße, als man auf den ersten Blick denken
sollte, dem begründeten Vorwurf, am tatsächlichen Ausbruch des Krieges unmittel¬
bar mit schuld zu sein. Die Revancheidee sollte zunächst der Erziehung des eigenen
Volkes dienen, daran zu arbeiten, daß der Prestigevorsprung Frankreichs gegen-
über Deutschland nicht immer negativer würde. Das aber fürchteten die Katho¬
liken von der fortdauernden Radikalisierung der Republik. Diese Entwicklung
war in ihren Augen die Zerstörung alles dessen, was Frankreich früher unter
monarchischer Führung groß gemacht hatte. Der Angriff der Revanchepatrioten
richtete sich gegen die Plutokratische Korruption und sozialistisch-radikale Auflosung
im eigenen Lande, weil sie fühlten, daß diese Entwicklung Frankreich unfähig
mache, mit Deutschland Schritt zu halten, und damit unfähig zur Revanche.
Einen Augriff auf Deutschland beabsichtigte man in diesen konservativen Kreisen
fürs erste einfach deshalb nicht, weil man, wenigstens soweit man folgerichtig
dachte, an keinen Erfolg glauben konnte, solange Frankreich nicht innerlich wieder
konservativ und katholisch geworden sei. Es konnten nur die Radikalen selber
sein, die der Republik zutrauten, über Deutschland siegen zu können. Nur die
Männer der herrschenden Plutokratie waren imstande zu glauben daß sie mit
ihrem Goldregen Nußland befähigen könnten, den Franzosen die ersehnte Revanche
zu verschaffen. Und nur sie konnten sich der angenehmen Einbildung hingeben,
daß es möglich sei. durch Unterstützung der englischen Weltpolitlk den deutschen
Prestigeräuber auf dem trockenen Wege wirtschaftlicher Erdrosselung zur Strecke
SU bringen. Natürlich hat es auch unter den herrschenden Radikalen Leute ge¬
geben, die von der Kriegspolitik wenig Gutes erwarteten. Den Sozialisten Jaures
hatte man bald beseitigt! Caillaux unschädlich zu machen ist bis auf den heutigen
Tag noch nicht ganz gelungen. Ein innerpolitischer Umschwung zugunsten dieser
Richtung kann eines Tages die Kriegspolitik Frankreichs einmal sehr rasch von
der blinden Gefolgschaftstreue gegenüber England und Amerika bekehren. Aber
eine dauerndere Beruhigung würde jenseits der Vogesen vermutlich doch ein-,
treten wenn die radikale Republik, nachdem sie diesen Krieg verloren
hat. überhaupt ausspielte, und der Katholizismus wieder politischen
Einfluß gewönne. Ich sage das, obwohl die Revanchewut der französischen
Katholiken sich laut genug geäußert hat. Sie werden auch nach einem inner¬
politischen Umschwunge wieder in die nationalistische Trompete stoßen, aber sie
würden mit der inneren Umbildung der französischen Volksseele und der politischen
Reaktion gegen die freimaurerische Vergangenheit zunächst Arbeit genug haben
und auf lange Zeit hinaus keine Kraft finden, aufs neue mit Deutschland Händel
SU suchen. Frankreich würde unter klerikaler Herrschaft auch dem Einfluß der
wtcrnationalen Demokratie, die sich als ein notorisch deutschfeindlicher Bundes¬
genosse der angelsächsischen Weltmächte entpuppt hat, wenigstens soweit entzogen


La!eiaisch oder Katholisch!

Kosten Frankreichs sich vollzieht. Unser Emporkommen nach dem Sieg von 1870
war nach französischer Auffassung ein fortgesetzter Raub an dem Prestigebesitz, den
der Franzose seinem Volke von Rechts wegen zuschreibt. Daher fühlte sich Frank¬
reich fortwährend von uns angegriffen, mochten wir uns auch noch so viel Mühe
geben, jeden Schein eines tatsächlichen Angriffs zu vermeiden. Sieht man die
Dinge so an, so wird auch klar, wie es möglich ist, daß jedermann in Frankreich
einen Verteidigungskrieg gegen die barbarischen Angriffe Deutschlands zu führen
glaubt. Wir sehen ja, daß die Gebildetsten und Gelehrtesten, Leute, die recht
wohl den wahren Sachverhalt wissen könnten, und von denen wir nicht annehmen
dürfen, daß sie bewußt die Unwahrheit reden, nicht weniger als die breite Masse
und die führenden Politiker sich einbilden, von uns herausgefordert und ange¬
griffen zu sein. Die ganze französische Volksseele war von quälender Ungewißheit
erfüllt, ob sich der als am wertvollsten angesehene Prestlgebesttz nach dem Verlust
von Elsaß-Lothringen gegenüber dem immer weiteren Aufsteigen Deutschlands
behaupten lassen werde. Bei solcher Seelenverfassung erschien Deutschland als
immer erneut anstürmender Angreifer, und jede eigne Offensive erschien als reine
Verteidigung. Unter diesen Umständen entgeht die hitzige Revanchestumuung der
französischen Katholiken in höherem Maße, als man auf den ersten Blick denken
sollte, dem begründeten Vorwurf, am tatsächlichen Ausbruch des Krieges unmittel¬
bar mit schuld zu sein. Die Revancheidee sollte zunächst der Erziehung des eigenen
Volkes dienen, daran zu arbeiten, daß der Prestigevorsprung Frankreichs gegen-
über Deutschland nicht immer negativer würde. Das aber fürchteten die Katho¬
liken von der fortdauernden Radikalisierung der Republik. Diese Entwicklung
war in ihren Augen die Zerstörung alles dessen, was Frankreich früher unter
monarchischer Führung groß gemacht hatte. Der Angriff der Revanchepatrioten
richtete sich gegen die Plutokratische Korruption und sozialistisch-radikale Auflosung
im eigenen Lande, weil sie fühlten, daß diese Entwicklung Frankreich unfähig
mache, mit Deutschland Schritt zu halten, und damit unfähig zur Revanche.
Einen Augriff auf Deutschland beabsichtigte man in diesen konservativen Kreisen
fürs erste einfach deshalb nicht, weil man, wenigstens soweit man folgerichtig
dachte, an keinen Erfolg glauben konnte, solange Frankreich nicht innerlich wieder
konservativ und katholisch geworden sei. Es konnten nur die Radikalen selber
sein, die der Republik zutrauten, über Deutschland siegen zu können. Nur die
Männer der herrschenden Plutokratie waren imstande zu glauben daß sie mit
ihrem Goldregen Nußland befähigen könnten, den Franzosen die ersehnte Revanche
zu verschaffen. Und nur sie konnten sich der angenehmen Einbildung hingeben,
daß es möglich sei. durch Unterstützung der englischen Weltpolitlk den deutschen
Prestigeräuber auf dem trockenen Wege wirtschaftlicher Erdrosselung zur Strecke
SU bringen. Natürlich hat es auch unter den herrschenden Radikalen Leute ge¬
geben, die von der Kriegspolitik wenig Gutes erwarteten. Den Sozialisten Jaures
hatte man bald beseitigt! Caillaux unschädlich zu machen ist bis auf den heutigen
Tag noch nicht ganz gelungen. Ein innerpolitischer Umschwung zugunsten dieser
Richtung kann eines Tages die Kriegspolitik Frankreichs einmal sehr rasch von
der blinden Gefolgschaftstreue gegenüber England und Amerika bekehren. Aber
eine dauerndere Beruhigung würde jenseits der Vogesen vermutlich doch ein-,
treten wenn die radikale Republik, nachdem sie diesen Krieg verloren
hat. überhaupt ausspielte, und der Katholizismus wieder politischen
Einfluß gewönne. Ich sage das, obwohl die Revanchewut der französischen
Katholiken sich laut genug geäußert hat. Sie werden auch nach einem inner¬
politischen Umschwunge wieder in die nationalistische Trompete stoßen, aber sie
würden mit der inneren Umbildung der französischen Volksseele und der politischen
Reaktion gegen die freimaurerische Vergangenheit zunächst Arbeit genug haben
und auf lange Zeit hinaus keine Kraft finden, aufs neue mit Deutschland Händel
SU suchen. Frankreich würde unter klerikaler Herrschaft auch dem Einfluß der
wtcrnationalen Demokratie, die sich als ein notorisch deutschfeindlicher Bundes¬
genosse der angelsächsischen Weltmächte entpuppt hat, wenigstens soweit entzogen


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[0257] La!eiaisch oder Katholisch! Kosten Frankreichs sich vollzieht. Unser Emporkommen nach dem Sieg von 1870 war nach französischer Auffassung ein fortgesetzter Raub an dem Prestigebesitz, den der Franzose seinem Volke von Rechts wegen zuschreibt. Daher fühlte sich Frank¬ reich fortwährend von uns angegriffen, mochten wir uns auch noch so viel Mühe geben, jeden Schein eines tatsächlichen Angriffs zu vermeiden. Sieht man die Dinge so an, so wird auch klar, wie es möglich ist, daß jedermann in Frankreich einen Verteidigungskrieg gegen die barbarischen Angriffe Deutschlands zu führen glaubt. Wir sehen ja, daß die Gebildetsten und Gelehrtesten, Leute, die recht wohl den wahren Sachverhalt wissen könnten, und von denen wir nicht annehmen dürfen, daß sie bewußt die Unwahrheit reden, nicht weniger als die breite Masse und die führenden Politiker sich einbilden, von uns herausgefordert und ange¬ griffen zu sein. Die ganze französische Volksseele war von quälender Ungewißheit erfüllt, ob sich der als am wertvollsten angesehene Prestlgebesttz nach dem Verlust von Elsaß-Lothringen gegenüber dem immer weiteren Aufsteigen Deutschlands behaupten lassen werde. Bei solcher Seelenverfassung erschien Deutschland als immer erneut anstürmender Angreifer, und jede eigne Offensive erschien als reine Verteidigung. Unter diesen Umständen entgeht die hitzige Revanchestumuung der französischen Katholiken in höherem Maße, als man auf den ersten Blick denken sollte, dem begründeten Vorwurf, am tatsächlichen Ausbruch des Krieges unmittel¬ bar mit schuld zu sein. Die Revancheidee sollte zunächst der Erziehung des eigenen Volkes dienen, daran zu arbeiten, daß der Prestigevorsprung Frankreichs gegen- über Deutschland nicht immer negativer würde. Das aber fürchteten die Katho¬ liken von der fortdauernden Radikalisierung der Republik. Diese Entwicklung war in ihren Augen die Zerstörung alles dessen, was Frankreich früher unter monarchischer Führung groß gemacht hatte. Der Angriff der Revanchepatrioten richtete sich gegen die Plutokratische Korruption und sozialistisch-radikale Auflosung im eigenen Lande, weil sie fühlten, daß diese Entwicklung Frankreich unfähig mache, mit Deutschland Schritt zu halten, und damit unfähig zur Revanche. Einen Augriff auf Deutschland beabsichtigte man in diesen konservativen Kreisen fürs erste einfach deshalb nicht, weil man, wenigstens soweit man folgerichtig dachte, an keinen Erfolg glauben konnte, solange Frankreich nicht innerlich wieder konservativ und katholisch geworden sei. Es konnten nur die Radikalen selber sein, die der Republik zutrauten, über Deutschland siegen zu können. Nur die Männer der herrschenden Plutokratie waren imstande zu glauben daß sie mit ihrem Goldregen Nußland befähigen könnten, den Franzosen die ersehnte Revanche zu verschaffen. Und nur sie konnten sich der angenehmen Einbildung hingeben, daß es möglich sei. durch Unterstützung der englischen Weltpolitlk den deutschen Prestigeräuber auf dem trockenen Wege wirtschaftlicher Erdrosselung zur Strecke SU bringen. Natürlich hat es auch unter den herrschenden Radikalen Leute ge¬ geben, die von der Kriegspolitik wenig Gutes erwarteten. Den Sozialisten Jaures hatte man bald beseitigt! Caillaux unschädlich zu machen ist bis auf den heutigen Tag noch nicht ganz gelungen. Ein innerpolitischer Umschwung zugunsten dieser Richtung kann eines Tages die Kriegspolitik Frankreichs einmal sehr rasch von der blinden Gefolgschaftstreue gegenüber England und Amerika bekehren. Aber eine dauerndere Beruhigung würde jenseits der Vogesen vermutlich doch ein-, treten wenn die radikale Republik, nachdem sie diesen Krieg verloren hat. überhaupt ausspielte, und der Katholizismus wieder politischen Einfluß gewönne. Ich sage das, obwohl die Revanchewut der französischen Katholiken sich laut genug geäußert hat. Sie werden auch nach einem inner¬ politischen Umschwunge wieder in die nationalistische Trompete stoßen, aber sie würden mit der inneren Umbildung der französischen Volksseele und der politischen Reaktion gegen die freimaurerische Vergangenheit zunächst Arbeit genug haben und auf lange Zeit hinaus keine Kraft finden, aufs neue mit Deutschland Händel SU suchen. Frankreich würde unter klerikaler Herrschaft auch dem Einfluß der wtcrnationalen Demokratie, die sich als ein notorisch deutschfeindlicher Bundes¬ genosse der angelsächsischen Weltmächte entpuppt hat, wenigstens soweit entzogen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/257>, abgerufen am 22.07.2024.