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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Nationale Besinnungen

Nationale Besinnungen
Dr. Heinrich Gelo Meisner von

ohänu Gottlieb Fichte, nach französischer Anschauung einer der Stamm-
Väter des bösenGeschlechtes-der Nietzsche, Treitschke. Bernhard! und wie
W die "Pangermanisten" auf dem Index des Auslandes sonst noch heißen
WUHHW K mögen, bemerkt im "Maechiavelli": "Jede?!aiion will das ihr eigen-
MN^MM tunlich Gute soweit verbreiten, als sie irgend kann und soviel an
liegt, das ganze Menschengeschlecht sich einverleiben, zufolge
eines von Gott dem Menschen eingesetzten Triebes, auf welchem die Gemeinschaft
der Völker, ihre gegenseitige Reibung aneinander und ihre Fortbildung beruht."
Dieser Zeugungstrieb der Völkerindividuen (wenn man es so ausdrücken darf) ist
wie beim Einzelmenschen das Zeichen ihrer Lebenskraft. Sie wird hier stärker, dort
schwächer auftreten, mitunter wohl auch ganz versiege"! die Geschichte kennt von jeher
Beispiele unfruchtbar gewordener ethnischer Organismen.. Am deutlichsten offenbaren
jene Lebenskraft die Nationen großen Stiles, die in der "planetarischen Situation"
eine Rolle spielen. Zwar gibt es kein einzelnes auserwähltes Volk der Erde --
zu diesem Grundsatz Herderscher Humanität bekennt sich auch Fichte, der verlästerte
Apostel der "Deutschheit" --, wohl aber eine Elite der Völker, aus deren Riva¬
litätskampf eine Höherzüchtung der Gattung: Mensch als köstliche Frucht hervor-
gehen soll. Diese deutsche Anschauung ist vielleicht eine herbe Wahrheit für die
ZentL3 reprvbatae der Weltgeschichte, aber sie ist ehrlicher als die französisch¬
englische von der formalen Gleichwertigkeit aller auch der kleinsten Nationen,
jenem Dogma, mit dem sich so trefflich die Ketzerprobe machen läßt, das aber seine
Lippenbekenner selber immer wieder Lügen strafen.

Wir also halten den (geistigen und materiellen) Ausdehnungsdrang eines
mächtigen Volkskörpers für eine natürliche und bekannte Erscheinung. Wenn in
England Lord Rosebery gegen Ende des verflossenen Jahrhunderts äußerte: "Wir
müssen uns bewußt bleiben, daß es ein Teil unserer Pflicht und unseres Erbteils
ist, dafür zu sorgen, daß die Welt den Stempel unseres Volkes trage und nicht
den eines anderen," so nahm er nur das geflügelte Wort des Oxforder Professors
Cramb, jenes "to give all men an IZnMsIi mira" voraus. Und wenn in Frank¬
reich den gelehrten Hanotaux zur Zeit, als er noch die äußere Politik der Re¬
publik leitete, die frohe Hoffnung erfüllt, daß die in allen Teilen der Erde aus¬
gesäten Herrschaftskeime seine Nation uuter dein Schutze des Himmels gedeihen
werden, so liegt ihr das gleiche stolz-verantwortliche Gefühl einer "Mission" zu¬
grunde, wie den Aussprüchen seiner Ententegenossen, mögen diese sie nun im
Sinne des prädestinierten Herrenvolkes, die Franzosen mehr als "Führer" und
"Erzieher" der Menschheit verstehen.

Analoge Äußerung"" jeweils in individueller Färbung, z. B. auch von Ru߬
land, ließen sich mit Leichtigkeit anführen. Eben darum ist es aber so töricht
und gleichzeitig so unvorsichtig, wenn die gekennzeichnete Gesinnung von feind¬
licher Seite den Deutschen allein zugeschrieben wird, als seien sie die Wölfe in¬
mitten einer Lämmerherde. Derselbe Hanotanx, der einst Frankreichs .Herrschaft
den Erdball beschatten sah, ereifert sich im Kriege über die deutsche "Alte-nation",
die in der Welt dominieren wolle und einzig das Gesetz der brutalen Macht an¬
erkenne. In der gleichen Tonart begleitet ihn sein philosophischer Kollege von
der Akademie, Herr Boutroux, dessen Worte die Unehrlichkeit und doppelte Moral
dieser ganzen Denkweise besonders deutlich zum Ausdruck bringen. Die Fran¬
zosen, so versichert Boutroux mit hohem Pathos, kämpfen beileibe nicht für "Inter¬
essen" oder um "die Macht", sondern "für die Würde und Freiheit der Völker",
immerhin, wie er hinzusetzt, "zu gleicher Zeit" auch noch "für ihre eigene Unab¬
hängigkeit". Das ist in kriegerischen Zeiten die selbstverständliche Schlußfolgerung
aus der "Erzieher"-funktion dieser Nation. Wie I^a Trance, "das freieste Land


Nationale Besinnungen

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Dr. Heinrich Gelo Meisner von

ohänu Gottlieb Fichte, nach französischer Anschauung einer der Stamm-
Väter des bösenGeschlechtes-der Nietzsche, Treitschke. Bernhard! und wie
W die „Pangermanisten" auf dem Index des Auslandes sonst noch heißen
WUHHW K mögen, bemerkt im „Maechiavelli": „Jede?!aiion will das ihr eigen-
MN^MM tunlich Gute soweit verbreiten, als sie irgend kann und soviel an
liegt, das ganze Menschengeschlecht sich einverleiben, zufolge
eines von Gott dem Menschen eingesetzten Triebes, auf welchem die Gemeinschaft
der Völker, ihre gegenseitige Reibung aneinander und ihre Fortbildung beruht."
Dieser Zeugungstrieb der Völkerindividuen (wenn man es so ausdrücken darf) ist
wie beim Einzelmenschen das Zeichen ihrer Lebenskraft. Sie wird hier stärker, dort
schwächer auftreten, mitunter wohl auch ganz versiege»! die Geschichte kennt von jeher
Beispiele unfruchtbar gewordener ethnischer Organismen.. Am deutlichsten offenbaren
jene Lebenskraft die Nationen großen Stiles, die in der „planetarischen Situation"
eine Rolle spielen. Zwar gibt es kein einzelnes auserwähltes Volk der Erde —
zu diesem Grundsatz Herderscher Humanität bekennt sich auch Fichte, der verlästerte
Apostel der „Deutschheit" —, wohl aber eine Elite der Völker, aus deren Riva¬
litätskampf eine Höherzüchtung der Gattung: Mensch als köstliche Frucht hervor-
gehen soll. Diese deutsche Anschauung ist vielleicht eine herbe Wahrheit für die
ZentL3 reprvbatae der Weltgeschichte, aber sie ist ehrlicher als die französisch¬
englische von der formalen Gleichwertigkeit aller auch der kleinsten Nationen,
jenem Dogma, mit dem sich so trefflich die Ketzerprobe machen läßt, das aber seine
Lippenbekenner selber immer wieder Lügen strafen.

Wir also halten den (geistigen und materiellen) Ausdehnungsdrang eines
mächtigen Volkskörpers für eine natürliche und bekannte Erscheinung. Wenn in
England Lord Rosebery gegen Ende des verflossenen Jahrhunderts äußerte: „Wir
müssen uns bewußt bleiben, daß es ein Teil unserer Pflicht und unseres Erbteils
ist, dafür zu sorgen, daß die Welt den Stempel unseres Volkes trage und nicht
den eines anderen," so nahm er nur das geflügelte Wort des Oxforder Professors
Cramb, jenes „to give all men an IZnMsIi mira" voraus. Und wenn in Frank¬
reich den gelehrten Hanotaux zur Zeit, als er noch die äußere Politik der Re¬
publik leitete, die frohe Hoffnung erfüllt, daß die in allen Teilen der Erde aus¬
gesäten Herrschaftskeime seine Nation uuter dein Schutze des Himmels gedeihen
werden, so liegt ihr das gleiche stolz-verantwortliche Gefühl einer „Mission" zu¬
grunde, wie den Aussprüchen seiner Ententegenossen, mögen diese sie nun im
Sinne des prädestinierten Herrenvolkes, die Franzosen mehr als „Führer" und
„Erzieher" der Menschheit verstehen.

Analoge Äußerung«» jeweils in individueller Färbung, z. B. auch von Ru߬
land, ließen sich mit Leichtigkeit anführen. Eben darum ist es aber so töricht
und gleichzeitig so unvorsichtig, wenn die gekennzeichnete Gesinnung von feind¬
licher Seite den Deutschen allein zugeschrieben wird, als seien sie die Wölfe in¬
mitten einer Lämmerherde. Derselbe Hanotanx, der einst Frankreichs .Herrschaft
den Erdball beschatten sah, ereifert sich im Kriege über die deutsche „Alte-nation",
die in der Welt dominieren wolle und einzig das Gesetz der brutalen Macht an¬
erkenne. In der gleichen Tonart begleitet ihn sein philosophischer Kollege von
der Akademie, Herr Boutroux, dessen Worte die Unehrlichkeit und doppelte Moral
dieser ganzen Denkweise besonders deutlich zum Ausdruck bringen. Die Fran¬
zosen, so versichert Boutroux mit hohem Pathos, kämpfen beileibe nicht für „Inter¬
essen" oder um „die Macht", sondern „für die Würde und Freiheit der Völker",
immerhin, wie er hinzusetzt, „zu gleicher Zeit" auch noch „für ihre eigene Unab¬
hängigkeit". Das ist in kriegerischen Zeiten die selbstverständliche Schlußfolgerung
aus der „Erzieher"-funktion dieser Nation. Wie I^a Trance, „das freieste Land


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[0228] Nationale Besinnungen Nationale Besinnungen Dr. Heinrich Gelo Meisner von ohänu Gottlieb Fichte, nach französischer Anschauung einer der Stamm- Väter des bösenGeschlechtes-der Nietzsche, Treitschke. Bernhard! und wie W die „Pangermanisten" auf dem Index des Auslandes sonst noch heißen WUHHW K mögen, bemerkt im „Maechiavelli": „Jede?!aiion will das ihr eigen- MN^MM tunlich Gute soweit verbreiten, als sie irgend kann und soviel an liegt, das ganze Menschengeschlecht sich einverleiben, zufolge eines von Gott dem Menschen eingesetzten Triebes, auf welchem die Gemeinschaft der Völker, ihre gegenseitige Reibung aneinander und ihre Fortbildung beruht." Dieser Zeugungstrieb der Völkerindividuen (wenn man es so ausdrücken darf) ist wie beim Einzelmenschen das Zeichen ihrer Lebenskraft. Sie wird hier stärker, dort schwächer auftreten, mitunter wohl auch ganz versiege»! die Geschichte kennt von jeher Beispiele unfruchtbar gewordener ethnischer Organismen.. Am deutlichsten offenbaren jene Lebenskraft die Nationen großen Stiles, die in der „planetarischen Situation" eine Rolle spielen. Zwar gibt es kein einzelnes auserwähltes Volk der Erde — zu diesem Grundsatz Herderscher Humanität bekennt sich auch Fichte, der verlästerte Apostel der „Deutschheit" —, wohl aber eine Elite der Völker, aus deren Riva¬ litätskampf eine Höherzüchtung der Gattung: Mensch als köstliche Frucht hervor- gehen soll. Diese deutsche Anschauung ist vielleicht eine herbe Wahrheit für die ZentL3 reprvbatae der Weltgeschichte, aber sie ist ehrlicher als die französisch¬ englische von der formalen Gleichwertigkeit aller auch der kleinsten Nationen, jenem Dogma, mit dem sich so trefflich die Ketzerprobe machen läßt, das aber seine Lippenbekenner selber immer wieder Lügen strafen. Wir also halten den (geistigen und materiellen) Ausdehnungsdrang eines mächtigen Volkskörpers für eine natürliche und bekannte Erscheinung. Wenn in England Lord Rosebery gegen Ende des verflossenen Jahrhunderts äußerte: „Wir müssen uns bewußt bleiben, daß es ein Teil unserer Pflicht und unseres Erbteils ist, dafür zu sorgen, daß die Welt den Stempel unseres Volkes trage und nicht den eines anderen," so nahm er nur das geflügelte Wort des Oxforder Professors Cramb, jenes „to give all men an IZnMsIi mira" voraus. Und wenn in Frank¬ reich den gelehrten Hanotaux zur Zeit, als er noch die äußere Politik der Re¬ publik leitete, die frohe Hoffnung erfüllt, daß die in allen Teilen der Erde aus¬ gesäten Herrschaftskeime seine Nation uuter dein Schutze des Himmels gedeihen werden, so liegt ihr das gleiche stolz-verantwortliche Gefühl einer „Mission" zu¬ grunde, wie den Aussprüchen seiner Ententegenossen, mögen diese sie nun im Sinne des prädestinierten Herrenvolkes, die Franzosen mehr als „Führer" und „Erzieher" der Menschheit verstehen. Analoge Äußerung«» jeweils in individueller Färbung, z. B. auch von Ru߬ land, ließen sich mit Leichtigkeit anführen. Eben darum ist es aber so töricht und gleichzeitig so unvorsichtig, wenn die gekennzeichnete Gesinnung von feind¬ licher Seite den Deutschen allein zugeschrieben wird, als seien sie die Wölfe in¬ mitten einer Lämmerherde. Derselbe Hanotanx, der einst Frankreichs .Herrschaft den Erdball beschatten sah, ereifert sich im Kriege über die deutsche „Alte-nation", die in der Welt dominieren wolle und einzig das Gesetz der brutalen Macht an¬ erkenne. In der gleichen Tonart begleitet ihn sein philosophischer Kollege von der Akademie, Herr Boutroux, dessen Worte die Unehrlichkeit und doppelte Moral dieser ganzen Denkweise besonders deutlich zum Ausdruck bringen. Die Fran¬ zosen, so versichert Boutroux mit hohem Pathos, kämpfen beileibe nicht für „Inter¬ essen" oder um „die Macht", sondern „für die Würde und Freiheit der Völker", immerhin, wie er hinzusetzt, „zu gleicher Zeit" auch noch „für ihre eigene Unab¬ hängigkeit". Das ist in kriegerischen Zeiten die selbstverständliche Schlußfolgerung aus der „Erzieher"-funktion dieser Nation. Wie I^a Trance, „das freieste Land

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/228>, abgerufen am 24.08.2024.