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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Uönig Konstantins Sturz

Unterdessen hatte König Alexander ohne irgendwelche Zeremonie, nur vor
dem Metropoliten von Athen und einigen Ministern, den Eid auf die Verfassung
geleistet. Seine würdig gehaltene Königsproklamation knüpft an das letzte Wort
seines Vaters an: er bitte Gott, er möge Griechenland schützen und gestatten, es
wieder geeinigt und stark zu sehen: "In dem Schmerze, unter solchen peinvollen
Umständen von meinem geliebten Vater getrennt zu sein, habe ich als einzigen
Trost, daß ich sein geheiligtes Mandat erfülle." Zugleich erscheint in der Zeitung
"Embrös" (Vorwärts) eine offizielle Bekanntmachung, deren Text zwischen der
Regierung und Jonnart vereinbart war: "Heute Mittag nach der Eidesleistung
des Königs Alexander hat Herr Jonnart durch einen Sondergesandten der griechischen
Regierung angekündigt, daß sie sogleich Amtspersonen nach Saloniki entsenden
kann, da die provisorische Regierung von nun an aufgelöst ist. Es ist gleicher¬
maßen notorisch, daß Herr Veniselos keinesfalls nach Athen kommen darf und
daß die Mächte keinen Hintergedanken haben, ihn zur Macht zu bringen; Griechen¬
land braucht keineswegs der Politik des Triumvirates (in Saloniki) zu folgen,
indem es sich als kriegführende Macht betrachtet, sondern es ist frei, seine Politik
der Neutralität fortzusetzen . .. Schon heute abend wird hoffentlich ein könig¬
liches Dekret die allgemeine Amnestie für alle Ausschreitungen, die von beiden
Seiten begangen sind, verkünden. Keine Nepressalie wird geduldet werden."

Der Eindruck, den die Proklamation König Konstantins auf das Volk
machte, war ungeheuer: man hatte alle Haltung verloren. Jonnart, der sich mit
dein Ministerpräsidenten geeinigt hatte, daß den Majestäten ein englischer Kreuzer
für die Überfahrt nach Italien zur Verfügung gestellt werde, erhob darum un¬
erwartet die Forderung, die Majestäten müßten unverzüglich die Stadt verlassen,
da ihre weitere Anwesenheit Gefahren mit sich bringen könne, anderenfalls werde
er Truppen -- dieselben, die nur aus sanitären Gründen (!) im Piräus ausge¬
schifft waren und die sich jetzt bereits im Anmärsche auf Athen befanden -- mit
der Ausführung ihrer Entfernung beauftragen.

Jetzt bediente man sich im Palaste einer Finte. Indem man der harrenden
Menge vortäuschte, die Majestäten würden den Palast gegen die Diocharesstraße
hin verlassen, gelang es gegen 5 Uhr nachmittags der königlichen Familie, über
die Herodesstraße nach dem gegenüberliegenden königlichen Garten durchzukommen.
Obwohl auch jetzt die Menge noch einmal den Weg zu versperren versuchte, öffneten
doch die väterlichen Bitten des Königs ihm den Weg, und endlich konnte er im
Automobil nach seinem Landsitz TatÄ (an den Hängen des Parnes, 26 Kilometer
nordöstlich von Athen) sich begeben. Die Menge zerstreute sich. Alle Theater und
Schaustellungen blieben an diesem Abend geschlossen.'

Den Mittwoch über (13. Juni) blieb der König in Tatv,, wohin nun von
Athen aus eine wahre Pilgerfahrt von Angehörigen und Abordnungen aller Stände
erfolgte, die dem Könige und der Königin noch einmal die Gefühle der Ergeben¬
heit ausdrücken wollten. Die Majestäten fanden für jeden ein Wort des Trostes.
"Ich habe niemals", erklärte der König, "dynastischen Interessen gedient, sondern
immer nur den Interessen der Nation"; und zu einem der Minister, der immer
noch Einwendungen erhob, sagte er: "Der Weg, den ich verfolgt Habs, war der.
den mein Gewissen mir vorschrieb. Indem.,ich mit zerrissenem Herzen mein liebes
Vaterland verlasse, erfülle ich nach meiner Überzeugung meine höchste Pflicht. Ich
habe keinen Groll gegen irgend jemanden. Ich wünsche nur, daß das Volk sich
über die kritische Lage Rechenschaft gibt und über die Gefahren, die meine Abreise
von Griechenland hat beschwören können." Ein Brief des Königs an den Minister¬
präsidenten Zcmuis dankte diesem für die treu geleisteten Dienste und sprach
ihm den Wunsch aus, er möge auch dem jungen König Alexander weiterhin zur
Seite stehen."

In der Nacht zum Donnerstag wurde die kleine Jacht "Sphaktiria, die
nach der Beschlagncchmung der griechischen Flotte durch die "Schutzmächte" von
dem leichten Geschwader allein noch zur Verfügung der griechischen Regierung
geblieben war, in Eile nach Oropos (am Kanal von Euböa) geschickt, um an


Grenzboien I 1918 12
Uönig Konstantins Sturz

Unterdessen hatte König Alexander ohne irgendwelche Zeremonie, nur vor
dem Metropoliten von Athen und einigen Ministern, den Eid auf die Verfassung
geleistet. Seine würdig gehaltene Königsproklamation knüpft an das letzte Wort
seines Vaters an: er bitte Gott, er möge Griechenland schützen und gestatten, es
wieder geeinigt und stark zu sehen: „In dem Schmerze, unter solchen peinvollen
Umständen von meinem geliebten Vater getrennt zu sein, habe ich als einzigen
Trost, daß ich sein geheiligtes Mandat erfülle." Zugleich erscheint in der Zeitung
„Embrös" (Vorwärts) eine offizielle Bekanntmachung, deren Text zwischen der
Regierung und Jonnart vereinbart war: „Heute Mittag nach der Eidesleistung
des Königs Alexander hat Herr Jonnart durch einen Sondergesandten der griechischen
Regierung angekündigt, daß sie sogleich Amtspersonen nach Saloniki entsenden
kann, da die provisorische Regierung von nun an aufgelöst ist. Es ist gleicher¬
maßen notorisch, daß Herr Veniselos keinesfalls nach Athen kommen darf und
daß die Mächte keinen Hintergedanken haben, ihn zur Macht zu bringen; Griechen¬
land braucht keineswegs der Politik des Triumvirates (in Saloniki) zu folgen,
indem es sich als kriegführende Macht betrachtet, sondern es ist frei, seine Politik
der Neutralität fortzusetzen . .. Schon heute abend wird hoffentlich ein könig¬
liches Dekret die allgemeine Amnestie für alle Ausschreitungen, die von beiden
Seiten begangen sind, verkünden. Keine Nepressalie wird geduldet werden."

Der Eindruck, den die Proklamation König Konstantins auf das Volk
machte, war ungeheuer: man hatte alle Haltung verloren. Jonnart, der sich mit
dein Ministerpräsidenten geeinigt hatte, daß den Majestäten ein englischer Kreuzer
für die Überfahrt nach Italien zur Verfügung gestellt werde, erhob darum un¬
erwartet die Forderung, die Majestäten müßten unverzüglich die Stadt verlassen,
da ihre weitere Anwesenheit Gefahren mit sich bringen könne, anderenfalls werde
er Truppen — dieselben, die nur aus sanitären Gründen (!) im Piräus ausge¬
schifft waren und die sich jetzt bereits im Anmärsche auf Athen befanden — mit
der Ausführung ihrer Entfernung beauftragen.

Jetzt bediente man sich im Palaste einer Finte. Indem man der harrenden
Menge vortäuschte, die Majestäten würden den Palast gegen die Diocharesstraße
hin verlassen, gelang es gegen 5 Uhr nachmittags der königlichen Familie, über
die Herodesstraße nach dem gegenüberliegenden königlichen Garten durchzukommen.
Obwohl auch jetzt die Menge noch einmal den Weg zu versperren versuchte, öffneten
doch die väterlichen Bitten des Königs ihm den Weg, und endlich konnte er im
Automobil nach seinem Landsitz TatÄ (an den Hängen des Parnes, 26 Kilometer
nordöstlich von Athen) sich begeben. Die Menge zerstreute sich. Alle Theater und
Schaustellungen blieben an diesem Abend geschlossen.'

Den Mittwoch über (13. Juni) blieb der König in Tatv,, wohin nun von
Athen aus eine wahre Pilgerfahrt von Angehörigen und Abordnungen aller Stände
erfolgte, die dem Könige und der Königin noch einmal die Gefühle der Ergeben¬
heit ausdrücken wollten. Die Majestäten fanden für jeden ein Wort des Trostes.
„Ich habe niemals", erklärte der König, „dynastischen Interessen gedient, sondern
immer nur den Interessen der Nation"; und zu einem der Minister, der immer
noch Einwendungen erhob, sagte er: „Der Weg, den ich verfolgt Habs, war der.
den mein Gewissen mir vorschrieb. Indem.,ich mit zerrissenem Herzen mein liebes
Vaterland verlasse, erfülle ich nach meiner Überzeugung meine höchste Pflicht. Ich
habe keinen Groll gegen irgend jemanden. Ich wünsche nur, daß das Volk sich
über die kritische Lage Rechenschaft gibt und über die Gefahren, die meine Abreise
von Griechenland hat beschwören können." Ein Brief des Königs an den Minister¬
präsidenten Zcmuis dankte diesem für die treu geleisteten Dienste und sprach
ihm den Wunsch aus, er möge auch dem jungen König Alexander weiterhin zur
Seite stehen."

In der Nacht zum Donnerstag wurde die kleine Jacht „Sphaktiria, die
nach der Beschlagncchmung der griechischen Flotte durch die „Schutzmächte" von
dem leichten Geschwader allein noch zur Verfügung der griechischen Regierung
geblieben war, in Eile nach Oropos (am Kanal von Euböa) geschickt, um an


Grenzboien I 1918 12
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[0173] Uönig Konstantins Sturz Unterdessen hatte König Alexander ohne irgendwelche Zeremonie, nur vor dem Metropoliten von Athen und einigen Ministern, den Eid auf die Verfassung geleistet. Seine würdig gehaltene Königsproklamation knüpft an das letzte Wort seines Vaters an: er bitte Gott, er möge Griechenland schützen und gestatten, es wieder geeinigt und stark zu sehen: „In dem Schmerze, unter solchen peinvollen Umständen von meinem geliebten Vater getrennt zu sein, habe ich als einzigen Trost, daß ich sein geheiligtes Mandat erfülle." Zugleich erscheint in der Zeitung „Embrös" (Vorwärts) eine offizielle Bekanntmachung, deren Text zwischen der Regierung und Jonnart vereinbart war: „Heute Mittag nach der Eidesleistung des Königs Alexander hat Herr Jonnart durch einen Sondergesandten der griechischen Regierung angekündigt, daß sie sogleich Amtspersonen nach Saloniki entsenden kann, da die provisorische Regierung von nun an aufgelöst ist. Es ist gleicher¬ maßen notorisch, daß Herr Veniselos keinesfalls nach Athen kommen darf und daß die Mächte keinen Hintergedanken haben, ihn zur Macht zu bringen; Griechen¬ land braucht keineswegs der Politik des Triumvirates (in Saloniki) zu folgen, indem es sich als kriegführende Macht betrachtet, sondern es ist frei, seine Politik der Neutralität fortzusetzen . .. Schon heute abend wird hoffentlich ein könig¬ liches Dekret die allgemeine Amnestie für alle Ausschreitungen, die von beiden Seiten begangen sind, verkünden. Keine Nepressalie wird geduldet werden." Der Eindruck, den die Proklamation König Konstantins auf das Volk machte, war ungeheuer: man hatte alle Haltung verloren. Jonnart, der sich mit dein Ministerpräsidenten geeinigt hatte, daß den Majestäten ein englischer Kreuzer für die Überfahrt nach Italien zur Verfügung gestellt werde, erhob darum un¬ erwartet die Forderung, die Majestäten müßten unverzüglich die Stadt verlassen, da ihre weitere Anwesenheit Gefahren mit sich bringen könne, anderenfalls werde er Truppen — dieselben, die nur aus sanitären Gründen (!) im Piräus ausge¬ schifft waren und die sich jetzt bereits im Anmärsche auf Athen befanden — mit der Ausführung ihrer Entfernung beauftragen. Jetzt bediente man sich im Palaste einer Finte. Indem man der harrenden Menge vortäuschte, die Majestäten würden den Palast gegen die Diocharesstraße hin verlassen, gelang es gegen 5 Uhr nachmittags der königlichen Familie, über die Herodesstraße nach dem gegenüberliegenden königlichen Garten durchzukommen. Obwohl auch jetzt die Menge noch einmal den Weg zu versperren versuchte, öffneten doch die väterlichen Bitten des Königs ihm den Weg, und endlich konnte er im Automobil nach seinem Landsitz TatÄ (an den Hängen des Parnes, 26 Kilometer nordöstlich von Athen) sich begeben. Die Menge zerstreute sich. Alle Theater und Schaustellungen blieben an diesem Abend geschlossen.' Den Mittwoch über (13. Juni) blieb der König in Tatv,, wohin nun von Athen aus eine wahre Pilgerfahrt von Angehörigen und Abordnungen aller Stände erfolgte, die dem Könige und der Königin noch einmal die Gefühle der Ergeben¬ heit ausdrücken wollten. Die Majestäten fanden für jeden ein Wort des Trostes. „Ich habe niemals", erklärte der König, „dynastischen Interessen gedient, sondern immer nur den Interessen der Nation"; und zu einem der Minister, der immer noch Einwendungen erhob, sagte er: „Der Weg, den ich verfolgt Habs, war der. den mein Gewissen mir vorschrieb. Indem.,ich mit zerrissenem Herzen mein liebes Vaterland verlasse, erfülle ich nach meiner Überzeugung meine höchste Pflicht. Ich habe keinen Groll gegen irgend jemanden. Ich wünsche nur, daß das Volk sich über die kritische Lage Rechenschaft gibt und über die Gefahren, die meine Abreise von Griechenland hat beschwören können." Ein Brief des Königs an den Minister¬ präsidenten Zcmuis dankte diesem für die treu geleisteten Dienste und sprach ihm den Wunsch aus, er möge auch dem jungen König Alexander weiterhin zur Seite stehen." In der Nacht zum Donnerstag wurde die kleine Jacht „Sphaktiria, die nach der Beschlagncchmung der griechischen Flotte durch die „Schutzmächte" von dem leichten Geschwader allein noch zur Verfügung der griechischen Regierung geblieben war, in Eile nach Oropos (am Kanal von Euböa) geschickt, um an Grenzboien I 1918 12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/173>, abgerufen am 25.08.2024.