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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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bereiten. Die Gesandten der drei "schutzmächte waren aus Athen verschwunden,
man wußte nicht wohin.

In einem Ministerrate am Nachmittage, in welchem der König noch einmal
seinen unwiderruflichen Entschluß kundgab, wurde die Antwort auf das Ultimatum
der "Schutzmächte" festgestellt, vom Ministerpräsidenten Za'imis redigiert und nach
Billigung durch den König dem Oberkommissar der Mächte vorgelegt, der sich
damit einverstanden erklärte. Sie lautete kurz und würdig: "Seine Majestät der
König, wie immer allein auf das Interesse Griechenlands bedacht, hat sich ent¬
schlossen, mit dem Erbprinzen das Land zu verlassen und hat als Nachfolger
seinen Sohn Alexander bezeichnet." Übergeben wurde die Antwort, in welcher
gemäß der mündlichen Erklärung Jounarts von einer Thronentsagung des Königs
nicht die Rede war, erst am 12. Juni, morgens 8 Uhr.

Als das Volk von dieser Entscheidung erfuhr, bemächtigte sich seiner tiefste
Niedergeschlagenheit. Alle Glocken der Stadt läuteten zum Zeichen der Trauer.
Die Wohnstätte des Königspaares, das sogenannte Kronprinzenpalais, war von
einer nach Tausenden zählenden Menge umringt, wie zwei Kahre zuvor in den
Tagen der schweren Erkrankung des Königs. Zahlreichs Deputationen begaben
sich zum König, um ihn zu bitten, er möge seine Entscheidung zurücknehmen;
andere Deputationen bestürmten die Minister. Man läßt den König wissen, daß
man seine Abreise mit Gewalt verhindern werde: die Entgegnung des Königs
ist unentwegt nur eine Mahnung zur Ruhe und zur Disziplin. Nicht anders
antwortet er einer Abordnung der in Athen garnisonierenden Offiziere, nicht anders
einer Abordnung, die sich aus den Vorsitzenden der städtischen Korporationen zu¬
sammensetzte: "Wenn ich, geboren und erzogen in Athen und Grieche bis auf
das Mark der Knochen, mich zur Abreise entschließe, so tue ich es nur, Sie ver¬
stehen mich wohl, um "nein Volk und mein Land zu retten."
°

V-3 Uhr morgens. Durch eine kleine Seitentüre sucht die kömgliche Familie
das Freie zu gewinnen und ihr Automobil zu besteigen. Aber die Palastwände
wirft sich vor die Räder zum Zeichen, daß der Wagen über ihre Körper hinweg¬
gehen müsse-, die Volksmenge bildet einen undurchdringlichen Wall. Zwei andere
Versuche, den Palast zu verlassen, bleiben gleichermaßen vergeblich.

Gegen 10 Uhr erscheint in einer Sonderaufgabe des Staatsanzeigers die
Proklamation des Königs mit der vom Oberkommissar gebilligten Entscheidung.
Sie endigt: "Und damit das Opfer für das Vaterland nicht vergeblich sei. be¬
schwöre ich euch alle, wenn ihr Gott liebt, wenn ihr euer Vaterland liebt, wenn
ihr endlich mich selbst liebt, in keiner Weise die Ordnung zu stören und im Ge¬
horsam zu verharren. Die geringste Verfehlung, selbst wenn sie einem gehobenen
Gefühl entstammt, kann heute das schlimmste Unheil herbeiführen. In diesem
Augenblicke besteht der größte Trost für die Königin und für mich in der Liebe
und der Ergebenheit, die ihr uns immer bezeugt habt, in den Tagen des Glückes
wie denen des Unglücks. Gott schütze Griechenland!"

Andererseits wird eine offizielle Mitteilung des Oberkommissars kundgegeben,
er habe den Ministerpräsidenten um die Ermächtigung gebeten, einige Truppen
im Piräus auszuschiffen, weil man sie und die Tiere aus hygienischen Gründen (I)
unmöglich länger an Bord lassen könne; im Piräus aber gebe es Trinkwasser
und Lebensmittel: "Der Piräus ist der einzig günstige Ort für eine Landung.
Ich hoffe, daß unsere Truppen die besten Bedingungen finden werden, um dort
die Nacht zu verbringen und Kräfte zu sammeln, um morgen nach Mazedonien
abzureisen und den Kampf gegen die Erbfeinde Griechenlands, die Türken und
die Bulgaren, wieder aufzunehmen. Unsere Soldaten werden glücklich sein, sich
mit der griechischen Bevölkerung zu verbrüdern. Und wenn sie in ihre Schützen¬
gräben zurückkehren, überzeugt, daß sie friedlich an der Einheit Griechenlands
mitgearbeitet haben, so werden sie, ich bin dessen sicher, ihren kurzen Aufenthalt
auf dem glorreichen Boden Attikas in der dankbarsten Erinnerung behalten."
Man weiß nicht, ob man über diese phrasenhafte Unehrlichkeit mehr erstaunen
oder sich entrüsten soll.


bereiten. Die Gesandten der drei «schutzmächte waren aus Athen verschwunden,
man wußte nicht wohin.

In einem Ministerrate am Nachmittage, in welchem der König noch einmal
seinen unwiderruflichen Entschluß kundgab, wurde die Antwort auf das Ultimatum
der „Schutzmächte" festgestellt, vom Ministerpräsidenten Za'imis redigiert und nach
Billigung durch den König dem Oberkommissar der Mächte vorgelegt, der sich
damit einverstanden erklärte. Sie lautete kurz und würdig: „Seine Majestät der
König, wie immer allein auf das Interesse Griechenlands bedacht, hat sich ent¬
schlossen, mit dem Erbprinzen das Land zu verlassen und hat als Nachfolger
seinen Sohn Alexander bezeichnet." Übergeben wurde die Antwort, in welcher
gemäß der mündlichen Erklärung Jounarts von einer Thronentsagung des Königs
nicht die Rede war, erst am 12. Juni, morgens 8 Uhr.

Als das Volk von dieser Entscheidung erfuhr, bemächtigte sich seiner tiefste
Niedergeschlagenheit. Alle Glocken der Stadt läuteten zum Zeichen der Trauer.
Die Wohnstätte des Königspaares, das sogenannte Kronprinzenpalais, war von
einer nach Tausenden zählenden Menge umringt, wie zwei Kahre zuvor in den
Tagen der schweren Erkrankung des Königs. Zahlreichs Deputationen begaben
sich zum König, um ihn zu bitten, er möge seine Entscheidung zurücknehmen;
andere Deputationen bestürmten die Minister. Man läßt den König wissen, daß
man seine Abreise mit Gewalt verhindern werde: die Entgegnung des Königs
ist unentwegt nur eine Mahnung zur Ruhe und zur Disziplin. Nicht anders
antwortet er einer Abordnung der in Athen garnisonierenden Offiziere, nicht anders
einer Abordnung, die sich aus den Vorsitzenden der städtischen Korporationen zu¬
sammensetzte: „Wenn ich, geboren und erzogen in Athen und Grieche bis auf
das Mark der Knochen, mich zur Abreise entschließe, so tue ich es nur, Sie ver¬
stehen mich wohl, um »nein Volk und mein Land zu retten."
°

V-3 Uhr morgens. Durch eine kleine Seitentüre sucht die kömgliche Familie
das Freie zu gewinnen und ihr Automobil zu besteigen. Aber die Palastwände
wirft sich vor die Räder zum Zeichen, daß der Wagen über ihre Körper hinweg¬
gehen müsse-, die Volksmenge bildet einen undurchdringlichen Wall. Zwei andere
Versuche, den Palast zu verlassen, bleiben gleichermaßen vergeblich.

Gegen 10 Uhr erscheint in einer Sonderaufgabe des Staatsanzeigers die
Proklamation des Königs mit der vom Oberkommissar gebilligten Entscheidung.
Sie endigt: „Und damit das Opfer für das Vaterland nicht vergeblich sei. be¬
schwöre ich euch alle, wenn ihr Gott liebt, wenn ihr euer Vaterland liebt, wenn
ihr endlich mich selbst liebt, in keiner Weise die Ordnung zu stören und im Ge¬
horsam zu verharren. Die geringste Verfehlung, selbst wenn sie einem gehobenen
Gefühl entstammt, kann heute das schlimmste Unheil herbeiführen. In diesem
Augenblicke besteht der größte Trost für die Königin und für mich in der Liebe
und der Ergebenheit, die ihr uns immer bezeugt habt, in den Tagen des Glückes
wie denen des Unglücks. Gott schütze Griechenland!"

Andererseits wird eine offizielle Mitteilung des Oberkommissars kundgegeben,
er habe den Ministerpräsidenten um die Ermächtigung gebeten, einige Truppen
im Piräus auszuschiffen, weil man sie und die Tiere aus hygienischen Gründen (I)
unmöglich länger an Bord lassen könne; im Piräus aber gebe es Trinkwasser
und Lebensmittel: „Der Piräus ist der einzig günstige Ort für eine Landung.
Ich hoffe, daß unsere Truppen die besten Bedingungen finden werden, um dort
die Nacht zu verbringen und Kräfte zu sammeln, um morgen nach Mazedonien
abzureisen und den Kampf gegen die Erbfeinde Griechenlands, die Türken und
die Bulgaren, wieder aufzunehmen. Unsere Soldaten werden glücklich sein, sich
mit der griechischen Bevölkerung zu verbrüdern. Und wenn sie in ihre Schützen¬
gräben zurückkehren, überzeugt, daß sie friedlich an der Einheit Griechenlands
mitgearbeitet haben, so werden sie, ich bin dessen sicher, ihren kurzen Aufenthalt
auf dem glorreichen Boden Attikas in der dankbarsten Erinnerung behalten."
Man weiß nicht, ob man über diese phrasenhafte Unehrlichkeit mehr erstaunen
oder sich entrüsten soll.


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[0172] bereiten. Die Gesandten der drei «schutzmächte waren aus Athen verschwunden, man wußte nicht wohin. In einem Ministerrate am Nachmittage, in welchem der König noch einmal seinen unwiderruflichen Entschluß kundgab, wurde die Antwort auf das Ultimatum der „Schutzmächte" festgestellt, vom Ministerpräsidenten Za'imis redigiert und nach Billigung durch den König dem Oberkommissar der Mächte vorgelegt, der sich damit einverstanden erklärte. Sie lautete kurz und würdig: „Seine Majestät der König, wie immer allein auf das Interesse Griechenlands bedacht, hat sich ent¬ schlossen, mit dem Erbprinzen das Land zu verlassen und hat als Nachfolger seinen Sohn Alexander bezeichnet." Übergeben wurde die Antwort, in welcher gemäß der mündlichen Erklärung Jounarts von einer Thronentsagung des Königs nicht die Rede war, erst am 12. Juni, morgens 8 Uhr. Als das Volk von dieser Entscheidung erfuhr, bemächtigte sich seiner tiefste Niedergeschlagenheit. Alle Glocken der Stadt läuteten zum Zeichen der Trauer. Die Wohnstätte des Königspaares, das sogenannte Kronprinzenpalais, war von einer nach Tausenden zählenden Menge umringt, wie zwei Kahre zuvor in den Tagen der schweren Erkrankung des Königs. Zahlreichs Deputationen begaben sich zum König, um ihn zu bitten, er möge seine Entscheidung zurücknehmen; andere Deputationen bestürmten die Minister. Man läßt den König wissen, daß man seine Abreise mit Gewalt verhindern werde: die Entgegnung des Königs ist unentwegt nur eine Mahnung zur Ruhe und zur Disziplin. Nicht anders antwortet er einer Abordnung der in Athen garnisonierenden Offiziere, nicht anders einer Abordnung, die sich aus den Vorsitzenden der städtischen Korporationen zu¬ sammensetzte: „Wenn ich, geboren und erzogen in Athen und Grieche bis auf das Mark der Knochen, mich zur Abreise entschließe, so tue ich es nur, Sie ver¬ stehen mich wohl, um »nein Volk und mein Land zu retten." ° V-3 Uhr morgens. Durch eine kleine Seitentüre sucht die kömgliche Familie das Freie zu gewinnen und ihr Automobil zu besteigen. Aber die Palastwände wirft sich vor die Räder zum Zeichen, daß der Wagen über ihre Körper hinweg¬ gehen müsse-, die Volksmenge bildet einen undurchdringlichen Wall. Zwei andere Versuche, den Palast zu verlassen, bleiben gleichermaßen vergeblich. Gegen 10 Uhr erscheint in einer Sonderaufgabe des Staatsanzeigers die Proklamation des Königs mit der vom Oberkommissar gebilligten Entscheidung. Sie endigt: „Und damit das Opfer für das Vaterland nicht vergeblich sei. be¬ schwöre ich euch alle, wenn ihr Gott liebt, wenn ihr euer Vaterland liebt, wenn ihr endlich mich selbst liebt, in keiner Weise die Ordnung zu stören und im Ge¬ horsam zu verharren. Die geringste Verfehlung, selbst wenn sie einem gehobenen Gefühl entstammt, kann heute das schlimmste Unheil herbeiführen. In diesem Augenblicke besteht der größte Trost für die Königin und für mich in der Liebe und der Ergebenheit, die ihr uns immer bezeugt habt, in den Tagen des Glückes wie denen des Unglücks. Gott schütze Griechenland!" Andererseits wird eine offizielle Mitteilung des Oberkommissars kundgegeben, er habe den Ministerpräsidenten um die Ermächtigung gebeten, einige Truppen im Piräus auszuschiffen, weil man sie und die Tiere aus hygienischen Gründen (I) unmöglich länger an Bord lassen könne; im Piräus aber gebe es Trinkwasser und Lebensmittel: „Der Piräus ist der einzig günstige Ort für eine Landung. Ich hoffe, daß unsere Truppen die besten Bedingungen finden werden, um dort die Nacht zu verbringen und Kräfte zu sammeln, um morgen nach Mazedonien abzureisen und den Kampf gegen die Erbfeinde Griechenlands, die Türken und die Bulgaren, wieder aufzunehmen. Unsere Soldaten werden glücklich sein, sich mit der griechischen Bevölkerung zu verbrüdern. Und wenn sie in ihre Schützen¬ gräben zurückkehren, überzeugt, daß sie friedlich an der Einheit Griechenlands mitgearbeitet haben, so werden sie, ich bin dessen sicher, ihren kurzen Aufenthalt auf dem glorreichen Boden Attikas in der dankbarsten Erinnerung behalten." Man weiß nicht, ob man über diese phrasenhafte Unehrlichkeit mehr erstaunen oder sich entrüsten soll.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/172>, abgerufen am 25.08.2024.