Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.König Ronstantins Sturz Balkanpolitik, was eine Lösung der südslavischen Frage zur Voraussetzung hätte, Aönig Konstantins Aturz Universitätsprofessor Dr. Engelbert Drerup von in Weltkriege vergißt man schnell, da stets neue gewaltige Ereignisse Was damals die Zeitungen zu berichten wußten, stammte durchweg aus König Ronstantins Sturz Balkanpolitik, was eine Lösung der südslavischen Frage zur Voraussetzung hätte, Aönig Konstantins Aturz Universitätsprofessor Dr. Engelbert Drerup von in Weltkriege vergißt man schnell, da stets neue gewaltige Ereignisse Was damals die Zeitungen zu berichten wußten, stammte durchweg aus <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0168" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333265"/> <fw type="header" place="top"> König Ronstantins Sturz</fw><lb/> <p xml:id="ID_578" prev="#ID_577"> Balkanpolitik, was eine Lösung der südslavischen Frage zur Voraussetzung hätte,<lb/> sondern die Gewinnung von Rechtstiteln von Freund und Feind auf allen Grenzen,<lb/> mit denen sich unter friedlicheren Verhältnissen Handel treiben ließe.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aönig Konstantins Aturz<lb/><note type="byline"> Universitätsprofessor Dr. Engelbert Drerup</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_579"> in Weltkriege vergißt man schnell, da stets neue gewaltige Ereignisse<lb/> und politische Sensationen schon die jüngste Vergangenheit verdecken<lb/> und so auch das, was eben noch als ein allersch mählichstes Unrecht<lb/> erschien, als etwas Unabänderliches, fast schon Gleichgültiges hin¬<lb/> nehmen lassen. Um so wichtiger ist es, von Zeit zu Zeit den Blick<lb/> rückwärts zurichtenund einzelne Geschehnisse, diem dem gewaltigen Völ-<lb/> kernngcn als Höhepunkt und Abschluß einer Entwicklung aufragen, schärfer ins Auge zu<lb/> fassen, als das im Strudel der sich überstürzenden alltäglichen Dinge möglich ist.<lb/> So steht in dem Kampfe, den der Vielverband heute gegen die noch neutralen<lb/> Staaten führt, um sie an seiner Seite in den Krieg hineinzuzwingen, als warnendes<lb/> Beispiel aufgerichtet das tragische Schicksal des kleinen Griechenlands, das seine<lb/> durch fast drei Jahre ängstlich behütete Neutralität schließlich mit vollem Zu-<lb/> sammLttbruche und Auslieferung auf Gnade und Ungnade an die Willkür der<lb/> Entente bezahlen mußte. Seinen vorläufigen Abschluß hat dieses Volksdrama,<lb/> dessen frühere Phasen ich in meinen „Griechen von heute" (M.°Gladbach 1917)<lb/> kurz geschildert habe, in der Entthronung König Konstantins gefunden, die im<lb/> Juni des vorigen Jahres nicht nur bei den Mittemächten, sondern auch bei den<lb/> Neutralen einen Schrei des Entsetzens aufgelöst hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_580"> Was damals die Zeitungen zu berichten wußten, stammte durchweg aus<lb/> den gefärbten Mitteilungen feindlicher Telegraphenagmturen, die den flagranten<lb/> Bruch des Völkerrechtes natürlich auf alle Weise zu beschönigen suchten: unsere<lb/> unmittelbare Verbindung mit Griechenland war ja bereits seit einem, Jahre, seit<lb/> der Ausbreitung der Sarrail-Armee auf Florina und Kastoria, abgerissen. Nach¬<lb/> dem aber König Konstantin mit seinem Gefolge den gastlichen Boden der — noch<lb/> freien — Schweiz betreten hat, war auch die Möglichkeit authentischer Aufklärung<lb/> gegeben, die nun in der Tat nicht lange auf sich hat warten lassen. Diese Auf¬<lb/> klärung bietet eine kleine Schrift „l^e 66part an rc>i Lonstantin. Vorn^s inöckitss.<lb/> OoLumsrits" (Publication cle I'„Union nellöniczuö als Zuisse". (lLnc^ve 1^17.<lb/> 48 S.), die ich der Güte von Dr. Streit, Minister des königlichen Hauses von<lb/> Griechenland, verdanke. In dem vom 18. Juli 1917 datierten Vorworte der<lb/> Broschüre, die die inhaltsschweren Tage vom 10. bis 14. Juni 1917 schildern will,<lb/> versichert der ungenannte Verfasser, daß er seine Informationen den authentischsten<lb/> Quellen entnehme („aux sourLes les plus autorisöes, qrmnt K ce cui conoerne<lb/> notAinment Is Lote ckiplonmticme") und im übrigen nnr das erzähle, was er mit<lb/> eigenen Augen gesehen oder durch detaillierte Berichte griechischer Zeitungen er¬<lb/> fahren habe. Kurze Noten, die von der herausgebenden Gesellschaft beigefügt<lb/> worden sind, verweisen auf wichtige Vorkommnisse der späteren Entwicklung, wo¬<lb/> durch die Hinterhältigkeit und Wortbrüchigkeit der „Schutzmächte" in ein Helles<lb/> Licht tritt. ^</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0168]
König Ronstantins Sturz
Balkanpolitik, was eine Lösung der südslavischen Frage zur Voraussetzung hätte,
sondern die Gewinnung von Rechtstiteln von Freund und Feind auf allen Grenzen,
mit denen sich unter friedlicheren Verhältnissen Handel treiben ließe.
Aönig Konstantins Aturz
Universitätsprofessor Dr. Engelbert Drerup von
in Weltkriege vergißt man schnell, da stets neue gewaltige Ereignisse
und politische Sensationen schon die jüngste Vergangenheit verdecken
und so auch das, was eben noch als ein allersch mählichstes Unrecht
erschien, als etwas Unabänderliches, fast schon Gleichgültiges hin¬
nehmen lassen. Um so wichtiger ist es, von Zeit zu Zeit den Blick
rückwärts zurichtenund einzelne Geschehnisse, diem dem gewaltigen Völ-
kernngcn als Höhepunkt und Abschluß einer Entwicklung aufragen, schärfer ins Auge zu
fassen, als das im Strudel der sich überstürzenden alltäglichen Dinge möglich ist.
So steht in dem Kampfe, den der Vielverband heute gegen die noch neutralen
Staaten führt, um sie an seiner Seite in den Krieg hineinzuzwingen, als warnendes
Beispiel aufgerichtet das tragische Schicksal des kleinen Griechenlands, das seine
durch fast drei Jahre ängstlich behütete Neutralität schließlich mit vollem Zu-
sammLttbruche und Auslieferung auf Gnade und Ungnade an die Willkür der
Entente bezahlen mußte. Seinen vorläufigen Abschluß hat dieses Volksdrama,
dessen frühere Phasen ich in meinen „Griechen von heute" (M.°Gladbach 1917)
kurz geschildert habe, in der Entthronung König Konstantins gefunden, die im
Juni des vorigen Jahres nicht nur bei den Mittemächten, sondern auch bei den
Neutralen einen Schrei des Entsetzens aufgelöst hat.
Was damals die Zeitungen zu berichten wußten, stammte durchweg aus
den gefärbten Mitteilungen feindlicher Telegraphenagmturen, die den flagranten
Bruch des Völkerrechtes natürlich auf alle Weise zu beschönigen suchten: unsere
unmittelbare Verbindung mit Griechenland war ja bereits seit einem, Jahre, seit
der Ausbreitung der Sarrail-Armee auf Florina und Kastoria, abgerissen. Nach¬
dem aber König Konstantin mit seinem Gefolge den gastlichen Boden der — noch
freien — Schweiz betreten hat, war auch die Möglichkeit authentischer Aufklärung
gegeben, die nun in der Tat nicht lange auf sich hat warten lassen. Diese Auf¬
klärung bietet eine kleine Schrift „l^e 66part an rc>i Lonstantin. Vorn^s inöckitss.
OoLumsrits" (Publication cle I'„Union nellöniczuö als Zuisse". (lLnc^ve 1^17.
48 S.), die ich der Güte von Dr. Streit, Minister des königlichen Hauses von
Griechenland, verdanke. In dem vom 18. Juli 1917 datierten Vorworte der
Broschüre, die die inhaltsschweren Tage vom 10. bis 14. Juni 1917 schildern will,
versichert der ungenannte Verfasser, daß er seine Informationen den authentischsten
Quellen entnehme („aux sourLes les plus autorisöes, qrmnt K ce cui conoerne
notAinment Is Lote ckiplonmticme") und im übrigen nnr das erzähle, was er mit
eigenen Augen gesehen oder durch detaillierte Berichte griechischer Zeitungen er¬
fahren habe. Kurze Noten, die von der herausgebenden Gesellschaft beigefügt
worden sind, verweisen auf wichtige Vorkommnisse der späteren Entwicklung, wo¬
durch die Hinterhältigkeit und Wortbrüchigkeit der „Schutzmächte" in ein Helles
Licht tritt. ^
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