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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht

erschien berufen, die Führung dieser Bewegung zu übernehmen: sein Ansehen
in der deutschen Gelehrtenwelt, sein Ruf als Forscher und Lehrer des Völker¬
rechtes und besonders des internationalen Privatrechtes auch im Ausland, der
ihm gerade vor Ausdruck) des Krieges den ehrenvollen Auftrag eingebracht
hatte, als Austauschprofesfor (Kaiser-Wilhelm-Professor) nach Amerika zu gehen
und in Neunork Vorlesungen über internationales Recht zu halten, ebenso wie
sein Einfluß als Mitglied des Institutes und der I. L. A. gewährleisteten eine
kraftvolle Zusammenfassung der deutschen Wissenschaft und deren wirksame Ver¬
tretung im Verhältnis zu der VMerrechtswissenschaft der übrigen zivilisierten
Länder.

Fast ausnahmslos folgte die deutsche Völkerrechtswissenschaft dem Rufe
zur Sammlung und es konnte die "Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht" ge¬
gründet werden. Als Ziel der Gesellschaft ergab sich von selbst die Förderung
des Völkerrechtes und seiner Wissenschaft. Der wichtigste Gegenstand der ersten
Beratungen der jungen Körperschaft war die Festlegung der Wege, auf denen
das Ziel erreicht werden sollte; es galt zu..prüfen. inwieweit die Mittel und
Wege der bestehenden Völkerrechtsgemeinschaften, besonders des I. D. D. I.
und der I. L. A. für die Gesellschaft als Vorbild dienen konnten.

Verlockend erschien es manchem Gelehrten, ein exklusives Gelehrtenkonzil
von wenigen anerkannten Männern der Wissenschaft zu bilden, ähnlich dem
Institut, doch allgemein brach sich die Erkenntnis Bahn, daß eine solche Körper¬
schaft nicht imstande sein würde, die unendlich mannigfachen Aufgaben, die der
Gesellschaft harren, restlos zu erfüllen. Galt es doch nicht nur, deutsche Rechts¬
anschauung in der nach dem Kriege einsetzenden Ausgleichsbewegung auf dem
Gebiete des internationalen Rechtsverkehres wohl vorbereitet und einheitlich
zur Geltung zu bringen, sondern ganz besonders auch den vielfachen Bedürf¬
nissen des gesamten deutschen Wirtschaftslebens, soweit es immer mit dem
Weltrecht zusammenhängt, Rechnung zu tragen und den Interessen der deutschen
Seefahrt, des deutschen Handels und der deutschen Gütererzeugung aller Art
gesammelt und möglichst in sich ausgeglichen durch die beste und wirkungs¬
vollste Vertretung Anerkennung zu verschaffen. Solche Aufgaben konnte nur
eine Körperschaft übernehmen, die. ohne die Vorteile des Institutes zu ent¬
behren, sich auch die Mittel der I. L. A. zu eigen machte.

Die Zeiten sind endgültig vorüber, da die unabsehbare Fülle zwischen¬
staatlichen Rechtslebens sich in Grundsätze und Formen pressen läßt, die der
Gelehrte einsam an seinem Schreibtisch trefflich ausgestaltet, wo jede Fach¬
wissenschaft getrennt von den übrigen ihre eigenen Wege geht. Heute wird in
keinem Fache mehr als gerade in der Völkerrechtswissenschaft das Bedürfnis
empfunden, mit der Geschichtswissenschaft, der Volkswirtschaftslehre, der Politik,
der geographischen Wissenschaft und anderem zusammenzuarbeiten, deren Ergebnisse
zu verwerten und deren Ziele zu berücksichtigen. Soll praktisch brauchbare und wert¬
volle Arbeit geleistet werden, kann gerade die Völkerrechtswissenschaft auch der


Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht

erschien berufen, die Führung dieser Bewegung zu übernehmen: sein Ansehen
in der deutschen Gelehrtenwelt, sein Ruf als Forscher und Lehrer des Völker¬
rechtes und besonders des internationalen Privatrechtes auch im Ausland, der
ihm gerade vor Ausdruck) des Krieges den ehrenvollen Auftrag eingebracht
hatte, als Austauschprofesfor (Kaiser-Wilhelm-Professor) nach Amerika zu gehen
und in Neunork Vorlesungen über internationales Recht zu halten, ebenso wie
sein Einfluß als Mitglied des Institutes und der I. L. A. gewährleisteten eine
kraftvolle Zusammenfassung der deutschen Wissenschaft und deren wirksame Ver¬
tretung im Verhältnis zu der VMerrechtswissenschaft der übrigen zivilisierten
Länder.

Fast ausnahmslos folgte die deutsche Völkerrechtswissenschaft dem Rufe
zur Sammlung und es konnte die „Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht" ge¬
gründet werden. Als Ziel der Gesellschaft ergab sich von selbst die Förderung
des Völkerrechtes und seiner Wissenschaft. Der wichtigste Gegenstand der ersten
Beratungen der jungen Körperschaft war die Festlegung der Wege, auf denen
das Ziel erreicht werden sollte; es galt zu..prüfen. inwieweit die Mittel und
Wege der bestehenden Völkerrechtsgemeinschaften, besonders des I. D. D. I.
und der I. L. A. für die Gesellschaft als Vorbild dienen konnten.

Verlockend erschien es manchem Gelehrten, ein exklusives Gelehrtenkonzil
von wenigen anerkannten Männern der Wissenschaft zu bilden, ähnlich dem
Institut, doch allgemein brach sich die Erkenntnis Bahn, daß eine solche Körper¬
schaft nicht imstande sein würde, die unendlich mannigfachen Aufgaben, die der
Gesellschaft harren, restlos zu erfüllen. Galt es doch nicht nur, deutsche Rechts¬
anschauung in der nach dem Kriege einsetzenden Ausgleichsbewegung auf dem
Gebiete des internationalen Rechtsverkehres wohl vorbereitet und einheitlich
zur Geltung zu bringen, sondern ganz besonders auch den vielfachen Bedürf¬
nissen des gesamten deutschen Wirtschaftslebens, soweit es immer mit dem
Weltrecht zusammenhängt, Rechnung zu tragen und den Interessen der deutschen
Seefahrt, des deutschen Handels und der deutschen Gütererzeugung aller Art
gesammelt und möglichst in sich ausgeglichen durch die beste und wirkungs¬
vollste Vertretung Anerkennung zu verschaffen. Solche Aufgaben konnte nur
eine Körperschaft übernehmen, die. ohne die Vorteile des Institutes zu ent¬
behren, sich auch die Mittel der I. L. A. zu eigen machte.

Die Zeiten sind endgültig vorüber, da die unabsehbare Fülle zwischen¬
staatlichen Rechtslebens sich in Grundsätze und Formen pressen läßt, die der
Gelehrte einsam an seinem Schreibtisch trefflich ausgestaltet, wo jede Fach¬
wissenschaft getrennt von den übrigen ihre eigenen Wege geht. Heute wird in
keinem Fache mehr als gerade in der Völkerrechtswissenschaft das Bedürfnis
empfunden, mit der Geschichtswissenschaft, der Volkswirtschaftslehre, der Politik,
der geographischen Wissenschaft und anderem zusammenzuarbeiten, deren Ergebnisse
zu verwerten und deren Ziele zu berücksichtigen. Soll praktisch brauchbare und wert¬
volle Arbeit geleistet werden, kann gerade die Völkerrechtswissenschaft auch der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/28>, abgerufen am 01.09.2024.