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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht

der Tagung der I. L. A. zu Paris als Landesgruppe dieser Körperschaft nach
Vorbild schon vorhandener Landesgruppen die "Deutsche Vereinigung für inter-
nationales Recht" gegründet, seit deren Gründung sich bis zum Kriege in Deutsch¬
land eine lebhafte Bewegung für die Ziele und Bestrebungen der Muttergesell¬
schaft entwickelte*). Für das Wachsen des deutschen Einflusses in beiden Gesell¬
schaften ist es bezeichnend, daß beide Gesellschaften im Jahre 1913 beschlossen,
Tagungen in Deutschland abzuhalten. Das Institut unter Harburgers Vorsitz
in München im Jahre 1914, die I. L. A. in Hamburg sür 1915.

Kurz vor dem Kongresse der I. L. A. im Haag brach der Krieg aus.

Bald nach Ausbruch des Krieges 1914 trat an die "Deutsche Vereinigung
für Internationales Recht" die Frage heran, wie sich ihr Verhältnis zur I. L. A.
gestalten solle. Bei der Abhängigkeit von dem Executive Comitee in London
wurde ein Zusammenarbeiten im Rahmen der I. L, A. als zurzeit unmöglich
anerkannt. Aber auch eine selbständige Wirksamkeit der D. V. f. I. R. war äußerst
erschwert, schon deshalb, weil nach den geltenden Satzungen weder die Aufnahme
"euer Mitglieder noch die Erhebung von Beiträgen in der deutschen Landes-
gruppe ohne das Executive Comitee erfolgen konnte. Es wurde trotzdem be¬
schlossen, daß die Deutsche Vereinigung f. I. R. bis zur Herstellung friedlicher
Beziehungen selbständig arbeiten, und sowohl Mitglieder aufnehmen, als Bei¬
träge erheben solle.

Die beteiligten deutschen Kreise, sowohl die Vertreter der Wissenschaft wie
die Praktiker, insbesondere die Männer des Handels, der Schiffahrt, des Ver¬
sicherungswesens, die deutschen Handelskammern ließen sich nicht irre machen
an der Überzeugung, daß nach einem so empfindlichen Rückschläge und nach
einer so langen Stockung des internationalen Verkehres, wie sie der große
Krieg brachte, später auf dem ganzen Gebiete des internationalen Rechtes eine
mächtige Aufwärtsbewegung bevorstehe. notwendiger denn je erschien es daher,
die gesamte deutsche Völkerrechtswissenschast in eine kraftvolle Organisation zu¬
sammenzufassen und unter Voranstellung nationaler Bedürfnisse und Ziele eine
wirksame Vertretung deutscher Rechtsüberzeugung zu schaffen, die auch für die
Zukunft stark genug sein würde, die deutsche Völkerrechtswissenschaft von dem
Drucke englisch-amerikanischer und französischer Rechtsauffassung zu befreien.
Zu diesem Zwecke schien aber bei näherer Erwägung der erwähnte Beschluß
der deutschen Landesgruppe der I. L. A. nicht ausreichend. Es mußte nach
Meinung vieler eine neue Organisation geschaffen werden, frei von der äußer¬
lichen Fesselung durch zurzeit ausgeschaltete Auslandsbeziehungen, und auf
gänzlich neuen und freieren Grundlagen. Diese Aufgabe übernahm in erster
Linie Professor Theodor Niemener, der bekannte Vertreter der Wissenschaft des
Völkerrechtes und des internationalen Privatrechtes, im Verein mit anderen
hervorragenden Vertretern der deutschen Völkerrechtswissenschaft. Niemeyer



*) Rber die außerordentlich erfolgreiche Tätigkeit der Gesellschaft siehe Dr. Otto Nelke
in der "Zeitschrift für Völkerrecht", Bd. VIII.
Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht

der Tagung der I. L. A. zu Paris als Landesgruppe dieser Körperschaft nach
Vorbild schon vorhandener Landesgruppen die „Deutsche Vereinigung für inter-
nationales Recht" gegründet, seit deren Gründung sich bis zum Kriege in Deutsch¬
land eine lebhafte Bewegung für die Ziele und Bestrebungen der Muttergesell¬
schaft entwickelte*). Für das Wachsen des deutschen Einflusses in beiden Gesell¬
schaften ist es bezeichnend, daß beide Gesellschaften im Jahre 1913 beschlossen,
Tagungen in Deutschland abzuhalten. Das Institut unter Harburgers Vorsitz
in München im Jahre 1914, die I. L. A. in Hamburg sür 1915.

Kurz vor dem Kongresse der I. L. A. im Haag brach der Krieg aus.

Bald nach Ausbruch des Krieges 1914 trat an die „Deutsche Vereinigung
für Internationales Recht" die Frage heran, wie sich ihr Verhältnis zur I. L. A.
gestalten solle. Bei der Abhängigkeit von dem Executive Comitee in London
wurde ein Zusammenarbeiten im Rahmen der I. L, A. als zurzeit unmöglich
anerkannt. Aber auch eine selbständige Wirksamkeit der D. V. f. I. R. war äußerst
erschwert, schon deshalb, weil nach den geltenden Satzungen weder die Aufnahme
«euer Mitglieder noch die Erhebung von Beiträgen in der deutschen Landes-
gruppe ohne das Executive Comitee erfolgen konnte. Es wurde trotzdem be¬
schlossen, daß die Deutsche Vereinigung f. I. R. bis zur Herstellung friedlicher
Beziehungen selbständig arbeiten, und sowohl Mitglieder aufnehmen, als Bei¬
träge erheben solle.

Die beteiligten deutschen Kreise, sowohl die Vertreter der Wissenschaft wie
die Praktiker, insbesondere die Männer des Handels, der Schiffahrt, des Ver¬
sicherungswesens, die deutschen Handelskammern ließen sich nicht irre machen
an der Überzeugung, daß nach einem so empfindlichen Rückschläge und nach
einer so langen Stockung des internationalen Verkehres, wie sie der große
Krieg brachte, später auf dem ganzen Gebiete des internationalen Rechtes eine
mächtige Aufwärtsbewegung bevorstehe. notwendiger denn je erschien es daher,
die gesamte deutsche Völkerrechtswissenschast in eine kraftvolle Organisation zu¬
sammenzufassen und unter Voranstellung nationaler Bedürfnisse und Ziele eine
wirksame Vertretung deutscher Rechtsüberzeugung zu schaffen, die auch für die
Zukunft stark genug sein würde, die deutsche Völkerrechtswissenschaft von dem
Drucke englisch-amerikanischer und französischer Rechtsauffassung zu befreien.
Zu diesem Zwecke schien aber bei näherer Erwägung der erwähnte Beschluß
der deutschen Landesgruppe der I. L. A. nicht ausreichend. Es mußte nach
Meinung vieler eine neue Organisation geschaffen werden, frei von der äußer¬
lichen Fesselung durch zurzeit ausgeschaltete Auslandsbeziehungen, und auf
gänzlich neuen und freieren Grundlagen. Diese Aufgabe übernahm in erster
Linie Professor Theodor Niemener, der bekannte Vertreter der Wissenschaft des
Völkerrechtes und des internationalen Privatrechtes, im Verein mit anderen
hervorragenden Vertretern der deutschen Völkerrechtswissenschaft. Niemeyer



*) Rber die außerordentlich erfolgreiche Tätigkeit der Gesellschaft siehe Dr. Otto Nelke
in der „Zeitschrift für Völkerrecht", Bd. VIII.
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[0027] Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht der Tagung der I. L. A. zu Paris als Landesgruppe dieser Körperschaft nach Vorbild schon vorhandener Landesgruppen die „Deutsche Vereinigung für inter- nationales Recht" gegründet, seit deren Gründung sich bis zum Kriege in Deutsch¬ land eine lebhafte Bewegung für die Ziele und Bestrebungen der Muttergesell¬ schaft entwickelte*). Für das Wachsen des deutschen Einflusses in beiden Gesell¬ schaften ist es bezeichnend, daß beide Gesellschaften im Jahre 1913 beschlossen, Tagungen in Deutschland abzuhalten. Das Institut unter Harburgers Vorsitz in München im Jahre 1914, die I. L. A. in Hamburg sür 1915. Kurz vor dem Kongresse der I. L. A. im Haag brach der Krieg aus. Bald nach Ausbruch des Krieges 1914 trat an die „Deutsche Vereinigung für Internationales Recht" die Frage heran, wie sich ihr Verhältnis zur I. L. A. gestalten solle. Bei der Abhängigkeit von dem Executive Comitee in London wurde ein Zusammenarbeiten im Rahmen der I. L, A. als zurzeit unmöglich anerkannt. Aber auch eine selbständige Wirksamkeit der D. V. f. I. R. war äußerst erschwert, schon deshalb, weil nach den geltenden Satzungen weder die Aufnahme «euer Mitglieder noch die Erhebung von Beiträgen in der deutschen Landes- gruppe ohne das Executive Comitee erfolgen konnte. Es wurde trotzdem be¬ schlossen, daß die Deutsche Vereinigung f. I. R. bis zur Herstellung friedlicher Beziehungen selbständig arbeiten, und sowohl Mitglieder aufnehmen, als Bei¬ träge erheben solle. Die beteiligten deutschen Kreise, sowohl die Vertreter der Wissenschaft wie die Praktiker, insbesondere die Männer des Handels, der Schiffahrt, des Ver¬ sicherungswesens, die deutschen Handelskammern ließen sich nicht irre machen an der Überzeugung, daß nach einem so empfindlichen Rückschläge und nach einer so langen Stockung des internationalen Verkehres, wie sie der große Krieg brachte, später auf dem ganzen Gebiete des internationalen Rechtes eine mächtige Aufwärtsbewegung bevorstehe. notwendiger denn je erschien es daher, die gesamte deutsche Völkerrechtswissenschast in eine kraftvolle Organisation zu¬ sammenzufassen und unter Voranstellung nationaler Bedürfnisse und Ziele eine wirksame Vertretung deutscher Rechtsüberzeugung zu schaffen, die auch für die Zukunft stark genug sein würde, die deutsche Völkerrechtswissenschaft von dem Drucke englisch-amerikanischer und französischer Rechtsauffassung zu befreien. Zu diesem Zwecke schien aber bei näherer Erwägung der erwähnte Beschluß der deutschen Landesgruppe der I. L. A. nicht ausreichend. Es mußte nach Meinung vieler eine neue Organisation geschaffen werden, frei von der äußer¬ lichen Fesselung durch zurzeit ausgeschaltete Auslandsbeziehungen, und auf gänzlich neuen und freieren Grundlagen. Diese Aufgabe übernahm in erster Linie Professor Theodor Niemener, der bekannte Vertreter der Wissenschaft des Völkerrechtes und des internationalen Privatrechtes, im Verein mit anderen hervorragenden Vertretern der deutschen Völkerrechtswissenschaft. Niemeyer *) Rber die außerordentlich erfolgreiche Tätigkeit der Gesellschaft siehe Dr. Otto Nelke in der „Zeitschrift für Völkerrecht", Bd. VIII.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/27>, abgerufen am 01.09.2024.