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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht
Dr. to. Unorr von

s ist kein Zufall, daß im Jahre 1873 in Belgien die beiden
großen internationalen Vereinigungen der Völlerrechtswissenschast
gegründet wurden, die noch bis zum Beginn des großen Krieges
eine lebhafte und erfolgreiche Tätigkeit ausgeübt haben. Der
Deutsch-Französische Krieg war es, der sich als mächtiger Anreger
des internationalen Rechtes erwiesen hatte, nicht nur auf dem Gebiete des
Kriegsrechtes, obgleich dies damals nach den Erfahrungen des Krieges beson¬
derer Förderung bedürftig erschien, sondern auch auf anderen Gebieten des
zwischenstaatlichen Rechtsverkehrs.

Im September des Jahres 1873 wurde zu Gent auf Anregung des
belgischen Gelehrten und Staatsmannes Roten-Jacquemnns, damals Professor
des Völkerrechtes an der Genter Universität, und des berühmten Heidelberger
Völkerrechtslehrers Bluntschli das "Institut ac proie International" gegründet.
Im Oktober daraus trat zu Brüssel die "Association pour la retorme et la
coäikication an äroit ach (Zeus". später einfach "International l.axv ^sso-
eiation" genannt, zusammen.

Beide Vereinigungen hatten verwandte Ziele, beide die Regelung des
internationalen öffentlichen Rechtes, die Herbeiführung einheitlicher Grundsätze
auf dem Gebiete des internationalen Privatrechtes in den Gesetzgebungen aller
modernen Kulturstaaten und endlich das Wirken für internationale Schieds¬
gerichte und die Einsetzung eines ständigen Schiedsgerichtshofes. Trotz der
gleichen Ziele waren die Wege, die diese beiden in freundnachbarlichen Be¬
ziehungen gegründeten Gesellschaften zur Erreichung der Ziele einschlugen, ver¬
schieden.

Das "Institut 6e proie International" stellte eine rein wissenschaftliche
Körperschaft, gebildet aus einer engbegrenzten Zahl Rechtsgelehrter von an¬
erkannten Weltrufe auf dem Gebiete des Völkerrechtes, dar. Es sah vor allem
seine Aufgabe darin, das Völkerrecht auf eine streng wissenschaftliche Grundlage
zu stellen und zu diesem Zwecke eingehend zu erforschen. Das Institut hat im
Laufe der Jahre in meist ein um das andere Jahr stattfindenden Tagungen
eine Anzahl wichtiger Grundsätze für den internationalen Rechtsverkehr auf¬
gestellt und eine Reihe von Kodifizierungsentwürfen auf einzelnen Rechtsgebieten
ausgearbeitet, die einen entscheidenden Einfluß auf die internationale Rechts-




Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht
Dr. to. Unorr von

s ist kein Zufall, daß im Jahre 1873 in Belgien die beiden
großen internationalen Vereinigungen der Völlerrechtswissenschast
gegründet wurden, die noch bis zum Beginn des großen Krieges
eine lebhafte und erfolgreiche Tätigkeit ausgeübt haben. Der
Deutsch-Französische Krieg war es, der sich als mächtiger Anreger
des internationalen Rechtes erwiesen hatte, nicht nur auf dem Gebiete des
Kriegsrechtes, obgleich dies damals nach den Erfahrungen des Krieges beson¬
derer Förderung bedürftig erschien, sondern auch auf anderen Gebieten des
zwischenstaatlichen Rechtsverkehrs.

Im September des Jahres 1873 wurde zu Gent auf Anregung des
belgischen Gelehrten und Staatsmannes Roten-Jacquemnns, damals Professor
des Völkerrechtes an der Genter Universität, und des berühmten Heidelberger
Völkerrechtslehrers Bluntschli das „Institut ac proie International" gegründet.
Im Oktober daraus trat zu Brüssel die „Association pour la retorme et la
coäikication an äroit ach (Zeus". später einfach „International l.axv ^sso-
eiation" genannt, zusammen.

Beide Vereinigungen hatten verwandte Ziele, beide die Regelung des
internationalen öffentlichen Rechtes, die Herbeiführung einheitlicher Grundsätze
auf dem Gebiete des internationalen Privatrechtes in den Gesetzgebungen aller
modernen Kulturstaaten und endlich das Wirken für internationale Schieds¬
gerichte und die Einsetzung eines ständigen Schiedsgerichtshofes. Trotz der
gleichen Ziele waren die Wege, die diese beiden in freundnachbarlichen Be¬
ziehungen gegründeten Gesellschaften zur Erreichung der Ziele einschlugen, ver¬
schieden.

Das „Institut 6e proie International" stellte eine rein wissenschaftliche
Körperschaft, gebildet aus einer engbegrenzten Zahl Rechtsgelehrter von an¬
erkannten Weltrufe auf dem Gebiete des Völkerrechtes, dar. Es sah vor allem
seine Aufgabe darin, das Völkerrecht auf eine streng wissenschaftliche Grundlage
zu stellen und zu diesem Zwecke eingehend zu erforschen. Das Institut hat im
Laufe der Jahre in meist ein um das andere Jahr stattfindenden Tagungen
eine Anzahl wichtiger Grundsätze für den internationalen Rechtsverkehr auf¬
gestellt und eine Reihe von Kodifizierungsentwürfen auf einzelnen Rechtsgebieten
ausgearbeitet, die einen entscheidenden Einfluß auf die internationale Rechts-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/25>, abgerufen am 27.07.2024.