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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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dazu beitrug, dort dem französischen Namen Ansehen zu verschaffen, an den Emir
der Maroniten ist z, B. nur von einer Protektoratspflicht, aber von keinem Pro¬
tektoratsrecht die Rede. Auch im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, also
nach Beendigung der Kreuzzüge, nahm das offizielle Frankreich an dem Schutze
der Pilger durchaus keinen Anteil, die französischen Konsuln waren Beamte der
Städte Marseille und Narbonne, aber keine offiziellen Vertreter des französischen
Staates, wohl aber traten in Verhandlungen mit dem Sultan Regierungsbeamte
der Stadtstaaten Venedig und Genua auf und die erste fremdländische Vertretung
(1454) am Hofe des Sultan war nicht eine französische, sondern eine venetianische
und erst beinahe hundert Jahre später, im Jahre 1836, wird ein Vertreter des
französischen Staates bei der Pforte ernannt. Der Vertrag, der bei dieser Ge¬
legenheit zwischen dem französischen König Franz dem Ersten und dem Sultan
Suleiman zustande kam und der im wesentlichen nur besagt, daß die Katalanen
und Franzosen, sowie die anderen Nationen, sich sicher auf türkischem Boden be-
wegen können, also keinerlei Vorrechte für die Franzosen statuiert, ist auch nur
für die Lebensdauer beider Herrscher geschlossen gewesen, ist daher längst erloschen
und besitzt für die Gegenwart nur noch historisches, aber keinerlei materielles
Interesse.

Eine zweite Verordnung Suleimans vom Jahre 1569, die man gewöhnlich
als die erste Kapitulation zwischen der Pforte und Frankreich bezeichnet, setzt
allerdings ein gewisses Schutzrecht Frankreichs über Kaufleute gewisser fremder
Nationen fest. Als solche Nationen, die nur unter dem Schutz Frankreichs in der
Levante Handel treiben dürfen, werden in einer zweiten Kapitulation vom
Jahre 1580 Venedig. Genua, England, Portugal, Spanien, Catalonien, Sizilien,
Ankona und Ragusa genannt, aber schon zwölf Jahre darauf befreit sich England
.von dem französischen Protektorat und ernennt einen eigenen Vertreter bei der
Pforte. In den beiden folgenden Kapitulationen von den Jahren 1597 und 1604
wird den französischen Botschaftern und Konsuln der unbedingte Vorrang vor
denjenigen anderen von der Pforte anerkannter Staatsbeamten eingeräumt, wie
denn überhaupt zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts unter der weisen Regierung
Heinrichs des Vierten der Handel und der Einfluß Frankreichs in der Levante ihren
Höhepunkt erreicht haben. Dieser Zustand ändert sich mit dem plötzlichen Tode des
Königs; 1612 bekommt Holland einen gesonderten Vertreter, 1615 Österreich,
1637 Griechenland, 1665 Genua und 1684 bekamen alle in der Türkei woh-
nenden abendländischen Juden alle Vorrechte, welche den Franzosen eingeräumt
waren. Die wichtigste Handelsstadt Frankreichs, Marseille, emanzipiert sich gänzlich
vom Staate und von irgendeiner amtlichen Bevorzugung kann während des
siebzehnten Jahrhunderts, trotzdem 1673 eine fünfte Kapitulation geschlossen wurde,
nicht mehr die Rede sein. Zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts scheint der
französische Einfluß noch immer mehr im Sinken begriffen zu sein, wenigstens
segeln Genua, Sizilien, Neapel und Florenz nicht mehr unter französischer, sondern
unter englischer Flagge. Auch die 1740 nach dem Frieden von Belgrad erneuerte
sechste Kapitulation, die bis zum jetzigen Weltkrieg nominell in Kraft geblieben
ist, und die den eigentlichen Schlußstein in der Geschichte der Vorrechte und des
Einflusses von Frankreich in der Levante darstellt, bedeutet materiell äußerst
wenig, sie räumt zwar immer noch den französischen Botschaftern und Konsuln


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dazu beitrug, dort dem französischen Namen Ansehen zu verschaffen, an den Emir
der Maroniten ist z, B. nur von einer Protektoratspflicht, aber von keinem Pro¬
tektoratsrecht die Rede. Auch im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, also
nach Beendigung der Kreuzzüge, nahm das offizielle Frankreich an dem Schutze
der Pilger durchaus keinen Anteil, die französischen Konsuln waren Beamte der
Städte Marseille und Narbonne, aber keine offiziellen Vertreter des französischen
Staates, wohl aber traten in Verhandlungen mit dem Sultan Regierungsbeamte
der Stadtstaaten Venedig und Genua auf und die erste fremdländische Vertretung
(1454) am Hofe des Sultan war nicht eine französische, sondern eine venetianische
und erst beinahe hundert Jahre später, im Jahre 1836, wird ein Vertreter des
französischen Staates bei der Pforte ernannt. Der Vertrag, der bei dieser Ge¬
legenheit zwischen dem französischen König Franz dem Ersten und dem Sultan
Suleiman zustande kam und der im wesentlichen nur besagt, daß die Katalanen
und Franzosen, sowie die anderen Nationen, sich sicher auf türkischem Boden be-
wegen können, also keinerlei Vorrechte für die Franzosen statuiert, ist auch nur
für die Lebensdauer beider Herrscher geschlossen gewesen, ist daher längst erloschen
und besitzt für die Gegenwart nur noch historisches, aber keinerlei materielles
Interesse.

Eine zweite Verordnung Suleimans vom Jahre 1569, die man gewöhnlich
als die erste Kapitulation zwischen der Pforte und Frankreich bezeichnet, setzt
allerdings ein gewisses Schutzrecht Frankreichs über Kaufleute gewisser fremder
Nationen fest. Als solche Nationen, die nur unter dem Schutz Frankreichs in der
Levante Handel treiben dürfen, werden in einer zweiten Kapitulation vom
Jahre 1580 Venedig. Genua, England, Portugal, Spanien, Catalonien, Sizilien,
Ankona und Ragusa genannt, aber schon zwölf Jahre darauf befreit sich England
.von dem französischen Protektorat und ernennt einen eigenen Vertreter bei der
Pforte. In den beiden folgenden Kapitulationen von den Jahren 1597 und 1604
wird den französischen Botschaftern und Konsuln der unbedingte Vorrang vor
denjenigen anderen von der Pforte anerkannter Staatsbeamten eingeräumt, wie
denn überhaupt zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts unter der weisen Regierung
Heinrichs des Vierten der Handel und der Einfluß Frankreichs in der Levante ihren
Höhepunkt erreicht haben. Dieser Zustand ändert sich mit dem plötzlichen Tode des
Königs; 1612 bekommt Holland einen gesonderten Vertreter, 1615 Österreich,
1637 Griechenland, 1665 Genua und 1684 bekamen alle in der Türkei woh-
nenden abendländischen Juden alle Vorrechte, welche den Franzosen eingeräumt
waren. Die wichtigste Handelsstadt Frankreichs, Marseille, emanzipiert sich gänzlich
vom Staate und von irgendeiner amtlichen Bevorzugung kann während des
siebzehnten Jahrhunderts, trotzdem 1673 eine fünfte Kapitulation geschlossen wurde,
nicht mehr die Rede sein. Zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts scheint der
französische Einfluß noch immer mehr im Sinken begriffen zu sein, wenigstens
segeln Genua, Sizilien, Neapel und Florenz nicht mehr unter französischer, sondern
unter englischer Flagge. Auch die 1740 nach dem Frieden von Belgrad erneuerte
sechste Kapitulation, die bis zum jetzigen Weltkrieg nominell in Kraft geblieben
ist, und die den eigentlichen Schlußstein in der Geschichte der Vorrechte und des
Einflusses von Frankreich in der Levante darstellt, bedeutet materiell äußerst
wenig, sie räumt zwar immer noch den französischen Botschaftern und Konsuln


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[0138] Neue Bücher dazu beitrug, dort dem französischen Namen Ansehen zu verschaffen, an den Emir der Maroniten ist z, B. nur von einer Protektoratspflicht, aber von keinem Pro¬ tektoratsrecht die Rede. Auch im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, also nach Beendigung der Kreuzzüge, nahm das offizielle Frankreich an dem Schutze der Pilger durchaus keinen Anteil, die französischen Konsuln waren Beamte der Städte Marseille und Narbonne, aber keine offiziellen Vertreter des französischen Staates, wohl aber traten in Verhandlungen mit dem Sultan Regierungsbeamte der Stadtstaaten Venedig und Genua auf und die erste fremdländische Vertretung (1454) am Hofe des Sultan war nicht eine französische, sondern eine venetianische und erst beinahe hundert Jahre später, im Jahre 1836, wird ein Vertreter des französischen Staates bei der Pforte ernannt. Der Vertrag, der bei dieser Ge¬ legenheit zwischen dem französischen König Franz dem Ersten und dem Sultan Suleiman zustande kam und der im wesentlichen nur besagt, daß die Katalanen und Franzosen, sowie die anderen Nationen, sich sicher auf türkischem Boden be- wegen können, also keinerlei Vorrechte für die Franzosen statuiert, ist auch nur für die Lebensdauer beider Herrscher geschlossen gewesen, ist daher längst erloschen und besitzt für die Gegenwart nur noch historisches, aber keinerlei materielles Interesse. Eine zweite Verordnung Suleimans vom Jahre 1569, die man gewöhnlich als die erste Kapitulation zwischen der Pforte und Frankreich bezeichnet, setzt allerdings ein gewisses Schutzrecht Frankreichs über Kaufleute gewisser fremder Nationen fest. Als solche Nationen, die nur unter dem Schutz Frankreichs in der Levante Handel treiben dürfen, werden in einer zweiten Kapitulation vom Jahre 1580 Venedig. Genua, England, Portugal, Spanien, Catalonien, Sizilien, Ankona und Ragusa genannt, aber schon zwölf Jahre darauf befreit sich England .von dem französischen Protektorat und ernennt einen eigenen Vertreter bei der Pforte. In den beiden folgenden Kapitulationen von den Jahren 1597 und 1604 wird den französischen Botschaftern und Konsuln der unbedingte Vorrang vor denjenigen anderen von der Pforte anerkannter Staatsbeamten eingeräumt, wie denn überhaupt zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts unter der weisen Regierung Heinrichs des Vierten der Handel und der Einfluß Frankreichs in der Levante ihren Höhepunkt erreicht haben. Dieser Zustand ändert sich mit dem plötzlichen Tode des Königs; 1612 bekommt Holland einen gesonderten Vertreter, 1615 Österreich, 1637 Griechenland, 1665 Genua und 1684 bekamen alle in der Türkei woh- nenden abendländischen Juden alle Vorrechte, welche den Franzosen eingeräumt waren. Die wichtigste Handelsstadt Frankreichs, Marseille, emanzipiert sich gänzlich vom Staate und von irgendeiner amtlichen Bevorzugung kann während des siebzehnten Jahrhunderts, trotzdem 1673 eine fünfte Kapitulation geschlossen wurde, nicht mehr die Rede sein. Zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts scheint der französische Einfluß noch immer mehr im Sinken begriffen zu sein, wenigstens segeln Genua, Sizilien, Neapel und Florenz nicht mehr unter französischer, sondern unter englischer Flagge. Auch die 1740 nach dem Frieden von Belgrad erneuerte sechste Kapitulation, die bis zum jetzigen Weltkrieg nominell in Kraft geblieben ist, und die den eigentlichen Schlußstein in der Geschichte der Vorrechte und des Einflusses von Frankreich in der Levante darstellt, bedeutet materiell äußerst wenig, sie räumt zwar immer noch den französischen Botschaftern und Konsuln

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/138>, abgerufen am 09.11.2024.