Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.Iungelsaß und die neudeutsche Äultur aus. Für die disziplinierte Zurückhaltung des Korpsstudenten und für die Eine überaus glückliche Gründung mit positiv deutsch-kulturellen Zielen So sehen wir auf dem Gebiet wenigstens der halböffentlichen geselligen Iungelsaß und die neudeutsche Äultur aus. Für die disziplinierte Zurückhaltung des Korpsstudenten und für die Eine überaus glückliche Gründung mit positiv deutsch-kulturellen Zielen So sehen wir auf dem Gebiet wenigstens der halböffentlichen geselligen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0107" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/332822"/> <fw type="header" place="top"> Iungelsaß und die neudeutsche Äultur</fw><lb/> <p xml:id="ID_385" prev="#ID_384"> aus. Für die disziplinierte Zurückhaltung des Korpsstudenten und für die<lb/> burschikosen Ideale des forschen Schmelts hat er kein Verständnis. norddeutsche<lb/> Steifigkeit ist seinem salopperen, witzig-derben Umgangston aufs äußerste<lb/> zuwider. Er bevorzugt eine südlich gelöste vor der nordisch gestrafften Eleganz.<lb/> Die einzige gesellschaftliche Gründung von altdeutscher Seite, die im Elsaß sich<lb/> wirklich eingebürgert hat, ist der Vogesenklub. Man kann mit einigem Recht<lb/> sagen, daß erst die altdeutschen Einwanderer dem Elsässer seine eigenen Heimat¬<lb/> berge wirklich erschlossen haben. Im Vogesenklub haben sich in der Tat Alt'<lb/> deutsche und Einheimische — in der aufkommenden Generation fängt dieser<lb/> Gegensatz ja bereits an sich zu verwischen — in gemeinsamer Liebe zur wunder¬<lb/> vollen elsässischen Landschaft gefunden. Diese Einrichtung bietet zweifellos<lb/> Ansatzpunkte für eine weitere gesellschaftliche Annäherung, wenn der Verein<lb/> noch weiter nach der gesellschaftlichen Seite ausgebaut werden sollte. Auch die<lb/> Rolle, die die Vogesen in diesem Krieg gespielt haben und die besonders<lb/> gefärbte Anziehungskraft, die sie auf Wanderer aus allen deutschen Gauen<lb/> ausüben werden, dürfte dem Vogesenklub Gelegenheit zu fruchtbarer aufbauender<lb/> Gemeinschaftsarbeit geben.</p><lb/> <p xml:id="ID_386"> Eine überaus glückliche Gründung mit positiv deutsch-kulturellen Zielen<lb/> war die von deutschgesinnten Elsässern und Lothringern und von Altdeutschen<lb/> gemeinsam gestiftete „Elsaß-Lothringische Vereinigung", die die Antwort der<lb/> entschieden deutschen Kreise des Landes auf die Machenschaften der französischen<lb/> Nationalisten darstellte. Insbesondere hat sich der Deutschelsässer Wilhelm<lb/> Kapp, einer der gescheitesten und regsamsten Köpfe des Landes, mit der Gründung<lb/> und Leitung dieses Vereins um die Annäherung beider Bevölkerungskreise<lb/> namhafte Verdienste erworben. Während des Krieges hat sich aus dem Schoße<lb/> dieser Vereinigung eine „Straßburger Gesellschaft für deutsche Kultur" heraus¬<lb/> gestaltet, die einstweilen in engstem, geschlossenem Kreise, später jedoch auf ge¬<lb/> festigter und verbreiterter Grundlage die wegweisenden Kräfte einer boden¬<lb/> ständigen deutschelsüssischen Kultur um sich sammeln will.</p><lb/> <p xml:id="ID_387" next="#ID_388"> So sehen wir auf dem Gebiet wenigstens der halböffentlichen geselligen<lb/> Kultur — das deutsche Haus im Elsaß hält sich noch über Gebühr zurück —<lb/> Bewegungen im Gange, die auf einen ersprießlichen Fortgang der völligen<lb/> Verschmelzung des Elsässertums mit dem mütterlichen Deutschtum hoffen lassen.<lb/> Ganz in dieselbe Richtung weisen Symptome unserer jüngsten zeitgenössischen<lb/> Dichtung. Mit Stadler, Fiale. Schickele. Jsemann und manchen anderen hat<lb/> das junge Elsaß im deutschen Schrifttum der Gegenwart einen beachtlicher Platz<lb/> errungen. Auf architektonischem Gebiet hat sich z. B. der Straßburger Bonatz<lb/> über die Grenzen seiner engeren Heimat hinaus einen namhaften Ruf geschaffen.<lb/> Und wer die neuen Stadtteile Straßburgs oder Colmars durchschreitet oder<lb/> auf die neuen kommunalen Bauten des Landes sein Augenmerk richtet, wird<lb/> nicht daran zweifeln, daß das Land von der neudeutschen Kunstbewegung in<lb/> vollem Umfang mitergriffen ist. Hier braucht nicht mit bloßer Aussaat ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0107]
Iungelsaß und die neudeutsche Äultur
aus. Für die disziplinierte Zurückhaltung des Korpsstudenten und für die
burschikosen Ideale des forschen Schmelts hat er kein Verständnis. norddeutsche
Steifigkeit ist seinem salopperen, witzig-derben Umgangston aufs äußerste
zuwider. Er bevorzugt eine südlich gelöste vor der nordisch gestrafften Eleganz.
Die einzige gesellschaftliche Gründung von altdeutscher Seite, die im Elsaß sich
wirklich eingebürgert hat, ist der Vogesenklub. Man kann mit einigem Recht
sagen, daß erst die altdeutschen Einwanderer dem Elsässer seine eigenen Heimat¬
berge wirklich erschlossen haben. Im Vogesenklub haben sich in der Tat Alt'
deutsche und Einheimische — in der aufkommenden Generation fängt dieser
Gegensatz ja bereits an sich zu verwischen — in gemeinsamer Liebe zur wunder¬
vollen elsässischen Landschaft gefunden. Diese Einrichtung bietet zweifellos
Ansatzpunkte für eine weitere gesellschaftliche Annäherung, wenn der Verein
noch weiter nach der gesellschaftlichen Seite ausgebaut werden sollte. Auch die
Rolle, die die Vogesen in diesem Krieg gespielt haben und die besonders
gefärbte Anziehungskraft, die sie auf Wanderer aus allen deutschen Gauen
ausüben werden, dürfte dem Vogesenklub Gelegenheit zu fruchtbarer aufbauender
Gemeinschaftsarbeit geben.
Eine überaus glückliche Gründung mit positiv deutsch-kulturellen Zielen
war die von deutschgesinnten Elsässern und Lothringern und von Altdeutschen
gemeinsam gestiftete „Elsaß-Lothringische Vereinigung", die die Antwort der
entschieden deutschen Kreise des Landes auf die Machenschaften der französischen
Nationalisten darstellte. Insbesondere hat sich der Deutschelsässer Wilhelm
Kapp, einer der gescheitesten und regsamsten Köpfe des Landes, mit der Gründung
und Leitung dieses Vereins um die Annäherung beider Bevölkerungskreise
namhafte Verdienste erworben. Während des Krieges hat sich aus dem Schoße
dieser Vereinigung eine „Straßburger Gesellschaft für deutsche Kultur" heraus¬
gestaltet, die einstweilen in engstem, geschlossenem Kreise, später jedoch auf ge¬
festigter und verbreiterter Grundlage die wegweisenden Kräfte einer boden¬
ständigen deutschelsüssischen Kultur um sich sammeln will.
So sehen wir auf dem Gebiet wenigstens der halböffentlichen geselligen
Kultur — das deutsche Haus im Elsaß hält sich noch über Gebühr zurück —
Bewegungen im Gange, die auf einen ersprießlichen Fortgang der völligen
Verschmelzung des Elsässertums mit dem mütterlichen Deutschtum hoffen lassen.
Ganz in dieselbe Richtung weisen Symptome unserer jüngsten zeitgenössischen
Dichtung. Mit Stadler, Fiale. Schickele. Jsemann und manchen anderen hat
das junge Elsaß im deutschen Schrifttum der Gegenwart einen beachtlicher Platz
errungen. Auf architektonischem Gebiet hat sich z. B. der Straßburger Bonatz
über die Grenzen seiner engeren Heimat hinaus einen namhaften Ruf geschaffen.
Und wer die neuen Stadtteile Straßburgs oder Colmars durchschreitet oder
auf die neuen kommunalen Bauten des Landes sein Augenmerk richtet, wird
nicht daran zweifeln, daß das Land von der neudeutschen Kunstbewegung in
vollem Umfang mitergriffen ist. Hier braucht nicht mit bloßer Aussaat ge-
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