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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel

Nachtigal singt. Körte Sie dieß locken? Hören Sie nur wie es möglich ist
diesen Wunsch in Erfüllung zu bringen. Wißen Sie erstlich: wir bauen in
Dessau unseren in Amsterdam zerstörten Herd wieder aus.?°) wier bleiben immer
hier. Der hiesige Fürst, ein großer Freund und Kenner der Kunst, hat
mit TMbein) einen vor uns sehr vortheilhaften Vertrag gemacht; dem
Gemäß nuk TiWbeinZ järlich 6 Mohnate bei ihm sein -- die übrigen
6 Mohnate vom Jahr ist Tischbein) frey. Wier richten uns nun hier
ein. haben ein Hauß genistet welches ich jetzt beschäftigt bin einzurichten,-
macht TiWbeinZ auch in der Folge kleine Abwesenheiten so würde ich
doch meistens hier bleiben; auf alle Fälle werden die ersten Jahre hier zu-
gebracht werden; denn der Fürst will außer einem Familien - Gemälde
6 historische Gemälde haben; bis die geendigt sein werden geht Zeit hin. Also
bester Freund verstehen Sie nun was ich sagen will? Braunschweig ist so sehr
weit nicht von hier; Sie können diesen Sommer leicht eine Reise hier her
machen. Was antworten Sie? Nur kein nein; ich würde sonst glauben, daß
Sie nie Freundschaft vor uns gehabt haben. Es ist auch auf alle Fälle vor
Sie der Mühe wehrt Dessau zu sehen; die Lage davon ist bezaubernd schön"),
ich stelle mir vor man nutz im Sommer glauben in das Paradiß versetzt zu
sein. Körte Sie dieß doch locken. -- Sie fragen ob ich noch singe -- ja
wohl mehr als jemals und zwar verschidene Lider von Göte, in Musik gesetzt
von Herrn von Dalberg^). Diese Lieder sind so schön, das ich Stunden lang
vor dem Clavir sitze und singe, unter anderen das Lied von Göte Herz mein
Herz was sol das "geben 7°). -- Ich habe alle meine Kunst aufgeboten um
dieß Lied mit dem Gefühl und dem richtigen Ausdruck zu singen den es verbind,
und ich bin Eitel genung zu glauben das es mir gelungen ist. Meine Kinder
singen sehr viel und ich darf sagen man hört sie gern; es freut mich dieß um
so mehr da sie keinen anderen Meister als mich gehabt haben; ich bringe aber
auch täglich ein par Stunden vor dem Clavir mit ihnen") zu; wier fingen ver¬
schidene Trios die Ihnen gewiß Vergnügen machen würden. Die Ärtzte frage
ich nicht, meine Brust erlaubt mir so viel zu singen als ich will; denn ich bin
recht sehr gesund. Tischbein) hat vor 14 Tagen einen ihm sehr angenehmen
Auftrag bekommen; man schrieb ihm von Berlin ans das die Cronprinzes und







?°) Vgl. dazu Anmerkung 53. ^ ^
Von Dessaus Schönheiten schwärmt auch Schelling, vgl. Aus Schellings Leben,
Leipzig 1869, I 129.
^) Die von Johann Friedrich Hugo Freiherrn von Dalberg komponierten Lieder waren
N94 bei Schott in Mainz erschienen, vgl. E. L. Gerber, Neues histor. - biogr. Lexikon der
Tonkünstler I 840.
Dalberg setzte als erster das "Neue Liebe, neues Leben" betitelte Goethesche
^dicht in Musik, vgl. Max Friedländer. Das deutsche Lied im achtzehnten Jahrhundert
U 17S.
Ein von Tischbein im Jahre 1796 gemaltes Bild seiner Frau und seiner beiden
Tochter bei Kurzwelly, Das Bildnis in Leipzig Tafel 60.
Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel

Nachtigal singt. Körte Sie dieß locken? Hören Sie nur wie es möglich ist
diesen Wunsch in Erfüllung zu bringen. Wißen Sie erstlich: wir bauen in
Dessau unseren in Amsterdam zerstörten Herd wieder aus.?°) wier bleiben immer
hier. Der hiesige Fürst, ein großer Freund und Kenner der Kunst, hat
mit TMbein) einen vor uns sehr vortheilhaften Vertrag gemacht; dem
Gemäß nuk TiWbeinZ järlich 6 Mohnate bei ihm sein — die übrigen
6 Mohnate vom Jahr ist Tischbein) frey. Wier richten uns nun hier
ein. haben ein Hauß genistet welches ich jetzt beschäftigt bin einzurichten,-
macht TiWbeinZ auch in der Folge kleine Abwesenheiten so würde ich
doch meistens hier bleiben; auf alle Fälle werden die ersten Jahre hier zu-
gebracht werden; denn der Fürst will außer einem Familien - Gemälde
6 historische Gemälde haben; bis die geendigt sein werden geht Zeit hin. Also
bester Freund verstehen Sie nun was ich sagen will? Braunschweig ist so sehr
weit nicht von hier; Sie können diesen Sommer leicht eine Reise hier her
machen. Was antworten Sie? Nur kein nein; ich würde sonst glauben, daß
Sie nie Freundschaft vor uns gehabt haben. Es ist auch auf alle Fälle vor
Sie der Mühe wehrt Dessau zu sehen; die Lage davon ist bezaubernd schön"),
ich stelle mir vor man nutz im Sommer glauben in das Paradiß versetzt zu
sein. Körte Sie dieß doch locken. — Sie fragen ob ich noch singe — ja
wohl mehr als jemals und zwar verschidene Lider von Göte, in Musik gesetzt
von Herrn von Dalberg^). Diese Lieder sind so schön, das ich Stunden lang
vor dem Clavir sitze und singe, unter anderen das Lied von Göte Herz mein
Herz was sol das "geben 7°). — Ich habe alle meine Kunst aufgeboten um
dieß Lied mit dem Gefühl und dem richtigen Ausdruck zu singen den es verbind,
und ich bin Eitel genung zu glauben das es mir gelungen ist. Meine Kinder
singen sehr viel und ich darf sagen man hört sie gern; es freut mich dieß um
so mehr da sie keinen anderen Meister als mich gehabt haben; ich bringe aber
auch täglich ein par Stunden vor dem Clavir mit ihnen") zu; wier fingen ver¬
schidene Trios die Ihnen gewiß Vergnügen machen würden. Die Ärtzte frage
ich nicht, meine Brust erlaubt mir so viel zu singen als ich will; denn ich bin
recht sehr gesund. Tischbein) hat vor 14 Tagen einen ihm sehr angenehmen
Auftrag bekommen; man schrieb ihm von Berlin ans das die Cronprinzes und







?°) Vgl. dazu Anmerkung 53. ^ ^
Von Dessaus Schönheiten schwärmt auch Schelling, vgl. Aus Schellings Leben,
Leipzig 1869, I 129.
^) Die von Johann Friedrich Hugo Freiherrn von Dalberg komponierten Lieder waren
N94 bei Schott in Mainz erschienen, vgl. E. L. Gerber, Neues histor. - biogr. Lexikon der
Tonkünstler I 840.
Dalberg setzte als erster das „Neue Liebe, neues Leben" betitelte Goethesche
^dicht in Musik, vgl. Max Friedländer. Das deutsche Lied im achtzehnten Jahrhundert
U 17S.
Ein von Tischbein im Jahre 1796 gemaltes Bild seiner Frau und seiner beiden
Tochter bei Kurzwelly, Das Bildnis in Leipzig Tafel 60.
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[0345] Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel Nachtigal singt. Körte Sie dieß locken? Hören Sie nur wie es möglich ist diesen Wunsch in Erfüllung zu bringen. Wißen Sie erstlich: wir bauen in Dessau unseren in Amsterdam zerstörten Herd wieder aus.?°) wier bleiben immer hier. Der hiesige Fürst, ein großer Freund und Kenner der Kunst, hat mit TMbein) einen vor uns sehr vortheilhaften Vertrag gemacht; dem Gemäß nuk TiWbeinZ järlich 6 Mohnate bei ihm sein — die übrigen 6 Mohnate vom Jahr ist Tischbein) frey. Wier richten uns nun hier ein. haben ein Hauß genistet welches ich jetzt beschäftigt bin einzurichten,- macht TiWbeinZ auch in der Folge kleine Abwesenheiten so würde ich doch meistens hier bleiben; auf alle Fälle werden die ersten Jahre hier zu- gebracht werden; denn der Fürst will außer einem Familien - Gemälde 6 historische Gemälde haben; bis die geendigt sein werden geht Zeit hin. Also bester Freund verstehen Sie nun was ich sagen will? Braunschweig ist so sehr weit nicht von hier; Sie können diesen Sommer leicht eine Reise hier her machen. Was antworten Sie? Nur kein nein; ich würde sonst glauben, daß Sie nie Freundschaft vor uns gehabt haben. Es ist auch auf alle Fälle vor Sie der Mühe wehrt Dessau zu sehen; die Lage davon ist bezaubernd schön"), ich stelle mir vor man nutz im Sommer glauben in das Paradiß versetzt zu sein. Körte Sie dieß doch locken. — Sie fragen ob ich noch singe — ja wohl mehr als jemals und zwar verschidene Lider von Göte, in Musik gesetzt von Herrn von Dalberg^). Diese Lieder sind so schön, das ich Stunden lang vor dem Clavir sitze und singe, unter anderen das Lied von Göte Herz mein Herz was sol das "geben 7°). — Ich habe alle meine Kunst aufgeboten um dieß Lied mit dem Gefühl und dem richtigen Ausdruck zu singen den es verbind, und ich bin Eitel genung zu glauben das es mir gelungen ist. Meine Kinder singen sehr viel und ich darf sagen man hört sie gern; es freut mich dieß um so mehr da sie keinen anderen Meister als mich gehabt haben; ich bringe aber auch täglich ein par Stunden vor dem Clavir mit ihnen") zu; wier fingen ver¬ schidene Trios die Ihnen gewiß Vergnügen machen würden. Die Ärtzte frage ich nicht, meine Brust erlaubt mir so viel zu singen als ich will; denn ich bin recht sehr gesund. Tischbein) hat vor 14 Tagen einen ihm sehr angenehmen Auftrag bekommen; man schrieb ihm von Berlin ans das die Cronprinzes und ?°) Vgl. dazu Anmerkung 53. ^ ^ Von Dessaus Schönheiten schwärmt auch Schelling, vgl. Aus Schellings Leben, Leipzig 1869, I 129. ^) Die von Johann Friedrich Hugo Freiherrn von Dalberg komponierten Lieder waren N94 bei Schott in Mainz erschienen, vgl. E. L. Gerber, Neues histor. - biogr. Lexikon der Tonkünstler I 840. Dalberg setzte als erster das „Neue Liebe, neues Leben" betitelte Goethesche ^dicht in Musik, vgl. Max Friedländer. Das deutsche Lied im achtzehnten Jahrhundert U 17S. Ein von Tischbein im Jahre 1796 gemaltes Bild seiner Frau und seiner beiden Tochter bei Kurzwelly, Das Bildnis in Leipzig Tafel 60.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/345>, abgerufen am 04.07.2024.