Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.Bemerkungen zum Tage Aber diese friedlichen Vereinbarungen mit ihren unermeßlichen Vorteilen, die Was die strittigen territorialen Fragen betrifft, beispielsweise die zwischen Derselbe Geist der Billigkeit und Gerechtigkeit wird die Prüfung der anderen Dies sind die hauptsächlichsten Grundlagen, aus denen, wie wir glauben, So weit der Wortlaut der päpstlichen Vorschläge. Wohin zielen ste? An Zu solchen unantastbaren Gefühlswerten, die fest in den realen Bedürfnissen Bemerkungen zum Tage Aber diese friedlichen Vereinbarungen mit ihren unermeßlichen Vorteilen, die Was die strittigen territorialen Fragen betrifft, beispielsweise die zwischen Derselbe Geist der Billigkeit und Gerechtigkeit wird die Prüfung der anderen Dies sind die hauptsächlichsten Grundlagen, aus denen, wie wir glauben, So weit der Wortlaut der päpstlichen Vorschläge. Wohin zielen ste? An Zu solchen unantastbaren Gefühlswerten, die fest in den realen Bedürfnissen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0295" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/332574"/> <fw type="header" place="top"> Bemerkungen zum Tage</fw><lb/> <p xml:id="ID_924"> Aber diese friedlichen Vereinbarungen mit ihren unermeßlichen Vorteilen, die<lb/> sich aus ihnen ergeben, sind nicht möglich ohne die beiderseitige Herausgabe der<lb/> gegenwärtig besetzten Gebiete. Folglich seitens Deutschlands: vollständige Räumung<lb/> Belgiens mit Garantie seiner vollen politischen, militärischen und wirtschaftlichen<lb/> Unabhängigkeit gegenüber gleichviel welcher Macht. Gleichfalls Räumung des<lb/> französischen Gebietes; seitens der anderen kriegführenden Parteien eine ähnliche<lb/> Herausgabe der deutschen Kolonien.</p><lb/> <p xml:id="ID_925"> Was die strittigen territorialen Fragen betrifft, beispielsweise die zwischen<lb/> Italien und Österreich, zwischen Deutschland und Frankreich, so kann man hoffen,<lb/> daß die streitenden Parteien in Anbetracht der unermeßlichen Vorteile, die ein mit<lb/> Abrüstung verbundener dauerhafter Frieden bringt, gewillt sind, sie aus einer ver¬<lb/> söhnlichen Gesinnung heraus zu prüfen, dabei den Bestrebungen der Völker-nach<lb/> Maßgabe des Gerechten und Möglichen, wie wir es bei früherer Gelegenheit gesagt<lb/> haben, Rechnung zu tragen und gelegentlich die Sonderinteressen dem Allgemein-<lb/> Wohl der großen menschlichen Gemeinschaft einzuordnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_926"> Derselbe Geist der Billigkeit und Gerechtigkeit wird die Prüfung der anderen<lb/> territorialen und politischen Fragen leiten müssen, besonders derjenigen, welche<lb/> sich auf Armenien, auf die Balkanstaaten und auf Gebiete beziehen, welche zum<lb/> ehemaligen Königreich Polen gehörten, dem seine edlen geschichtlichen Überlieferungen<lb/> und die von ihm insonderheit während des gegenwärtigen Krieges erduldeten<lb/> Leiden gerechterweise das Mitgefühl der Nationen gewinnen müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_927"> Dies sind die hauptsächlichsten Grundlagen, aus denen, wie wir glauben,<lb/> sich die kommende Neuordnung der Völker stützen muß."</p><lb/> <p xml:id="ID_928"> So weit der Wortlaut der päpstlichen Vorschläge. Wohin zielen ste? An<lb/> der guten Gesinnung des Papstes allen Nationen gegenüber ohne Ansehen ihres<lb/> Bekenntnisses wollen wir nicht zweifeln. Daß die Vorschläge des Oberhauptes<lb/> der katholischen Kirche im übrigen von katholischem Geiste getragen sind, darf uns<lb/> nicht in Erstaunen versetzen. Aber vielleicht ist es gerade der katholische Geist, der<lb/> Schwierigkeiten übersehen läßt und über Gefühlswerte der nicht katholischen Welt<lb/> hinweggeht, die schließlich doch den Ausschlag geben müssen, weil sie am Ende<lb/> doch der Widerschein nationaler und staatlicher Realitäten sind, über die nur hmweg-<lb/> geschritten werden könnte nach völliger Niederwerfung der in Frage kommenden<lb/> Nationen und Staaten. ^„ ,„</p><lb/> <p xml:id="ID_929" next="#ID_930"> Zu solchen unantastbaren Gefühlswerten, die fest in den realen Bedürfnissen<lb/> des deutschen Volkes und Reiches wurzeln, gehört die Regelung der polnischen<lb/> Frage, gehört auch die Hereinziehung Elsaß-Lothringens in den Rahmen der Ver¬<lb/> handlungen. Elsaß-Lothringen ist deutsches Reichsland seit fast einem halben Jahr¬<lb/> hundert. Die elsas; - lothringische Frage ist eine innere Frage des Deutschen Reiches,<lb/> solange nicht fremde Heere das Gebiet erobern. Dazu scheint aber doch die Aus¬<lb/> sicht recht gering. Gegenstände der Verhandlung können doch nur solche Gebiete<lb/> bilden, die von einem der Kämpfenden erobert und besetzt worden sind: Belgien.<lb/> Nordfrankreich, die russischen Provinzen mit Einschluß Polens und tue deutscheu<lb/> Kolonien. Entschieden ist es abzulehnen, aus den Grundlagen eines Programms<lb/> W verhandeln, das „die Prüfung" der „territorialen und politischen Fragen" vor¬<lb/> sieht, „die sich aus Gebiete beziehen, welche zum ehemaligen Königreich<lb/> Polen gehören". — Es ist eine harte Zumutung, bald fünfzig Jahre nach der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0295]
Bemerkungen zum Tage
Aber diese friedlichen Vereinbarungen mit ihren unermeßlichen Vorteilen, die
sich aus ihnen ergeben, sind nicht möglich ohne die beiderseitige Herausgabe der
gegenwärtig besetzten Gebiete. Folglich seitens Deutschlands: vollständige Räumung
Belgiens mit Garantie seiner vollen politischen, militärischen und wirtschaftlichen
Unabhängigkeit gegenüber gleichviel welcher Macht. Gleichfalls Räumung des
französischen Gebietes; seitens der anderen kriegführenden Parteien eine ähnliche
Herausgabe der deutschen Kolonien.
Was die strittigen territorialen Fragen betrifft, beispielsweise die zwischen
Italien und Österreich, zwischen Deutschland und Frankreich, so kann man hoffen,
daß die streitenden Parteien in Anbetracht der unermeßlichen Vorteile, die ein mit
Abrüstung verbundener dauerhafter Frieden bringt, gewillt sind, sie aus einer ver¬
söhnlichen Gesinnung heraus zu prüfen, dabei den Bestrebungen der Völker-nach
Maßgabe des Gerechten und Möglichen, wie wir es bei früherer Gelegenheit gesagt
haben, Rechnung zu tragen und gelegentlich die Sonderinteressen dem Allgemein-
Wohl der großen menschlichen Gemeinschaft einzuordnen.
Derselbe Geist der Billigkeit und Gerechtigkeit wird die Prüfung der anderen
territorialen und politischen Fragen leiten müssen, besonders derjenigen, welche
sich auf Armenien, auf die Balkanstaaten und auf Gebiete beziehen, welche zum
ehemaligen Königreich Polen gehörten, dem seine edlen geschichtlichen Überlieferungen
und die von ihm insonderheit während des gegenwärtigen Krieges erduldeten
Leiden gerechterweise das Mitgefühl der Nationen gewinnen müssen.
Dies sind die hauptsächlichsten Grundlagen, aus denen, wie wir glauben,
sich die kommende Neuordnung der Völker stützen muß."
So weit der Wortlaut der päpstlichen Vorschläge. Wohin zielen ste? An
der guten Gesinnung des Papstes allen Nationen gegenüber ohne Ansehen ihres
Bekenntnisses wollen wir nicht zweifeln. Daß die Vorschläge des Oberhauptes
der katholischen Kirche im übrigen von katholischem Geiste getragen sind, darf uns
nicht in Erstaunen versetzen. Aber vielleicht ist es gerade der katholische Geist, der
Schwierigkeiten übersehen läßt und über Gefühlswerte der nicht katholischen Welt
hinweggeht, die schließlich doch den Ausschlag geben müssen, weil sie am Ende
doch der Widerschein nationaler und staatlicher Realitäten sind, über die nur hmweg-
geschritten werden könnte nach völliger Niederwerfung der in Frage kommenden
Nationen und Staaten. ^„ ,„
Zu solchen unantastbaren Gefühlswerten, die fest in den realen Bedürfnissen
des deutschen Volkes und Reiches wurzeln, gehört die Regelung der polnischen
Frage, gehört auch die Hereinziehung Elsaß-Lothringens in den Rahmen der Ver¬
handlungen. Elsaß-Lothringen ist deutsches Reichsland seit fast einem halben Jahr¬
hundert. Die elsas; - lothringische Frage ist eine innere Frage des Deutschen Reiches,
solange nicht fremde Heere das Gebiet erobern. Dazu scheint aber doch die Aus¬
sicht recht gering. Gegenstände der Verhandlung können doch nur solche Gebiete
bilden, die von einem der Kämpfenden erobert und besetzt worden sind: Belgien.
Nordfrankreich, die russischen Provinzen mit Einschluß Polens und tue deutscheu
Kolonien. Entschieden ist es abzulehnen, aus den Grundlagen eines Programms
W verhandeln, das „die Prüfung" der „territorialen und politischen Fragen" vor¬
sieht, „die sich aus Gebiete beziehen, welche zum ehemaligen Königreich
Polen gehören". — Es ist eine harte Zumutung, bald fünfzig Jahre nach der
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