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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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richtenlieferung, soweit sie das Wirtschaftsleben berühren. Vor allem aber sind
zu erwähnen das von Professor Harms begründete Institut für Seeverkehr und
Weltwirtschaft in Kiel, das Kolonialinstitut in Hamburg und die Vorderasien-
Gesellschaft in Leipzig. Diese Institute beschäftigen sich hauptsächlich mit der
Sammlung und wissenschaftlichen Verarbeitung von Nachrichten Material welt-
wirtschaftlicher Art, das zu Archiven zusammengestellt und durch Veröffent¬
lichungen oder auf dem Wege des Lehrbetriebes ausgewertet wird. So ist es
in erster Linie den von Professor Harms herausgegebenen kriegswirtschaftlichen
Nachrichten zu danken, wenn wir heute über die. Wirtschaftsbestrebungen unserer
Feinde überhaupt aufgeklärt sind.

Es ist auf alle Fälle zu erkennen, daß während des Krieges ein tatkräftiges
Streben eingesetzt hat, in dieser oder jener Form den Mangel einer Zentral-
orgamsation für die Förderung des deutschen Welthandels auszugleichen. Wenn
indessen eine gemeinsame, großzügig organisierte Zentralstelle noch nicht gegründet
worden ist, so werden sich die Verhältnisse sofort zum günstigen wenden, sobald
die Reichsregierung die Initiative ergreifen und die Interessen kreise aufrufen
wird, mit ihr gemeinsam an die Ausarbeitung der Hauptrichtungslinicn und
an ihre Durchführung zu gehen. Die Aussichten hierfür sind günstig, nachdem
der Staatssekretär des Reichsamts des Innern in seinen Reden über Handels¬
politik die Bedeutung des auswärtigen Handels in so hervorragender Weise
einschätzt, daß nach seiner Überzeugung die Handelspolitik die ganze Tätigkeit
deS Staates zur Förderung seiner volkswirtschaftlichen Interessen im Verkehr
mit dem Auslande zu umfassen hat. Wie der Gedanke, daß es unerläßliche
Pflicht des Staates ist, mit allem ihm zu Gebote stehenden Mitteln den
nationalen Welthandel zu fördern, immer tiefer in die amtlichen Kreise Deutsch¬
lands eindringt, lehrt eine Denkschrift, die der preußische Minister der Geist¬
lichen und Unterrichtsangelegenheiten kürzlich dem Abgeordnetenhause überreichte,
in der er sich mit der Förderung des Auslandsstudiums befaßt. Alle be¬
stehenden Universitäten und Hochschulen sollen hinzugezogen werden, um dem
nach Bildung strebenden jungen Deutschen ein gediegenes Wissen über das Aus
land zu vermitteln und sein Interesse und Verständnis für außenpolitische Vor¬
gänge zu erwecken. Es wird weiter ausgeführt, daß es für jeden gebildeten
Deutschen Ehrenpflicht sein muß. sich staatswissenschaftlich belehren zu lassen,
um Stellung zu den Fragen der Weltwirtschaft und Weltpoliti! nehmen zu
können.*)

Nicht nur der endliche Zusammenschluß aller am Außenhandel interessierten
Kreise und nicht nur reichliche Beihilfen aus Staatsmitteln sind nötig, um dem
deutschen Welthandel die Förderung angedeihen zu lassen, die ihm nach den:
Kriege not tun wird, sondern das Interesse der ganzen Nation muß im Rücken
der am Weltmarkte kämpfenden Pioniere unseres Wirtschaftslebens stehe". Die



") Vgl. "Die Grenzboten' Heft 12 dieses JahrsÄ.

richtenlieferung, soweit sie das Wirtschaftsleben berühren. Vor allem aber sind
zu erwähnen das von Professor Harms begründete Institut für Seeverkehr und
Weltwirtschaft in Kiel, das Kolonialinstitut in Hamburg und die Vorderasien-
Gesellschaft in Leipzig. Diese Institute beschäftigen sich hauptsächlich mit der
Sammlung und wissenschaftlichen Verarbeitung von Nachrichten Material welt-
wirtschaftlicher Art, das zu Archiven zusammengestellt und durch Veröffent¬
lichungen oder auf dem Wege des Lehrbetriebes ausgewertet wird. So ist es
in erster Linie den von Professor Harms herausgegebenen kriegswirtschaftlichen
Nachrichten zu danken, wenn wir heute über die. Wirtschaftsbestrebungen unserer
Feinde überhaupt aufgeklärt sind.

Es ist auf alle Fälle zu erkennen, daß während des Krieges ein tatkräftiges
Streben eingesetzt hat, in dieser oder jener Form den Mangel einer Zentral-
orgamsation für die Förderung des deutschen Welthandels auszugleichen. Wenn
indessen eine gemeinsame, großzügig organisierte Zentralstelle noch nicht gegründet
worden ist, so werden sich die Verhältnisse sofort zum günstigen wenden, sobald
die Reichsregierung die Initiative ergreifen und die Interessen kreise aufrufen
wird, mit ihr gemeinsam an die Ausarbeitung der Hauptrichtungslinicn und
an ihre Durchführung zu gehen. Die Aussichten hierfür sind günstig, nachdem
der Staatssekretär des Reichsamts des Innern in seinen Reden über Handels¬
politik die Bedeutung des auswärtigen Handels in so hervorragender Weise
einschätzt, daß nach seiner Überzeugung die Handelspolitik die ganze Tätigkeit
deS Staates zur Förderung seiner volkswirtschaftlichen Interessen im Verkehr
mit dem Auslande zu umfassen hat. Wie der Gedanke, daß es unerläßliche
Pflicht des Staates ist, mit allem ihm zu Gebote stehenden Mitteln den
nationalen Welthandel zu fördern, immer tiefer in die amtlichen Kreise Deutsch¬
lands eindringt, lehrt eine Denkschrift, die der preußische Minister der Geist¬
lichen und Unterrichtsangelegenheiten kürzlich dem Abgeordnetenhause überreichte,
in der er sich mit der Förderung des Auslandsstudiums befaßt. Alle be¬
stehenden Universitäten und Hochschulen sollen hinzugezogen werden, um dem
nach Bildung strebenden jungen Deutschen ein gediegenes Wissen über das Aus
land zu vermitteln und sein Interesse und Verständnis für außenpolitische Vor¬
gänge zu erwecken. Es wird weiter ausgeführt, daß es für jeden gebildeten
Deutschen Ehrenpflicht sein muß. sich staatswissenschaftlich belehren zu lassen,
um Stellung zu den Fragen der Weltwirtschaft und Weltpoliti! nehmen zu
können.*)

Nicht nur der endliche Zusammenschluß aller am Außenhandel interessierten
Kreise und nicht nur reichliche Beihilfen aus Staatsmitteln sind nötig, um dem
deutschen Welthandel die Förderung angedeihen zu lassen, die ihm nach den:
Kriege not tun wird, sondern das Interesse der ganzen Nation muß im Rücken
der am Weltmarkte kämpfenden Pioniere unseres Wirtschaftslebens stehe». Die



«) Vgl. „Die Grenzboten' Heft 12 dieses JahrsÄ.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/89>, abgerufen am 12.01.2025.