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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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und neue Wirkungskreise erschließen soll. Dazu ist nötig, daß Staats- und
Wirtschaftsleben gemeinsam und sich gegenseitig stützend, an die vorliegenden
Aufgaben treten; denn ohne die Stärkung, die das durch die Regierung
repräsentierte nationale Ansehen des Staates den Bestrebungen unseres Welt¬
handels zu bieten vermag, würden alle der Außenhandelsförderung dienenden
Anstrengungen zu der ehemaligen Fruchtlosigkeit verurteilt sein.

Wenn nun auch bis heute ein sichergestellter, einheitlicher Plan und die
mit seiner Durchführung bevollmächtigte Organisation noch nicht geschaffen
worden ist, so haben doch die Erfahrungen des Krieges zu einer regen Tätig¬
keit, die der Verwirklichung dieses Zieles dient. Veranlassung gegeben. Es
haben sich Bestrebungen geltend gemacht, die die Errichtung eines Weltwirt¬
schaftsamtes fordern in Form eines Staatsministeriums für Handel, Industrie
und Schiffahrt, einer Zentralstelle, die dem Reichskanzler unmittelbar verant¬
wortlich sein soll. Kaufleuten und Technikern, die mit einem reichen Fach¬
wissen ausgerüstet und in allen Fragen der Weltwirtschaft heimisch find, sollen
die leitenden Stellen übertragen werden, um auf diese Weise das Umsichgreifen
einer bureaukratisch betriebenen Verwaltung zu verhindern. Die Kosten sollen
Reichsregierung und die beteiligten Wirtschaftskreise gemeinsam tragen. Auf¬
gabe des Amtes würde es sein, im Auslande Handelssachverstündige und Be¬
richterstatter anzustellen, die für die Heranschaffung des nötigen Berichtmaterials
Sorge zu tragen hätten. Diese Berichte einerseits, andererseits Sammlungen
von Katalogen. Preislisten und Marktberichte, die von den am Export inter¬
essierten inländischen Häusern zu stellen wären, sollen die Grundlage eines
großzügig organisierten, weltwirtschaftlichen Archivs bilden, das dem ausländischen
Importeur jede gewünschte Information zu erteilen vermag. Das Zentralamt
soll durch Erteilung zuverlässiger Auskünfte über Zoll- und Transportwesen,
über Markt- und Absatzverhältnisse den Kaufmann in seinen wirtschaftlichen
Bestrebungen unterstützen und anregend auf die Erschaffung neuer Industrien
wirken, für die ein gewinnbringender Absatz am Weltmarkt zu erwarten ist.

Von anderer Seite wird gegen ein rein staatliches Weltwirtschaftsamt die
Einwendung erhoben, daß es schwerlich jene Elastizität besitzen könne, die er¬
forderlich ist, sich schnell den jeweiligen am Weltmarkt herrschenden und oft
sehr wechselnden Verhältnissen anzupassen. Es wird vielmehr eine Stelle ge¬
fordert, die unabhängig von der Reichsregierung durch den Zusammenschluß
aller beteiligten Kreise zu schaffen ist, welcher der bisher von amtlicher Seite
geführte Nachrichtendienst zu übertragen wäre, und die durch öffentliche Mittet
unterstützt werden soll, da die in ihr vertretenen Kreise bereits durch ander-
weitige finanzielle Ansprüche überlastet und nicht in der Lage sind, allein aus
eigenen Mitteln die Ausgaben für die Welthandelsstelle zu erbringen. Daß
die geschilderte Stellungnahme, die eine Zentralstelle unter Ausschluß der
Regierungsorgane fordert, hervorragende Beachtung verdient, geht unter anderem
ans der Antwort des Staatssekretärs des Innern, Dr. Graf von Posadowsly-


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und neue Wirkungskreise erschließen soll. Dazu ist nötig, daß Staats- und
Wirtschaftsleben gemeinsam und sich gegenseitig stützend, an die vorliegenden
Aufgaben treten; denn ohne die Stärkung, die das durch die Regierung
repräsentierte nationale Ansehen des Staates den Bestrebungen unseres Welt¬
handels zu bieten vermag, würden alle der Außenhandelsförderung dienenden
Anstrengungen zu der ehemaligen Fruchtlosigkeit verurteilt sein.

Wenn nun auch bis heute ein sichergestellter, einheitlicher Plan und die
mit seiner Durchführung bevollmächtigte Organisation noch nicht geschaffen
worden ist, so haben doch die Erfahrungen des Krieges zu einer regen Tätig¬
keit, die der Verwirklichung dieses Zieles dient. Veranlassung gegeben. Es
haben sich Bestrebungen geltend gemacht, die die Errichtung eines Weltwirt¬
schaftsamtes fordern in Form eines Staatsministeriums für Handel, Industrie
und Schiffahrt, einer Zentralstelle, die dem Reichskanzler unmittelbar verant¬
wortlich sein soll. Kaufleuten und Technikern, die mit einem reichen Fach¬
wissen ausgerüstet und in allen Fragen der Weltwirtschaft heimisch find, sollen
die leitenden Stellen übertragen werden, um auf diese Weise das Umsichgreifen
einer bureaukratisch betriebenen Verwaltung zu verhindern. Die Kosten sollen
Reichsregierung und die beteiligten Wirtschaftskreise gemeinsam tragen. Auf¬
gabe des Amtes würde es sein, im Auslande Handelssachverstündige und Be¬
richterstatter anzustellen, die für die Heranschaffung des nötigen Berichtmaterials
Sorge zu tragen hätten. Diese Berichte einerseits, andererseits Sammlungen
von Katalogen. Preislisten und Marktberichte, die von den am Export inter¬
essierten inländischen Häusern zu stellen wären, sollen die Grundlage eines
großzügig organisierten, weltwirtschaftlichen Archivs bilden, das dem ausländischen
Importeur jede gewünschte Information zu erteilen vermag. Das Zentralamt
soll durch Erteilung zuverlässiger Auskünfte über Zoll- und Transportwesen,
über Markt- und Absatzverhältnisse den Kaufmann in seinen wirtschaftlichen
Bestrebungen unterstützen und anregend auf die Erschaffung neuer Industrien
wirken, für die ein gewinnbringender Absatz am Weltmarkt zu erwarten ist.

Von anderer Seite wird gegen ein rein staatliches Weltwirtschaftsamt die
Einwendung erhoben, daß es schwerlich jene Elastizität besitzen könne, die er¬
forderlich ist, sich schnell den jeweiligen am Weltmarkt herrschenden und oft
sehr wechselnden Verhältnissen anzupassen. Es wird vielmehr eine Stelle ge¬
fordert, die unabhängig von der Reichsregierung durch den Zusammenschluß
aller beteiligten Kreise zu schaffen ist, welcher der bisher von amtlicher Seite
geführte Nachrichtendienst zu übertragen wäre, und die durch öffentliche Mittet
unterstützt werden soll, da die in ihr vertretenen Kreise bereits durch ander-
weitige finanzielle Ansprüche überlastet und nicht in der Lage sind, allein aus
eigenen Mitteln die Ausgaben für die Welthandelsstelle zu erbringen. Daß
die geschilderte Stellungnahme, die eine Zentralstelle unter Ausschluß der
Regierungsorgane fordert, hervorragende Beachtung verdient, geht unter anderem
ans der Antwort des Staatssekretärs des Innern, Dr. Graf von Posadowsly-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/87>, abgerufen am 13.01.2025.