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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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Zur baltischen Frage

Tornins, "Die baltischen Provinzen" (B. G. Teubner 1915 in der Sammlung
"Aus Natur und Geisteswelt" Ur. 542). Wertvolles statistisches Einzelmaterial
tritt hier mehr in den Vordergrund, die Geschichte hat einen wesentlichen Platz,
daneben aber ist es vor allem das Bestreben des Verfassers, den gegenwärtigen
Zustand von Verfassung und Verwaltung, Wirtschaftsleben und geistiger Kultur
dem Leser vor Augen zu stellen, wobei ihm auch einige Abbildungen und
Kartenskizzen zu Hilfe kommen. Auch hier sind sachliche Gründlichkeit und
Lebendigkeit der Darstellung trotz der natumotwendigcn Schwierigkeiten ein
glückliches Bündnis eingegangen.

Wesentlich anders gerichtet ist die Aufgabe, die sich Otto Keßler in seinem
wertvollen Buch stellt: "Die Baltenländer und Litauen. Beiträge zur Geschichte,
Kultur und Volkswirtschaft unter Berücksichtigung der deutschen Verwaltung".
(Puttkammer und Mühlbrecht. Berlin 1916.) In unserem Zusammenhang
interessiert diese Arbeit uns nur, soweit darin die baltische Frage abgehandelt
wird. Sie nimmt den Hauptteil der Schrift ein. Dabei tritt das Historische
gänzlich zurück, und der Schwerpunkt liegt durchaus ans einer Aufhellung der
gegenwärtigen Lage des Landes, wobei wiederum das Wirtschaftliche und
Politische trotz des weiter gefaßten Untertitels wesentlich im Vordergrunde steht.
Der Verfasser ist nicht Balle und spricht infolgedessen nicht aus einer intimen
Kenntnis der Dinge. Er hat sich aber durch umfassendes Studium gründlich
in den Stoff eingearbeitet und tritt mit seiner Subjektivität überhaupt hinter
dem Material zurück, das er übersichtlich zusammenfassen will. Gerade als
solche Stoffsammlung ist die Arbeit sehr begrüßenswert, zumal sie auch das
schwer zugängliche Material aus der gegenwärtigen Kriegszeit in weitem Um¬
fange zu'Note zieht. Auch eine Zusammenstellung der Verordnungen der
deutschen Verwaltung in Kurland und Litauen wird in weiteren Kreisen auf
Interesse stoßen. Wir hoffen, daß das Buch gewissermaßen den Anfang einer
neuen Art von Baltenliteratur bilden dürfte, wo uns nicht sowohl populäre
Aufklärung, als nüchternes gründliches Material für positive Weiterarbeit im
neuen Ostland geboten wird.

"Ein verlassener Bundesstamm" von Stadtschulrat Wagner in Altona
(Ostlandverlag. Charlottenburg 1915) ist eine warmherzige kleine Flugschrift,
die durch die populäre Darstellung besonders für breitere Kreise als Aufklärungs¬
schrift recht geeignet ist. Im selben Verlag ist auch eine andere Flugschrift aus
baltischer Feder I. G. erschienen unter dem Titel "Wir ohne Vaterland. Bei¬
träge zum Verständnis der baltischen Art". Über das Verhältnis der Ballen
Zur russischen Revolution und zur gegenwärtigen Lage bietet auch diese kleine
Schrift wertvollen Aufschluß.*)



*) Es sei dem Berichterstatter erlaubt, hier noch eine kleine Schrift aus eigener Feder
Zu erwähnen. Sie ist in der Sammlung Schützengrabenbücher im Verlag Karl Siegismund,
Berlin 1917, unter dem Titel "Die deutschen Ballen in Lid-. Est° und Kurland" erschienen
""d wendet sich in leichifaßlicher Darstellung an die breiteste Allgemeinheit des deutschen Volkes.
Zur baltischen Frage

Tornins, „Die baltischen Provinzen" (B. G. Teubner 1915 in der Sammlung
„Aus Natur und Geisteswelt" Ur. 542). Wertvolles statistisches Einzelmaterial
tritt hier mehr in den Vordergrund, die Geschichte hat einen wesentlichen Platz,
daneben aber ist es vor allem das Bestreben des Verfassers, den gegenwärtigen
Zustand von Verfassung und Verwaltung, Wirtschaftsleben und geistiger Kultur
dem Leser vor Augen zu stellen, wobei ihm auch einige Abbildungen und
Kartenskizzen zu Hilfe kommen. Auch hier sind sachliche Gründlichkeit und
Lebendigkeit der Darstellung trotz der natumotwendigcn Schwierigkeiten ein
glückliches Bündnis eingegangen.

Wesentlich anders gerichtet ist die Aufgabe, die sich Otto Keßler in seinem
wertvollen Buch stellt: „Die Baltenländer und Litauen. Beiträge zur Geschichte,
Kultur und Volkswirtschaft unter Berücksichtigung der deutschen Verwaltung".
(Puttkammer und Mühlbrecht. Berlin 1916.) In unserem Zusammenhang
interessiert diese Arbeit uns nur, soweit darin die baltische Frage abgehandelt
wird. Sie nimmt den Hauptteil der Schrift ein. Dabei tritt das Historische
gänzlich zurück, und der Schwerpunkt liegt durchaus ans einer Aufhellung der
gegenwärtigen Lage des Landes, wobei wiederum das Wirtschaftliche und
Politische trotz des weiter gefaßten Untertitels wesentlich im Vordergrunde steht.
Der Verfasser ist nicht Balle und spricht infolgedessen nicht aus einer intimen
Kenntnis der Dinge. Er hat sich aber durch umfassendes Studium gründlich
in den Stoff eingearbeitet und tritt mit seiner Subjektivität überhaupt hinter
dem Material zurück, das er übersichtlich zusammenfassen will. Gerade als
solche Stoffsammlung ist die Arbeit sehr begrüßenswert, zumal sie auch das
schwer zugängliche Material aus der gegenwärtigen Kriegszeit in weitem Um¬
fange zu'Note zieht. Auch eine Zusammenstellung der Verordnungen der
deutschen Verwaltung in Kurland und Litauen wird in weiteren Kreisen auf
Interesse stoßen. Wir hoffen, daß das Buch gewissermaßen den Anfang einer
neuen Art von Baltenliteratur bilden dürfte, wo uns nicht sowohl populäre
Aufklärung, als nüchternes gründliches Material für positive Weiterarbeit im
neuen Ostland geboten wird.

„Ein verlassener Bundesstamm" von Stadtschulrat Wagner in Altona
(Ostlandverlag. Charlottenburg 1915) ist eine warmherzige kleine Flugschrift,
die durch die populäre Darstellung besonders für breitere Kreise als Aufklärungs¬
schrift recht geeignet ist. Im selben Verlag ist auch eine andere Flugschrift aus
baltischer Feder I. G. erschienen unter dem Titel „Wir ohne Vaterland. Bei¬
träge zum Verständnis der baltischen Art". Über das Verhältnis der Ballen
Zur russischen Revolution und zur gegenwärtigen Lage bietet auch diese kleine
Schrift wertvollen Aufschluß.*)



*) Es sei dem Berichterstatter erlaubt, hier noch eine kleine Schrift aus eigener Feder
Zu erwähnen. Sie ist in der Sammlung Schützengrabenbücher im Verlag Karl Siegismund,
Berlin 1917, unter dem Titel „Die deutschen Ballen in Lid-. Est° und Kurland" erschienen
""d wendet sich in leichifaßlicher Darstellung an die breiteste Allgemeinheit des deutschen Volkes.
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[0104] Zur baltischen Frage Tornins, „Die baltischen Provinzen" (B. G. Teubner 1915 in der Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt" Ur. 542). Wertvolles statistisches Einzelmaterial tritt hier mehr in den Vordergrund, die Geschichte hat einen wesentlichen Platz, daneben aber ist es vor allem das Bestreben des Verfassers, den gegenwärtigen Zustand von Verfassung und Verwaltung, Wirtschaftsleben und geistiger Kultur dem Leser vor Augen zu stellen, wobei ihm auch einige Abbildungen und Kartenskizzen zu Hilfe kommen. Auch hier sind sachliche Gründlichkeit und Lebendigkeit der Darstellung trotz der natumotwendigcn Schwierigkeiten ein glückliches Bündnis eingegangen. Wesentlich anders gerichtet ist die Aufgabe, die sich Otto Keßler in seinem wertvollen Buch stellt: „Die Baltenländer und Litauen. Beiträge zur Geschichte, Kultur und Volkswirtschaft unter Berücksichtigung der deutschen Verwaltung". (Puttkammer und Mühlbrecht. Berlin 1916.) In unserem Zusammenhang interessiert diese Arbeit uns nur, soweit darin die baltische Frage abgehandelt wird. Sie nimmt den Hauptteil der Schrift ein. Dabei tritt das Historische gänzlich zurück, und der Schwerpunkt liegt durchaus ans einer Aufhellung der gegenwärtigen Lage des Landes, wobei wiederum das Wirtschaftliche und Politische trotz des weiter gefaßten Untertitels wesentlich im Vordergrunde steht. Der Verfasser ist nicht Balle und spricht infolgedessen nicht aus einer intimen Kenntnis der Dinge. Er hat sich aber durch umfassendes Studium gründlich in den Stoff eingearbeitet und tritt mit seiner Subjektivität überhaupt hinter dem Material zurück, das er übersichtlich zusammenfassen will. Gerade als solche Stoffsammlung ist die Arbeit sehr begrüßenswert, zumal sie auch das schwer zugängliche Material aus der gegenwärtigen Kriegszeit in weitem Um¬ fange zu'Note zieht. Auch eine Zusammenstellung der Verordnungen der deutschen Verwaltung in Kurland und Litauen wird in weiteren Kreisen auf Interesse stoßen. Wir hoffen, daß das Buch gewissermaßen den Anfang einer neuen Art von Baltenliteratur bilden dürfte, wo uns nicht sowohl populäre Aufklärung, als nüchternes gründliches Material für positive Weiterarbeit im neuen Ostland geboten wird. „Ein verlassener Bundesstamm" von Stadtschulrat Wagner in Altona (Ostlandverlag. Charlottenburg 1915) ist eine warmherzige kleine Flugschrift, die durch die populäre Darstellung besonders für breitere Kreise als Aufklärungs¬ schrift recht geeignet ist. Im selben Verlag ist auch eine andere Flugschrift aus baltischer Feder I. G. erschienen unter dem Titel „Wir ohne Vaterland. Bei¬ träge zum Verständnis der baltischen Art". Über das Verhältnis der Ballen Zur russischen Revolution und zur gegenwärtigen Lage bietet auch diese kleine Schrift wertvollen Aufschluß.*) *) Es sei dem Berichterstatter erlaubt, hier noch eine kleine Schrift aus eigener Feder Zu erwähnen. Sie ist in der Sammlung Schützengrabenbücher im Verlag Karl Siegismund, Berlin 1917, unter dem Titel „Die deutschen Ballen in Lid-. Est° und Kurland" erschienen ""d wendet sich in leichifaßlicher Darstellung an die breiteste Allgemeinheit des deutschen Volkes.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/104>, abgerufen am 10.01.2025.