Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Monopolisierung des Getreidehandels

zwar so, daß jeder im Deutschen Reiche das gleiche Quantum erhält. Im
Gegensatz zu vielen anderen Kriegs-Organisationen muß man bei der
Kriegsgetreide-Gesellschaft feststellen, daß hier für die Leitung die richtigen
Männer gefunden wurden. Man gewann einen Fachmann, der der
Situation gewachsen war und dem es gelang, zusammen mit amtlichen und
privaten Mitarbeitern das große Werk zu vollenden. Wenn man heute auf
das zurückblickt, was die Kriegsgetreide-Gesellschaft, die jetzige "Reichsgetreide¬
stelle", geleistet hat, so muß man sagen, daß die Aufgabe, die das Reich sich
gestellt hat, vollinhaltlich gelöst ist. Nach Überwindung einiger Kinder¬
krankheiten, die unvermeidlich waren, funktionierte der Apparat ausgezeichnet.
Es gelang, mit den vorhandenen Beständen nicht nur auszureichen, sondern
darüber hinaus sogar noch einen Vorrat zu erübrigen, was man in früheren
Zeiten nicht für möglich gehalten hätte.

Die Monopolisierung des Getreideverkehrs durch die Reichsgetreidestelle
brachte, wie es in der Natur der Sache liegt, die Lahmlegung des privaten
Handels mit sich. Eine Betätigungsmöglichkeit für ihn war nicht vorhanden.
Das mag man im Hinblick auf die zahlreichen Angestellten, die im Getreide¬
handel tätig sind, bedauern. Aber wer einmal gründlich die Frage der Ver¬
sorgung des Deutschen Reiches während des Krieges prüft, kann zu keinem
anderen Resultat kommen, als zu dem Wege, den die Regierung eingeschlagen
hat. Würde man, wie das in der letzten Zeit häufig verlangt wird, jetzt den
freien Handel wieder einführen, so wäre die Folge davon, daß zunächst das
jetzige Preisniveau nicht mehr gesichert ist, denn die Händler würden sich beim
Einkauf gegenseitig überbieten. Außerdem wäre es nicht möglich, den Ver¬
brauch so rationell zu regeln, wie es die Kriegswirtschaft verlangt. Die Aus¬
schaltung des Getreidehandels erfolgte unter dem Zwang der Verhältnisse und
wenn man heute zurückblickt auf die Schwierigkeiten, die die Versorgung ver¬
ursachte, so muß man zugeben, daß der freie Handel die Aufgabe nicht so ge¬
löst haben würde, wie es das staatliche Monopol getan hat.




Grenzboien I 19176
Die Monopolisierung des Getreidehandels

zwar so, daß jeder im Deutschen Reiche das gleiche Quantum erhält. Im
Gegensatz zu vielen anderen Kriegs-Organisationen muß man bei der
Kriegsgetreide-Gesellschaft feststellen, daß hier für die Leitung die richtigen
Männer gefunden wurden. Man gewann einen Fachmann, der der
Situation gewachsen war und dem es gelang, zusammen mit amtlichen und
privaten Mitarbeitern das große Werk zu vollenden. Wenn man heute auf
das zurückblickt, was die Kriegsgetreide-Gesellschaft, die jetzige „Reichsgetreide¬
stelle", geleistet hat, so muß man sagen, daß die Aufgabe, die das Reich sich
gestellt hat, vollinhaltlich gelöst ist. Nach Überwindung einiger Kinder¬
krankheiten, die unvermeidlich waren, funktionierte der Apparat ausgezeichnet.
Es gelang, mit den vorhandenen Beständen nicht nur auszureichen, sondern
darüber hinaus sogar noch einen Vorrat zu erübrigen, was man in früheren
Zeiten nicht für möglich gehalten hätte.

Die Monopolisierung des Getreideverkehrs durch die Reichsgetreidestelle
brachte, wie es in der Natur der Sache liegt, die Lahmlegung des privaten
Handels mit sich. Eine Betätigungsmöglichkeit für ihn war nicht vorhanden.
Das mag man im Hinblick auf die zahlreichen Angestellten, die im Getreide¬
handel tätig sind, bedauern. Aber wer einmal gründlich die Frage der Ver¬
sorgung des Deutschen Reiches während des Krieges prüft, kann zu keinem
anderen Resultat kommen, als zu dem Wege, den die Regierung eingeschlagen
hat. Würde man, wie das in der letzten Zeit häufig verlangt wird, jetzt den
freien Handel wieder einführen, so wäre die Folge davon, daß zunächst das
jetzige Preisniveau nicht mehr gesichert ist, denn die Händler würden sich beim
Einkauf gegenseitig überbieten. Außerdem wäre es nicht möglich, den Ver¬
brauch so rationell zu regeln, wie es die Kriegswirtschaft verlangt. Die Aus¬
schaltung des Getreidehandels erfolgte unter dem Zwang der Verhältnisse und
wenn man heute zurückblickt auf die Schwierigkeiten, die die Versorgung ver¬
ursachte, so muß man zugeben, daß der freie Handel die Aufgabe nicht so ge¬
löst haben würde, wie es das staatliche Monopol getan hat.




Grenzboien I 19176
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0093" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/331503"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Monopolisierung des Getreidehandels</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_271" prev="#ID_270"> zwar so, daß jeder im Deutschen Reiche das gleiche Quantum erhält. Im<lb/>
Gegensatz zu vielen anderen Kriegs-Organisationen muß man bei der<lb/>
Kriegsgetreide-Gesellschaft feststellen, daß hier für die Leitung die richtigen<lb/>
Männer gefunden wurden. Man gewann einen Fachmann, der der<lb/>
Situation gewachsen war und dem es gelang, zusammen mit amtlichen und<lb/>
privaten Mitarbeitern das große Werk zu vollenden. Wenn man heute auf<lb/>
das zurückblickt, was die Kriegsgetreide-Gesellschaft, die jetzige &#x201E;Reichsgetreide¬<lb/>
stelle", geleistet hat, so muß man sagen, daß die Aufgabe, die das Reich sich<lb/>
gestellt hat, vollinhaltlich gelöst ist. Nach Überwindung einiger Kinder¬<lb/>
krankheiten, die unvermeidlich waren, funktionierte der Apparat ausgezeichnet.<lb/>
Es gelang, mit den vorhandenen Beständen nicht nur auszureichen, sondern<lb/>
darüber hinaus sogar noch einen Vorrat zu erübrigen, was man in früheren<lb/>
Zeiten nicht für möglich gehalten hätte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_272"> Die Monopolisierung des Getreideverkehrs durch die Reichsgetreidestelle<lb/>
brachte, wie es in der Natur der Sache liegt, die Lahmlegung des privaten<lb/>
Handels mit sich. Eine Betätigungsmöglichkeit für ihn war nicht vorhanden.<lb/>
Das mag man im Hinblick auf die zahlreichen Angestellten, die im Getreide¬<lb/>
handel tätig sind, bedauern. Aber wer einmal gründlich die Frage der Ver¬<lb/>
sorgung des Deutschen Reiches während des Krieges prüft, kann zu keinem<lb/>
anderen Resultat kommen, als zu dem Wege, den die Regierung eingeschlagen<lb/>
hat. Würde man, wie das in der letzten Zeit häufig verlangt wird, jetzt den<lb/>
freien Handel wieder einführen, so wäre die Folge davon, daß zunächst das<lb/>
jetzige Preisniveau nicht mehr gesichert ist, denn die Händler würden sich beim<lb/>
Einkauf gegenseitig überbieten. Außerdem wäre es nicht möglich, den Ver¬<lb/>
brauch so rationell zu regeln, wie es die Kriegswirtschaft verlangt. Die Aus¬<lb/>
schaltung des Getreidehandels erfolgte unter dem Zwang der Verhältnisse und<lb/>
wenn man heute zurückblickt auf die Schwierigkeiten, die die Versorgung ver¬<lb/>
ursachte, so muß man zugeben, daß der freie Handel die Aufgabe nicht so ge¬<lb/>
löst haben würde, wie es das staatliche Monopol getan hat.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboien I 19176</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0093] Die Monopolisierung des Getreidehandels zwar so, daß jeder im Deutschen Reiche das gleiche Quantum erhält. Im Gegensatz zu vielen anderen Kriegs-Organisationen muß man bei der Kriegsgetreide-Gesellschaft feststellen, daß hier für die Leitung die richtigen Männer gefunden wurden. Man gewann einen Fachmann, der der Situation gewachsen war und dem es gelang, zusammen mit amtlichen und privaten Mitarbeitern das große Werk zu vollenden. Wenn man heute auf das zurückblickt, was die Kriegsgetreide-Gesellschaft, die jetzige „Reichsgetreide¬ stelle", geleistet hat, so muß man sagen, daß die Aufgabe, die das Reich sich gestellt hat, vollinhaltlich gelöst ist. Nach Überwindung einiger Kinder¬ krankheiten, die unvermeidlich waren, funktionierte der Apparat ausgezeichnet. Es gelang, mit den vorhandenen Beständen nicht nur auszureichen, sondern darüber hinaus sogar noch einen Vorrat zu erübrigen, was man in früheren Zeiten nicht für möglich gehalten hätte. Die Monopolisierung des Getreideverkehrs durch die Reichsgetreidestelle brachte, wie es in der Natur der Sache liegt, die Lahmlegung des privaten Handels mit sich. Eine Betätigungsmöglichkeit für ihn war nicht vorhanden. Das mag man im Hinblick auf die zahlreichen Angestellten, die im Getreide¬ handel tätig sind, bedauern. Aber wer einmal gründlich die Frage der Ver¬ sorgung des Deutschen Reiches während des Krieges prüft, kann zu keinem anderen Resultat kommen, als zu dem Wege, den die Regierung eingeschlagen hat. Würde man, wie das in der letzten Zeit häufig verlangt wird, jetzt den freien Handel wieder einführen, so wäre die Folge davon, daß zunächst das jetzige Preisniveau nicht mehr gesichert ist, denn die Händler würden sich beim Einkauf gegenseitig überbieten. Außerdem wäre es nicht möglich, den Ver¬ brauch so rationell zu regeln, wie es die Kriegswirtschaft verlangt. Die Aus¬ schaltung des Getreidehandels erfolgte unter dem Zwang der Verhältnisse und wenn man heute zurückblickt auf die Schwierigkeiten, die die Versorgung ver¬ ursachte, so muß man zugeben, daß der freie Handel die Aufgabe nicht so ge¬ löst haben würde, wie es das staatliche Monopol getan hat. Grenzboien I 19176

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/93
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/93>, abgerufen am 23.07.2024.