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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Die Deutsch-Russischen Handelsverträge

begünstigung. In dem zwischen Friedrich Wilhelm dem Dritten von Preußen
und Paul dem Ersten von Rußland am 28. Juli 1800 auf acht Jahre ab¬
geschlossenen Allianzvertrag wurde auch wieder wechselseitige Meistbegünstigung
im Handel ausgesprochen und zugleich wurde ein fester ("8tat!e et permanent")
Handelsvertrag, der sofort ausgearbeitet werden sollte, in Aussicht genommen.
Die preußisch-russische Neutralitätsakte zum Schutz von neutralem Handel und
der Schiffahrt während des Krieges aus dem Jahre 1781 wurde dann auf
Vorschlag Pauls des Ersten am 18. Dezember 1800 erneuert, wobei die Handels¬
artikel, die als Bannware gelten sollten, eigens aufgezählt sind, und in der
wiederholten Definition der Blockade als einer effektiven deren vorherige
Ansage durch den betreffenden Schiffskommandanten verlangt wird. In den
vor Ausbruch des französisch-preußisch-russischen Krieges am 1. und 24. Juli
1806 erlassenen zwei Allianzerklärungen von Friedrich Wilhelm dem Dritten
und Alexander dem Ersten von Rußland ist kurz von der Wiederherstellung der
Handelsfreiheit auf der Ostsee gegenüber Schweden und von der Erneuerung
der Handelsbeziehungen in Norddeutschland auf den Fuß, auf dem sie vor der
französischen Okkupation Hannovers waren, sowie von der dazu nötigen Wieder¬
aufhebung der Einschränkung der englischen Schiffahrt die Rede. Der am
24. April 1807 zwischen Preußen und Rußland in Bartenstein zur Fortsetzung
des Krieges mit Frankreich abgeschlossene Vertrag spricht nur allgemein und
kurz von der Unabhängigkeit Deutschlands und insbesondere seines Handels, an
der auch England, das sich später, wie Schweden, dem Vertrag anschloß, sehr
interessiert sei.

Ein Handelsvertrag zwischen Preußen und Rußland wurde wieder wie
1800 in dem preußisch-russischen Allianzvertrag von Breslau und Kalisch vom
27. und 28. Februar 1813 angekündigt. Sein endliches Zustandekommen schien
aber auch sehr nötig, da der preußische Handel unter dem damaligen russischen,
zur Hebung der eigenen bescheidenen russischen Industrie befolgten Prohibitiv-
system, der Untersagung des Transithandels mit preußischen Tüchern nach
China, trotz aller preußischen Beschwerden in Se. Petersburg sehr litt.

In gewissem Sinne eine Vorstufe zu einem neuen Handelsvertrag, die freilich
zunächst mehr zu mancherlei Kämpfen als zu Handelsfrieden führte, wurde auf
dem Wiener Kongreß am 3. Mai 1815 durch Vertrüge zwischen Rußland
einerseits und Preußen sowie Österreich andererseits geschaffen. Von polnischer
Seite zur zollpolitischen Einigung der jetzt getrennten polnischen Gebiete, zur
Aufrechterhaltung des polnischen Nationalgefühls in den staatlich geschiedenen
Teilen Polens gedacht und vorgelegt, bezweckten die Verträge, durch Aus¬
schließung des Königreiches Polen aus der russischen Zollgrenze, eine Art wirt¬
schaftlicher Wiederherstellung der jetzt unter drei Mächte geteilten polnischen
Lande. Die Bestimmungen des preußisch-russischen Vertrages über Handel und
Schiffahrt zwischen den verschiedenen polnischen Landesteilen sind mit Recht
dahin beurteilt worden, daß ihre genaue Durchführung eine Abtrennung des


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Die Deutsch-Russischen Handelsverträge

begünstigung. In dem zwischen Friedrich Wilhelm dem Dritten von Preußen
und Paul dem Ersten von Rußland am 28. Juli 1800 auf acht Jahre ab¬
geschlossenen Allianzvertrag wurde auch wieder wechselseitige Meistbegünstigung
im Handel ausgesprochen und zugleich wurde ein fester („8tat!e et permanent")
Handelsvertrag, der sofort ausgearbeitet werden sollte, in Aussicht genommen.
Die preußisch-russische Neutralitätsakte zum Schutz von neutralem Handel und
der Schiffahrt während des Krieges aus dem Jahre 1781 wurde dann auf
Vorschlag Pauls des Ersten am 18. Dezember 1800 erneuert, wobei die Handels¬
artikel, die als Bannware gelten sollten, eigens aufgezählt sind, und in der
wiederholten Definition der Blockade als einer effektiven deren vorherige
Ansage durch den betreffenden Schiffskommandanten verlangt wird. In den
vor Ausbruch des französisch-preußisch-russischen Krieges am 1. und 24. Juli
1806 erlassenen zwei Allianzerklärungen von Friedrich Wilhelm dem Dritten
und Alexander dem Ersten von Rußland ist kurz von der Wiederherstellung der
Handelsfreiheit auf der Ostsee gegenüber Schweden und von der Erneuerung
der Handelsbeziehungen in Norddeutschland auf den Fuß, auf dem sie vor der
französischen Okkupation Hannovers waren, sowie von der dazu nötigen Wieder¬
aufhebung der Einschränkung der englischen Schiffahrt die Rede. Der am
24. April 1807 zwischen Preußen und Rußland in Bartenstein zur Fortsetzung
des Krieges mit Frankreich abgeschlossene Vertrag spricht nur allgemein und
kurz von der Unabhängigkeit Deutschlands und insbesondere seines Handels, an
der auch England, das sich später, wie Schweden, dem Vertrag anschloß, sehr
interessiert sei.

Ein Handelsvertrag zwischen Preußen und Rußland wurde wieder wie
1800 in dem preußisch-russischen Allianzvertrag von Breslau und Kalisch vom
27. und 28. Februar 1813 angekündigt. Sein endliches Zustandekommen schien
aber auch sehr nötig, da der preußische Handel unter dem damaligen russischen,
zur Hebung der eigenen bescheidenen russischen Industrie befolgten Prohibitiv-
system, der Untersagung des Transithandels mit preußischen Tüchern nach
China, trotz aller preußischen Beschwerden in Se. Petersburg sehr litt.

In gewissem Sinne eine Vorstufe zu einem neuen Handelsvertrag, die freilich
zunächst mehr zu mancherlei Kämpfen als zu Handelsfrieden führte, wurde auf
dem Wiener Kongreß am 3. Mai 1815 durch Vertrüge zwischen Rußland
einerseits und Preußen sowie Österreich andererseits geschaffen. Von polnischer
Seite zur zollpolitischen Einigung der jetzt getrennten polnischen Gebiete, zur
Aufrechterhaltung des polnischen Nationalgefühls in den staatlich geschiedenen
Teilen Polens gedacht und vorgelegt, bezweckten die Verträge, durch Aus¬
schließung des Königreiches Polen aus der russischen Zollgrenze, eine Art wirt¬
schaftlicher Wiederherstellung der jetzt unter drei Mächte geteilten polnischen
Lande. Die Bestimmungen des preußisch-russischen Vertrages über Handel und
Schiffahrt zwischen den verschiedenen polnischen Landesteilen sind mit Recht
dahin beurteilt worden, daß ihre genaue Durchführung eine Abtrennung des


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[0063] Die Deutsch-Russischen Handelsverträge begünstigung. In dem zwischen Friedrich Wilhelm dem Dritten von Preußen und Paul dem Ersten von Rußland am 28. Juli 1800 auf acht Jahre ab¬ geschlossenen Allianzvertrag wurde auch wieder wechselseitige Meistbegünstigung im Handel ausgesprochen und zugleich wurde ein fester („8tat!e et permanent") Handelsvertrag, der sofort ausgearbeitet werden sollte, in Aussicht genommen. Die preußisch-russische Neutralitätsakte zum Schutz von neutralem Handel und der Schiffahrt während des Krieges aus dem Jahre 1781 wurde dann auf Vorschlag Pauls des Ersten am 18. Dezember 1800 erneuert, wobei die Handels¬ artikel, die als Bannware gelten sollten, eigens aufgezählt sind, und in der wiederholten Definition der Blockade als einer effektiven deren vorherige Ansage durch den betreffenden Schiffskommandanten verlangt wird. In den vor Ausbruch des französisch-preußisch-russischen Krieges am 1. und 24. Juli 1806 erlassenen zwei Allianzerklärungen von Friedrich Wilhelm dem Dritten und Alexander dem Ersten von Rußland ist kurz von der Wiederherstellung der Handelsfreiheit auf der Ostsee gegenüber Schweden und von der Erneuerung der Handelsbeziehungen in Norddeutschland auf den Fuß, auf dem sie vor der französischen Okkupation Hannovers waren, sowie von der dazu nötigen Wieder¬ aufhebung der Einschränkung der englischen Schiffahrt die Rede. Der am 24. April 1807 zwischen Preußen und Rußland in Bartenstein zur Fortsetzung des Krieges mit Frankreich abgeschlossene Vertrag spricht nur allgemein und kurz von der Unabhängigkeit Deutschlands und insbesondere seines Handels, an der auch England, das sich später, wie Schweden, dem Vertrag anschloß, sehr interessiert sei. Ein Handelsvertrag zwischen Preußen und Rußland wurde wieder wie 1800 in dem preußisch-russischen Allianzvertrag von Breslau und Kalisch vom 27. und 28. Februar 1813 angekündigt. Sein endliches Zustandekommen schien aber auch sehr nötig, da der preußische Handel unter dem damaligen russischen, zur Hebung der eigenen bescheidenen russischen Industrie befolgten Prohibitiv- system, der Untersagung des Transithandels mit preußischen Tüchern nach China, trotz aller preußischen Beschwerden in Se. Petersburg sehr litt. In gewissem Sinne eine Vorstufe zu einem neuen Handelsvertrag, die freilich zunächst mehr zu mancherlei Kämpfen als zu Handelsfrieden führte, wurde auf dem Wiener Kongreß am 3. Mai 1815 durch Vertrüge zwischen Rußland einerseits und Preußen sowie Österreich andererseits geschaffen. Von polnischer Seite zur zollpolitischen Einigung der jetzt getrennten polnischen Gebiete, zur Aufrechterhaltung des polnischen Nationalgefühls in den staatlich geschiedenen Teilen Polens gedacht und vorgelegt, bezweckten die Verträge, durch Aus¬ schließung des Königreiches Polen aus der russischen Zollgrenze, eine Art wirt¬ schaftlicher Wiederherstellung der jetzt unter drei Mächte geteilten polnischen Lande. Die Bestimmungen des preußisch-russischen Vertrages über Handel und Schiffahrt zwischen den verschiedenen polnischen Landesteilen sind mit Recht dahin beurteilt worden, daß ihre genaue Durchführung eine Abtrennung des t*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/63>, abgerufen am 23.07.2024.