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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Die Deutsch-Russischen Handelsverträge

Allianzvertrag mit dieser Bestimmung über Handelsfreiheit und Meistbegünstigung
wurde dann in den Jahren 1729, 1730, 1740 und 1743 erneuert. Die
Parteinahme der Kaiserin Elisabeth Petrowna für Österreich während des
siebenjährigen Krieges unterbrach die preußisch-russischen Handelsbeziehungen.
Als Peter der Dritte gleich nach seiner Thronbesteigung am 16. März 1762
einen Waffenstillstand mit Friedrich dem Großen einging, wurde auch die
Handelsfreiheit vereinbart; der Friedensvertrag vom 5. Mai 1762 selbst
enthält nichts über den Handel. In einem Separatartikel des Friedens¬
vertrages war auch ein neuer Abschluß eines Allianzvertrages in Aussicht ge¬
nommen. Der infolge der Entthronung Peters durch Katharina die Zweite
rächt ratifizierte Text dieses Allianzvertrages auf zwanzig Jahre vom 19. Juni
1762 hat die Bestimmung des Allianzvertrages von 1726 über Handelsfreiheit
und Meistbegünstigung aufgenommen und durch einen Zusatz über Weiter¬
benutzung einer griechischen Kirche für die russischen Kaufleute in Königsberg
vermehrt.

Auch die Allianzverträge, die Katharina die Zweite am 11. März 1764
und am 23. Oktober 1769 auf je acht Jahre mit Friedrich dem Großen schloß
und am 1. April 1777 um weitere acht Jahre im allgemeinen verlängerte,
enthalten wieder allgemeine Satzungen über Handelsfreiheit und Meist¬
begünstigung.

Während des englisch-amerikanischen Krieges nach der Unabhängigkeits¬
erklärung der dreizehn Vereinigten Staaten von Amerika hatte auch Preußens
Handel unter Englands Uebergriffen zu leiden. Friedrich der Große schloß am
19. Mai 1781 mit Katharina der Zweiten einen Vertrag zum Schutz der
Handelsfreiheit und der Schiffahrt der Neutralen, nachdem Friedrich Katharina
schon vorher um den Schutz der russischen Flotte für die preußischen Handels¬
schiffe gebeten und ihn zugesichert erhalten hatte. Die Neutralitätsakte galt
nach dem ersten ihrer Separatartikel besonders für die Ostsee, auf der als auf
einem "geschlossenen Meer" jede "Feindseligkeit, Piraterie und Gewalttat" ver¬
hindert werden sollte. Der Begriff der Blockade ist hier als der einer effektiven,
die für den blockierten Hafen "un äanZsr eviäsnt Zentner" mit sich bringt,
bestimmt.

Als Streitigkeiten zwischen Preußen und Danzig über den freien Handel
der preußischen Untertanen durch das Danziger Gebiet und deren Jmvortations-
handel zur See über Neufahrwafser und umgekehrt über den Verkehr der
Danziger auf der Weichsel, besonders den "pohlnischer Seeexportations-
handel" ihren Abschluß in der Konvention zu Warschau vom 22. Februar 1785
zwischen Preußen und Danzig fanden, übernahm Katharina die Zweite die
Garantie für Aufrechterhaltung'dieses Vergleichs.

Der Allianzvertrag zwischen Friedrich Wilhelm dem Zweiten und Katharina
der Zweiten vom 7. August 1792 erneuerte in der seit dem Allianzvertrag
von 1726 üblichen Weise die Zusage der Handelsfreiheit und der Meist-


Die Deutsch-Russischen Handelsverträge

Allianzvertrag mit dieser Bestimmung über Handelsfreiheit und Meistbegünstigung
wurde dann in den Jahren 1729, 1730, 1740 und 1743 erneuert. Die
Parteinahme der Kaiserin Elisabeth Petrowna für Österreich während des
siebenjährigen Krieges unterbrach die preußisch-russischen Handelsbeziehungen.
Als Peter der Dritte gleich nach seiner Thronbesteigung am 16. März 1762
einen Waffenstillstand mit Friedrich dem Großen einging, wurde auch die
Handelsfreiheit vereinbart; der Friedensvertrag vom 5. Mai 1762 selbst
enthält nichts über den Handel. In einem Separatartikel des Friedens¬
vertrages war auch ein neuer Abschluß eines Allianzvertrages in Aussicht ge¬
nommen. Der infolge der Entthronung Peters durch Katharina die Zweite
rächt ratifizierte Text dieses Allianzvertrages auf zwanzig Jahre vom 19. Juni
1762 hat die Bestimmung des Allianzvertrages von 1726 über Handelsfreiheit
und Meistbegünstigung aufgenommen und durch einen Zusatz über Weiter¬
benutzung einer griechischen Kirche für die russischen Kaufleute in Königsberg
vermehrt.

Auch die Allianzverträge, die Katharina die Zweite am 11. März 1764
und am 23. Oktober 1769 auf je acht Jahre mit Friedrich dem Großen schloß
und am 1. April 1777 um weitere acht Jahre im allgemeinen verlängerte,
enthalten wieder allgemeine Satzungen über Handelsfreiheit und Meist¬
begünstigung.

Während des englisch-amerikanischen Krieges nach der Unabhängigkeits¬
erklärung der dreizehn Vereinigten Staaten von Amerika hatte auch Preußens
Handel unter Englands Uebergriffen zu leiden. Friedrich der Große schloß am
19. Mai 1781 mit Katharina der Zweiten einen Vertrag zum Schutz der
Handelsfreiheit und der Schiffahrt der Neutralen, nachdem Friedrich Katharina
schon vorher um den Schutz der russischen Flotte für die preußischen Handels¬
schiffe gebeten und ihn zugesichert erhalten hatte. Die Neutralitätsakte galt
nach dem ersten ihrer Separatartikel besonders für die Ostsee, auf der als auf
einem „geschlossenen Meer" jede „Feindseligkeit, Piraterie und Gewalttat" ver¬
hindert werden sollte. Der Begriff der Blockade ist hier als der einer effektiven,
die für den blockierten Hafen „un äanZsr eviäsnt Zentner" mit sich bringt,
bestimmt.

Als Streitigkeiten zwischen Preußen und Danzig über den freien Handel
der preußischen Untertanen durch das Danziger Gebiet und deren Jmvortations-
handel zur See über Neufahrwafser und umgekehrt über den Verkehr der
Danziger auf der Weichsel, besonders den „pohlnischer Seeexportations-
handel" ihren Abschluß in der Konvention zu Warschau vom 22. Februar 1785
zwischen Preußen und Danzig fanden, übernahm Katharina die Zweite die
Garantie für Aufrechterhaltung'dieses Vergleichs.

Der Allianzvertrag zwischen Friedrich Wilhelm dem Zweiten und Katharina
der Zweiten vom 7. August 1792 erneuerte in der seit dem Allianzvertrag
von 1726 üblichen Weise die Zusage der Handelsfreiheit und der Meist-


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[0062] Die Deutsch-Russischen Handelsverträge Allianzvertrag mit dieser Bestimmung über Handelsfreiheit und Meistbegünstigung wurde dann in den Jahren 1729, 1730, 1740 und 1743 erneuert. Die Parteinahme der Kaiserin Elisabeth Petrowna für Österreich während des siebenjährigen Krieges unterbrach die preußisch-russischen Handelsbeziehungen. Als Peter der Dritte gleich nach seiner Thronbesteigung am 16. März 1762 einen Waffenstillstand mit Friedrich dem Großen einging, wurde auch die Handelsfreiheit vereinbart; der Friedensvertrag vom 5. Mai 1762 selbst enthält nichts über den Handel. In einem Separatartikel des Friedens¬ vertrages war auch ein neuer Abschluß eines Allianzvertrages in Aussicht ge¬ nommen. Der infolge der Entthronung Peters durch Katharina die Zweite rächt ratifizierte Text dieses Allianzvertrages auf zwanzig Jahre vom 19. Juni 1762 hat die Bestimmung des Allianzvertrages von 1726 über Handelsfreiheit und Meistbegünstigung aufgenommen und durch einen Zusatz über Weiter¬ benutzung einer griechischen Kirche für die russischen Kaufleute in Königsberg vermehrt. Auch die Allianzverträge, die Katharina die Zweite am 11. März 1764 und am 23. Oktober 1769 auf je acht Jahre mit Friedrich dem Großen schloß und am 1. April 1777 um weitere acht Jahre im allgemeinen verlängerte, enthalten wieder allgemeine Satzungen über Handelsfreiheit und Meist¬ begünstigung. Während des englisch-amerikanischen Krieges nach der Unabhängigkeits¬ erklärung der dreizehn Vereinigten Staaten von Amerika hatte auch Preußens Handel unter Englands Uebergriffen zu leiden. Friedrich der Große schloß am 19. Mai 1781 mit Katharina der Zweiten einen Vertrag zum Schutz der Handelsfreiheit und der Schiffahrt der Neutralen, nachdem Friedrich Katharina schon vorher um den Schutz der russischen Flotte für die preußischen Handels¬ schiffe gebeten und ihn zugesichert erhalten hatte. Die Neutralitätsakte galt nach dem ersten ihrer Separatartikel besonders für die Ostsee, auf der als auf einem „geschlossenen Meer" jede „Feindseligkeit, Piraterie und Gewalttat" ver¬ hindert werden sollte. Der Begriff der Blockade ist hier als der einer effektiven, die für den blockierten Hafen „un äanZsr eviäsnt Zentner" mit sich bringt, bestimmt. Als Streitigkeiten zwischen Preußen und Danzig über den freien Handel der preußischen Untertanen durch das Danziger Gebiet und deren Jmvortations- handel zur See über Neufahrwafser und umgekehrt über den Verkehr der Danziger auf der Weichsel, besonders den „pohlnischer Seeexportations- handel" ihren Abschluß in der Konvention zu Warschau vom 22. Februar 1785 zwischen Preußen und Danzig fanden, übernahm Katharina die Zweite die Garantie für Aufrechterhaltung'dieses Vergleichs. Der Allianzvertrag zwischen Friedrich Wilhelm dem Zweiten und Katharina der Zweiten vom 7. August 1792 erneuerte in der seit dem Allianzvertrag von 1726 üblichen Weise die Zusage der Handelsfreiheit und der Meist-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/62>, abgerufen am 23.07.2024.