Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.Englischer postraub Vberlandesgerichtsrat Dr. Rottele von ! er englische Postraub bildet eine ständige Rubrik unserer Blätter. So erscheint es ausgeschlossen, daß in diesem Kriege die Praxis unserer Englischer postraub Vberlandesgerichtsrat Dr. Rottele von ! er englische Postraub bildet eine ständige Rubrik unserer Blätter. So erscheint es ausgeschlossen, daß in diesem Kriege die Praxis unserer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0037" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/331447"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341905_331409/figures/grenzboten_341905_331409_331447_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Englischer postraub<lb/><note type="byline"> Vberlandesgerichtsrat Dr. Rottele</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_77"> ! er englische Postraub bildet eine ständige Rubrik unserer Blätter.<lb/> Kein Tag vergeht, ohne daß nicht über einen oder mehrere Fälle<lb/> berichtet werden muß, in denen englische Kriegsschiffe sich an<lb/> neutralen Postsendungen vergriffen haben. Die Neutralen, die<lb/> l diese Übergriffe britischer Anmaßung in erster Linie berühren,<lb/> haben sich mit einer gewissen Resignation in ihr Schicksal ergeben. Dänemark<lb/> und Holland schweigen nach anfänglichen ergebnislos verlaufenen Protesten<lb/> gänzlich, Schweden trat zunächst etwas energischer auf, hielt sogar als Ver¬<lb/> geltungsmaßnahme die bei ihm durchgehende englisch-russische Post sest, hat<lb/> aber auch damit nicht viel erreicht. Und die Vereinigten Staaten legen in<lb/> dem hierüber mit England gepflogenen Notenwechsel eine Langmut an den<lb/> Tag, die in merkwürdigem Widerspruch steht zu der Entschiedenheit, die die<lb/> amerikanische Regierung zeigt, wenn Verhandlungen mit Deutschland in Frage<lb/> stehen. England hat sich fast ein halbes Jahr Zeit genommen, um die<lb/> amerikanische Note über den Postraub vom Mai 1916 zu beantworten. Die<lb/> englische Note, die schließlich in Washington erschien, ist nach der überein¬<lb/> stimmenden Meinung der amerikanischen Presse und wohl auch ihrer Regie¬<lb/> rung vollkommen unbefriedigend. Trotzdem denkt man nicht daran, hieraus<lb/> diejenigen Folgerungen zu ziehen, mit denen man Deutschland droht, sobald<lb/> man mit unserer Haltung in einem Streitfalle nicht zufrieden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_78"> So erscheint es ausgeschlossen, daß in diesem Kriege die Praxis unserer<lb/> Gegner in der Behandlung der Postsendungen sich noch ändern wird. Welchen<lb/> Umfang diese Posträubereien angenommen haben, lehrt die Tatsache, daß nach<lb/> amtlichen Feststellungen in der Zeit vom Dezember 1915 bis Ende September<lb/> 1916, also ungefähr während drei Vierteljahren, von der Entente rund 24 200<lb/> Briefpostsendungen, die hinausgingen, und rund 16 800 solche, die herein¬<lb/> gingen, also insgesamt 41000 Briespostsendungen festgehalten und zum großen<lb/> Teil weggenommen worden sind. Wie in anderen Beziehungen, so zeigt sich<lb/> auch in dieser der gegenwärtige Krieg geradezu als riesenhaft. In früheren<lb/> Kriegen kamen solche Postberaubungen immer nur vereinzelt vor, aber auch<lb/> damals erregten sie die öffentliche Meinung in den von ihnen betroffenen neu¬<lb/> tralen Staaten auf das schärfste.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
[Abbildung]
Englischer postraub
Vberlandesgerichtsrat Dr. Rottele von
! er englische Postraub bildet eine ständige Rubrik unserer Blätter.
Kein Tag vergeht, ohne daß nicht über einen oder mehrere Fälle
berichtet werden muß, in denen englische Kriegsschiffe sich an
neutralen Postsendungen vergriffen haben. Die Neutralen, die
l diese Übergriffe britischer Anmaßung in erster Linie berühren,
haben sich mit einer gewissen Resignation in ihr Schicksal ergeben. Dänemark
und Holland schweigen nach anfänglichen ergebnislos verlaufenen Protesten
gänzlich, Schweden trat zunächst etwas energischer auf, hielt sogar als Ver¬
geltungsmaßnahme die bei ihm durchgehende englisch-russische Post sest, hat
aber auch damit nicht viel erreicht. Und die Vereinigten Staaten legen in
dem hierüber mit England gepflogenen Notenwechsel eine Langmut an den
Tag, die in merkwürdigem Widerspruch steht zu der Entschiedenheit, die die
amerikanische Regierung zeigt, wenn Verhandlungen mit Deutschland in Frage
stehen. England hat sich fast ein halbes Jahr Zeit genommen, um die
amerikanische Note über den Postraub vom Mai 1916 zu beantworten. Die
englische Note, die schließlich in Washington erschien, ist nach der überein¬
stimmenden Meinung der amerikanischen Presse und wohl auch ihrer Regie¬
rung vollkommen unbefriedigend. Trotzdem denkt man nicht daran, hieraus
diejenigen Folgerungen zu ziehen, mit denen man Deutschland droht, sobald
man mit unserer Haltung in einem Streitfalle nicht zufrieden ist.
So erscheint es ausgeschlossen, daß in diesem Kriege die Praxis unserer
Gegner in der Behandlung der Postsendungen sich noch ändern wird. Welchen
Umfang diese Posträubereien angenommen haben, lehrt die Tatsache, daß nach
amtlichen Feststellungen in der Zeit vom Dezember 1915 bis Ende September
1916, also ungefähr während drei Vierteljahren, von der Entente rund 24 200
Briefpostsendungen, die hinausgingen, und rund 16 800 solche, die herein¬
gingen, also insgesamt 41000 Briespostsendungen festgehalten und zum großen
Teil weggenommen worden sind. Wie in anderen Beziehungen, so zeigt sich
auch in dieser der gegenwärtige Krieg geradezu als riesenhaft. In früheren
Kriegen kamen solche Postberaubungen immer nur vereinzelt vor, aber auch
damals erregten sie die öffentliche Meinung in den von ihnen betroffenen neu¬
tralen Staaten auf das schärfste.
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