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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Der preußisch-amerikanische Freundschaft5vertrag

Handelsverkehr zwischen beiden Nationen im Interesse der größtmöglichen
Handelsfreiheit". Artikel 5 bis 8 beschäftigen sich mit hafenpolizeilichen Vor¬
schriften, im neunten hatte Preußen den Zusatz durchgesetzt, daß das alte
barbarische Strandrecht für die Untertanen oder Bürger beider Teile abge¬
schafft sein soll. Der zehnte Artikel, der 1828 wieder in den letzten preußisch¬
amerikanischen Vertrag aufgenommen wurde, enthält "die näheren Bestimmungen
über die Jntestat- und testamentarische Erbfolge der Angehörigen beider Länder"
und gibt dem König von Preußen das Recht, seinen Untertanen die Aus¬
wanderung nach Amerika zu verbieten. Der elfte Artikel verspricht vollständige
Religions- und Gewissensfreiheit, der zwölfte, der als Artikel 2 in die Pariser
Deklaration von 1856 kam, gestattet den freien Verkehr der neutralen Macht
mit den Kriegführenden und erkennt den Grundsatz "frei Schiff, frei Gut" an.
Der wichtige dreizehnte Artikel bestimmt des näheren den Begriff der Konterbande.

Von den übrigen Artikeln interessiert uns heute besonders der jetzt noch
geltende, berühmteste dreiundzwanzigste, der sich, an die Franklinsche Denkschrift teil¬
weise wörtlich anschließend, also lautet: "Wenn ein Krieg zwischen den beiden
kontrahierenden Teilen entstehen sollte, so sollen die Kaufleute des einen der
beiden Staaten, die in dem anderen sich aufhalten, die Erlaubnis haben, noch
neun Monate darin zu bleiben, um ihre Aktivschulden einzutreiben und ihre
Geschäfte in Ordnung zu bringen, nach welcher Zeit sie ungehindert abreisen
und alle ihre Güter ohne jede Beeinträchtigung mit sich nehmen können. Die
Weiber und Kinder, die Gelehrten aller Fakultäten, die Ackersleute. Hand-
werker. Manufakturisten und Fischer, die nicht bewaffnet sind und in Städten,
Dörfern und unbefestigten Plätzen wohnen, und überhaupt alle diejenigen,
deren Beschäftigung den Unterhalt und den allgemeinen Vorteil des mensch¬
lichen Geschlechts bezweckt, sollen die Freiheit haben, ihre respektiven Gewerbe
fernerhin zu treiben. Sie sollen für ihre Person auf keine Art gefährdet, ihre
Häuser oder Güter sollen nicht in Brand gesteckt, noch auf andere Art ver¬
nichtet, ihre Felder sollen nicht von feindlichen Armeen, in deren Hände sie
durch die Kriegsereignisse fallen könnten, verheert werden, sondern, wenn man
sich in der Notwendigkeit befinden sollte, etwas von ihrem Eigentum zum Ge¬
brauch der feindlichen Armee zu nehmen, fo soll ihnen der Wert dafür nach
einer annehmbaren Schätzung bezahlt werden. Alle Kauffahrtei- und Handels¬
schiffe, die zum Austausch der Produkte verschiedener Gegenden gebraucht
werden und folglich bestimmt find, die zu den unentbehrlichsten Bedürfnissen,
sowie zur Bequemlichkeit und Annehmlichkeit des Lebens dienenden Sachen
leichter zu verbreiten, sollen frei und ungehindert passieren können, und beide
kontrahierende Teile machen sich verbindlich, weder Kaperschiffe auszurüsten,
noch ihnen zu erlauben, diese Art von Handelsschiffen wegzunehmen oder zu
vernichten, noch auf andere Art den Handel zu stören."

Ähnlich behandelt auch der vierundzwanzigste Artikel Franklinsche Gedanken.
"Um das Schicksal von Kriegsgefangenen zu erleichtern und sie nicht der Gefahr aus-


Der preußisch-amerikanische Freundschaft5vertrag

Handelsverkehr zwischen beiden Nationen im Interesse der größtmöglichen
Handelsfreiheit". Artikel 5 bis 8 beschäftigen sich mit hafenpolizeilichen Vor¬
schriften, im neunten hatte Preußen den Zusatz durchgesetzt, daß das alte
barbarische Strandrecht für die Untertanen oder Bürger beider Teile abge¬
schafft sein soll. Der zehnte Artikel, der 1828 wieder in den letzten preußisch¬
amerikanischen Vertrag aufgenommen wurde, enthält „die näheren Bestimmungen
über die Jntestat- und testamentarische Erbfolge der Angehörigen beider Länder"
und gibt dem König von Preußen das Recht, seinen Untertanen die Aus¬
wanderung nach Amerika zu verbieten. Der elfte Artikel verspricht vollständige
Religions- und Gewissensfreiheit, der zwölfte, der als Artikel 2 in die Pariser
Deklaration von 1856 kam, gestattet den freien Verkehr der neutralen Macht
mit den Kriegführenden und erkennt den Grundsatz „frei Schiff, frei Gut" an.
Der wichtige dreizehnte Artikel bestimmt des näheren den Begriff der Konterbande.

Von den übrigen Artikeln interessiert uns heute besonders der jetzt noch
geltende, berühmteste dreiundzwanzigste, der sich, an die Franklinsche Denkschrift teil¬
weise wörtlich anschließend, also lautet: „Wenn ein Krieg zwischen den beiden
kontrahierenden Teilen entstehen sollte, so sollen die Kaufleute des einen der
beiden Staaten, die in dem anderen sich aufhalten, die Erlaubnis haben, noch
neun Monate darin zu bleiben, um ihre Aktivschulden einzutreiben und ihre
Geschäfte in Ordnung zu bringen, nach welcher Zeit sie ungehindert abreisen
und alle ihre Güter ohne jede Beeinträchtigung mit sich nehmen können. Die
Weiber und Kinder, die Gelehrten aller Fakultäten, die Ackersleute. Hand-
werker. Manufakturisten und Fischer, die nicht bewaffnet sind und in Städten,
Dörfern und unbefestigten Plätzen wohnen, und überhaupt alle diejenigen,
deren Beschäftigung den Unterhalt und den allgemeinen Vorteil des mensch¬
lichen Geschlechts bezweckt, sollen die Freiheit haben, ihre respektiven Gewerbe
fernerhin zu treiben. Sie sollen für ihre Person auf keine Art gefährdet, ihre
Häuser oder Güter sollen nicht in Brand gesteckt, noch auf andere Art ver¬
nichtet, ihre Felder sollen nicht von feindlichen Armeen, in deren Hände sie
durch die Kriegsereignisse fallen könnten, verheert werden, sondern, wenn man
sich in der Notwendigkeit befinden sollte, etwas von ihrem Eigentum zum Ge¬
brauch der feindlichen Armee zu nehmen, fo soll ihnen der Wert dafür nach
einer annehmbaren Schätzung bezahlt werden. Alle Kauffahrtei- und Handels¬
schiffe, die zum Austausch der Produkte verschiedener Gegenden gebraucht
werden und folglich bestimmt find, die zu den unentbehrlichsten Bedürfnissen,
sowie zur Bequemlichkeit und Annehmlichkeit des Lebens dienenden Sachen
leichter zu verbreiten, sollen frei und ungehindert passieren können, und beide
kontrahierende Teile machen sich verbindlich, weder Kaperschiffe auszurüsten,
noch ihnen zu erlauben, diese Art von Handelsschiffen wegzunehmen oder zu
vernichten, noch auf andere Art den Handel zu stören."

Ähnlich behandelt auch der vierundzwanzigste Artikel Franklinsche Gedanken.
„Um das Schicksal von Kriegsgefangenen zu erleichtern und sie nicht der Gefahr aus-


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[0249] Der preußisch-amerikanische Freundschaft5vertrag Handelsverkehr zwischen beiden Nationen im Interesse der größtmöglichen Handelsfreiheit". Artikel 5 bis 8 beschäftigen sich mit hafenpolizeilichen Vor¬ schriften, im neunten hatte Preußen den Zusatz durchgesetzt, daß das alte barbarische Strandrecht für die Untertanen oder Bürger beider Teile abge¬ schafft sein soll. Der zehnte Artikel, der 1828 wieder in den letzten preußisch¬ amerikanischen Vertrag aufgenommen wurde, enthält „die näheren Bestimmungen über die Jntestat- und testamentarische Erbfolge der Angehörigen beider Länder" und gibt dem König von Preußen das Recht, seinen Untertanen die Aus¬ wanderung nach Amerika zu verbieten. Der elfte Artikel verspricht vollständige Religions- und Gewissensfreiheit, der zwölfte, der als Artikel 2 in die Pariser Deklaration von 1856 kam, gestattet den freien Verkehr der neutralen Macht mit den Kriegführenden und erkennt den Grundsatz „frei Schiff, frei Gut" an. Der wichtige dreizehnte Artikel bestimmt des näheren den Begriff der Konterbande. Von den übrigen Artikeln interessiert uns heute besonders der jetzt noch geltende, berühmteste dreiundzwanzigste, der sich, an die Franklinsche Denkschrift teil¬ weise wörtlich anschließend, also lautet: „Wenn ein Krieg zwischen den beiden kontrahierenden Teilen entstehen sollte, so sollen die Kaufleute des einen der beiden Staaten, die in dem anderen sich aufhalten, die Erlaubnis haben, noch neun Monate darin zu bleiben, um ihre Aktivschulden einzutreiben und ihre Geschäfte in Ordnung zu bringen, nach welcher Zeit sie ungehindert abreisen und alle ihre Güter ohne jede Beeinträchtigung mit sich nehmen können. Die Weiber und Kinder, die Gelehrten aller Fakultäten, die Ackersleute. Hand- werker. Manufakturisten und Fischer, die nicht bewaffnet sind und in Städten, Dörfern und unbefestigten Plätzen wohnen, und überhaupt alle diejenigen, deren Beschäftigung den Unterhalt und den allgemeinen Vorteil des mensch¬ lichen Geschlechts bezweckt, sollen die Freiheit haben, ihre respektiven Gewerbe fernerhin zu treiben. Sie sollen für ihre Person auf keine Art gefährdet, ihre Häuser oder Güter sollen nicht in Brand gesteckt, noch auf andere Art ver¬ nichtet, ihre Felder sollen nicht von feindlichen Armeen, in deren Hände sie durch die Kriegsereignisse fallen könnten, verheert werden, sondern, wenn man sich in der Notwendigkeit befinden sollte, etwas von ihrem Eigentum zum Ge¬ brauch der feindlichen Armee zu nehmen, fo soll ihnen der Wert dafür nach einer annehmbaren Schätzung bezahlt werden. Alle Kauffahrtei- und Handels¬ schiffe, die zum Austausch der Produkte verschiedener Gegenden gebraucht werden und folglich bestimmt find, die zu den unentbehrlichsten Bedürfnissen, sowie zur Bequemlichkeit und Annehmlichkeit des Lebens dienenden Sachen leichter zu verbreiten, sollen frei und ungehindert passieren können, und beide kontrahierende Teile machen sich verbindlich, weder Kaperschiffe auszurüsten, noch ihnen zu erlauben, diese Art von Handelsschiffen wegzunehmen oder zu vernichten, noch auf andere Art den Handel zu stören." Ähnlich behandelt auch der vierundzwanzigste Artikel Franklinsche Gedanken. „Um das Schicksal von Kriegsgefangenen zu erleichtern und sie nicht der Gefahr aus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/249>, abgerufen am 25.08.2024.