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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Mlsons Fiasko

willen und seiner Entschlußfreudigkeit halbwegs gelähmt schien, in voller Einig¬
keit und Geschlossenheit hinter den Kaiser, den Feldherrn, den Kanzler treten
sahen. Heute können und müssen sich Gegner und Anhänger des U Boot¬
krieges, die sich so grimmig befehdet hatten, versöhnt die Hände reichen, dürfen
sich zugestehen, daß sie allesamt, ein jeder auf seine Art, das Beste unseres
Vaterlandes wollten und wollen.

Was verschlägt es, wenn die einen von uns die Ansicht hochhalten, daß
es just der richtige, am meisten erfolgverheißende Moment war, in dem unsere
Reichs- und Heeresleitung unsere U-Boote hemmungslos losließen, die anderen
aber der Auffassung nicht entsagen mögen, daß der richtige Moment fast schon
versäumt sei; wenn nur alle sich in der freudigen Gewißheit vereinen, daß die be¬
freiende Tat doch noch im rechten Augenblick gekommen sei. Mir selbst ist. daß
ich es nur gestehe, die Art, wie etwa ein Graf Reventlow seine Agitation gegen
den Kanzler zuspitzte, nicht zuletzt vom Standpunkts preußischer Disziplin und
preußischer Autorität höchst bedenklich, höchst unsympatisch gewesen. Aber heute
bin ich der erste, voll und unumwunden zuzugestehen, daß Graf Reventlow sich
bei alledem die größten und bleibendsten Verdienste um die Klarheit und Ziel¬
sicherheit erworben hat, mit der das deutsche Volk die Niederringung Englands
seines tödlichsten Gegners, als ein absolutes, nicht mehr wegzustreitendes Er¬
fordernis erkannt hat. Vielleicht wird mir Graf Reventlow seinerseits zuge¬
stehen, daß er und seine alldeutschen Freunde, die sich so gern auf den Namen
unseres großen Bismarck berufen, nicht immer dessen polemischer Grundweis¬
heit: lnea8uro8, not men eingedenk gewesen sind. Nun, heute gibt ja auch
die "Deutsche Tageszeitung" zu, daß sie während des Krieges hinter jeder
Regierung stehen werde, die die entschlossene Kriegspolitik betreibe, von der
allein das Heil zu erwarten sei (3. Februar). Das soll ein Wort, ein deutsches
und ein preußisches Wort zugleich sein! Heute muß uns alle das gemein¬
same Bestreben einen, die Stimmung und Zuversicht unseres Volkes, das
immerhin unter dem schweren Druck der langen Kriegszeit steht, auf das
höchste zu tragen.

Und wahrlich, wenn Deutschland einig bleibt, so können wir getrost allen
neuen Fährlichkeiten entgegensehen. Wir könnten es selbst, wenn es wider
alles Erwarten Amerika mit der Zeit noch gelänge, einen oder den anderen
der neutralen Staaten zu sich und unseren Gegnern herüberzuziehen; wir
können es umsomehr, da wir sehen, daß Wilsons klägliches Fiasko Ent¬
mutigung und Enttäuschung in die Reihen unserer Gegner trägt, und da wir
weiterhin gewahren, welche erfreuliche Rückwirkung unsere staatsmännische
Schonung der neutralen Interessen auf die Stellung der Neutralen zu uns
hat. Wahrlich, heute mag unser liebes Vaterland bei allem Ernst der Stunde
ruhig sein. Felsenfest vertrauen wir auf dos Wahrwort des Kanzlers:


"Wir setzen alles ein, und wir werden siegenI"


Mlsons Fiasko

willen und seiner Entschlußfreudigkeit halbwegs gelähmt schien, in voller Einig¬
keit und Geschlossenheit hinter den Kaiser, den Feldherrn, den Kanzler treten
sahen. Heute können und müssen sich Gegner und Anhänger des U Boot¬
krieges, die sich so grimmig befehdet hatten, versöhnt die Hände reichen, dürfen
sich zugestehen, daß sie allesamt, ein jeder auf seine Art, das Beste unseres
Vaterlandes wollten und wollen.

Was verschlägt es, wenn die einen von uns die Ansicht hochhalten, daß
es just der richtige, am meisten erfolgverheißende Moment war, in dem unsere
Reichs- und Heeresleitung unsere U-Boote hemmungslos losließen, die anderen
aber der Auffassung nicht entsagen mögen, daß der richtige Moment fast schon
versäumt sei; wenn nur alle sich in der freudigen Gewißheit vereinen, daß die be¬
freiende Tat doch noch im rechten Augenblick gekommen sei. Mir selbst ist. daß
ich es nur gestehe, die Art, wie etwa ein Graf Reventlow seine Agitation gegen
den Kanzler zuspitzte, nicht zuletzt vom Standpunkts preußischer Disziplin und
preußischer Autorität höchst bedenklich, höchst unsympatisch gewesen. Aber heute
bin ich der erste, voll und unumwunden zuzugestehen, daß Graf Reventlow sich
bei alledem die größten und bleibendsten Verdienste um die Klarheit und Ziel¬
sicherheit erworben hat, mit der das deutsche Volk die Niederringung Englands
seines tödlichsten Gegners, als ein absolutes, nicht mehr wegzustreitendes Er¬
fordernis erkannt hat. Vielleicht wird mir Graf Reventlow seinerseits zuge¬
stehen, daß er und seine alldeutschen Freunde, die sich so gern auf den Namen
unseres großen Bismarck berufen, nicht immer dessen polemischer Grundweis¬
heit: lnea8uro8, not men eingedenk gewesen sind. Nun, heute gibt ja auch
die „Deutsche Tageszeitung" zu, daß sie während des Krieges hinter jeder
Regierung stehen werde, die die entschlossene Kriegspolitik betreibe, von der
allein das Heil zu erwarten sei (3. Februar). Das soll ein Wort, ein deutsches
und ein preußisches Wort zugleich sein! Heute muß uns alle das gemein¬
same Bestreben einen, die Stimmung und Zuversicht unseres Volkes, das
immerhin unter dem schweren Druck der langen Kriegszeit steht, auf das
höchste zu tragen.

Und wahrlich, wenn Deutschland einig bleibt, so können wir getrost allen
neuen Fährlichkeiten entgegensehen. Wir könnten es selbst, wenn es wider
alles Erwarten Amerika mit der Zeit noch gelänge, einen oder den anderen
der neutralen Staaten zu sich und unseren Gegnern herüberzuziehen; wir
können es umsomehr, da wir sehen, daß Wilsons klägliches Fiasko Ent¬
mutigung und Enttäuschung in die Reihen unserer Gegner trägt, und da wir
weiterhin gewahren, welche erfreuliche Rückwirkung unsere staatsmännische
Schonung der neutralen Interessen auf die Stellung der Neutralen zu uns
hat. Wahrlich, heute mag unser liebes Vaterland bei allem Ernst der Stunde
ruhig sein. Felsenfest vertrauen wir auf dos Wahrwort des Kanzlers:


„Wir setzen alles ein, und wir werden siegenI"


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[0210] Mlsons Fiasko willen und seiner Entschlußfreudigkeit halbwegs gelähmt schien, in voller Einig¬ keit und Geschlossenheit hinter den Kaiser, den Feldherrn, den Kanzler treten sahen. Heute können und müssen sich Gegner und Anhänger des U Boot¬ krieges, die sich so grimmig befehdet hatten, versöhnt die Hände reichen, dürfen sich zugestehen, daß sie allesamt, ein jeder auf seine Art, das Beste unseres Vaterlandes wollten und wollen. Was verschlägt es, wenn die einen von uns die Ansicht hochhalten, daß es just der richtige, am meisten erfolgverheißende Moment war, in dem unsere Reichs- und Heeresleitung unsere U-Boote hemmungslos losließen, die anderen aber der Auffassung nicht entsagen mögen, daß der richtige Moment fast schon versäumt sei; wenn nur alle sich in der freudigen Gewißheit vereinen, daß die be¬ freiende Tat doch noch im rechten Augenblick gekommen sei. Mir selbst ist. daß ich es nur gestehe, die Art, wie etwa ein Graf Reventlow seine Agitation gegen den Kanzler zuspitzte, nicht zuletzt vom Standpunkts preußischer Disziplin und preußischer Autorität höchst bedenklich, höchst unsympatisch gewesen. Aber heute bin ich der erste, voll und unumwunden zuzugestehen, daß Graf Reventlow sich bei alledem die größten und bleibendsten Verdienste um die Klarheit und Ziel¬ sicherheit erworben hat, mit der das deutsche Volk die Niederringung Englands seines tödlichsten Gegners, als ein absolutes, nicht mehr wegzustreitendes Er¬ fordernis erkannt hat. Vielleicht wird mir Graf Reventlow seinerseits zuge¬ stehen, daß er und seine alldeutschen Freunde, die sich so gern auf den Namen unseres großen Bismarck berufen, nicht immer dessen polemischer Grundweis¬ heit: lnea8uro8, not men eingedenk gewesen sind. Nun, heute gibt ja auch die „Deutsche Tageszeitung" zu, daß sie während des Krieges hinter jeder Regierung stehen werde, die die entschlossene Kriegspolitik betreibe, von der allein das Heil zu erwarten sei (3. Februar). Das soll ein Wort, ein deutsches und ein preußisches Wort zugleich sein! Heute muß uns alle das gemein¬ same Bestreben einen, die Stimmung und Zuversicht unseres Volkes, das immerhin unter dem schweren Druck der langen Kriegszeit steht, auf das höchste zu tragen. Und wahrlich, wenn Deutschland einig bleibt, so können wir getrost allen neuen Fährlichkeiten entgegensehen. Wir könnten es selbst, wenn es wider alles Erwarten Amerika mit der Zeit noch gelänge, einen oder den anderen der neutralen Staaten zu sich und unseren Gegnern herüberzuziehen; wir können es umsomehr, da wir sehen, daß Wilsons klägliches Fiasko Ent¬ mutigung und Enttäuschung in die Reihen unserer Gegner trägt, und da wir weiterhin gewahren, welche erfreuliche Rückwirkung unsere staatsmännische Schonung der neutralen Interessen auf die Stellung der Neutralen zu uns hat. Wahrlich, heute mag unser liebes Vaterland bei allem Ernst der Stunde ruhig sein. Felsenfest vertrauen wir auf dos Wahrwort des Kanzlers: „Wir setzen alles ein, und wir werden siegenI"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/210>, abgerufen am 23.07.2024.