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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Trepow und die Kämpfe des Blocks

einseitigen Kräfte der russischen Intelligenz mit ihren Vorzügen und Nachteilen
gegen sich habe, wie früher, jener russischen Intelligenz, "welche schön zureden
versteht und große Pläne schmiedet, aber diese Pläne nicht auszuführen vermag,
die nicht die genügende Hartnäckigkeit besitzt, um in ein und derselben Richtung
standzuhalten und die Schwierigkeiten zu beseitigen, die ihr entgegenstehen." --

Wer will sagen, ob das ganz zutrifft? Eins steht jedenfalls fest, näm¬
lich, daß die Bewegung gegen das herrschende Regime außerordentlich weite
Kreise in Rußland ergriffen hat; das Auftreten von Schuwajew und
Grigorowitsch legt ferner Zeugnis davon ab, daß auch die Beamtenwelt und
die Militärs sich teilweise auf diesen Standpunkt stellen, von den extremen
Linksparteien, deren Führer die Obstruktion wollten und deshalb aus der
Duma ausgeschlossen worden sind, nicht zu sprechen. Das muß auf die Dauer
das Gleichgewicht verschieben.

Schließlich wird es darauf ankommen, wie die Lebensmittelnot und die
militärische Lage sich weiter entwickeln. Geht es in beiden Richtungen bergab,
so wird der Ruf des greisen Taganzew im Reichsrat "das Vaterland ist in
Gefahr" seine Berechtigung haben. Dann wird auch das Volk nicht ver¬
stehen, woher die Trepowsche Regierung den Mut finden konnte -- nach
Ausschluß der Linksparteien und ohne Berücksichtigung der wahren Lage --
das Friedensangebot Deutschlands in der Duma so schroff und kategorisch
zurückzuweisen.




Trepow und die Kämpfe des Blocks

einseitigen Kräfte der russischen Intelligenz mit ihren Vorzügen und Nachteilen
gegen sich habe, wie früher, jener russischen Intelligenz, „welche schön zureden
versteht und große Pläne schmiedet, aber diese Pläne nicht auszuführen vermag,
die nicht die genügende Hartnäckigkeit besitzt, um in ein und derselben Richtung
standzuhalten und die Schwierigkeiten zu beseitigen, die ihr entgegenstehen." —

Wer will sagen, ob das ganz zutrifft? Eins steht jedenfalls fest, näm¬
lich, daß die Bewegung gegen das herrschende Regime außerordentlich weite
Kreise in Rußland ergriffen hat; das Auftreten von Schuwajew und
Grigorowitsch legt ferner Zeugnis davon ab, daß auch die Beamtenwelt und
die Militärs sich teilweise auf diesen Standpunkt stellen, von den extremen
Linksparteien, deren Führer die Obstruktion wollten und deshalb aus der
Duma ausgeschlossen worden sind, nicht zu sprechen. Das muß auf die Dauer
das Gleichgewicht verschieben.

Schließlich wird es darauf ankommen, wie die Lebensmittelnot und die
militärische Lage sich weiter entwickeln. Geht es in beiden Richtungen bergab,
so wird der Ruf des greisen Taganzew im Reichsrat „das Vaterland ist in
Gefahr" seine Berechtigung haben. Dann wird auch das Volk nicht ver¬
stehen, woher die Trepowsche Regierung den Mut finden konnte — nach
Ausschluß der Linksparteien und ohne Berücksichtigung der wahren Lage —
das Friedensangebot Deutschlands in der Duma so schroff und kategorisch
zurückzuweisen.




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[0020] Trepow und die Kämpfe des Blocks einseitigen Kräfte der russischen Intelligenz mit ihren Vorzügen und Nachteilen gegen sich habe, wie früher, jener russischen Intelligenz, „welche schön zureden versteht und große Pläne schmiedet, aber diese Pläne nicht auszuführen vermag, die nicht die genügende Hartnäckigkeit besitzt, um in ein und derselben Richtung standzuhalten und die Schwierigkeiten zu beseitigen, die ihr entgegenstehen." — Wer will sagen, ob das ganz zutrifft? Eins steht jedenfalls fest, näm¬ lich, daß die Bewegung gegen das herrschende Regime außerordentlich weite Kreise in Rußland ergriffen hat; das Auftreten von Schuwajew und Grigorowitsch legt ferner Zeugnis davon ab, daß auch die Beamtenwelt und die Militärs sich teilweise auf diesen Standpunkt stellen, von den extremen Linksparteien, deren Führer die Obstruktion wollten und deshalb aus der Duma ausgeschlossen worden sind, nicht zu sprechen. Das muß auf die Dauer das Gleichgewicht verschieben. Schließlich wird es darauf ankommen, wie die Lebensmittelnot und die militärische Lage sich weiter entwickeln. Geht es in beiden Richtungen bergab, so wird der Ruf des greisen Taganzew im Reichsrat „das Vaterland ist in Gefahr" seine Berechtigung haben. Dann wird auch das Volk nicht ver¬ stehen, woher die Trepowsche Regierung den Mut finden konnte — nach Ausschluß der Linksparteien und ohne Berücksichtigung der wahren Lage — das Friedensangebot Deutschlands in der Duma so schroff und kategorisch zurückzuweisen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/20>, abgerufen am 23.07.2024.