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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.

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Akademische Rriegsliteratur

neuen idealen Burschenschaft hofft, in welcher tels gleichberechtigte und unter
gemeinsamem Ehrengericht stehende Gruppen die bisher feindlich geschiedenen
Teile der Studentenschaft gemeinsam nebeneinander wirken, und "des heißen
Kampfes geistigen Ertratt an innerlichen Gütern für die Entwicklung des studen-
tischen Lebens" sichern. Und eine Gruppe scheint ihm zur Erreichung dieser
Ziele besonders geeignet, und an sie wendet er sich mit Nachdruck: "Möchte die
Deutsche Burschenschaft", so ruft er aus, "auch dazu mit aller Kraft mitwirken
und sich bei diesem friedlichen, aber nicht weniger mühevollen Einsetzen aller
Kräfte der burschenschaftlichen Vorfahren von 1815 würdig erweisen." Und
tatsächlich hat während des Weltkrieges die Deutsche Burschenschaft einen wichtigen
Schritt vorwärts getan, um eine einheitliche Zusammenfassung der Studenten¬
schaft anzubahnen. Von ihr ging der große Gedanke des Akademischen Hilfs-
bundes aus. der bisher schon eine segensreiche Fürsorgetätigkeit für kriegs-
beschädigte Akademiker entfaltet hat. Die wertvolle Weiterarbeit dieses Bundes
ist nach dem Kriege nur dann gesichert, wenn die in ihm vertretenen Studenten,
gruppen sich nicht gegenseitig wieder in unschöner Weise verfehmen oder in
unüberbrückbaren Gegensatz zueinander treten, sondern zu gemeinsamen großen
sozialen Aufgaben sich die Hand reichen. Daß die Einordnung der einzelnen
studentischen Zusammenschlüsse als "dienender Glieder" in ein großes Ganzes
auch für die akademische Jugend keine Unmöglichkeit ist. zeigen die bereits vor¬
handenen Studentenausschüsse, zu denen mit Beginn des Weltkrieges nach langen
Bemühungen auch der an der Universität Berlin hinzugetreten ist. und vielleicht
hat gerade der Weltkrieg der Studentenschaft klar vor Augen geführt, welche
Kraft und Bedeutung einer guten Gesamtorganisation innewohnt, und was für
große Leistungen durch sie allein möglich werden.

Überblickt man zum Schluß zusammenfassend das gesamte akademische
Leben der Gegenwart, wie es auch in der Kriegsliteratur nach Gestalt und
Geltung ringt, so erkennt man. daß es Lehrer und Jünger der Hochschule
trefflich verstanden haben, das Wertvolle aus der Vergangenheit in die Zukunft
durchzuwintern. Nirgends ist ein scharfer Bruch mit der früheren Zeit erfolgt,
im Gegenteil; die organische Weiterentwicklung unseres Hochschulwesens schreitet
trotz des Weltkrieges ruhig und stetig fort. Für all die unverdrossene und
aufopferungsvolle Tätigkeit unserer Hochschulen im Dienste des Vaterlandes
kann es kein schöneres Zeugnis geben als ein Urteil des feindlichen Auslandes,
auf das Professor Götz in seiner schon genannten Schrift hinweist: "Man sagte
einst, so heißt es bei ihm. der preußische Schulmeister habe die Schlacht von
Königgrätz gewonnen; vor kurzem schrieb eine englische Zeitung (^Ke I^arcet).
an die Stelle des Schulmeisters sei jetzt der deutsche Gelehrte getreten und ihm
gebühre im Falle des deutschen Sieges ein wesentlicher Anteil am Erfolg".
Wenn sich nun auch in der vorläufig vorhandenen Literatur etwas überragend
Neues und Großes im Hochschulwesen für die Zukunft nicht ankündigt, so darf
man doch die Erwartung hegen, daß sich das erreichte hohe Niveau unseres


Akademische Rriegsliteratur

neuen idealen Burschenschaft hofft, in welcher tels gleichberechtigte und unter
gemeinsamem Ehrengericht stehende Gruppen die bisher feindlich geschiedenen
Teile der Studentenschaft gemeinsam nebeneinander wirken, und „des heißen
Kampfes geistigen Ertratt an innerlichen Gütern für die Entwicklung des studen-
tischen Lebens" sichern. Und eine Gruppe scheint ihm zur Erreichung dieser
Ziele besonders geeignet, und an sie wendet er sich mit Nachdruck: „Möchte die
Deutsche Burschenschaft", so ruft er aus, „auch dazu mit aller Kraft mitwirken
und sich bei diesem friedlichen, aber nicht weniger mühevollen Einsetzen aller
Kräfte der burschenschaftlichen Vorfahren von 1815 würdig erweisen." Und
tatsächlich hat während des Weltkrieges die Deutsche Burschenschaft einen wichtigen
Schritt vorwärts getan, um eine einheitliche Zusammenfassung der Studenten¬
schaft anzubahnen. Von ihr ging der große Gedanke des Akademischen Hilfs-
bundes aus. der bisher schon eine segensreiche Fürsorgetätigkeit für kriegs-
beschädigte Akademiker entfaltet hat. Die wertvolle Weiterarbeit dieses Bundes
ist nach dem Kriege nur dann gesichert, wenn die in ihm vertretenen Studenten,
gruppen sich nicht gegenseitig wieder in unschöner Weise verfehmen oder in
unüberbrückbaren Gegensatz zueinander treten, sondern zu gemeinsamen großen
sozialen Aufgaben sich die Hand reichen. Daß die Einordnung der einzelnen
studentischen Zusammenschlüsse als „dienender Glieder" in ein großes Ganzes
auch für die akademische Jugend keine Unmöglichkeit ist. zeigen die bereits vor¬
handenen Studentenausschüsse, zu denen mit Beginn des Weltkrieges nach langen
Bemühungen auch der an der Universität Berlin hinzugetreten ist. und vielleicht
hat gerade der Weltkrieg der Studentenschaft klar vor Augen geführt, welche
Kraft und Bedeutung einer guten Gesamtorganisation innewohnt, und was für
große Leistungen durch sie allein möglich werden.

Überblickt man zum Schluß zusammenfassend das gesamte akademische
Leben der Gegenwart, wie es auch in der Kriegsliteratur nach Gestalt und
Geltung ringt, so erkennt man. daß es Lehrer und Jünger der Hochschule
trefflich verstanden haben, das Wertvolle aus der Vergangenheit in die Zukunft
durchzuwintern. Nirgends ist ein scharfer Bruch mit der früheren Zeit erfolgt,
im Gegenteil; die organische Weiterentwicklung unseres Hochschulwesens schreitet
trotz des Weltkrieges ruhig und stetig fort. Für all die unverdrossene und
aufopferungsvolle Tätigkeit unserer Hochschulen im Dienste des Vaterlandes
kann es kein schöneres Zeugnis geben als ein Urteil des feindlichen Auslandes,
auf das Professor Götz in seiner schon genannten Schrift hinweist: „Man sagte
einst, so heißt es bei ihm. der preußische Schulmeister habe die Schlacht von
Königgrätz gewonnen; vor kurzem schrieb eine englische Zeitung (^Ke I^arcet).
an die Stelle des Schulmeisters sei jetzt der deutsche Gelehrte getreten und ihm
gebühre im Falle des deutschen Sieges ein wesentlicher Anteil am Erfolg".
Wenn sich nun auch in der vorläufig vorhandenen Literatur etwas überragend
Neues und Großes im Hochschulwesen für die Zukunft nicht ankündigt, so darf
man doch die Erwartung hegen, daß sich das erreichte hohe Niveau unseres


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[0039] Akademische Rriegsliteratur neuen idealen Burschenschaft hofft, in welcher tels gleichberechtigte und unter gemeinsamem Ehrengericht stehende Gruppen die bisher feindlich geschiedenen Teile der Studentenschaft gemeinsam nebeneinander wirken, und „des heißen Kampfes geistigen Ertratt an innerlichen Gütern für die Entwicklung des studen- tischen Lebens" sichern. Und eine Gruppe scheint ihm zur Erreichung dieser Ziele besonders geeignet, und an sie wendet er sich mit Nachdruck: „Möchte die Deutsche Burschenschaft", so ruft er aus, „auch dazu mit aller Kraft mitwirken und sich bei diesem friedlichen, aber nicht weniger mühevollen Einsetzen aller Kräfte der burschenschaftlichen Vorfahren von 1815 würdig erweisen." Und tatsächlich hat während des Weltkrieges die Deutsche Burschenschaft einen wichtigen Schritt vorwärts getan, um eine einheitliche Zusammenfassung der Studenten¬ schaft anzubahnen. Von ihr ging der große Gedanke des Akademischen Hilfs- bundes aus. der bisher schon eine segensreiche Fürsorgetätigkeit für kriegs- beschädigte Akademiker entfaltet hat. Die wertvolle Weiterarbeit dieses Bundes ist nach dem Kriege nur dann gesichert, wenn die in ihm vertretenen Studenten, gruppen sich nicht gegenseitig wieder in unschöner Weise verfehmen oder in unüberbrückbaren Gegensatz zueinander treten, sondern zu gemeinsamen großen sozialen Aufgaben sich die Hand reichen. Daß die Einordnung der einzelnen studentischen Zusammenschlüsse als „dienender Glieder" in ein großes Ganzes auch für die akademische Jugend keine Unmöglichkeit ist. zeigen die bereits vor¬ handenen Studentenausschüsse, zu denen mit Beginn des Weltkrieges nach langen Bemühungen auch der an der Universität Berlin hinzugetreten ist. und vielleicht hat gerade der Weltkrieg der Studentenschaft klar vor Augen geführt, welche Kraft und Bedeutung einer guten Gesamtorganisation innewohnt, und was für große Leistungen durch sie allein möglich werden. Überblickt man zum Schluß zusammenfassend das gesamte akademische Leben der Gegenwart, wie es auch in der Kriegsliteratur nach Gestalt und Geltung ringt, so erkennt man. daß es Lehrer und Jünger der Hochschule trefflich verstanden haben, das Wertvolle aus der Vergangenheit in die Zukunft durchzuwintern. Nirgends ist ein scharfer Bruch mit der früheren Zeit erfolgt, im Gegenteil; die organische Weiterentwicklung unseres Hochschulwesens schreitet trotz des Weltkrieges ruhig und stetig fort. Für all die unverdrossene und aufopferungsvolle Tätigkeit unserer Hochschulen im Dienste des Vaterlandes kann es kein schöneres Zeugnis geben als ein Urteil des feindlichen Auslandes, auf das Professor Götz in seiner schon genannten Schrift hinweist: „Man sagte einst, so heißt es bei ihm. der preußische Schulmeister habe die Schlacht von Königgrätz gewonnen; vor kurzem schrieb eine englische Zeitung (^Ke I^arcet). an die Stelle des Schulmeisters sei jetzt der deutsche Gelehrte getreten und ihm gebühre im Falle des deutschen Sieges ein wesentlicher Anteil am Erfolg". Wenn sich nun auch in der vorläufig vorhandenen Literatur etwas überragend Neues und Großes im Hochschulwesen für die Zukunft nicht ankündigt, so darf man doch die Erwartung hegen, daß sich das erreichte hohe Niveau unseres

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330971/39>, abgerufen am 23.07.2024.