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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.

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Noch ein Wort über Belgiens Zukunft

hänge, das "planetarische" politische Denken uns zu eigen gemacht haben, dann
werden wir gegen diese westliche politische Kultur ihren alten Todfeind in den
Schranken rufen: die katholische Kirche. Das katholische Irland ist eine Geißel,
die wir nur fest in die Hand zu nehmen brauchen, um den Engländern das
Leben gründlich sauer zu machen. Ein klerikales Italien, das leicht entstehen kann,
wenn der Papst den Katholiken die Teilnahme an der italienischen Politik gestattet,
kann einst wieder deutschfreundlich sein. Denn die römischen Freimaurer, die
politischen Schüler Frankreichs, sind die Leute, die den Dreibund verraten haben.
Und so liegen die Dinge auch in Belgien: der kulturelle westeuropäische Libe¬
ralismus Brüssels ist der Erzfeind des Deutschtums wie der des eingesessener
germanischen Vlamentums, er, der Ableger der französischen Revolution, der
bewundernde Jünger aller Pariser Weisheit.

Nun ist allerdings kein Zweifel, daß die heutige belgische Kirche nicht
minder deutschfeindlich ist. Sie ist es geworden im Wettkampf mit dem west¬
lichen Liberalismus um die Seelen des Volkes. Aber sie braucht es unter
veränderten Verhältnissen ganz und gar nicht zu sein. Man muß dafür sorgen,
daß, sobald es der natürliche Gang der Dinge gestattet, auf den Erzstuhl von
Mecheln und an andere einflußreiche Stellen geeignete Männer kommen. Für
das vlämische Volkstum ist die katholische Kirche in schweren Zeiten die beste
und oft fast die einzige Stütze gewesen. Die Brüsseler Fransquillons hätten
ihm noch übler mitgespielt, wenn nicht die Kirche die fromme Volksart der
Manier geschützt hätte. Man darf nicht vergessen, daß hervorragende vlämische
Patrioten zugleich klerikale Männer gewesen sind. In Deutschland ist am be¬
kanntesten von ihnen wohl immer noch der Dichter Hendrik Conscience, der
Verherrlicher des "Löwen von Flandern". An diese Vergangenheit des
belgischen Katholizismus wird man, das nötige politische Geschick vorausgesetzt,
mit Erfolg appellieren. Eine außerordentlich wichtige Rolle für die Gewinnung
der belgischen Gläubigen fällt natürlich unserer deutschen, speziell der rheinischen
Kirche zu. Das niederrheinische Volkstum ist dem vlümischen eng verwandt,
das wallonische greift wenigstens in dem kleinen Zipfel von Malmedv. auf das
Rheinland über, und die politischen Zentren des deutschen Katholizismus,
Köln und München-Gladbach, liegen dem belgischen Lande benachbart. In
diesen Kreisen wird das Reich die Männer finden, die die belgische Kirche richtig
behandeln können. Um Gotteswillen soll man sich hüten, protestantische Assessoren
aus Magdeburg oder Frankfurt a. O. nach Belgien zu schicken! Wozu haben
wir denn unsere KatholikenI

Wenn Bornhak einer Aufhebung der katholischen Universität in Löwen
das Wort redet, so ist vor solchem Beginnen dringend zu warnen. Mag sie
mit dem deutschen Staatsgedanken vereinbar sein oder nicht, jedenfalls besteht
sie und ihre Aufhebung wäre eine ganz unnötige feindselige Handlung gegen
die katholische Kirche. Wir haben keinen "Staatsgedanken" doktrinär in Belgies
zu verwirklichen, sondern wir haben das Land nach Möglichkeit für Deutsch-


Noch ein Wort über Belgiens Zukunft

hänge, das „planetarische" politische Denken uns zu eigen gemacht haben, dann
werden wir gegen diese westliche politische Kultur ihren alten Todfeind in den
Schranken rufen: die katholische Kirche. Das katholische Irland ist eine Geißel,
die wir nur fest in die Hand zu nehmen brauchen, um den Engländern das
Leben gründlich sauer zu machen. Ein klerikales Italien, das leicht entstehen kann,
wenn der Papst den Katholiken die Teilnahme an der italienischen Politik gestattet,
kann einst wieder deutschfreundlich sein. Denn die römischen Freimaurer, die
politischen Schüler Frankreichs, sind die Leute, die den Dreibund verraten haben.
Und so liegen die Dinge auch in Belgien: der kulturelle westeuropäische Libe¬
ralismus Brüssels ist der Erzfeind des Deutschtums wie der des eingesessener
germanischen Vlamentums, er, der Ableger der französischen Revolution, der
bewundernde Jünger aller Pariser Weisheit.

Nun ist allerdings kein Zweifel, daß die heutige belgische Kirche nicht
minder deutschfeindlich ist. Sie ist es geworden im Wettkampf mit dem west¬
lichen Liberalismus um die Seelen des Volkes. Aber sie braucht es unter
veränderten Verhältnissen ganz und gar nicht zu sein. Man muß dafür sorgen,
daß, sobald es der natürliche Gang der Dinge gestattet, auf den Erzstuhl von
Mecheln und an andere einflußreiche Stellen geeignete Männer kommen. Für
das vlämische Volkstum ist die katholische Kirche in schweren Zeiten die beste
und oft fast die einzige Stütze gewesen. Die Brüsseler Fransquillons hätten
ihm noch übler mitgespielt, wenn nicht die Kirche die fromme Volksart der
Manier geschützt hätte. Man darf nicht vergessen, daß hervorragende vlämische
Patrioten zugleich klerikale Männer gewesen sind. In Deutschland ist am be¬
kanntesten von ihnen wohl immer noch der Dichter Hendrik Conscience, der
Verherrlicher des „Löwen von Flandern". An diese Vergangenheit des
belgischen Katholizismus wird man, das nötige politische Geschick vorausgesetzt,
mit Erfolg appellieren. Eine außerordentlich wichtige Rolle für die Gewinnung
der belgischen Gläubigen fällt natürlich unserer deutschen, speziell der rheinischen
Kirche zu. Das niederrheinische Volkstum ist dem vlümischen eng verwandt,
das wallonische greift wenigstens in dem kleinen Zipfel von Malmedv. auf das
Rheinland über, und die politischen Zentren des deutschen Katholizismus,
Köln und München-Gladbach, liegen dem belgischen Lande benachbart. In
diesen Kreisen wird das Reich die Männer finden, die die belgische Kirche richtig
behandeln können. Um Gotteswillen soll man sich hüten, protestantische Assessoren
aus Magdeburg oder Frankfurt a. O. nach Belgien zu schicken! Wozu haben
wir denn unsere KatholikenI

Wenn Bornhak einer Aufhebung der katholischen Universität in Löwen
das Wort redet, so ist vor solchem Beginnen dringend zu warnen. Mag sie
mit dem deutschen Staatsgedanken vereinbar sein oder nicht, jedenfalls besteht
sie und ihre Aufhebung wäre eine ganz unnötige feindselige Handlung gegen
die katholische Kirche. Wir haben keinen „Staatsgedanken" doktrinär in Belgies
zu verwirklichen, sondern wir haben das Land nach Möglichkeit für Deutsch-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330971/378>, abgerufen am 23.07.2024.