Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.Die Selbständigkeit Galiziens und die Deutschen Der Landtag stellt folgenden Antrag: "Dem^ Königreich Galizien und Der Landtag wird ausschließlich den Modus der Reichsratswahlen zu be¬ Die galizische Landtagsdelegation wird an den Beratungen des Reichsrates Zur Bedeckung der Auslagen der Administration und des Gerichtswesens, Die Salzwerke im Königreiche werden ohne Bewilligung des Landtages Das Königreich Galizien und Lodomerien samt Krakau wird einen eigenen Das Königreich wird eine dem Landtag verantwortliche Landesverwaltung In einem besondern Abschnitt werden die zahlreichen Gegenstände auf¬ Ihr eigentliches Ziel war aber die Loslösung Galiziens von Österreich. Es ist begreiflich, daß die Vorgänge im galizischen Landtage und die ge¬ *) Vgl. Kölner, "Parlament und Verfassung in Österreich", I. S. 364. Dazu Fischel, "Das österreichische Sprachenrecht und Materialien zur Sprachenfrage in Osterreich" (Brünn 1SV1 und 1902). 21*
Die Selbständigkeit Galiziens und die Deutschen Der Landtag stellt folgenden Antrag: „Dem^ Königreich Galizien und Der Landtag wird ausschließlich den Modus der Reichsratswahlen zu be¬ Die galizische Landtagsdelegation wird an den Beratungen des Reichsrates Zur Bedeckung der Auslagen der Administration und des Gerichtswesens, Die Salzwerke im Königreiche werden ohne Bewilligung des Landtages Das Königreich Galizien und Lodomerien samt Krakau wird einen eigenen Das Königreich wird eine dem Landtag verantwortliche Landesverwaltung In einem besondern Abschnitt werden die zahlreichen Gegenstände auf¬ Ihr eigentliches Ziel war aber die Loslösung Galiziens von Österreich. Es ist begreiflich, daß die Vorgänge im galizischen Landtage und die ge¬ *) Vgl. Kölner, „Parlament und Verfassung in Österreich", I. S. 364. Dazu Fischel, „Das österreichische Sprachenrecht und Materialien zur Sprachenfrage in Osterreich" (Brünn 1SV1 und 1902). 21*
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Die Selbständigkeit Galiziens und die Deutschen
Der Landtag stellt folgenden Antrag: „Dem^ Königreich Galizien und
Lodomerien samt dem Großherzogtum Krakau wird die nationale Selbstver¬
waltung in dem seinen Bedürfnissen und den besonderen Landesverhältnissen
entsprechendem Maße zuerkannt, vor allem:
Der Landtag wird ausschließlich den Modus der Reichsratswahlen zu be¬
stimmen haben.
Die galizische Landtagsdelegation wird an den Beratungen des Reichsrates
nur bezüglich der diesem Königreiche mit den anderen im Reichsrate vertretenen
Teilen der Monarchie gemeinsamen Angelegenheiten teilnehmen.
Zur Bedeckung der Auslagen der Administration und des Gerichtswesens,
des Kultus und Unterrichtes, der öffentlichen Sicherheit und der Landeskultur
in Galizien wird aus dem Staatsschatze zur Verfügung des Landtages eine
dem wirklichen Bedarfs entsprechende Quote ausgeschieden und in betreff der
Details die Verwendung der reichsrätlichen Kompetenz entzogen.
Die Salzwerke im Königreiche werden ohne Bewilligung des Landtages
dieses Königreiches weder verkauft noch eingetauscht oder belastet.
Das Königreich Galizien und Lodomerien samt Krakau wird einen eigenen
obersten Gerichts- und Kassationshof erhalten.
Das Königreich wird eine dem Landtag verantwortliche Landesverwaltung
in Sachen der inneren Verwaltung, der Justiz, des Unterrichts, der öffentlichen
Sicherheit und der Landeskultur, sowie einen Landesminister im Rate der
Krone erhalten."
In einem besondern Abschnitt werden die zahlreichen Gegenstände auf¬
gezählt, über die der Landtag selbst zu entscheiden hat. Man ersieht daraus,
daß die Polen Galizien schon damals zu einer von Österreich völlig un¬
abhängigen Provinz zu machen beabsichtigten, nur daß sie des österreichischen
(d. h. deutschen) Geldes nicht entraten konnten: mit diesem wollten sie aber
ganz nach eigenem Gutdünken wirtschaften.
Ihr eigentliches Ziel war aber die Loslösung Galiziens von Österreich.
Darüber läßt die Debatte im Landtage vom Herbst 1868 gar keinen Zweifel
übrig. „Alle Konzessionen der Polen hatten nur gedient ihre Aspiration zu
steigern."
Es ist begreiflich, daß die Vorgänge im galizischen Landtage und die ge¬
faßte Resolution in Wien nicht geringe Mißstimmung erregten. Ministerium
und Reichstag verhielten sich ablehnend. Die Polen drohten und drängten und
der Erfolg blieb nicht aus. Es genügt hier zu bemerken, daß zufolge der Er¬
lasse vom 5. und 11. Juni 1869 die deutschen Beamten in Galizien entlassen
oder versetzt wurden, die Lemberger Universität wurde polonisiert und 1871 das
Ministerium für Galizien geschaffen, wodurch die Sonderstellung Galiziens be-
*) Vgl. Kölner, „Parlament und Verfassung in Österreich", I. S. 364. Dazu Fischel,
„Das österreichische Sprachenrecht und Materialien zur Sprachenfrage in Osterreich" (Brünn
1SV1 und 1902).
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