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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Amerika als tertius MucZens im Weltkriege

gen des europäischen Krieges machten sich auch in diesen vom Kriegsschauplatz
weltentlegenen Ländern fühlbar und brachten ihnen wirtschaftliche Unsicherheiten
und Schwierigkeiten, die eine energische Bearbeitung ihrer Märkte für die
Dauer des Krieges auszuschließen scheinen. Andererseits ist die amerikanische
Industrie durch die Aufträge der Ententestaaten derart beansprucht, daß es
ihr zunächst noch unmöglich sein dürfte, mit der Kraft, Entschlossenheit und
weit vorausdenkenden Umsicht vorzugehen, wie sie eine erfolgreiche Bearbeitung
neuer Märkte erheischt. Während der Dauer des Krieges wird Amerika daher
fast ausschließlich Arbeit zu leisten haben, welche die Durchführung dieses Pro¬
grammes für die Zeit vorbereitet, in welcher die wirtschaftliche Kraft des Landes
sich entschiedener in den Dienst dieser Aufgabe stellen kann. So sehen wir
denn in Amerika schon während des Krieges starke Organisationen entstehen,
welche mit großem Eifer in der Richtung dieses Zieles arbeiten. Vornehmlich
gilt ihr Interesse den Staaten des südamerikanischen Kontinentes. Mit diesen
Ländern haben Deutschland und England vor dem Kriege mit großer Sorgfalt
und Umsicht gute Geschäftsverbindungen angebahnt. In ihren öffentlichen An¬
lagen sind große Summen deutschen Geldes angelegt, es sind deutsche Bank¬
häuser errichtet, welche die Unternehmungen in diesen Ländern stützen, und
nahezu 75 Prozent der leitenden Persönlichkeiten jener Betriebe, die für die
Ausfuhr in Frage kommen, sind Deutsche und Engländer. Diese Erfolge,
welche die europäischen Staaten nach Überwindung mannigfaltiger Fehlschläge
und Enttäuschungen errungen haben, für das amerikanische Wirtschaftsleben
auszubeuten ist Ziel und Aufgabe der von der "National-City-Bank" in New
Uork organisierten "American International Corporation". Die National-
City-Bank, deren Aufsichtsrat Morgan als einflußreichste Persönlichkeit angehört,
geht dabei in der Weise vor, daß sie in den Hauptstädten der in Frage stehen¬
den südamerikanischen Länder, in Rio de Janeiro, in Santos und Buenos
Aires Filialen errichtet, welche die Aufgabe haben, dem amerikanischen Gelde
den Zutritt zu den großen öffentlichen Unternehmen zu erschließen und private
Unternehmungen in jenen Ländern zu finanzieren. Die Anbahnung der Ge¬
schäftsverbindungen wird durch die International Corporation, welcher 50 Millio¬
nen Dollar zur Verfügung stehen follen, in die Wege geleitet.

Um in den beteiligten Industrie- und Handelskreisen Amerikas das Inter¬
esse an der Ausfuhr nach den südamerikanischen und überhaupt allen Ländern,
die für den amerikanischen Export geeignet erscheinen, in erhöhtem Maße an¬
zuregen, werden in den Vereinigten Staaten Wanderausstellungen ins Leben
gerufen, zu denen vor allen die amerikanischen Handelsattaches alle jene Gegen¬
stände herbeischaffen, welche sich mit Berücksichtigung der Bedürfnisse der zu
bearbeitenden Länder für den Export eignen. Diese Ausstellungen, welche
das "Bureau of Foreign and Domestic Commerce" in New York aufstellt, und
die durch alle größeren Industriestädte Nordamerikas wandern, zeigen aber
nicht allein die in Frage kommenden Jndustrieerzeugnisse. sondern geben auch


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Amerika als tertius MucZens im Weltkriege

gen des europäischen Krieges machten sich auch in diesen vom Kriegsschauplatz
weltentlegenen Ländern fühlbar und brachten ihnen wirtschaftliche Unsicherheiten
und Schwierigkeiten, die eine energische Bearbeitung ihrer Märkte für die
Dauer des Krieges auszuschließen scheinen. Andererseits ist die amerikanische
Industrie durch die Aufträge der Ententestaaten derart beansprucht, daß es
ihr zunächst noch unmöglich sein dürfte, mit der Kraft, Entschlossenheit und
weit vorausdenkenden Umsicht vorzugehen, wie sie eine erfolgreiche Bearbeitung
neuer Märkte erheischt. Während der Dauer des Krieges wird Amerika daher
fast ausschließlich Arbeit zu leisten haben, welche die Durchführung dieses Pro¬
grammes für die Zeit vorbereitet, in welcher die wirtschaftliche Kraft des Landes
sich entschiedener in den Dienst dieser Aufgabe stellen kann. So sehen wir
denn in Amerika schon während des Krieges starke Organisationen entstehen,
welche mit großem Eifer in der Richtung dieses Zieles arbeiten. Vornehmlich
gilt ihr Interesse den Staaten des südamerikanischen Kontinentes. Mit diesen
Ländern haben Deutschland und England vor dem Kriege mit großer Sorgfalt
und Umsicht gute Geschäftsverbindungen angebahnt. In ihren öffentlichen An¬
lagen sind große Summen deutschen Geldes angelegt, es sind deutsche Bank¬
häuser errichtet, welche die Unternehmungen in diesen Ländern stützen, und
nahezu 75 Prozent der leitenden Persönlichkeiten jener Betriebe, die für die
Ausfuhr in Frage kommen, sind Deutsche und Engländer. Diese Erfolge,
welche die europäischen Staaten nach Überwindung mannigfaltiger Fehlschläge
und Enttäuschungen errungen haben, für das amerikanische Wirtschaftsleben
auszubeuten ist Ziel und Aufgabe der von der „National-City-Bank" in New
Uork organisierten „American International Corporation". Die National-
City-Bank, deren Aufsichtsrat Morgan als einflußreichste Persönlichkeit angehört,
geht dabei in der Weise vor, daß sie in den Hauptstädten der in Frage stehen¬
den südamerikanischen Länder, in Rio de Janeiro, in Santos und Buenos
Aires Filialen errichtet, welche die Aufgabe haben, dem amerikanischen Gelde
den Zutritt zu den großen öffentlichen Unternehmen zu erschließen und private
Unternehmungen in jenen Ländern zu finanzieren. Die Anbahnung der Ge¬
schäftsverbindungen wird durch die International Corporation, welcher 50 Millio¬
nen Dollar zur Verfügung stehen follen, in die Wege geleitet.

Um in den beteiligten Industrie- und Handelskreisen Amerikas das Inter¬
esse an der Ausfuhr nach den südamerikanischen und überhaupt allen Ländern,
die für den amerikanischen Export geeignet erscheinen, in erhöhtem Maße an¬
zuregen, werden in den Vereinigten Staaten Wanderausstellungen ins Leben
gerufen, zu denen vor allen die amerikanischen Handelsattaches alle jene Gegen¬
stände herbeischaffen, welche sich mit Berücksichtigung der Bedürfnisse der zu
bearbeitenden Länder für den Export eignen. Diese Ausstellungen, welche
das „Bureau of Foreign and Domestic Commerce" in New York aufstellt, und
die durch alle größeren Industriestädte Nordamerikas wandern, zeigen aber
nicht allein die in Frage kommenden Jndustrieerzeugnisse. sondern geben auch


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[0319] Amerika als tertius MucZens im Weltkriege gen des europäischen Krieges machten sich auch in diesen vom Kriegsschauplatz weltentlegenen Ländern fühlbar und brachten ihnen wirtschaftliche Unsicherheiten und Schwierigkeiten, die eine energische Bearbeitung ihrer Märkte für die Dauer des Krieges auszuschließen scheinen. Andererseits ist die amerikanische Industrie durch die Aufträge der Ententestaaten derart beansprucht, daß es ihr zunächst noch unmöglich sein dürfte, mit der Kraft, Entschlossenheit und weit vorausdenkenden Umsicht vorzugehen, wie sie eine erfolgreiche Bearbeitung neuer Märkte erheischt. Während der Dauer des Krieges wird Amerika daher fast ausschließlich Arbeit zu leisten haben, welche die Durchführung dieses Pro¬ grammes für die Zeit vorbereitet, in welcher die wirtschaftliche Kraft des Landes sich entschiedener in den Dienst dieser Aufgabe stellen kann. So sehen wir denn in Amerika schon während des Krieges starke Organisationen entstehen, welche mit großem Eifer in der Richtung dieses Zieles arbeiten. Vornehmlich gilt ihr Interesse den Staaten des südamerikanischen Kontinentes. Mit diesen Ländern haben Deutschland und England vor dem Kriege mit großer Sorgfalt und Umsicht gute Geschäftsverbindungen angebahnt. In ihren öffentlichen An¬ lagen sind große Summen deutschen Geldes angelegt, es sind deutsche Bank¬ häuser errichtet, welche die Unternehmungen in diesen Ländern stützen, und nahezu 75 Prozent der leitenden Persönlichkeiten jener Betriebe, die für die Ausfuhr in Frage kommen, sind Deutsche und Engländer. Diese Erfolge, welche die europäischen Staaten nach Überwindung mannigfaltiger Fehlschläge und Enttäuschungen errungen haben, für das amerikanische Wirtschaftsleben auszubeuten ist Ziel und Aufgabe der von der „National-City-Bank" in New Uork organisierten „American International Corporation". Die National- City-Bank, deren Aufsichtsrat Morgan als einflußreichste Persönlichkeit angehört, geht dabei in der Weise vor, daß sie in den Hauptstädten der in Frage stehen¬ den südamerikanischen Länder, in Rio de Janeiro, in Santos und Buenos Aires Filialen errichtet, welche die Aufgabe haben, dem amerikanischen Gelde den Zutritt zu den großen öffentlichen Unternehmen zu erschließen und private Unternehmungen in jenen Ländern zu finanzieren. Die Anbahnung der Ge¬ schäftsverbindungen wird durch die International Corporation, welcher 50 Millio¬ nen Dollar zur Verfügung stehen follen, in die Wege geleitet. Um in den beteiligten Industrie- und Handelskreisen Amerikas das Inter¬ esse an der Ausfuhr nach den südamerikanischen und überhaupt allen Ländern, die für den amerikanischen Export geeignet erscheinen, in erhöhtem Maße an¬ zuregen, werden in den Vereinigten Staaten Wanderausstellungen ins Leben gerufen, zu denen vor allen die amerikanischen Handelsattaches alle jene Gegen¬ stände herbeischaffen, welche sich mit Berücksichtigung der Bedürfnisse der zu bearbeitenden Länder für den Export eignen. Diese Ausstellungen, welche das „Bureau of Foreign and Domestic Commerce" in New York aufstellt, und die durch alle größeren Industriestädte Nordamerikas wandern, zeigen aber nicht allein die in Frage kommenden Jndustrieerzeugnisse. sondern geben auch 20*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/319>, abgerufen am 23.07.2024.