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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Fürst Bismarck und der Aurfürstendamm

Im Februar 1873 richtet der Fürst die folgenden Zeilen an den Chef
des Königl. Zivilkabiriets von Wilmowski:

"Ew. Excellenz erwidere ick, nnter Rückstellung der mir übermittelten
Anlagen, auf die im Allerhöchsten Auftrag an mich gerichteten Schreiben
vom 4. Nov. v. I. und 30. Jan. d. I.. daß mir die Erhaltung der ganzen
Breite des Kurfürstendamms im fiskalischen Besitz zu Gunsten der öffent¬
lichen Interessen späterer Zeit für geboten erscheint und daß in. E. den An¬
dauern zu beiden Seiten des Kurfürstendamms nicht gestattet werden sollte,
irgend einen Teil desselben mit in ihre Häuserberechnung hineinzuziehen und
als Ersatz für die ihnen obliegende Pflicht zur Hergabe des Straßenterrains
zu benutzen. Dieselben Gründe, vie ich mir zu entwickeln erlauben werde,
sprechen gegen die Verwendung irgend eines Teils der Dammbreite zur
Pferdebahn. Ich will nicht gegen die Pferdeeisenbahn überhaupt votieren,
nur bin ich der Ansicht, daß das zu derselben notwendige Terrain aus den
Mitteln der Grundbesitzer jener Gegend hergegeben, nicht aber der Weg da
verengt werden sollte, wo der fiskalische Besitz ausnahmsweise Gelegenheit
zu breiter und schöner Straßenentfaltung bietet.

Eine Abhilfe wäre aber dann nicht mehr möglich, während jede Breite,
welche man jetzt für den Reitweg reservirt, bei überwiegendem öffentlichen
Bedürfnis immer noch chausstrt und dem Fahrverkehr übergeben werden kann.

Mein Antrag würde daher dahin gehen, daß ganz unabhängig von
dem fiskalischen Kurfürstendamm, die gesetzliche Straßenbreite aus eigenen
Mitteln (der Adjacenten) herzugeben ist, die Pferdebahnkonzessionäre aber
gleichzeitig auf Aufsuchung anderer Wege zu verweisen sind."

Am 17. Juni 1873 sendet Fürst Bismarck die folgenden Zeilen an den
Handelsminister Dr. Ueberhand:

"Aus den in dem beiliegenden Schreiben an Herrn von Wilmowski
ausführlich entwickelten Gründen bitte ich Ew. Excellenz nochmals, die Hergabe
einer vollen Straßenbreite auf jeder Seite des Kurfürstendamms von den
Adjacenten ex propriis fordern zu lassen, damit auf diese Weise für die
zwischen Grünewald und Tiergarten zu schaffende Verkehrslinie die dreifache
Breite einer gewöhnliche!? Straße erzielt werden kann. Dieselbe würde etwa
den Linden, aber noch lange nicht den für ähnliche Verhältnisse in Paris
dienstbaren Champs Elisöes entsprechen."

Der Finanz- und der Handelsminister nahmen nunmehr die Angelegenheit
ihrerseits in die Hand, und unterbreiteten am 29. April dem Fürsten Bismarck
ihre Vorschläge in Betreff des Straßenprojekts. Der Letztere empfiehlt ins¬
besondere wiederholt, in die von den Interessenten beantragte provisorische
Chausfierung des Kurfürstendammes nicht zu willigen, da jeder Akt, aus
welchem möglichen Falls die Anerkennung der vermeintlichen Ansprüche der
Adjacenten an den Kurfürstendamm gefolgert werden könnte, bedenklich sei.


Fürst Bismarck und der Aurfürstendamm

Im Februar 1873 richtet der Fürst die folgenden Zeilen an den Chef
des Königl. Zivilkabiriets von Wilmowski:

„Ew. Excellenz erwidere ick, nnter Rückstellung der mir übermittelten
Anlagen, auf die im Allerhöchsten Auftrag an mich gerichteten Schreiben
vom 4. Nov. v. I. und 30. Jan. d. I.. daß mir die Erhaltung der ganzen
Breite des Kurfürstendamms im fiskalischen Besitz zu Gunsten der öffent¬
lichen Interessen späterer Zeit für geboten erscheint und daß in. E. den An¬
dauern zu beiden Seiten des Kurfürstendamms nicht gestattet werden sollte,
irgend einen Teil desselben mit in ihre Häuserberechnung hineinzuziehen und
als Ersatz für die ihnen obliegende Pflicht zur Hergabe des Straßenterrains
zu benutzen. Dieselben Gründe, vie ich mir zu entwickeln erlauben werde,
sprechen gegen die Verwendung irgend eines Teils der Dammbreite zur
Pferdebahn. Ich will nicht gegen die Pferdeeisenbahn überhaupt votieren,
nur bin ich der Ansicht, daß das zu derselben notwendige Terrain aus den
Mitteln der Grundbesitzer jener Gegend hergegeben, nicht aber der Weg da
verengt werden sollte, wo der fiskalische Besitz ausnahmsweise Gelegenheit
zu breiter und schöner Straßenentfaltung bietet.

Eine Abhilfe wäre aber dann nicht mehr möglich, während jede Breite,
welche man jetzt für den Reitweg reservirt, bei überwiegendem öffentlichen
Bedürfnis immer noch chausstrt und dem Fahrverkehr übergeben werden kann.

Mein Antrag würde daher dahin gehen, daß ganz unabhängig von
dem fiskalischen Kurfürstendamm, die gesetzliche Straßenbreite aus eigenen
Mitteln (der Adjacenten) herzugeben ist, die Pferdebahnkonzessionäre aber
gleichzeitig auf Aufsuchung anderer Wege zu verweisen sind."

Am 17. Juni 1873 sendet Fürst Bismarck die folgenden Zeilen an den
Handelsminister Dr. Ueberhand:

„Aus den in dem beiliegenden Schreiben an Herrn von Wilmowski
ausführlich entwickelten Gründen bitte ich Ew. Excellenz nochmals, die Hergabe
einer vollen Straßenbreite auf jeder Seite des Kurfürstendamms von den
Adjacenten ex propriis fordern zu lassen, damit auf diese Weise für die
zwischen Grünewald und Tiergarten zu schaffende Verkehrslinie die dreifache
Breite einer gewöhnliche!? Straße erzielt werden kann. Dieselbe würde etwa
den Linden, aber noch lange nicht den für ähnliche Verhältnisse in Paris
dienstbaren Champs Elisöes entsprechen."

Der Finanz- und der Handelsminister nahmen nunmehr die Angelegenheit
ihrerseits in die Hand, und unterbreiteten am 29. April dem Fürsten Bismarck
ihre Vorschläge in Betreff des Straßenprojekts. Der Letztere empfiehlt ins¬
besondere wiederholt, in die von den Interessenten beantragte provisorische
Chausfierung des Kurfürstendammes nicht zu willigen, da jeder Akt, aus
welchem möglichen Falls die Anerkennung der vermeintlichen Ansprüche der
Adjacenten an den Kurfürstendamm gefolgert werden könnte, bedenklich sei.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/198>, abgerufen am 01.10.2024.