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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Das Buch des Fürsten von Bülow

ficht zu erkennen vermochte, lag in teilweiser Enthüllung vor uns, nachdem im
Kriege durch Aktenstücke, z. B. bezüglich Belgiens, manche Karte des frühzeitig
eingeleiteten Verräterspiels aufgedeckt war. In dem Bülowliuche erscheint aber
"die allgemeine Konflagration Juli 1914" fast wie eine elementare Krisis, an
deren Ausbruch die feindlichen Großmächte nicht die ganze ungeheure und
untilgbare Schuld vor Gott und Menschen tragen. Es gibt in unseren Augen
jedoch keine irgendwie mildernden Umstände für das Verbrechen, das durch die
Anstifter des Weltkrieges an der Menschheit verübt wurde. Die Geschichte wird
deren Verruchtheit brandmarken, unbeirrt durch die heuchlerischen Gebärden,
mit denen sie bis zur letzten Stunde ihre Sympathien für den Weltfrieden den
Völkern vorzutäuschen beliebten.

Die Zeiten, in denen der Kanzler des Deutschen Reichs mit verschlagenen
Mächten in hitzigen diplomatischen Scharmützeln um den Friedenslorbeer
gerungen, sind dahin. Nachdem die Kunst der Diplomatie durch das deutsche
Schwert abgelöst ist, kennt auch der vom glühenden Patriotismus erfüllte Fürst
Bülow nur noch ein solches Ende des mörderischen Kampfes, durch das Deutsch¬
land in seiner Weltstellung und Sicherheit angemessene Freiheit sich erzwingt.
"Wie in dieser Beziehung das große Ringen ausgeht, wird entscheidend sein
für das Gesamtergebnis und die Gesamtbeurteilung des ganzen Krieges."
Daß insbesondere unserem Hauptfeinde gegenüber sentimentale Nachgiebigkeit
ein unverzeihlicher Fehler wäre, ist des Verfassers tiefste Überzeugung. "Eng¬
land hat die Freundschaft nicht gewollt, hat die ihm von uns wiederholt hin¬
gehaltene Hand zurückgestoßen. Es hat geglaubt, in Feindschaft zu Deutschland
besser' auf seine Rechnung zu kommen. Die Geschichte Englands, das stets
gegen die Besiegten am schonungslosesten war in den wenigen europäischen
Kriegen, zu denen es sich in der neueren Zeit entschloß, gibt uns Deutschen
eine Vorstellung von dem Schicksal, das uns im Falle des Erliegens erwartet
hätte. . . . England ist nur mit gleicher Entschlossenheit und gleichem Ziel¬
bewußtsein beizukommen. Wie der Charakter der Engländer nun einmal ist,
und nachdem wir zum erstenmal im Laufe der Weltgeschichte mit England in
Krieg geraten sind, hängt unsere Zukunft davon ab, daß wir unter gleich
rücksichtsloser Einsetzung aller Kräfte und Mittel den Sieg erringen und freie
Bahn gewinnen." Mit diesen Worten stellt sich Fürst Bülow an die Seite
derer, die vom Frieden handfeste Bürgschaften gegen die Wiederkehr eines
Mächtekomplotts zur Einschnürung der deutschen Bewegungsfreiheit verlangen.
Für die ungeheure Mehrheit des deutschen Volkes ist eine solche Sicherung
der natürliche Kampfpreis.

Die "Deutsche Politik" des Fürsten Bülow behandelt außer der aus¬
wärtigen Politik in allgemeinen Umrissen auch die innere Politik, insbesondere
das Parteiwesen, die Wirtschaftspolitik und die Ostmarkenfragc. Im Hinblick
auf die Kriegserfahrungen ist außerdem ein mit tiefempfundenen patriotischen
Schwunge abgefaßtes Kapitel der Wehrkraft und dem Militarismus gewidmet,


Das Buch des Fürsten von Bülow

ficht zu erkennen vermochte, lag in teilweiser Enthüllung vor uns, nachdem im
Kriege durch Aktenstücke, z. B. bezüglich Belgiens, manche Karte des frühzeitig
eingeleiteten Verräterspiels aufgedeckt war. In dem Bülowliuche erscheint aber
„die allgemeine Konflagration Juli 1914" fast wie eine elementare Krisis, an
deren Ausbruch die feindlichen Großmächte nicht die ganze ungeheure und
untilgbare Schuld vor Gott und Menschen tragen. Es gibt in unseren Augen
jedoch keine irgendwie mildernden Umstände für das Verbrechen, das durch die
Anstifter des Weltkrieges an der Menschheit verübt wurde. Die Geschichte wird
deren Verruchtheit brandmarken, unbeirrt durch die heuchlerischen Gebärden,
mit denen sie bis zur letzten Stunde ihre Sympathien für den Weltfrieden den
Völkern vorzutäuschen beliebten.

Die Zeiten, in denen der Kanzler des Deutschen Reichs mit verschlagenen
Mächten in hitzigen diplomatischen Scharmützeln um den Friedenslorbeer
gerungen, sind dahin. Nachdem die Kunst der Diplomatie durch das deutsche
Schwert abgelöst ist, kennt auch der vom glühenden Patriotismus erfüllte Fürst
Bülow nur noch ein solches Ende des mörderischen Kampfes, durch das Deutsch¬
land in seiner Weltstellung und Sicherheit angemessene Freiheit sich erzwingt.
„Wie in dieser Beziehung das große Ringen ausgeht, wird entscheidend sein
für das Gesamtergebnis und die Gesamtbeurteilung des ganzen Krieges."
Daß insbesondere unserem Hauptfeinde gegenüber sentimentale Nachgiebigkeit
ein unverzeihlicher Fehler wäre, ist des Verfassers tiefste Überzeugung. „Eng¬
land hat die Freundschaft nicht gewollt, hat die ihm von uns wiederholt hin¬
gehaltene Hand zurückgestoßen. Es hat geglaubt, in Feindschaft zu Deutschland
besser' auf seine Rechnung zu kommen. Die Geschichte Englands, das stets
gegen die Besiegten am schonungslosesten war in den wenigen europäischen
Kriegen, zu denen es sich in der neueren Zeit entschloß, gibt uns Deutschen
eine Vorstellung von dem Schicksal, das uns im Falle des Erliegens erwartet
hätte. . . . England ist nur mit gleicher Entschlossenheit und gleichem Ziel¬
bewußtsein beizukommen. Wie der Charakter der Engländer nun einmal ist,
und nachdem wir zum erstenmal im Laufe der Weltgeschichte mit England in
Krieg geraten sind, hängt unsere Zukunft davon ab, daß wir unter gleich
rücksichtsloser Einsetzung aller Kräfte und Mittel den Sieg erringen und freie
Bahn gewinnen." Mit diesen Worten stellt sich Fürst Bülow an die Seite
derer, die vom Frieden handfeste Bürgschaften gegen die Wiederkehr eines
Mächtekomplotts zur Einschnürung der deutschen Bewegungsfreiheit verlangen.
Für die ungeheure Mehrheit des deutschen Volkes ist eine solche Sicherung
der natürliche Kampfpreis.

Die „Deutsche Politik" des Fürsten Bülow behandelt außer der aus¬
wärtigen Politik in allgemeinen Umrissen auch die innere Politik, insbesondere
das Parteiwesen, die Wirtschaftspolitik und die Ostmarkenfragc. Im Hinblick
auf die Kriegserfahrungen ist außerdem ein mit tiefempfundenen patriotischen
Schwunge abgefaßtes Kapitel der Wehrkraft und dem Militarismus gewidmet,


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[0180] Das Buch des Fürsten von Bülow ficht zu erkennen vermochte, lag in teilweiser Enthüllung vor uns, nachdem im Kriege durch Aktenstücke, z. B. bezüglich Belgiens, manche Karte des frühzeitig eingeleiteten Verräterspiels aufgedeckt war. In dem Bülowliuche erscheint aber „die allgemeine Konflagration Juli 1914" fast wie eine elementare Krisis, an deren Ausbruch die feindlichen Großmächte nicht die ganze ungeheure und untilgbare Schuld vor Gott und Menschen tragen. Es gibt in unseren Augen jedoch keine irgendwie mildernden Umstände für das Verbrechen, das durch die Anstifter des Weltkrieges an der Menschheit verübt wurde. Die Geschichte wird deren Verruchtheit brandmarken, unbeirrt durch die heuchlerischen Gebärden, mit denen sie bis zur letzten Stunde ihre Sympathien für den Weltfrieden den Völkern vorzutäuschen beliebten. Die Zeiten, in denen der Kanzler des Deutschen Reichs mit verschlagenen Mächten in hitzigen diplomatischen Scharmützeln um den Friedenslorbeer gerungen, sind dahin. Nachdem die Kunst der Diplomatie durch das deutsche Schwert abgelöst ist, kennt auch der vom glühenden Patriotismus erfüllte Fürst Bülow nur noch ein solches Ende des mörderischen Kampfes, durch das Deutsch¬ land in seiner Weltstellung und Sicherheit angemessene Freiheit sich erzwingt. „Wie in dieser Beziehung das große Ringen ausgeht, wird entscheidend sein für das Gesamtergebnis und die Gesamtbeurteilung des ganzen Krieges." Daß insbesondere unserem Hauptfeinde gegenüber sentimentale Nachgiebigkeit ein unverzeihlicher Fehler wäre, ist des Verfassers tiefste Überzeugung. „Eng¬ land hat die Freundschaft nicht gewollt, hat die ihm von uns wiederholt hin¬ gehaltene Hand zurückgestoßen. Es hat geglaubt, in Feindschaft zu Deutschland besser' auf seine Rechnung zu kommen. Die Geschichte Englands, das stets gegen die Besiegten am schonungslosesten war in den wenigen europäischen Kriegen, zu denen es sich in der neueren Zeit entschloß, gibt uns Deutschen eine Vorstellung von dem Schicksal, das uns im Falle des Erliegens erwartet hätte. . . . England ist nur mit gleicher Entschlossenheit und gleichem Ziel¬ bewußtsein beizukommen. Wie der Charakter der Engländer nun einmal ist, und nachdem wir zum erstenmal im Laufe der Weltgeschichte mit England in Krieg geraten sind, hängt unsere Zukunft davon ab, daß wir unter gleich rücksichtsloser Einsetzung aller Kräfte und Mittel den Sieg erringen und freie Bahn gewinnen." Mit diesen Worten stellt sich Fürst Bülow an die Seite derer, die vom Frieden handfeste Bürgschaften gegen die Wiederkehr eines Mächtekomplotts zur Einschnürung der deutschen Bewegungsfreiheit verlangen. Für die ungeheure Mehrheit des deutschen Volkes ist eine solche Sicherung der natürliche Kampfpreis. Die „Deutsche Politik" des Fürsten Bülow behandelt außer der aus¬ wärtigen Politik in allgemeinen Umrissen auch die innere Politik, insbesondere das Parteiwesen, die Wirtschaftspolitik und die Ostmarkenfragc. Im Hinblick auf die Kriegserfahrungen ist außerdem ein mit tiefempfundenen patriotischen Schwunge abgefaßtes Kapitel der Wehrkraft und dem Militarismus gewidmet,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/180>, abgerufen am 23.07.2024.