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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Der deutsche Katholizismus im Weltkrieg

den I. Mausbach damit eröffnet hatte, daß er die literarische Kriegs¬
erklärung der französischen Katholiken gebührend brandmarkte --, der Leser
kennt bereits die Worte von H. Schrörs: sie sind der Replik auf die
Frage entnommen, ob wirklich der Krieg als ein Religionskrieg zu be¬
trachten sei.

Es wird nicht überflüssig sein anzumerken, daß keiner der Mitarbeiter sich
dazu hergab, feinen vom deutschen Protestantismus abweichenden Standpunkt
deshalb auch nur um Haaresbreite zu verlassen, weil er mit der evangelischen
Majorität unseres Volkes in die Gemeinsamkeit des nationalen Kampfes wider
Frankreich eingetreten ist. "Den beiden Konfessionen in Deutschland", so be¬
merkt der Bischof von Speyer einmal, "liegt es fern, um des lieben
Friedens willen aus ihrer eigenartigen religiösen Bestimmtheit herauszutreten
und eine Allerweltsreligion mit allen Farben des Regenbogens einzuführen. Ein
Versuch, die beiden Bekenntnisse bis auf ihre gemeinsamen Grundlagen abzu¬
hauen und so allen annehmbar zu machen, würde auf eine-dritte Konfession
hinauslaufen und die Glaubensspaltung verdreifachen. Die Katholiken
haben ihrerseits um so weniger Anlaß, ihre kirchliche Bestimmtheit ab¬
zukühlen, als die katholische Kirche gerade durch ihre Bestimmtheit in religiösen
Fragen, durch ihren Autoritätsbegriff und das Angebot einer handfesten
Führung den suchenden Geistern sich als die einzigartige religiöse Großmacht
darstellt." Am stärksten vielleicht, wenn anders wir uns nicht irren, wird
dieser Wesensgegensatz in den Erörterungen von F. X. Kiefl betont, die voll
Stolz die Einheitlichkeit des höchsten religiösen Ideales als eine unver-
siegliche Kraftquelle preisen und sie der inneren Zwiespältigkeit der protestanti¬
schen Lehrmeinungen gegenüber feiern, aber auch hier wieder erfreut das Be¬
kenntnis: "Wir deutsche Katholiken haben an allem, was unser Vaterland
Großes und Edles hat, ehrlich angebaut und halten mit der ganzen Treue
deutschen Gemütes an den ererbten Heiligtümern der Nation fest, wozu wir in
oberster Reihe die christliche Grundlage unseres Staatswesens rechnen. Wir
fühlen uns stark genug, unseren Platz im Leben unserer Nation auch serner zu
behaupten, und sind ebenso stolz und glücklich, Deutsche zu sein wie wir als
Katholiken die innigste Fühlung mit dem gottgesetzten kirchlichen Einheitspunkte
halten und niemals vergessen, daß eine tiefe Solidarität die Guten in allen
Völkern verbindet, nämlich das in unserer Zeit mehr denn je bedrohte innerste
Lebensinteresse der christlichen Kultur. Letzteres ist auch der tiefste Grund,
weshalb wir um den Sieg der deutschen Waffen beten, weil wir das inter"
nationale Freimaurertum, den schlimmsten Feind des Christentums, im Bunde
mit unseren Gegnern sehen, und weil ein Sieg unserer Feinde der katholischen
Kirche bei uns und in anderen Ländern das traurige Schicksal der Kirche wie
in Frankreich bringen würde. Von allen Welteroberungsgelüsten aber wissen
wir uns frei. Hat doch felbst ein Fichte im höchsten Enthusiasmus nationaler
Erhebung betont, daß Deutschland nicht allein auf der Welt sein will, sondern


Der deutsche Katholizismus im Weltkrieg

den I. Mausbach damit eröffnet hatte, daß er die literarische Kriegs¬
erklärung der französischen Katholiken gebührend brandmarkte —, der Leser
kennt bereits die Worte von H. Schrörs: sie sind der Replik auf die
Frage entnommen, ob wirklich der Krieg als ein Religionskrieg zu be¬
trachten sei.

Es wird nicht überflüssig sein anzumerken, daß keiner der Mitarbeiter sich
dazu hergab, feinen vom deutschen Protestantismus abweichenden Standpunkt
deshalb auch nur um Haaresbreite zu verlassen, weil er mit der evangelischen
Majorität unseres Volkes in die Gemeinsamkeit des nationalen Kampfes wider
Frankreich eingetreten ist. „Den beiden Konfessionen in Deutschland", so be¬
merkt der Bischof von Speyer einmal, „liegt es fern, um des lieben
Friedens willen aus ihrer eigenartigen religiösen Bestimmtheit herauszutreten
und eine Allerweltsreligion mit allen Farben des Regenbogens einzuführen. Ein
Versuch, die beiden Bekenntnisse bis auf ihre gemeinsamen Grundlagen abzu¬
hauen und so allen annehmbar zu machen, würde auf eine-dritte Konfession
hinauslaufen und die Glaubensspaltung verdreifachen. Die Katholiken
haben ihrerseits um so weniger Anlaß, ihre kirchliche Bestimmtheit ab¬
zukühlen, als die katholische Kirche gerade durch ihre Bestimmtheit in religiösen
Fragen, durch ihren Autoritätsbegriff und das Angebot einer handfesten
Führung den suchenden Geistern sich als die einzigartige religiöse Großmacht
darstellt." Am stärksten vielleicht, wenn anders wir uns nicht irren, wird
dieser Wesensgegensatz in den Erörterungen von F. X. Kiefl betont, die voll
Stolz die Einheitlichkeit des höchsten religiösen Ideales als eine unver-
siegliche Kraftquelle preisen und sie der inneren Zwiespältigkeit der protestanti¬
schen Lehrmeinungen gegenüber feiern, aber auch hier wieder erfreut das Be¬
kenntnis: „Wir deutsche Katholiken haben an allem, was unser Vaterland
Großes und Edles hat, ehrlich angebaut und halten mit der ganzen Treue
deutschen Gemütes an den ererbten Heiligtümern der Nation fest, wozu wir in
oberster Reihe die christliche Grundlage unseres Staatswesens rechnen. Wir
fühlen uns stark genug, unseren Platz im Leben unserer Nation auch serner zu
behaupten, und sind ebenso stolz und glücklich, Deutsche zu sein wie wir als
Katholiken die innigste Fühlung mit dem gottgesetzten kirchlichen Einheitspunkte
halten und niemals vergessen, daß eine tiefe Solidarität die Guten in allen
Völkern verbindet, nämlich das in unserer Zeit mehr denn je bedrohte innerste
Lebensinteresse der christlichen Kultur. Letzteres ist auch der tiefste Grund,
weshalb wir um den Sieg der deutschen Waffen beten, weil wir das inter»
nationale Freimaurertum, den schlimmsten Feind des Christentums, im Bunde
mit unseren Gegnern sehen, und weil ein Sieg unserer Feinde der katholischen
Kirche bei uns und in anderen Ländern das traurige Schicksal der Kirche wie
in Frankreich bringen würde. Von allen Welteroberungsgelüsten aber wissen
wir uns frei. Hat doch felbst ein Fichte im höchsten Enthusiasmus nationaler
Erhebung betont, daß Deutschland nicht allein auf der Welt sein will, sondern


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[0167] Der deutsche Katholizismus im Weltkrieg den I. Mausbach damit eröffnet hatte, daß er die literarische Kriegs¬ erklärung der französischen Katholiken gebührend brandmarkte —, der Leser kennt bereits die Worte von H. Schrörs: sie sind der Replik auf die Frage entnommen, ob wirklich der Krieg als ein Religionskrieg zu be¬ trachten sei. Es wird nicht überflüssig sein anzumerken, daß keiner der Mitarbeiter sich dazu hergab, feinen vom deutschen Protestantismus abweichenden Standpunkt deshalb auch nur um Haaresbreite zu verlassen, weil er mit der evangelischen Majorität unseres Volkes in die Gemeinsamkeit des nationalen Kampfes wider Frankreich eingetreten ist. „Den beiden Konfessionen in Deutschland", so be¬ merkt der Bischof von Speyer einmal, „liegt es fern, um des lieben Friedens willen aus ihrer eigenartigen religiösen Bestimmtheit herauszutreten und eine Allerweltsreligion mit allen Farben des Regenbogens einzuführen. Ein Versuch, die beiden Bekenntnisse bis auf ihre gemeinsamen Grundlagen abzu¬ hauen und so allen annehmbar zu machen, würde auf eine-dritte Konfession hinauslaufen und die Glaubensspaltung verdreifachen. Die Katholiken haben ihrerseits um so weniger Anlaß, ihre kirchliche Bestimmtheit ab¬ zukühlen, als die katholische Kirche gerade durch ihre Bestimmtheit in religiösen Fragen, durch ihren Autoritätsbegriff und das Angebot einer handfesten Führung den suchenden Geistern sich als die einzigartige religiöse Großmacht darstellt." Am stärksten vielleicht, wenn anders wir uns nicht irren, wird dieser Wesensgegensatz in den Erörterungen von F. X. Kiefl betont, die voll Stolz die Einheitlichkeit des höchsten religiösen Ideales als eine unver- siegliche Kraftquelle preisen und sie der inneren Zwiespältigkeit der protestanti¬ schen Lehrmeinungen gegenüber feiern, aber auch hier wieder erfreut das Be¬ kenntnis: „Wir deutsche Katholiken haben an allem, was unser Vaterland Großes und Edles hat, ehrlich angebaut und halten mit der ganzen Treue deutschen Gemütes an den ererbten Heiligtümern der Nation fest, wozu wir in oberster Reihe die christliche Grundlage unseres Staatswesens rechnen. Wir fühlen uns stark genug, unseren Platz im Leben unserer Nation auch serner zu behaupten, und sind ebenso stolz und glücklich, Deutsche zu sein wie wir als Katholiken die innigste Fühlung mit dem gottgesetzten kirchlichen Einheitspunkte halten und niemals vergessen, daß eine tiefe Solidarität die Guten in allen Völkern verbindet, nämlich das in unserer Zeit mehr denn je bedrohte innerste Lebensinteresse der christlichen Kultur. Letzteres ist auch der tiefste Grund, weshalb wir um den Sieg der deutschen Waffen beten, weil wir das inter» nationale Freimaurertum, den schlimmsten Feind des Christentums, im Bunde mit unseren Gegnern sehen, und weil ein Sieg unserer Feinde der katholischen Kirche bei uns und in anderen Ländern das traurige Schicksal der Kirche wie in Frankreich bringen würde. Von allen Welteroberungsgelüsten aber wissen wir uns frei. Hat doch felbst ein Fichte im höchsten Enthusiasmus nationaler Erhebung betont, daß Deutschland nicht allein auf der Welt sein will, sondern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/167>, abgerufen am 25.08.2024.