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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Die wirtschaftliche Bedeutung der Jagd

0,02 Kronen an letzter Stelle. In Ungarn und in Galizien wird neuerdings
meist nicht mehr das Revier verpachtet, sondern das Recht des Hochwildab¬
schusses verkauft. So verlangt seit 1905 die ungarische Staatsforstverwaltung
für einen Hirsch je nach der Endenzahl 320 bis 1160 Mark, für einen Bären
bis zu 4 Jahren 320 Mark, sür einen ausgewachsenen Bären 640 Mark. Auch
in Rußland verkauft man den Nachweis des Winterlagers eines Bären für
100 Rubel, und in Schweden den Abschuß eines Elches sür 100 Kronen.

Die höchsten Jagdpachtpreise findet man in England und Schottland, wo
Reviere von 40000 Mark bis 100000 Mark keine Seltenheit sind. Auch in
Frankreich zahlt man unverhältnismäßig hohe Pachter, besonders in der Nähe
von Paris, wo der Hektar Feldjagd schon in den neunziger Jahren 72 Franken,
der Hektar Waldjagd bis zu 114 Franken kostete.

Über die im Deutschen Reiche zur Unterhaltung des Jagdaufsichts- und
Hegerpersonals aufgewandten Summen fehlt leider jede statistische Erhebung.
Wir können uns jedoch einen annähernd richtigen Begriff davon machen, wenn
wir die entsprechenden Zahlen der österreichischen Jagdstatistik betrachten, die
sich über die Höhe der Gehälter allerdings ausschweigt. Immerhin läßt sich
daraus entnehmen, daß 1905 in Österreich 5504 geprüfte und 4304 ungeprüfte
Jagdbeamte und 26473 mit der Jagdaufstcht betraute Organe gezählt wurden.

Was nun den Erlös aus den Jagdscheingebühren betrifft, der ja als eine
von den begüterten Volksgenossen aufzubringende Steuer der Allgemeinheit zu¬
gute kommt, so betrug er in Preußen im Wirtschaftsjahre 1906/07 2475057
Mark, in den gesamten Bundesstaaten 1900 nach Japings Berechnung (Zeit¬
schrift für Forst- und Jagdwesen, 1902, S. 535) 3,5 Millionen Mark. Hierbei
ist zu bemerken, daß in Preußen die Gebühr für den Jahresjagdschein seit dem
Juli 1909 von 16 Mark auf 22,50 Mark, die für den Tagesjagdschein von
3 Mark auf 4,50 Mark erhöht worden ist, und daß Ausländer sür den Jahres¬
jagdschein, anstatt wie bisher 40 Mark, jetzt 90 Mark und für den Tagesjagd¬
schein, statt 6 Mark jetzt 16 Mark zu zahlen haben. Übrigens darf man wohl
hoffen, daß den Ausländern in Zukunft die Pachtung deutscher Reviere nach
Möglichkeit erschwert oder, was wohl noch richtiger wäre, ganz unmöglich gemacht
wird, da sie sich erfahrungsgemäß den deutschen Anschauungen über das Weid¬
werk und die Hege nicht anzupassen pflegen und die Reviere durch rücksichtsloses
Ausschießen entwerten.

Will man den segensreichen Einfluß der Jagd auf unser gesamtes Erwerbs¬
leben voll würdigen, so darf man nicht außer acht lassen, welche Summen all¬
jährlich für Treiberlöhne, Wildfütterung, Fortschaffen des erlegten Wildes, für
die Reise zum und vom Revier, für Miete und Verpflegung in den Dörfern
ausgegeben werden. Wenn schon die Tatsache freudig zu begrüßen ist, daß
Tausende von wohlhabenden Leuten der Jagd zuliebe auf Reisen in das Aus¬
land verzichten und ihr Geld im Lande ausgeben, so ist es doppelt erfreulich,
daß ein großer Teil dieses Geldes der ländlichen Bevölkerung zugute kommt.


Die wirtschaftliche Bedeutung der Jagd

0,02 Kronen an letzter Stelle. In Ungarn und in Galizien wird neuerdings
meist nicht mehr das Revier verpachtet, sondern das Recht des Hochwildab¬
schusses verkauft. So verlangt seit 1905 die ungarische Staatsforstverwaltung
für einen Hirsch je nach der Endenzahl 320 bis 1160 Mark, für einen Bären
bis zu 4 Jahren 320 Mark, sür einen ausgewachsenen Bären 640 Mark. Auch
in Rußland verkauft man den Nachweis des Winterlagers eines Bären für
100 Rubel, und in Schweden den Abschuß eines Elches sür 100 Kronen.

Die höchsten Jagdpachtpreise findet man in England und Schottland, wo
Reviere von 40000 Mark bis 100000 Mark keine Seltenheit sind. Auch in
Frankreich zahlt man unverhältnismäßig hohe Pachter, besonders in der Nähe
von Paris, wo der Hektar Feldjagd schon in den neunziger Jahren 72 Franken,
der Hektar Waldjagd bis zu 114 Franken kostete.

Über die im Deutschen Reiche zur Unterhaltung des Jagdaufsichts- und
Hegerpersonals aufgewandten Summen fehlt leider jede statistische Erhebung.
Wir können uns jedoch einen annähernd richtigen Begriff davon machen, wenn
wir die entsprechenden Zahlen der österreichischen Jagdstatistik betrachten, die
sich über die Höhe der Gehälter allerdings ausschweigt. Immerhin läßt sich
daraus entnehmen, daß 1905 in Österreich 5504 geprüfte und 4304 ungeprüfte
Jagdbeamte und 26473 mit der Jagdaufstcht betraute Organe gezählt wurden.

Was nun den Erlös aus den Jagdscheingebühren betrifft, der ja als eine
von den begüterten Volksgenossen aufzubringende Steuer der Allgemeinheit zu¬
gute kommt, so betrug er in Preußen im Wirtschaftsjahre 1906/07 2475057
Mark, in den gesamten Bundesstaaten 1900 nach Japings Berechnung (Zeit¬
schrift für Forst- und Jagdwesen, 1902, S. 535) 3,5 Millionen Mark. Hierbei
ist zu bemerken, daß in Preußen die Gebühr für den Jahresjagdschein seit dem
Juli 1909 von 16 Mark auf 22,50 Mark, die für den Tagesjagdschein von
3 Mark auf 4,50 Mark erhöht worden ist, und daß Ausländer sür den Jahres¬
jagdschein, anstatt wie bisher 40 Mark, jetzt 90 Mark und für den Tagesjagd¬
schein, statt 6 Mark jetzt 16 Mark zu zahlen haben. Übrigens darf man wohl
hoffen, daß den Ausländern in Zukunft die Pachtung deutscher Reviere nach
Möglichkeit erschwert oder, was wohl noch richtiger wäre, ganz unmöglich gemacht
wird, da sie sich erfahrungsgemäß den deutschen Anschauungen über das Weid¬
werk und die Hege nicht anzupassen pflegen und die Reviere durch rücksichtsloses
Ausschießen entwerten.

Will man den segensreichen Einfluß der Jagd auf unser gesamtes Erwerbs¬
leben voll würdigen, so darf man nicht außer acht lassen, welche Summen all¬
jährlich für Treiberlöhne, Wildfütterung, Fortschaffen des erlegten Wildes, für
die Reise zum und vom Revier, für Miete und Verpflegung in den Dörfern
ausgegeben werden. Wenn schon die Tatsache freudig zu begrüßen ist, daß
Tausende von wohlhabenden Leuten der Jagd zuliebe auf Reisen in das Aus¬
land verzichten und ihr Geld im Lande ausgeben, so ist es doppelt erfreulich,
daß ein großer Teil dieses Geldes der ländlichen Bevölkerung zugute kommt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/58>, abgerufen am 28.07.2024.