Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.Von der Schulpflicht zur Verufspflicht v Robert Mielke on er Krieg hat wieder einmal ein Volkstum offenbart. Manches Besonders der Jugend wird unsere Sorgfalt gewidmet sein. Bereits 1913 Von der Schulpflicht zur Verufspflicht v Robert Mielke on er Krieg hat wieder einmal ein Volkstum offenbart. Manches Besonders der Jugend wird unsere Sorgfalt gewidmet sein. Bereits 1913 <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0347" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330447"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341903_330101/figures/grenzboten_341903_330101_330447_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Von der Schulpflicht zur Verufspflicht<lb/> v<note type="byline"> Robert Mielke</note> on</head><lb/> <p xml:id="ID_1498"> er Krieg hat wieder einmal ein Volkstum offenbart. Manches<lb/> war in den zweiundvierzig Friedensjahren zurückgedrängt und<lb/> verschlackt, was deutscher Idealismus an Kraft und Reinheit<lb/> erzeugt hatte; als aber Feinde ringsum erstanden, um die Früchte<lb/> der langen Friedenszeit zu vernichten, da drängten sich voller<lb/> Begeisterung Hunderttausende zum Waffendienst, da flammte wieder auf, was<lb/> die Neider erstorben glaubten. Mögen sie uns Hunnen und Barbaren schelten;<lb/> im Grunde ihrer Seele beneiden sie uns um die Güter, die sie nicht besitzen.<lb/> Gegen das Große und Schöne, das wir täglich erleben, verschwinden die<lb/> wenigen Jämmerlinge, die die Reinheit der Bewegung durch krassen Egoismus<lb/> schänden. Das deutsche Volk weiß, was jeder einzelne von ihm wert ist; es<lb/> ist sich klar darüber, daß die körperliche, geistige und wirtschaftliche Pflege jedes<lb/> deutschen Volksgenossen eine der Hauptaufgaben der kommenden Friedenszeit<lb/> sein muß. Keiner, der vor dem Feinde gestanden hat, soll verkümmern oder<lb/> Schaden erleiden, wenn die Waffen niedergelegt sind. Niemand soll auch aus¬<lb/> geschaltet sein, wenn er in der Jugend den Willen zu ernstem Streben und<lb/> fruchtbarer Arbeit hat. Das ist in öffentlichen Aussprachen und in den<lb/> parlamentarischen Erörterungen vielfach zum Ausdruck gekommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1499" next="#ID_1500"> Besonders der Jugend wird unsere Sorgfalt gewidmet sein. Bereits 1913<lb/> haben die Grafen von Rantzau und von Schulenburg im Herrenhause den Antrag<lb/> gestellt, die Schulpflicht bis zum sechzehnten Lebensjahre auszudehnen. Der<lb/> Antrag ist, obwohl er eine sehr wohlwollende Aufnahme gefunden hatte, aus<lb/> verschiedenen Gründen abgelehnt worden. Es ist auch fraglich, ob er bei der<lb/> fast allgemein zur Anerkennung gekommenen Pflichtfortbildungsschule die Erfolge<lb/> zeitigen würde, die die Antragsteller erhoffen. Denn diese Schule als ver¬<lb/> bindendes Glied zwischen der allgemeinen und der sachlichen Bildung wird die<lb/> Aufgaben erfüllen können, die sie von einem erweiterten Elementarunterricht<lb/> erwarten. Der berufliche Arbeiter insbesondere kann sich jederzeit und jedenorts<lb/> soweit ausbilden, wie es seine Anlagen und seine Kräfte gestatten. Was aber<lb/> ist das Schicksal der Tausende von ungelernten Arbeitern, die in unserem Wirt¬<lb/> schaftsleben eine anscheinend immer steigende Verwendung finden? Zum größten<lb/> Teil gehen sie für ein gesundes Wirtschaftsleben verloren. Der Schulpflicht<lb/> ledig und zum Teil noch körperlich unentwickelt, treten sie in einen Arbeitskreis,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0347]
[Abbildung]
Von der Schulpflicht zur Verufspflicht
v Robert Mielke on
er Krieg hat wieder einmal ein Volkstum offenbart. Manches
war in den zweiundvierzig Friedensjahren zurückgedrängt und
verschlackt, was deutscher Idealismus an Kraft und Reinheit
erzeugt hatte; als aber Feinde ringsum erstanden, um die Früchte
der langen Friedenszeit zu vernichten, da drängten sich voller
Begeisterung Hunderttausende zum Waffendienst, da flammte wieder auf, was
die Neider erstorben glaubten. Mögen sie uns Hunnen und Barbaren schelten;
im Grunde ihrer Seele beneiden sie uns um die Güter, die sie nicht besitzen.
Gegen das Große und Schöne, das wir täglich erleben, verschwinden die
wenigen Jämmerlinge, die die Reinheit der Bewegung durch krassen Egoismus
schänden. Das deutsche Volk weiß, was jeder einzelne von ihm wert ist; es
ist sich klar darüber, daß die körperliche, geistige und wirtschaftliche Pflege jedes
deutschen Volksgenossen eine der Hauptaufgaben der kommenden Friedenszeit
sein muß. Keiner, der vor dem Feinde gestanden hat, soll verkümmern oder
Schaden erleiden, wenn die Waffen niedergelegt sind. Niemand soll auch aus¬
geschaltet sein, wenn er in der Jugend den Willen zu ernstem Streben und
fruchtbarer Arbeit hat. Das ist in öffentlichen Aussprachen und in den
parlamentarischen Erörterungen vielfach zum Ausdruck gekommen.
Besonders der Jugend wird unsere Sorgfalt gewidmet sein. Bereits 1913
haben die Grafen von Rantzau und von Schulenburg im Herrenhause den Antrag
gestellt, die Schulpflicht bis zum sechzehnten Lebensjahre auszudehnen. Der
Antrag ist, obwohl er eine sehr wohlwollende Aufnahme gefunden hatte, aus
verschiedenen Gründen abgelehnt worden. Es ist auch fraglich, ob er bei der
fast allgemein zur Anerkennung gekommenen Pflichtfortbildungsschule die Erfolge
zeitigen würde, die die Antragsteller erhoffen. Denn diese Schule als ver¬
bindendes Glied zwischen der allgemeinen und der sachlichen Bildung wird die
Aufgaben erfüllen können, die sie von einem erweiterten Elementarunterricht
erwarten. Der berufliche Arbeiter insbesondere kann sich jederzeit und jedenorts
soweit ausbilden, wie es seine Anlagen und seine Kräfte gestatten. Was aber
ist das Schicksal der Tausende von ungelernten Arbeitern, die in unserem Wirt¬
schaftsleben eine anscheinend immer steigende Verwendung finden? Zum größten
Teil gehen sie für ein gesundes Wirtschaftsleben verloren. Der Schulpflicht
ledig und zum Teil noch körperlich unentwickelt, treten sie in einen Arbeitskreis,
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